DRIGO, Riccardo: DER TALISMAN

  • Riccardo Drigo ( 1846 - 1930 )

    Der Talisman


    Ballett in einem Prolog und drei Akten

    Libretto: Konstantin Augustovich Tarnovsky und Marius Petipa


    Uraufführung: St. Petersburg 1889


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Amravati, Königin des Himmels

    Niriti, ihre Tochter

    Vayou, Windgott

    Noureddin, Maharadscha

    Kadoor, ein Weber

    Nal, sein Sohn

    Nirilya, Nals Verlobte

    König Akdar

    Prinzessin Damayanti, seine Tochter

    Himmlische und irdische Geister, Gefolge Noureddins und Akdars, Volk


    Ort und Zeit der Handlung: Indien, Märchenzeit


    PROLOG

    In den Wolken

    Himmlische Geister huldigen der Königin des Himmels, Amravati. Amravati ist traurig, denn ihre Tochter, Niriti, muss auf die Erde hinabsteigen, um ihr Herz gegen die Versuchungen der irdischen Liebe zu prüfen. Amravati befürchtet, dass sie der Versuchung erliegt und niemals zurückkehrt.

    Niriti kommt und umarmt die Mutter. Amravati eröffnet ihr, dass es jetzt an der Zeit ist, die Erde zu besuchen. Damit sie nicht allein ist, will sie ihr Vayou, den Gott des Windes, als Begleiter mitgeben. Dieser kommt im Sturm herbei. Amrasvita übergibt ihm einen goldenen Streitkolben und Niriti einen Talisman, der sie beschützen soll. Verliert sie den Talisman und findet ihn ein Sterblicher, kann sie nur dann in den Himmel zurückkehren, wenn dieser ihn freiwillig zurückgibt.

    Amrisvati verabschiedet sich und Vayou und Niriti steigen auf die Erde hinab.


    ERSTER AKT

    Im Hause des Webers Kadoor

    Der Sohn des Webers, Nal, arbeitet am Webstuhl. Als er – von einem Sonnenstrahl geblendet – das Fenster abdecken will, kommt ihm seine Geliebte, Nirilya entgegen. Nach der Begrüßung will er seine Arbeit wieder aufnehmen. Nirilya tritt hinter ihn und hält ihm die Augen zu. In dem Augenblick kommt Nals Vater, Kadoor, mit Freunden hinzu. Den verlegenen Liebenden bedeutet er, dass sie sich nicht zu schämen brauchen, denn morgen soll die Hochzeit sein. Die jungen Leute beginnen zu tanzen.

    Da erscheint der Maharadscha Nourreddin. Er hat sich verirrt und bittet um ein Nachtquartier, was ihm der Weber gerne gewährt. Die jungen Leute führen zur Freude des Maharadschas weitere Tänze vor. Der Maharadscha schenkt Nirilya eine Kette und Nal einen Beutel mit Gold. Dann bittet der müde Gast, in sein Zimmer geführt zu werden. Alle verlassen den Raum.

    Unter Donner und Blitz treten Niriti und Vayou auf. Vayou bittet sie, zu bleiben, während er nachforschen will, wo sie sich befinden. Niriti ist müde und legt sich hin.

    Noureddin kommt aus seinem Zimmer, erblickt die Schlafende und ist von ihrer Schönheit überwältigt. Er will sie küssen, doch sie wehrt sich und flieht vor ihm. Im rechten Augenblick kommt Vayou, schwingt den Streitkolben und verschwindet mit Niriti. Dabei verliert sie den Talisman. Noureddin findet den Talisman und nimmt ihn an sich. Er ist verliebt und will das schöne Mädchen wiederfinden.

    Da kommen König Akdar und seine Tochter Damayanti, die mit Noureddin verlobt ist, mit ihrem Gefolge. Sie haben nach dem verschwundenen Maharadscha gesucht. Der König bittet Noureddin, sich ihm und seinem Gefolge wieder anzuschließen.

    Niriti und Vayou tauchen noch einmal auf und suchen vergeblich nach dem Talisman.


    ZWEITER AKT

    In den Gärten von König Akdars Palast in Delhi

    Das Hochzeitsfest der Prinzessin Damayanti mit Noureddin wird vorbereitet. König Akdar, seine Tochter und auch Noureddin mit seinen Wachen erscheinen. Es folgen verschiedene Tänze der Gäste und Noureddins mit der Prinzessin. Dann verkündet ein Diener, dass die Halle für das Fest gerichtet sei. Alle begeben sich dorthin, nur Noureddin bleibt zurück. Er kann das schöne Mädchen nicht vergessen, dass er im Hause Kadoors gesehen hat.

    Es wird Nacht. Da erscheinen Niriti und und irdische Geister in der Gestalt von Blumen. Sie führen eine Reihe Tänze auf, um Noureddin zu bewegen, den Talisman zurückzugeben. Aber er weigert sich. Die Erscheinungen verschwinden schließlich.

