Nr. 47 ist eine meiner Lieblingssinfonien von Haydn, nicht nur wegen des Palindroms im 3. Satz. Das Werk entstand im Frühjahr 1772 (in diesem Jahr entstanden auch die Sonnenquartette op. 20).
Hörproben (komplette Sinfonie in 3 unterschiedlichen Aufnahmen): " https://www.joseph-haydn.art/de/sinfoniae/47" (dort auf "Medien" klicken)
1. Satz: Allegro, 4/4-Takt, G-Dur (159 Takte)
Das Hauptthema besteht aus einem aparten Hornsignal mit kurzer „Antwort“ der tiefen Streicher, was in diversen Tonhöhen wiederholt wird, gefolgt von einer längeren „Antwort“, die aber auch nach 3 Takten abbricht. Nach weiteren 4 Takten Hornsignal kommt ein kurzer Zwischengedanke (Takt 17-20). In Takt 21 erklingt erneut das Hornsignal, inzwischen sind wir in D-Dur. Nach einer Überleitung (ab Takt 25) erscheint in Takt 36 das 2. Thema, das ich hier wirklich als solches bezeichnen würde. Es handelt sich um Triolen-Läufe in der Streichern, teilweise unterlegt mit halben Noten der Oboe. Die Schlussgruppe beginnt in Takt 48. Die Exposition endet mit Takt 56 und wird wiederholt. In der Durchführung erscheint zunächst das „Hornsignal“, nun aber von den Streichern gespielt und in diverse Tonarten moduliert. Nach einer Zwischengruppe erklingt in Takt 82 wieder das Hauptthema, in E-Dur, falls ich mich nicht täusche, und in Takt 90 das 2. Thema in e-Moll (auch hier die Tonart ohne Gewähr), was mich fast an eine Scheinreprise erinnert. Es folgt ein „Ausbruch“ in Forte von 12 Takten, und in Takt 114 ist die Reprise erreicht (G-Dur). Das 2. Thema erscheint überraschend früh bereits in Takt 127. Die Schlussgruppe muss daher noch warten: Nach mehrmaligem Anspielen das Hornsignals kommt in Takt 151 der aus der Exposition bekannte Zwischengedanke, dieses Mal 5 Takte lang, da direkt auf die Schlussgruppe übergeleitet wird.
2. Satz: Un poco adagio, 2/4-Takt, D-Dur (178 Takte)
Hier handelt es sich um einen äußerst kunstvoll aufgebauten Variationensatz. Das Thema hat den Aufbau A (5+5 Takte) – B (4+6 Takte) – A’ (5+5 Takte). Teil A besteht aus Ober- und Unterstimme, gespielt von den hohen bzw. tiefen Streichern, und bei A’ sind einfach die Rollen vertauscht. Der B-Teil wird durch Bläser erweitert. Das Ganze dauert also 30 Takte, und davon gibt es 4 Variationen. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Notenwerte der Oberstimme (bzw. bei A’ die der Unterstimme) geändert werden:
Thema: Achtel+Viertel
Variation 1: Sechzehntel
Variation 2: Sextolen
Variation 3: Zweiunddreißigstel
Variation 4: Achtel+Viertel, aber gespielt von den Bläsern
Die letzte Variation endet mit einem Trugschluss auf g, danach folgt noch eine 27-taktige Coda.
3. Satz: Menuet e trio al roverso, 3/4-Takt, G-Dur (64 Takte)
Das finde ich einfach genial. 10 Takte vorwärts, mit Wiederholung, und dann das Gleiche rückwärts, ebenfalls wiederholt, und schon haben wir das Menuett. Das Trio (ebenfalls G-Dur) läuft analog, nur dass die beiden Teile über je 12 Takte gehen. Genial wird die Sache auch dadurch, dass an ausgewählten Stellen bestimmte Instrumente einsetzen oder rhythmische Änderungen auftreten, was beim Rückwärtsspielen entsprechend anders klingt, wobei man teilweise überrascht ist, und teilweise meint, dass müsste genau so sein. Besonders apart wird das im Trio mit den eher solistisch auftretenden Instrumenten. Ich bin von diesem Satz immer wieder hingerissen.
4. Satz: Finale. Presto assai, alla breve, G-Dur (283 Takte)
Ein leises, rasches Hauptthema bekommt nach 18 Takten eine „Antwort“ (Motiv B) in Forte. In Takt 27 kommt erneut das Hauptthema, wobei gegen Ende die Tonart wechselt, und spätestens in Takt 45 ist D-Dur erreicht, hier beginnt nämlich eine Art Zwischensatz (bzw. 2. Thema). Es hat in meinen Ohren einen „türkischen“ Charakter. In Takt 70 erscheint erneut das Hauptthema (jetzt in D-Dur), gefolgt von einer Schlussgruppe ab Takt 98. Die Exposition endet in Takt 115. Deren letzten Schläge werden nach der Wiederholung in der Durchführung unvermittelt weitergeführt. Nach kurzem Anspielen von Motiv B kommt es in Takt 134 tatsächlich zu einer Scheinreprise, jedenfalls erklingt dort das Hauptthema in C-Dur. Wenn dann in Takt 154 das 2. Thema (bzw. der o.g. Zwischensatz) in e-Moll erscheint, wird klar, dass wir immer noch in der Durchführung sind. Eine weitere Variante von Motiv B leitet zur Reprise ab Takt 186 über. Diese hat den Aufbau: Hauptthema – Zwischensatz – Hauptthema – Schlussgruppe, wobei letzterer noch das Motiv B angehängt wird. Der Satz hat durch das häufige Auftreten des Hauptthemas auch eine rondoartigen Charakter, aber insgesamt ist er wohl doch in Sonatenhauptsatzform geschrieben.
Thomas