Beiträge von MartinH

    Ja, stimmt, geht da gar nicht richtig hervor (allerdings ein Satz: "Fertig gebaut hat die Orgel dann Joh. Fr. Heidenreich aus Bayreuth").

    Er hatte halt die Orgel fertiggestellt, ein Jahr, nachdem Herrmann verstorben war. Sonst hat OI zu ihm nichts, Hof ist noch gar nicht eingetragen. Es machen halt viel zu wenige Leute mit, die Gegend ist dort eh kaum vertreten.

    Balint Karosi live(!!):super! Gerade die richtige Balance zwischen lebhaft und streng.


    Orgel ist wohl diese (neue)

    http://www.pomorgona.hu/de/por…zam%C3%A1rdi-ungarn-iii16

    Alles(?) manualiter, wie ich sehe (bin erst am Anfang), gut, diese hätte auch nur einen 16' und 8' und Koppeln, könnte mir trotzdem öfter mal Pedal vorstellen (ein anderes Klanggewand ggü. Cembalo hat es ja auch so schon)

    Wohl nicht vollständig (da nur 1h Spielzeit), irritierend (neben der völlig unpassenden Zugabe) der überaus chromatische Contrapunctus 11, der hier leicht und lebhaft genommen wird. Aber da kann man sich sicher auch einhören.

    Da kommt kein Glenn Gould mit seiner unpassenden Orgel auch nur entfernt ran.

    (hier: Stimmung, atmender Wind, Intonation...)

    Eine schöne Orgeleinspielung finde ich die des vielleicht hier eher unbekannten Organisten (und auch Orgelbauers, ad hoc fällt mir nur die bei Rekordjägern bekannte Passauer Orgel(anlage) ein):

    Pavao Mašić

    booklet-pregled-08-copy-page-001.jpg?1510004143

    auf einer ziemlich neuen Eisenbarth-Orgel in Zagreb, schöne Stimmen und sensibles Spiel. Außerdem klare Akustik und natürliche, direkte Aufnahme (das Werk verträgt m.E. nicht viel Hall).

    Ein ausführliches Booklet ist herunterladbar, die CD gibt's bei Amazon Music.

    Schade :)

    Aber ich denke doch, ein Hinweis ist hier angebracht. Keine glänzenden Knöpfe und Riesengehäuse, da weiß man, wo das (wenige hier vergleichsweise!) Geld hingeht. Entwickelt von Meßgerätehersteller-Schreck Thomas Funk, der gerade im HiFi-Bereich viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Besonders schön finde ich, dass der sein "Zeug" noch nichtmal anhört, ist auch nicht notwendig (es geht ja nicht um ein Effektgerät). Wer mal im Raum Berlin ist, dem kann ich einen Besuch nur empfehlen (ist kürzlich umgezogen).

    Mein Tipp ist der LPA-2S, sehr preis-wert, technisch spitze und universell einsetzbar (Impedanzen). Kann man ja selbst in ein Gehäuse oder ein Gerät einbauen und braucht dann nur noch eine symmetrische Spannungsversorgung (prof. Geräte haben die ja schon..). Ich bilde mir ein, damit den im Tascam DA-3000 eingebauten deutlich verbessert zu haben (ein sehr gutes Gerät, der KH-Ausgang dort ist aber eher nur für Kontrollzwecke).

    Dank für die Kritik! Genau, Agogik, heikles Feld. Gerade dieser CP sollte unaufgeregt fließen, ist er doch der Grundstock für das riesige Gebilde, das dann kommt. Mich stören da auch einige Stellen (aber was anderes noch deutlich mehr, mal schauen, ob wer drauf kommt ;), die dafür im Durchlauf vorher tlw. besser waren etc, normalerweise würde man das halt einfach zusammenschneiden. Trotzdem wichtig, im Walcha-Style zu spielen, wäre für mich einfacher. Ich muss mal nachhören, ob er sogar vielleicht Überlegato macht. Ja, der Baß ist sehr unenergisch, es ist nämlich genau der gleiche Klang, den auch das Manual produziert. Walcha hat galube ich einen 16' dabei (Oktave tiefer), guter (und obligater) Baß kommt dann in CP 4 und auch 11 (denn kann eine Orgel wirklich besser darstellen als ein Cembalo IMHO).

    Jetzt hoffe ich nur, wir bekommen bald einen eigenen Thread, sonst killen mich hier die Orgel(elektronik)hasser..

    @Mods: wo soll ich einen Thread für eine evtl. Diskussion eröffnen?


    Es ist eine interessante Übung, mir völlig unmöglich, 2x nur annähernd "das gleiche" zu spielen. Habe mir vorgenommen, mit insgesamt 20 Schnitten im Werk auszukommen (in jedem nur 1, den braucht man oft schon wegen Notenwenden), wegen diverser Ungenauigkeiten gibt es so evtl. eine interessantere Diskussion. Ausserdem habe ich mir vorgenommen, vor der jew. Einspielung KEINE anderen Aufnahmen mehr anzuhören (danach gerne).
    Allgemein zur Vorgehensweise: ich spiele nach der Einrichtung von Helmut Walcha (dürfte ja bekannt sein), der die Bassstimme grundsätzlich dem Pedal zuweist (nur an wenigen Stellen geändert). Ich weiss schon, nicht historisch und so.. Allerdings spiele ich nicht wie er (Artikulation sowieso), das Pedal ist oft nur "Spielhilfe", gekoppelt, also ohne eigene Regsiter. Die eingetragenen Phrasierungskeile sind übrigens hilfreich, auch wenn man das Resultat heute anders umsetzt.. Der Spieltisch ist eine einfache MIDI-Konsole von Hoffrichter.

    Zum Abhören würde ich Kopfhörer emfehlen (wie ich auch spielte).

    Contrapunctus I ist jetzt hochgeladen


    (hier habe ich übrigens das Pedaltrakturgeräusch abgestellt, bei kräftigeren Registrierungen sicher wieder an, kein Schnitt).

    Registrierung: Brustwerk: Nachthorn 8', Gemshorn 4', Pedalkoppel

    Neben persönlichen "Unzulänglichkeiten" fällt übrigens eine Schwachstelle von diesem Sampleabspielen schon gleich zu Beginn auf, besser zwei...

    Was meint Ihr zu Vervollständigungen?

    Hoffentlich darf man so alte Posts hochholen..


    Eher nicht so bekannt dürfte die Vollendung von Prof. Daniel aus Köln sein, m.W. gibts die Noten "nur" in seinem Buch, das ich mal sehr interessiert gelesen habe (bei Gelegenheit will ich mir die Noten unbedingt mal genauer anschauen). Im Text lässt er an den bisherigen Versuchen meiner Erinnerung nach kein gutes Haar (und beklagt sich allgemein über den Niedergang des Tonsatzes, mag durchaus so sein..). Die Noten gibts wohl "nur" im Buch dazu (marketingtechnisch schlecht!). gerade gegooelt, liegt vielleicht auch am momentanen Sonderpreis bei amazon, günstige 400 EUR (da wartet einer sehnlichst, dass einer klickt, Vorsicht): https://www.amazon.de/Bachs-un…3%A4ndigung/dp/3936655839


    Ansonsten ist die von Göncz ja sicher bekannt (und auch auf youtube zu finden), ich finde die nach wie vor gut und passend...

    Oh, das müsste besser ein Fachmann erklären (konnte mich schon Jahre nicht mehr damit befassen), es geht einfach darum: wir sind zwar 1,5 Stunden in d-moll, aber haben nicht wenige "schwarze Tasten", die ganzen Leittöne zu den Hauptfunktionen samt Zusammenklängen: cis, gis, es... Die Wolfsquinte bei der Mitteltönigkeit liegt ja bei gis-es. Eine wohltemperierte Stimmung wiederum funktioniert auf jeden Fall, allerdings sind wir hier ja nicht beim WTK und wollen alle Tonarten spielen, vielleicht gibt es also eine, die schärft, ohne "unmöglich" zu sein. (Lage des pythagoräischen Kommas enfernt von den hier benötigten Hauptfunktionen)

    Contrapunctus 11 dann immerhin ist harmonisch das extremste, was ich bei Bach kenne.