    König Akbar kommt mit seiner Tochter und Gefolge und fordert Noureddin auf, nun endlich zu der Hochzeitszeremonie zu erscheinen. Doch dieser erklärt, dass er eine Andere liebe und daher die Prinzessin nicht heiraten könne. Der König zieht sein Schwert und es entsteht ein Kampf zwischen seinem Gefolge und Noureddins Wachen.

    Vayou vertreibt die Kämpfenden, indem er Blitz und Donner heraufbeschwört, um Noureddin, der immer noch den Talisman besitzt, zu retten. Niriti, deren Herz inzwischen von Liebe erfüllt ist, wirft dem fliehenden Noureddin einen Kuss zu.


    DRITTER AKT

    1. Bild: Ein Basar am Ufer des Ganges

    Hier herrscht reges Treiben; verschiedene Tänze werden aufgeführt. Noureddin kommt auf dem Weg von Delhi mit seinem Gefolge vorbei. Er gebietet Halt und will sich eine Ruhepause gönnen. Auch Vayou und Niriti – diese verkleidet als Sklavin – kommen an. Sie wollen Noureddin den Talisman stehlen. Noureddin erkennt Niriti und verfolgt sie, die sich in der Menge zu verstecken versucht. Vayou hält ihn auf. Noureddin bietet ihm nun allerhand Reichtümer, wenn er ihm seine Sklavin verkaufe. Doch Vayou will die vermeintliche Sklavin nur dann verkaufen, wenn Noureddin ihm den Talisman gibt, den er auf der Brust trägt. Noureddin verweigert dies, weil er vermutet, dass damit ein Geheimnis verbunden ist. Er kredenzt Vayou Wein, an dem dieser Gefallen findet. Als Vayou immer mehr davon verlangt und der Wein zunehmend seine berauschende Wirkung entfaltet, wird er gesprächiger. So erfährt Noureddin, dass Niriti die Tochter der Göttin Amravati ist und sie solange auf der Erde bleiben muss, bis sie wieder in den Besitz des Talisman gelangt. Das bekräftigt Vayou, indem er seinen goldenen Streitkolben auf den Tisch schlägt, der dabei zerbricht. Er tanzt weiter, bis er zu Boden fällt.

    Noureddin lässt Niriti von seinen Leibwächtern entführen. Der berauschte Vayou kann ihr nicht helfen und wird verschleppt.


    2. Bild: Antike Ruinen bei Nacht.

    Die Leibwächter bringen Niriti zu Noureddin. Niriti bittet Noureddin, ihr zu helfen, damit sie wieder in den Himmel zu ihrer Mutter zurückkehren kann. Deshalb fleht sie ihn an, ihr den Talisman zurückzugeben. Aber er weigert sich weiterhin, denn er liebt sie zu sehr. Auf den Knien fleht er nun seinerseits Niriti an, seine Frau zu werden. In ihrer Verzweiflung reißt sie ihm den Dolch aus dem Gürtel und droht, sich zu töten. Er kann ihr aber die Waffe entreißen. In dem Glauben, dass ihr der Himmel wichtiger als seine Liebe sei, gibt er ihr schließlich den Talisman zurück. Es blitzt und donnert und das Bild verwandelt sich zum


    3. Bild: Oben der Himmel, unten die Ruinen

    Amravati wartet in den Wolken auf die Rückkehr ihrer Tochter. Doch als Niriti die Traurigkeit Noureddins sieht, zu dem nun auch ihre Liebe erwacht ist, wirft sie den Talisman von sich und bekundet damit, dass sie auf der Erde (und bei Noureddin) bleiben wolle.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    Einmal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Anmerkungen:

    Das Ballett hatte 1889 nur geringen Erfolg. 1895 wurde es von Marius Petipa in St.Petersburg wiederbelebt. Für weitere Aufführungen in St.Peterburg in der Choreographie von Petipa überarbeitete Drigo noch einmal die gesamte Partitur.

    Das Ballett wurde 1908 unter dem Namen „Le porte-bonheur“ an der Scala aufgeführt. 1997 wurde es mit dem Arena-Ballett Verona inszeniert und auch am Teatro Verdi in Padua aufgeführt.

    Pjotr Gusev stellte 1955 aus verschiedenen Melodien des Balletts und auch einer Melodie aus Pugnis „Die Tochter des Pharao“ den „Talisman-Pas de deux“ zusammen, der von verschiedenen Ensembles in der Welt getanzt wird.

    Eine Gesamtaufnahme des Balletts nach der Choreographie von Petipa, getanzt vom Buryat Ballet Ulan Ude und Aufnahmen des Pas de deux kann man auf youtube ansehen

    http://www.youtube.com/watch?v=mx7Vv8Bts2o

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)