Nachdem ich nun ausgiebig Zeit hatte, mich wieder in den Münchner Giulio Cesare einzuhören, wollte ich mich noch einmal melden.
Nein, die Nebengeräusche bei Live- Mitschnitten stören mich nicht, wenn ich die Wahl habe, ziehe ich diese eigentlich den Studioaufnahmen vor, bei guten Mitschnitten entsteht eine ganz eigene Dynamik, wie man sie bei Studioaufnahmen nicht findet. Bißchen Nebengeräusch kann ich da verschmerzen. Gerade bei Opern sind DVDs für mich ideal, aber die gibt es ja leider von Barockopern nicht so häufig.
Ich hatte es zwar schon fast befürchtet, leider hat sich bestätigt, dass mir der Mitschnitt von der Bayerischen Staatsoper zumindest teilweise nicht mehr gefällt, hier hat sich in den letzten, ähem, Jahrzehnten, mein Geschmack doch sehr geändert.
Ann Murray, die den Cäsar singt, finde ich stimmlich nicht mehr ansprechend, ihre Interpretation wirkt auf mich etwas roh und ungeschliffen, die Stimme einfach nicht so geschmeidig und ausdrucksstark, wie ich das jetzt gerne hören möchte. Da gefallen mir Sarah Connolly in der Einspielung mit William Christie und dem Orchestra of the Age of the Enlightenment und besonders Marijana Mijanović in der Aufnahme mit den Musiciens du Louvre mit Marc Minkowski deutlich besser.
Auch Christopher Robson, der den Tolomeo gesungen hat, überzeugt mich von der Stimme her nicht mehr, da habe ich einfach zu viele gute Sänger gehört, die mir besser gefallen.
Katarina Karneus, die den Sesto gesungen hat und Susan Gritton als Cleopatra finde ich aber immer noch sehr gut.
Weil ich gerade dabei war, habe ich mir auf Youtube auch eine Einspielung von Dietrich Fischer Dieskau (mit dem RSO Berlin/Böhm) rausgesucht und angehört. Entgegen aller Befürchtungen ob der vernichtenden Bewertungen hier, haben meine Ohren nicht angefangen zu bluten.
Ich fand es ehrlich gesagt ganz interessant dese Partien einmal von einer tiefen Männerstimme zu hören, hier kann man gut erkennen kann, warum dies musikalisch einfach falsch ist.
Die Besetzung mit tiefer Männerstimme verändert völlig den Charakter der Rollen, weil die Stimme des Protagonisten nicht mehr heldenhaft über dem Orchester schwebt, sondern eine Oktave tiefer im Orchesterklang auf Tauchstation geht, durch kommt die Stimme nur über die Lautstärke. Vielleicht organisiere ich mir davon doch noch einmal eine komplette Einspielung, mich würde interessieren, wie sich die anderen Sänger da reingefunden und ausbalanciert haben.
Falls die Frage nach der Besetzung im Gespräch mit Bekannten mal wieder aufkommen sollte, habe ich jedenfalls jetzt ein Negativbeispiel.
Auch wenn noch nicht alles von jedem gesungen worden ist, manche Sachen sollte man dann doch besser lassen. Außer vielleicht, es ist für den 80. Geburtstag der Oma im Familienkreise.
Bei Weitem störender finde ich allerdings das uninspirierte, nähmaschinen-artige Gefiedel im Orchester.
Der Hornist ist allerdings Spitze.
P.S.: Die Frage der Interpretation habe ich jetzt mal bewußt außen vor gelassen.