    Mit googeln findet man bestimmt auch massig Infos zum Thema.


    PS In Hauptwerk kann man glücklicherweise jede beliebige beschriebene Stimmung auf ein vorhandenes Instrument legen (dessen Stimmung ja auch bekannt ist, es geht hier ja nur um minimalste Tonhöhenänderungen).

    Hallo,

    Musik kann man ja auf viele Arten "verstehen" bzw. Zugang haben (mancher wird allerdings verschüttet, wenn man denkt zu wissen, wie etwas gemacht werden muss, vielleicht ein Fachidiotenproblem). Wie auch immer, war eine schöne Erfahrung dort und es ist alles andere als selbstverständlich (man muss ja erstmal die riesige Werkanzahl sinnvoll gliedern und wer dann was spielen will und kann, puhh..).

    Ich selbst komme aus einer anderen Ecke, managte es aber so, dass ich das mitnehmen kann. In Orgelkonzerte gehe ich mittlerweile nur noch sehr selten, auch CDs höre ich kaum noch, mache aber manchmal "Interpretationsvergleiche via Internet".

    Grüße!

    Danke,

    dann probiere ich es mal, beginne nächste Woche (mache dann aber vielleicht besser einen neuen Thread auf, um hier nicht zu nerven). Ist ja auch eine schöne Herausforderung. Kann halt "ein bisschen" dauern...

    Gerade rätsele ich noch über die passende Temperatur: Bach/Lehman oder Valotti geht auf jeden Fall gut (sind sich ja auch sehr ähnlich). Andere Vorschläge vielleicht? Man täusche sich nicht über d-moll, (modifizierte) Mitteltönigkeit geht nicht, mit den ganzen gis-d - und spätestens im CP 11 wirds ganz extrem..

    Grüße,

    Martin

    Hat jemand Interesse an einer"Einspielung" an einem Hauptwerk-Elektronium (Klang Trost-Orgel Waltershausen, da kann man klanglich viel machen, und ich weiß, diese Einrichtung (Walcha) auf der Originalorgel zu spielen, ist völlig ausgeschlossen, moderne Zeiten..)?

    Wenn ihr mich ermuntert, mache ich das mal (das Werk selbst hab ich schon öfters gespielt). Wichtig wäre mir aber eine gute, schonunglose Kritik dazu, sonst lohnt das nicht!

    Ausserdem würde ich nur maximal 2,3x in einem Stück schneiden wollen, um halbwegs eine Live-Illusion aufrechtzuerhalten. Ausserdem habe ich eine Vorliebe für kleine Ungenauigkeiten (besser natürlich gewollt, aber auch ungewollt kann interessant sein).

    Allerdings würde ein Contrapunctus nur so alle 1,2 Wochen kommen können, aus Zeitgründen. (kann auch kaum noch üben, für diese Umstände sitzt alles doch noch immerhin recht gut..).

    Allgemein eignet sich eine gute Orgel ausgezeichnet für dieses Werk, finde ich (ein anderes Problem sind meine einfachen Tastaturen+Pedal, aber nun gut..)

    Mein Bestand umfasst etwas 20-30 CDs bekannter Organisten u.a. Edgar Krapp, Wilhelm Krumbach,

    Was spielt er denn da? Ist wohl schon eine etwas ältere Aufnahme. Er ist heutzutage fast vergessen, war aber recht berühmt und hat sich viel auch um kleine, charakteristische Instrumente gekümmert. Und dann "verlor" er im Rennen um die Erstveröffentlichung der Neumeister-Choräle, wie es genau war, müsste ich nochmal nachlesen. Das köchelte lange vor sich hin und dann war angeblich Christoph Wolff etwas schneller. Schon eine große Sache, einfach mal neues von Bach auszugraben..

