REZENSION OPER DVD
Rossini: Il Barbiere di Siviglia
Libretto von Caesare Sterbini nach Pierre Augustin Caron de Baumarchais
Aufzeichnung aus Teatro La Fenice 2008
Inszenierung und Ausstattung: Traditionell
Generelle Beurteilung : SEHR GUT
Dauer: keine Angabe
Graf Almaviava: Francesco MELI
Figaro: Roberto FRONTALI
Rosina: Rinat SHAHAM
Doctor Bartolo: Bruno di SIMONE
Don Basilio: Giovanni FURLANETTO
Fiorello: Luca, Dall AMICO
Berta: Giovanna DONADINI
Offizier. Claudio ZANCOPÉ
Chor und Orchester La Fenice
Dirigent: Antonio FOGLIANI
Regie:
Bühnenbild: Lauro CRISMAN
Kostüme: Lauro CRISMAN
Hier nun, wie versprochen, die dritte und vorläufig letzte von drei Besprechungen
Nachdem ich eine perfekt ausgestattete Inszenierung im alten Stil unter der Regie von Michael Hampe mit Bühnenbildern von Pagano –sie erinnern mich an jene von Zefirelli – und eine weitgehend minimalistisch moderne – aber äusserst witzig gestaltete – gesehen habe –und mich beide – jede auf ihre Weise - begeisterten – stellt sich nun die Frage, welche Chancen da wohl eine weiter hat, positv besprochen zu werden.
Um es gleich vorwegzunehmen: recht gute, denn auch diese Aufzeichnung ist ein Genuss – mit anderen Schwerpunkten.
Die nächtlich Szene zu Beginn ist eindrucksvoll und hat Flair, jedoch sind das Bühnenbild und die Kostüme schlichter ausgeführt, als in Schwetzingen, weit davon „stilisiert“ zu wirken, aber ohne jene „Überrealität“, die vereinzelte Opernfreunde mit „Hollywood“ assoziieren und vereinzelt sogar als störend empfinden. Gute, ja überdurchschnittliche Bühnebilder, aber keine Filmkulissen
Die Kostüme sind sind „bürgerlich“, stilecht – aber nicht überladen. Die Choreografie der Musiker – hier von Fiorilli dirigiert – zeigt Liebe zum Detail
Graf Almaviva, in der Maske des Lindoro, verkörpert von Francesco Meli, hat eine sehr lyrische, eher hell timbrierte Stimme.
(Francesco Meli -Tenor mit Zukunft)
und ist meines Erachten hörens- und sehenswert. Man sollte nicht glauben wie viele Sänger den Almaviva überzeugend singen können, wo ihn eine Generation vorher mehr oder weniger ausschliesslich nur Luigi Alva gesungen hat….
Wieder sind die Charaktäre sehr individuell gezeichnet, Dr Bartolo wirkt (auf mich ?) eher elegant als senil, die dralle Haushälterin Berta vorwitzig und neugierig, extrovertiert, und an jungen Männern nicht desinteressiert,
Rosina, als Typ gefällt mir Rinat Shaham beinahe besser als die Bartoli, sie ist meiner Meinung nach die ideale Verkörperung des listigen Mündels, weder so „fraulich“ wie die blutjunge Bartoli, noch so aufsässig und abweisend wie Joyce di Donato in ihrer Darstellung der Rolle. Stimmlich ebenfalls allererste Sahne…
Roberto Frontali ist ein alter Hase, im ersten Moment erschien er mir zu alt für diese Rolle, aber nach kurzer Zeit war das keine Frage mehr. Vielleicht ist das rote Kosüm ein wenig zu grell für einen Mann seiner Statur, aber wollen hier nicht Erbsen zählen
Die Stelle wo Almaviva, als betrunkener Soldat verkleidet bei Dr. Bartolo auftaucht ist scheinbar jedem Sänger dieser Rolle ans Herz gewachsen.Francesco Meli singt, nein gestaltet diese Stelle mit der gleichen Freude wie seine beiden Kollegen, allenfalls noch ein wenig drastischer.
Don Basilio, dargestellt von Giovanni Furlanetto ist eine Klasse für sich.
Er legt die Figur als Charakterrolle an, als zwielichtiger Freund des Doktors, der verschlagen , düster und gefählich ist, und bei dem man mit allem rechnen muß-
Auch eher ein bedrohlicher, als ein lächerlicher Charakter singt er
Doktor Bartolo nieder, bis dieser – versteckt hinter einem Paravan – die weiße
Flagge hisst. Auf übetriebene Komik wird verzichtet, ein Hauch von Ironie bleibt jedoch…
In der Ausstattung sind der falsche Don Alonzo und Don Basilio nicht nur ähnlich gekleidet, bzw. ausstaffiert, sondern nahezu identisch. Basilio meint seinem Spiegelbild gegenüber zu stehen, und der als Alonzo verkleidete Almavivia verwirrt ihn zusätzlich, indem er Basilios Bewegungen nachahmt, und diesem dadurch zusätzliche Angst einjagt, weil er nämlich langsam aber sicher selber an des ihm eingeredete Fieber glaubt….
Die Gewittermusik ist wird äusserst sparsam durch Flackern von blauem Licht durchs Fenster unterstrichen, aber der Effekt ist durchaus glaubwürdig und eindrucksvoll.
Die gesamte inszenierung ist sehr überzeugend, die Dekorationen realitätsnah, ohne riesigen Aufwand, die Kostüme stilistisch unanfechtbar, aber nicht überladen. Das was letztlich Italiener auszeichnet, mit einfachen Mitteln beste Effekte zu erzielen – das wurde hier bestens realisiert.
Das Orchester brilliert mit Italianita, wie sie andere – auch Spitzenorchester kaum zuwege bringen.
Ich erinnere mich, dass mich in meiner Jugend KEINE Inszenierung und keine Aufnahme je wirklich befriedigten. Derzeit kenne ich mindestens drei, füge also die soeben besprochen den beiden ersten als weitere Alternative hinzu.
Sie hat mir Vergnügen bereitet,
Alfred SCHMIDT
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