Beiträge von Tristan2511

    Danke für den Thread und Dank an Wolfgang für den gut aufbereiteten Vorschlag zur Hörerschließung! :)

    Wie ich schon sagte: "A Child of our time" halte ich für ein veritables Meisterwerk! Als ich es in Rostock 2018 (80 Jahre Reichsprogromnacht) live hörte, war ich tief beeindruckt und ergriffen. Mein Bachforscher-Herz freute sich auch über die vergleichbare Anlage zu den barocken Passionen.

    Dass du es als besonders konservativen Tippett bezeichnet hast erklärt natürlich warum er besonders gut in mein bevorzugtes Hörspektrum passt (welches du bei deiner Reihenfolge ja auch beachtet hast). Werke der Kategorie d) dürften für mich sehr herausfordernd sein. :cheers:

    Ich habe mich recht umfassend mit Dohnanyis Musik vertraut gemacht und kann festhalten, dass mir die meisten seiner Werke sehr gut gefallen.

    Brahms-Epigone hin oder her. In einer musikalischen Tradition zu stehen ist natürlich nicht verwerflich und eher die Regel. Bei Dohnanyi sind die Brahms-Bezüge in einigen der früheren Werke schon recht deutlich (z.B. 1. Klavierquintett, 1. Sinfonie), aber ich habe nie den Eindruck einer bloßen Brahms-Imitation, wie ich sie z.B. in einigen Ries-Sinfonien Beethoven gegenüber empfinde (in den KK nicht). Im Spätwerk verändert sich der Ton Dohnanyis schon recht deutlich.

    Dennoch ist das Ganze bis zum Schluss ziemlich aus der Zeit gefallen und durchweg einfach romantisch und spätromantisch. Einige leichte Anklänge an die Moderne höre ich in der 2. Sinfonie, im 2. Klavierkonzert, im Harfenkonzert, im Sextett und der American Rhapsody. Die Feststellung seiner 'Rückständigkeit' sagt freilich zwar etwas über Dohnanyis Stand in der Musikgeschichte, aber nicht über mein persönliches Gefallen an diesen Werken. Mir gefällt seine 2. Sinfonie auch mit dem Wissen, was in der Sinfonik der 1940er Jahre eigentlich State of the art war.


    Was sagt mir besonders zu: Zum einen ist es der volle, satte Klang, der sicherlich nicht selten an Brahms erinnert. Das gilt sowohl für die Sinfonik, als auch die Kammermusik (Klavierquintette!). Hinzu kommt aber (vielleicht die ungarische Prägung) ein Sinn für schöne und eingängige Melodien, besonders in den früheren Werken. Teilweise werden diese Melodien dann in hymnischen Apotheosen bis zur Grenze des guten Geschmacks zelebriert.

    Die langsamen Sätze gefallen mir, vielleicht wegen der Melodik, eigentlich durchgängig. Hier gibt es in einigen Werken (1. Klavierkonzert, 1. Violinkonzert etc.) regelrechte Bruckner-Anfänge. Auch Dohnanyi weiß solche Anfänge effektvoll zu inszenieren und stimmig weiterzuführen (gemeint ist ein Einpendeln der Musik, oft Pizzicato-Begleitung, dazu eine exponierte Melodie).

    Hervorragend komponiert sind auch die Variationssätze (z.B. Variationen über ein Kinderlied Op. 25, Cellosonate Op. 8 oder Finale 2. Sinfonie).

    Das erste Trio hat mir sehr gut bgefallen. Eine komplexe schöne Sache, man denkt unweigerlich an Reger .... Das zweite Trio, ungefähr 10 Jahre früher entstanden empfinde ich trotz seiner Kürze als langweilg. Es scheint aus dem Nachlass zusammengebastelt zu sein

    Ja, das B-Dur-Trio ist ein unvollendetes Frühwerk, das extern ergänzt wurde.

    Bei Pfitzner empfehle ich im Instrumentalwerk vor allem noch die Cellokonzerte und auch das Klavierquintett Op. 23.