    Am Wochenende gab es mit 16 einstündigen Konzerten in der Essener Philharmonie das ganze Orgelwerk von Bach, ausgeführt von 11 Solisten aus ganz Europa. In letzter Zeit passiert es mir oft, dass mich Konzerte vom Hören so beanspruchen, dass ich mir bestimmte Teile oder Zugaben nicht mehr anhöre. Am Freitag z.B. war die großartige Vivica Genaux in der Essener Philharmonie. Es gab Arien und Streichermusik von Vivaldi, Corelli. Überragend wie immer Händel. Dazu noch koloraturistische Gewaltexzesse von Riccardo Broschi, dem Bruder Farinellis. Am Rande: eine der jungen Frauen (Cellistin) legt ihr Cello weg und spielt perfekt ein rasantes Flötenkonzert von Händel. Sowas habe ich noch nie gesehen.
    Zurück zu Bach. Ich hatte gedacht, dass die Philharmonie ein zu prosaischer Raum für Orgelkonzerte war. Stimmte aber nicht. Die große Kuhn-Orgel kann man von einem fahrenden Spieltisch aus spielen (3 Manuale, 1 Pedal). Das Hauptwerk war die Passacaglia von Bach. So etwas Gewaltiges habe ich noch nie gehört; wir waren alle wie betäubt. (das Konzert war gut besucht, meist von älteren Menschen, die noch wissen, dass eine Orgel kein keybord ist)

    Hallo erstmal (bin schon durchaus länger angemeldet, war aber extrem selten hier bislang, vielleicht ändert sich das ja..),

    interessant, dass noch ein Forumist in Essen war, ich auch.

    Im Konzert mit der Passacaglia (natürlich ein Heimspiel für den Interpreten, mir fiel allgemein sehr positiv ein angenehmes, begeisterungsfähiges Publikum auf) war ich auch, ich hatte für ein anderes Forum sogar ein paar kurze Rezensionen geschrieben, ich kopiere sie mal unten rein..

    Also zur Passacaglia: die war durchaus seeehr frei, fast romantisierend, durchaus schlüssig zwar, aber ich selbst würde mir lieber eine etwas "geradere" Wiedergabe vorstellen, allerdings kommt es immer auch auf die Aufführungssituation an. Z.B. kann ein durchgehendes Plenum in eienm Konzertsaal sehr viel schneller nerven als an einer schönen Barockorgel (da nämlich meist gar nicht). Insofern schon schlüssig. Allerdings weiß ich überhaupt nicht, wie "Laien" oder Leute, die das Stück überhaupt nicht kennen, das hören (ich kenne es bestens, weil ich es auch schon gespielt habe).

    Hier noch die Rezensionen (nicht sonderlich ausgetüfelt, ich habe einfach im Nachhinein meine Eindrücke niedergeschrieben, soweit ich noch was wusste)


    1

    Der Orgel-Bach komplett in 2 Tagen: das geht, mit 11 Organisten und einem aufmerksamen, dankbaren Publikum (der Typus Musikstudent fehlte allerdings irgendwie oder hatte sich gut verkleidet).

    Das sogar in einem Konzerthaus; ungewöhnlich durchaus, dienen die dortigen Instrumente nach der Einweihung doch meist als Staubfänger, imponieren bestenfalls optisch.

    Wie nun servieren? In der Philharmonie Essen hat man sich für einen Mix entschieden, bekannt und unbekannt, frei und Choräle Bünden, teilweise auch kirchenjahreszeitlich gruppiert. Und immer 60 Minuten mit 30 Minuten Pause vor dem nächsten. Leider hatte man wie üblich die Clavierübung III auseinanderklabüstert in die sogenannten kleinen und großen Bearbeitungen, wenigstens bleiben die Leipziger und das Orgelbüchlein unbeschädigt... Auch die im Programmtext explizit erwähnten und über alle Konzerte verstreuten Neumeister-Choräle hätten komplett (mit anderen freien Frühwerken kombiniert) durchaus ihren Reiz.

