Manon Lescaut in München (19.11.2014)

  • Netrebos Absage hat den Blätterwald mal wieder rauschen lassen. Was verlangt der Neuenfels von seinem Star, was der nicht zu liefern bereit oder fähig ist? (Vielleicht hat er sie auch nur unter den Tisch getrunken..., worauf sie erbost abgereist ist...?). Den wahren Grund weiß nur sie selbst. Die Inszenierung kann es nicht gewesen sein. Denn diese war letztendlich dann doch nur ein Lüftchen im Wasserglas.


    Zur Inszenierung:
    Als belanglos würde ich sie bezeichnen. Ein billiger grauer Deko-Rahmen für eine emotionale Handlung.
    Zwischentexte, die keiner wirklich braucht, um den Inhalt der Oper zu verstehen. Die dienen nur dem etwas oberlehrerhaften Ego des Regisseurs.
    In der Regel eine leere Bühne mit den nur unbedingt nötigen Accesoirs. Im 4. Akt dann nur noch ein paar kleine Steinchen am Boden für die Wüste.
    Fürs Auge hat der Opernbesucher also diesmal nichts bekommen (doch: Einen dickärschigen grauen Chor!). Laut Aussage von Neuenfels eine beabsichtigte Pointe. Sollten doch allein die Protagonisten auf der Bühne das Drama zeigen. Allerdings sind nicht wirklich viele Opernsänger auch gute Schauspieler. In diesem Falle hat das ja noch ganz ordentlich funktioniert. Bei späteren Besetzungen im Repertoirebetrieb hab ich da allerdings Zweifel.
    Fazit: Eine weder störende, durchaus brauchbare Inszenierung, die mich aber (trotz Stehplatz) nicht vom Hocker reißt. Von Ästhetik kann zu schweigen.


    Zum Gesang:
    Wie schon oben erwähnt, sollen die Sänger die emotionale Entwicklung verdeutlichen. Mit den "Stars" (Das Wort kann ich bald nicht mehr hören, ist irgendwer heutzutage kein Star?) Jonas Kaufmann und Kristine Opolais ist das Inszenierungskonzept aufgegangen. Beide überzeugten mich in der Umsetzung ihrer Rollen. Gesanglich habe ich Fr. Netrebko nicht vermisst (die ich bereits stimmlich zu "reif" für die Manon halte). Allerdings klingt auch K. Opolais in den Tiefen wie eine ältere Frau, in der Höhe oft etwas schrill, manchmal zu wenig voluminös. Angesichts der Optik hört "Mann" da doch gern mal drüber weg, oder? ;)
    Herr Kaufmann sang seinen Tenor-Part wie gewohnt (baritonal, z.T. ein bisserl gaumig, durchaus energisch, manchmal mich auch ein wenig an M. del Monaco erinnernd). Häufig durfte er im Liegen singen. Die Rolle liegt ihm besser als der Manrico im Trovatore. Ob man über seinen Gesangsstil hinweghören kann, entscheiden in diesem Fall die Damen.... :rolleyes:
    Auf jeden Fall brachten beide Sänger eine insgesamt gesanglich emotional durchdachte und überzeugende Leistung.
    Als echter "Star" des Abends allerdings erwies sich Lescaut Markus Eiche :thumbsup: . Seine ansprechende, mit Leichtigkeit geführte, präsente Stimme überzeugte in allen Registern und Situationen. Hier deckten sich Rolle und Stimme optimal. (Und, meine Damen, optisch machte er auch keinen schlechteren Eindruck als der Des Grieux...)
    Roland Bracht als Geronte lieferte eine ordentliche, gut verständlich singende Leistung ab.
    Die Nebenrollen waren exzellent besetzt: V.a. Dean Power als Edmondo oder Alexander Kaimbacher als Lampionaio.


    Zum Dirigat:
    In den Feuilletons konnte ich vorrangig von einer vielgelobten, pathosvermeidenden, Klangfarben und Feinheiten herausarbeitenden Dirigierleistung lesen. So, als ob man unbedingt froh darüber sei, dass man den Puccini aus der Puccini-Musik verbannt habe. Ein bisserl mehr Emotion hätte diesem Abend schon gut getan. Anscheinend vetraute Altinoglu Puccinis Musik nicht wirklich. "Bloss jetzt nicht auffallen!", so kam mir das Ganze vor.
    So langweilig und langgezogen habe ich den 2. Akt noch nie gehört. Langsame Tempi in allen Ehren, aber nur dort, wo sie auch hingehören und mit Spannung durchzogen werden. Im 4. Akt schließlich (und der ist pure Emotion!) blieben auch die zwei entscheidenen musikalischen Themen unterbelichtet. Wer das Original im Kopf hat (Puccinis Streichquartett "I Crisantemi"), weiß um die Bedeutung dieser Trauermusik.
    Zu Beginn der Aufführung hatte ich noch die Hoffnung der musikalischen Entwicklung, die ja gerade in der Manon Lescaut von Akt zu Akt fast explodiert. Leider blieb alles im unverbindlichen Duktus des 1. Aktes festgefahren. Ein verschenkter Puccini - schade.


    Fazit: Gesanglich überzeugend, mittelmäßig inszeniert, furchtbar dirigiert.