    Ich bin jetzt voll drinnen: Ernst von Dohnanyi - 2. Violinkonzert Op. 43 in c-Moll

    Interessant: Dieses Spätwerk wirkt im Vergleich zum restlichen mir bekannten Werk Dohnanyis tatsächlich recht progressiv, fast modern. Für das Entstehungsjahr 1950 ist es natürlich völlig aus der Zeit gefallen. Schöne Musik nichtsdestotrotz!


    Aus der Box, die ich nun tatsächlich erworben habe (bis zur Ankunft noch gestreamt): BBC PO (Matthias Bamert) + James Ehnes

    Und auch noch verdammt gute Konkurrenz: Die Kopenhagener mit Mortensen überzeugen mich eigentlich (fast) immer! Aber da ist sicher keine GA geplant...

    Mein Dank gilt den Kollegen lutgra und WolfgangZ , deren kenntnisreiche und von Zuneigung zum Gegenstand getragenen Beiträge mir helfen, diesen Komponisten ein wenig zu entdecken. Manche Eindrücke die ich hier bei euch gelesen habe, decken sich mit meinen und einiges wird deutlicher. Literatur zu Rautavaara gibt es (naturgemäß) kaum.

    These - Antithese z.B. passt gut zu den ersten vier Sinfonien. Mir persönlich geht es so, dass ich mit Zwölfton und serieller Musik wenig bis nichts anfangen kann und so stehe ich ebenfalls ratlos vor der 4. Sinfonie. Die 5. hingegen ist zwar innerhalb meines Hörspektrums eigentlich auch zu modern, aber sie ist wenigstens faszinierend und irgendwie verinnahmend. In der 6. störe ich mich ebenfalls stark am Synthi - inhaltlich zugeordnet hin oder her. Mein Urteil über die 7. Sinfonie hingegen fällt eher positiv aus, auch wenn ich den Titel ebenfalls für eher schädlich halte. Im 3. Satz höre ich hier deutlich Sibelius. Ansonsten, bis auf Bruckner in der 3. und - mit lutgras Hinweis im Gedächtnis höre ich das auch - Mahler in der 5., scheint mir die Musik ohnehin ziemlich eigenständig zu sein.


    Höre diese GA, die eigentlich keine ist, weil zusammengestückelt:

    Eine wahre Begebenheit

    Kinder, die gern J.S. Bach hören, können Eltern in arge Bedrängnis bringen. Es begab sich, dass der fünfjärige Sproß eines Kollegen im Kindergarten die Arie "Ich freue mich auf keinen Tod" sang, besser wohl zu singen versuchte - und damit einige Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Die völlig verwirrten Betreuerinnen bestellten die Eltern ein und verlangten Aufklärung. Es stellte sich heraus, dass der wissbegierigen Knabe in Abwesenheit des musikliebenden Vaters in dessen CD-Sammlung kramte und wohl Gefallen an BWV 82 fand. Es wurde vereinbart, solche Vorkommnisse künftig auszuschließen. Es dürfte einer der ganz seltenen Fälle gewesen sein, dass für Bach ein Verbot erlassen wurde. ;)

    Das kann ich mir vorstellen... ^^

    Mir ist im ganz kleinen Rahmen schon ähnliches passiert, aber ohne drastischere Auswirkungen wie Bach-Verbote: Um Ostern herum, nach dem häufigeren Hören der JP kam mir öfters der markante Beginn des Fugatos "Wir haben ein Gesetz" in den Sinn, so dass ich ihn in der Wohnung vor mich her sang. Die Kleine schnappte das auf und sang bald mit. Dabei wurde sie auf lustige Weise kreativ und sang zum Beispiel: "Wir haben ein Gesetz und nach dem Gesetz müssen wir Abendbrot essen".

    Da musste ich dann lediglich meiner Frau erklären, warum sich unser Kind so ungewöhnlich ausdrückt ;)

    Es gibt eine Bearbeitung des Hornkonzertes KV 447 für Cello, die Sandor Fischer für Janos Starker erstellt hatte.

    Danke für die schnelle Aufklärung, das wusste ich gar nicht.

    Die ist dann ja erst im 20. Jh. entstanden und in diesem Buch hätte man durchaus und vielleicht besser die Horn-Originalvariante benutzen können...

    Meine Tochter bekommt Klassische Musik öfters 'frei Haus' mit, wenn ich zu Hause ohne Kopfhörer höre während sie wach ist, oder wenn ich Klavier spiele. Das ist dann natürlich nicht für Kinder aufbereitet.

    Weil sie Freude dran hat, haben wir auch diese Bücher "So kling Bachs Musik" etc.


    Heute im Buchladen entdeckte ich noch eine weitere, ähnliche Serie:


    Dabei ist mir bei folgendem Buch etwas aufgefallen:

    Auf der dritten Seite steht "Cellokonzert KV 447". Da bin ich drüber gestolpert und dachte: Moment, Cellokonzert von Mozart? War KV 447 nicht ein Hornkonzert...?

    Frage, vielleicht wissen die absoluten Mozart-Kenner mehr: Vermittelt das Buch hier falsche Informationen? Oder gibt es eine alternative autorisierte Fassung? Oder eine unautorisierte?

    Dazu kommt sein erstes Quartett für mich experimentell inspiriert bei mir an. Es steht durchaus auf der Höhe der Zeit

    Ich habe mich gefragt, ob die beiden später folgenden Werke dementsprechend weniger experimentell sind und nicht auf der Höhe der Zeit. Das würde ich, nachdem ich sie jetzt gehört habe, etwa so beantworten:

    Das 2. Streichquartett Op. 26 in Es-Dur stammt von 1933 und wurde ein Jahr später noch in Wien uraufgeführt. Grundsätzlich gefällt es mir. Die Sätze hinterlassen einen sehr verschiedenartigen Eindruck, sind definitiv nicht alle "auf der Höhe der Zeit" - was keine Abwertung ist. Interessant diesbezüglich sind die Binnensätze: Ein Allegretto, das wie ein klassizistisches Lied wirkt und wirklich erstaunlich wenig verfremdet oder harmonisch angereichert wird und ein schwärmerisch-klagendes Lento, das durchaus harmonisch nicht mehr romantisch, sondern sehr modern klingt, melodisch aber doch die weiten romantischen Bögen sucht. Im Finale wirkt der tänzerische Wiener-Ton (siehe Intermezzo im Sextett) dann doch etwas ironischer und harmonisch expressiver, als der 2. Satz. Dennoch unverkennbar eine Reminiszenz an Wien.

    Damit enthält das Werk lauter Sätze, die mal parodistisch, mal schwelgend, mal schlicht bekundend eher zurück, als nach vorne blicken. Das ergibt dann ein durchaus spannendes Werk!


    Ich habe mich intensiv mit dem Thema des Threads auseinander gesetzt.

    Soweit ich es überblicke, war Franz Liszt der erste Komponist der Musikgeschichte, der Werke der bildenden Kunst in Töne umsetzte und dies explizit betont hatte. Das von mir bereits erwähnte Lo Sposalizio von Raffael komponierten gleichnamigen Klavierstück aus dem Jahr 1839 dürfte das früheste bisher bekannte Beispiel eines durch ein Gemälde inspirierte Komposition sein. Ich habe bis jetzt kein vor diesem Zeitpunkt entstandenes Werk gefunden, wo dies in der Partitur vermerkt ist.

    Das ist sehr interessant! Mir fällt ebenfalls nichts ein. Die explizite Verwendung außermusikalischer Einflüsse ist eben erst in der Romantik und auch mit den Gedanken von der Einheit der Künste etc. üblich geworden.

    Kannte und liebte z.B. Bach nicht auch Kreuzigungs-Szenen, die ihn plastisch beeinflusst haben mögen? Natürlich - es gibt z.B. wertschätzende Äußerungen über Lukas Cranach d. J. Nur hat der Barockmusiker diese Gemälde allenfalls im Hinterkopf gehabt und eben noch nicht explizit zum Thema gemacht bzw. sich ausschließlich auf ein solches Gemälde bezogen...