Mozart: Die Zauberflöte - Paris 2001

  • Mozart: Die Zauberflöte


    Libretto von Emanuel Schikaneder



    Aufzeichnung aus der Opéra National de Paris 2001


    Inszenierung: eher konservativ mit winzigen modernen Einsprengseln




    Generelle Beurteilung : SEHR GUT



    Dauer 158 Minuten


    Tamino: Piotr Beczala
    Pamina: Dorothea Röschmann
    Papageno: Detlef Roth
    Sarastro: Matti Salminen
    Königin der Nacht: Desiree Rancatore
    Sprecher: Wolfgang Schöne
    Erste Dame: Cecile Perrin
    Zweite Dame: Helene Schneidermann
    Dritte Dame: Helene Perraguin
    Papagena: Gaele le Roi
    Monostatos: Uwe Peper
    Erster Priester: Bjarni Thor Kriostinsson
    Zweiter Geharnischter: Bjarni Thor Kristinssohn
    Zweiter Priester: Wilfried Gahmlich
    Die drei Knaben: Solisten des Tölzer Knabenchors
    Drei Sklaven




    Chor und Orchester der Opera National de Paris



    Dirigent: Ivan Fischer
    Regie Benno Besson
    Bühnenbild und Kostüme: Jean Marc Stehle







    Die Zauberflöte ist eines der heikelsten Werke in Sachen Inszenierung.
    Die Mischung aus Volksstück und Freimaurerdrama macht es der Regie auch nicht gerade leichter, ebenso vermeintlich oder echte Brüche in der Handlung.


    Jede Neuinszenierung ist somit eine Herausforderung, auch an Bühnenbild uns Kostüme. Um es gleich vorweg zu sagen, ich halte diese Aufnahme im wesentlichen für geglückt. Die Einschränkung ist eigentlich keine, wenn man wie ich, davon ausgeht, dass eine perfekte Realisierung schon aus Gründen des Zwiespalts der Anforderungen einfach nicht möglich ist.


    Beginnen wir beim Bühnenbild, bzw bei den Bühnenbildern.
    Wenn sich der Vorhang hebt, so sehen wir eine sogenannte „naive“ Bühnenbildlndschaft, bestehend aus auf Pappe gemalten Felsen.
    Die Schlange, die Tamino so ängstigt ist nett animiert, aber erscheint irgendwie im Bereich „märchenhaft“ oder „Parodie“. Ein Begriff, den ich im Verlauf dieser Rezension erneut aufgreifen werde.


    Bald zeigt sich jedoch, dass die scheinbar simplen Bühnenbilder so einfach nicht sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen mögen. Sie verändern sich lautlos auf offener Bühne und nehmen immer wieder neue Formen und aussehen an und werden dadurch raffinierte Lichteffekte unterstützt.


    Letztlich haben sie auch eine implizite Aussage : Alles ist nut Schein und Trug und zerfällt – worauf sich Neues bildet (zumindest sehe ich das so)



    Der Tamino von Piotr Beczala ist stimmlich in dieser Rolle wahrscheinlich so ziemlich das Beste was derzeit zu haben ist. Schauspielerisch hat mich noch nie ein Taminodarsteller
    wirklich zufriedengestellt. Und Beczala macht hier keine Ausnahme, zudem stört mich sein Akzent, ein eher persönlicher Einwand. (Schlimmer sind hier jedoch die 3 Damen) Die Bildnisarie meistert er jedoch in geradezu wunderlichnaher Qualität.
    Wie schon bei nahezu allen seiner Rollenvorgänger und –kollegen will sich bei mir die Illusion eines „Jünglings“ nicht wirklich einstellen.


    Der Auftritt der Königin der Nacht ist sehr effektvoll gelöst- Desoree Rancatore meistert ihre Aufgabe ordentlich – ich habe an dieser Stelle leider stets „die Gruberova“ im Ohr, die mich mehr überzeugt.


    Für mich ist der freche, aggressive, und gutaussehende Papageno von Detlev Roth,
    der unzweifelhafte Star der Aufführung. Er setzt seine Jugend ein um die Rolle zu gestalten, die Mischung von Neugier, gespielter Tollpatschigkeit, Dummheit und Verbissenheit (man beobachte ihn, wenn er die Spieldose, welche das Glockenspiel beinhaltet mittels Kurbel zum ertönen bringt. Da gibt es noch ein gesundes Selbstbewusstsein gepaart mit einem (simplen) Weltbild das durch nichts erschütterbar ist. Das Wort „Prinz“ ruft beispielsweise bei ihm eher Unwillen als Erstaunen oder Ehrfurcht hervor. Als besonderse Kabinettstück möchte ich das Duett mit Monostatos (Huuu – das ist – der Teufel – sicherlich) erwähnen.
    Vor allem aber möchte ich betonen, wie lebendig und emotionsgeladen, oft eigenwillig und schrullig er die ansonst oft hölzernen Texte spricht, sodaß sie plötzlich überzeugend wirken…
    Ein interessantes Exempel übrigens dafür, dass man nicht unbedingt aus Wien sein muß, un diese Rolle ädiquat zu gestalten .



    Monostatos – sehr unkonventionell kostümiert, wird von Uwe Pepper ebenfalls sehr
    originell gestaltet.


    Dorothea Röschmann singt eine wunderbare Pamina, wenngleich sie nicht unbedingt so mädchenhaft wirkt, wie die Rolle es eigentlich verlangte – aber sie passt in dieser Hinsicht zu ihrem perfekt singenden, aber manchmal ein wenig schematisch agierenden Tamino.


    Matti Salminen legt seine Paraderolle des Sarastro mehrdeutig an – man kann ihn als weisen Herrscher oder aber als selbstgefällig salbadernden Sektenführer sehen – ganz nach Belieben.
    Für die zweite Version sprechen einige ironische Regie- und Ausstattungsdetails,
    So schwebt er beispielsweise direkt vom Himmel herab, auf einem Thron mit freimaurerischen Symbolen verziert, irgendwie erinnerte mich das ganze Brimborium jedoch an einen katholischen Altar, ebenso das ihm zujubelnde Volk in Quäker oder Heilsarmeekleidung, Fahnenstangen vor sich hertragend…


    Beinahe hätte ich die drei Knaben (Solisten des Tölzer Knabenchores) vergessen, die sich wacker schlugen, besser jedenfalls als die meisten Knaben auf anderen Aufnahmen…


    Hervorzuheben wäre noch die meisterliche Beherrschung des Lichts, die durchwegs schönen Kostüme und Masken, etliche Regieeinfälle, die zusätzlich Farbe ins Spiele brachten,


    so zB. Die „Tiere“ die aufrecht stehend in Rokokokostümen agierten, die Mohrensklaven, die dunkel-hell–gestreift und mit Nummern versehen als Gefangene gekennzeichnet waren.


    Sarastro wurde ein doppelt so hoher Schädel verpasst, offenbar um seine Intelligenz sichtbar zu machen. Begleitet wurde er meist von 6 aufrecht stehenden bzw marschierenden Löwen. Die Priester (ein extra Lob übrigens dem Chor)leuchteten „von innen heraus“ – scheinbar um sie als „Erleuchtete“ zu kennzeichnen…..



    Trotz einiger von mir beschriebenen – eher marginalen - Einschränkungen zählt diese Aufnahme meiner Meinung nach zum Besten was derzeit verfügbar ist.







    Mit freundlichen Grüßen


    Alfred SCHMIDT
    © 2010 Tamino Klassikforum Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !