Götterdämmerung - Premiere in Leipzig am 30.04.2016

  • Gestern fand die Premiere der Götterdämmerung in der Oper Leipzig statt. Damit hat Leipzig nun erstmals seit den siebziger Jahren wieder einen kompletten Ring im Repertoire.
    Bis auf einige Missfallenskundgebungen gegenüber dem Regieteam wurde die Vorstellung vom Publikum bejubelt und das völlig zu Recht: Auf diesem musikalischen Niveau braucht Leipzig den Vergleich mit keinem anderen Haus zu scheuen.
    Bekanntlich bevorzugt GMD Schirmer einen opulenten, schwelgerischen Wagner Klang und auch bei der Götterdämmerung gab er seinem Affen so richtig Zucker.
    Das Orchester war offensichtlich bestens disponiert und bis auf die üblichen (allerdings äußerst seltenen) kleinen Patzer bei den Bläsern war der Orchesterklang einfach umwerfend. Ein besonderes Schmankerl waren die drei Stierhörner auf der Bühne in der Mannenszene, die die Leipziger Oper extra für die Götterdämmerung hat anfertigen lassen. Ich saß (leider) in der zweiten Reihe und mich hat es fast aus dem Sitz gehauen; so ähnlich müssen die Trompeten von Jericho geklungen haben. In jedem Falle aber mal eine außergewöhnliche Darbietung.


    Geradezu phänomenal war die Sängerbesetzung des Abends. Herausgreifen will ich zunächst einmal Thomas Mohr, der sein Debüt als Siegfried gab. Hier wurde nicht gebrüllt, hier wurde kultiviert und einfach schön, textverständlich und doch mit dem nötigen „heldischen“ Nachdruck gesungen ohne dieses Gebrüll, das man leider auch in Bayreuth oft hört.
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    Eine derartig herausragende Leistung habe ich in den letzten Jahren nicht gehört. Manchmal erinnerte er mich im Timbre etwas an René Kollo in seinen guten Tagen.
    Ebenso herausragend die Brünnhilde von Christiane Libor, die Textverständlichkeit mit Durchschlagskraft auch bei den Spitzentönen, Stimmschönheit und Textverständlichkeit verband.
    Eine besondere Leistung auch die Waltraute von Marika Schönberg.
    Bis in die Nebenrollen waren alle insgesamt hervorragend besetzt und das alles aus hauseigenen Kräften.


    Streiten kann man allenfalls darüber, ob der Hagen von Runi Brattaberg (wie schon sein Hunding) nicht ein wenig zu hellstimmig und zu wenig bedrohlich ist, aber das ist Geschmackssache und schmälert nicht die hervorragende sängerische Leistung.


    Wenig Erfreuliches gibt es hingegen über die Regie zu sagen. Die Tänzer, an denen Frau Gilmore so großen Gefallen findet, störten zumindest diesmal nicht. Ein Konzept konnte ich aber in dem Ganzen nicht erkennen. Das Bühnenbild und die Kostüme: Kein Konzept, ein durcheinander verschiedenster Stilelemente und vor alllem Tristesse wohin man sah. Die Kostüme waren darüber hinaus zum Beispiel für die Sängerin der Brünnhilde und auch für den Siegfried (beide nicht gerade gertenschlanken Gestalten) ausgesprochen unvorteilhaft. Vielfach kam es zu zu Momenten, die unfreiwillig komisch waren, so etwa wenn ein riesiger erlegte Hirsch hereingeschleppt wurde, worauf es einige Lacher im Publikum gab, die sicherlich nicht geplant waren. Der Höhepunkt der Albernheiten war dann, als der tote Siegfried für die Schlussszene auf einem weißen Flügel hereingefahren wurde. Ähnlich, völlig übertrieben, das Agieren des Gibichungen Paares, das teilweise etwas klamottenhafte hatte. Ein Konzept oder dergleichen war beim besten Willen nicht zu erkennen. Diese Kritik hat übrigens nichts damit zu tun, dass ich kein Freund des Regietheaters bin; auch eine Konzeption im Sinne einer modernen Inszenierung vermochte ich nicht ansatzweise zu erkennen. Schade, da die Realisierung wie gesagt im musikalischen Teil für meine Begriffe herausragend ist. Insgesamt im Hinblick auf die musikalisch weit überdurchschnittliche Darbietung ein gelungener Abend.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha