Düsseldorf: "RIGOLETTO" in über 30 Jahre alter Ponelle-Inszenierung

  • Es war so eine Art Abschiedsbesuch voll Nostalgie – seit 1976 war an der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg die Ponelle-Inszenierung des „Rigoletto“ auf dem Spielplan, wodurch die Erinnerung an den großen Theatermacher, Opernregisseur und Bühnenbildner wach gehalten wurde! Morgen soll sie wohl letztmals über die Bühne gehen – nach über 32 Jahren. Damals war Alberto Erede der Dirigent, Eugene Holmes sang die Titelrolle, und Peter Meven den Sparfucile – keiner von ihnen weilt noch unter uns...Zwischendurch mehrfach in wechselnder Besetzung gesehen, seit dem Tode von Holmes jedoch nicht mehr.


    Gestern war es dann eine völlig neue Generation:


    Dirigent: Maurizio Barbacini
    Chor: Christoph Kurig


    Rigoletto: Boris Statsenko
    Herzog: Andrej Dunaev
    Gilda: Sylvia Hamvasi
    Monterone: Daniel Djambazian
    Marullo: Joseph Szalay
    Borsa: Martin Koch
    Sparafucile: Thorsten Grümbel
    Maddalena: Katarzyna Kuncio
    Gräfin Ceprano: Tatjana Homova
    Graf Ceprano: John In Eichen
    Giovanna: Iryna Vakula
    Düsseldorfer Symphoniker


    Die Inszenierung von Jean Pierre Ponelle, der seine Karriere 1961 in Düsseldorf begann und hier alle Freiheiten hatte, seine Kreationen auszuprobieren, bevor er damit die Welt eroberte – ist wirklich zeitlos und seit damals kein bisschen gealtert oder „verstaubt“ – Knusperhexe hat sie mehrfach lobend erwähnt – die gemalten Kulissen, die Tapetentüren und die wirklich liebevoll gebauten Dekorationen (und kein einziger KZ-Häftling weit und breit).


    Der Abend brauchte keinen Vergleich mit der ein paar Tage zuvor im Fernsehen übertragenen Lehnhoff-Inszenierung zu scheuen – auch sängerisch konnte das hauseigene Ensemble mit den teuren Dresdner Gaststars locker mithalten. Zwar klang die Stimme der ungarischen Sopranistin Sylvia Hamvasi anfangs etwas belegt, später wuchs sie jedoch über sich hinaus. Die Kostüme und auch das – weiße – Nachthemd der Gilda waren hochgeschlossen, was uns den Anblick wogender Busen ersparte .Der russische Bariton Boris Statsenko lieferte eine hervorragende Leistung ab in der Titelrolle, sein Landsmann Andrej Dunaev als Duca war in dieser Rolle wesentlich überzeugender als Florez in Dresden. Lobend zu erwähnen auch noch der junge Bass Thorstem Grümbel als Sparafucile.


    Die Düsseldorfer Symphoniker wurden durch den aus Parma stammenden Dirigenten (und Tenor) Maurizio Barbacini zu Bestleistungen angefeuert, keinerlei Nachlässigkeiten oder Unsauberkeiten, wie sonst üblich!


    Alles in allem ein gelungener Abend, der gleichzeitig jedoch auch etwas traurig stimmte angesichts der Vorstellung, dass es Regisseure wie Ponelle und seine Inszenierungen heutzutage wohl leider nicht mehr gibt!


    Herzliche Grüße


    Harald :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Die Sänger sind fast alle noch aus dieser alten Ponelle-Inszenierung, nur eine neue Bühnenfassung sollte her - nach über 30 Jahren! Ein junger Regisseur namens David Hermann sollte in die Fußstapfen des großen Meisters treten, was prompt in die Hose gegangen ist - die Premiere wurde abgesagt.


    Nun wird der Rigoletto erst mal konzertant gegeben - bis zum Frühjahr 2010 soll die neue Bühnenfassung dann stehen - am 5. März 2010 in Düsseldorf und ab 10. Juni dann in Duisburg.


    Bleibt nur, abzuwarten.


    LG


    :boese2:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hätten sie mal nur die alte Ponelle-Inszenierung im Repertoire gelassen, bis der ganze Regietheaterspuk vorbei ist.


    Doch ich befürchte eher, dass ich mich auf Grund der neuen Intendanz in den nächsten Spielzeiten auch von den ohnehin drastisch reduzierten, werktreuen Inszenierungen verabschieden darf. Adios Freischütz, Rosenkavalier, Meistersinger, Hänsel und Gretel - und damit ist dann auch die letzte Fluchtburg in meiner näheren Umgebung von der Regietheaterkrake erwürgt worden.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Hätten sie mal nur die alte Ponelle-Inszenierung im Repertoire gelassen, bis der ganze Regietheaterspuk vorbei ist.


    Doch ich befürchte eher, dass ich mich auf Grund der neuen Intendanz in den nächsten Spielzeiten auch von den ohnehin drastisch reduzierten, werktreuen Inszenierungen verabschieden darf. Adios Freischütz, Rosenkavalier, Meistersinger, Hänsel und Gretel - und damit ist dann auch die letzte Fluchtburg in meiner näheren Umgebung von der Regietheaterkrake erwürgt worden.


    Ich fühle mit dir, Knuspi ;(

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Holla - Ho :hello:


    ich bin zwar ein weitgereister Krakenforscher :P (u. der D`dorfer "Peter Grimes - gesehen heut vor 2 Wochen - hat mir mehr ge- als mißfallen),
    aber auch für Multikulti u. Pluralismus - nicht nur (alphabet.) in Architektur, Jazz und Politik,
    sondern auch auf Theater- und Opernbühnen...


    - ein paar mehr "Reclam-Inszenierungen" dürften sie imo ruhig machen bzw. bewahren...
    (scheint - besser: schiene - mir i.Ü. hinsichtl. "Bühnenpräsenz" nicht die schlechteste Schule für noch junge Operndarsteller:
    Solchem "Inszenierungsgilb" Frische und Leben einhauchen-müssen)


    Tschö erstma ;)
    jean-pierre grimesdorf



    PS
    - und wenn mir ein kleiner Schlenker zum akt. Kölner Schauspiel erlaubt ist...
    Ich verehre einfach (die Schauspielerin) Barbara Nüsse !
    Wenn sie den "King Lear" spielt, will ich das sehn - egal was ein Regisseur dazu ausgeheckt hat !)
    (für den 08.11. gabs leider nur noch Karten für die hintersten Reihen :( - und das war mir dann doch zu riskant...)

  • Lieber Christoph,


    wie wir wird es noch viele geben, die den alten Ponelle-Inszenierungen nachtrauern - der Rigoletto war, glaube ich, die letzte, die aus dem Spielplan verschwunden ist. Düsseldorf war ja Ponelles künstlerische Heimat, hier durfte er alles, im Schauspielhaus ebenso wie in der Oper. Vieles, das er hier ausprobiert hat, als Bühnenbildner, Maler, Regisseur und Kostüm-Designer, ist später erfolgreich um die ganze Welt gegangen!


    Der Ehrgeiz des neuen Intendanten war es, möglichst schnell wieder einen neuen "Rigoletto" auf die Bühne zu stellen. Das ist ja nun in die Hose gegangen. Warum und wieso konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Soviel ist bisher herausgekommen:


    Zitat

    "Mit einem recht ungewöhnlichen Kraftakt verhindert die Leitung der Deutschen Oper am Rhein, dass die für kommenden Samstag im Theater Duisburg geplante Premiere der Neuproduktion «Rigoletto» szenisch herausgebracht wird."


    Ich finde es ganz schön mutig von Chr. Meyer, so kurz vor der Premiere die Notbremse zu ziehen. Er habe «sich mit dem Regieteam einvernehmlich darauf verständigt, dass die Produktion bis März so überarbeitet» werde, so dass sie «den berechtigten Erwartungen der Besucher und den künstlerischen Ansprüchen des Hauses» genüge.


    Regisseur der vorerst gestoppten Inszenierung ist David Hermann, der letzte Saison am Theater Basel Puccinis «La Bohème» auf die Bühne gebracht hat. Ein junger Mann, zu dem Meyer nach wie vor volles Vertrauen hat, wie es heißt.


    Gespannt, was letztendlich da für ein Mist herauskommen wird.....


    LG


    Harald :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Dafür gab es just in Bonn einen neuen, neonfarbenen Rigoletto - komplett mit koksendem Herzog und dem kompletten Register modernen Regietheaters. Die unerträgliche Langeweile angesichts einer Optik, die man mittlerweile bis zum Erbrechen vorgesetzt bekommt, entlud sich am Ende in einem massiven Buhorkan. Gesanglich war es übrigens ganz o.k.


    Das Beste an der ganzen Geschichte sind mal wieder die Rezensenten, die dem zahlenden Publikum vorwerfen Oper sei "nur noch interessant", wenn man sie modern inszeniert und überhaupt mit diesem Rigoletto könne man "gut leben".


    Es ist schon traurig, dass einem die Zeitungen vorschreiben, was man zu empfinden hat....

  • Da gäbe es natürlich noch den Weg, einfach nicht mehr hinzugehen....


    Das macht man dann aber doch nicht, weil man im Gegensatz zu vielen Rezensenten an der Musik interessiert ist und nicht an den kreativen Ausbrüchen von modernen Regisseuren, die mit Oper meist gar nichts anzufangen wissen oder sie sogar eher ablehnen und ihren Haß nicht anders als durch Desavouierungsbemühungen ausleben können; daß eine schöne Oper nichts wirklich entstellen kann, haben sie nicht begriffen.


    Ich habe jedenfalls die Beschreibung des Bonner Rigoletto gelesen und mich innerlich bedankt, daß ich derlei hier nicht vorgesetzt bekomme.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • In Münsters kleinem Stadttheater gab es am letzten Samstag auch eine Rigoletto Premiere nach einer Inszenierung von Andreas Baesler. Ich fand' die Inszenierung an sich nicht schlecht, modern ja, aber nicht ekelig, obszön oder pervers. Teilweise ein wenig kitschig (Leuchtbärchen im Zimmer der Gilda). Ich würde gerne mal eine historische dagegen sehen, aber die gibts wohl nur auf DVD's


    http://www5.stadt-muenster.de/…igoletto&v_link=spielzeit


    Hier ein paar Bilder

    Einmal editiert, zuletzt von Kirschblüte ()

  • Ich habe mir schon lange angewöhnt solche Inszenierungen
    nicht mehr zu besuchen!
    Der Rigoletto in Bonn(,ich habe die Kritik gelesen)
    gehört aus dem Spielplan.


    Rita

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  • Lieber Harald ,



    meine Frage an Dich als vieljährigem Kenner der hiesigen Oper :


    interessiert sich in der Leitung der Deutschen Oper am Rhein eigentlich jemand für die Wünsche und Interessen des zahlenden Publikums .


    W a r u m gibt es weit im Vorfeld nicht öffentliche Diskussionen mit den Verantwortlichen ?


    Ich erinner mich genau , wie der Geiger - Weltstar H. Hahn sich lange un d mit grosser Geduld den Fragen des Publikum auf sehr natürliche Weise gestellt hat .


    Sehr nachdenklich !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Rita, Honoria und Kirschblüte,


    sehe ich genauso. Derartige Inszenierungen sind wahnsinnig destruktiv. Das geht soweit, dass sie einem die Lust an derOper nehmen können. Und das scheint immer mehr Besuchern so zu gehen. Die Stuhlreihen bleiben immer häufiger leer.


    LG,


    Knuspi

  • SO IST ES!!!
    Hoffentlich wird irgend einmal die Intendanz der Häuser Zur Rechenschaft
    über vergeudete Steuergelder gezogen.
    Mir reicht es langsam!



    Rita