    Ich konnte am Samstag 3 Konzerte hören: Schmeding, Gehring und Goussot. Darüber schreiben wollte ich gar nicht, deswegen nur ein paar Stichworte und Eindrücke im Nachhinein.

    Schneding war als einziger dem Publikum entrückt am mechanischen Spieltisch, das habe (nachvollziehbare) Gründe des Kontaktes zum Ton, so der Kustos Wolfgang Kläsener, der am Anfang jedes Konzertes in kompakter, sympathischer Weise kurze Worte zur Biografie der Interpreten fand.

    Schmeding spielte in positiver Abgeklärtheit eines Mannes, der wohl so ziemlich alles und alle schon gespielt (und damit experimentiert) hat und natürlich deutlich mehr zu sagen hat als die korrekte Reproduktion des Notentextes. Da werden dann auch die "kleinen" Bearbeitungen der Orgelmesse groß. Auffällig waren gut durchdachte, musikantische und teilweise recht lange Spannungsbögen, die sicher nicht nur der wirkliche Kenner der Stücke mitbekommt - da braucht es keine exzentrischen Übertreibungen. Die Triosonate war für mich ein Höhepunkt, bevor BWV 544 (wie langweilig und spannungslos wird die Fuge oft gespielt!) ein überaus überzeugender Schluß war. Ein exzellenter Organist (ich hörte ihn zum ersten Mal live).

    Bei Holger Gehring hatte ich gemischte Gefühle, ich hatte den Eindruck, er wurde mit dem elektrischen Spieltisch nicht so recht warm - vielleicht darf man sich da nicht zu sehr in (bei anderen Gegebenheiten wünschenswerten) Kleinigkeiten verheddern. Und leider gab es zu oft Notwendigkeit zum (durchaus gekonnten) Improvisieren, erstaunlicherweise auch in der technisch eigentlich einfachen "Dorischen". Abgesehen davon fehlte der Fuge deutlich Relief und Größe. Dagegen waren mehrere eher unbekanntere Trios gut durchgestaltet und sicher vorgetragen, hier war auch die Orgel recht überzeugend in leisen 8-Fuss-Farben. Auch das viel zu selten gespielte wundervolle BWV 566, (in C-Dur) war zu hören, wobei es da schnell kritisch werden muss, wenn eine elektrisch traktierte Manual(!)-Zunge in der ersten Fuge befehligt werden will. Warum?


    Zu vorgerückter Stunde dann noch Paul Goussot (ich hatte den Namen noch nie gehört, eine Bildungslücke), junger Organist in Bordeaux, er wurde als Improvisator vorgestellt (St. Alban, Haarlem), konnte diese Fähigkeit heute aber nur für eine Zugabe einsetzen. Gut so, denn er spielte in traumhafter Sicherheit und mit offensichtlicher Spielfreude die "Großen" der Clavierübung, die ja mit einige der technisch und musikalisch schwierigsten Stücke beinhaltet. Definitiv interessanter als Latry-Bach. Etwas anzunörgeln hätte ich vielleicht nur teilweise die doch arg kurze Pedalartikulation, die in klarer Akustik kontraproduktiv ist. Manches schrammte auch an der Höchstgeschwindigkeit (trotz gut ausgebauter Autobahn, sprich klarer Akustik), vielleicht wurde auch mal ein Überholverbot missachtet: die Wogen des Jordans (respektive Basspfeifen) zum Beispiel brauchen einfach ein bisschen Zeit, um sich aufzuschaukeln. Die Gemeinde hätte den Choral dafür gar in flottem Singetempo mitsingen können (wenn ihn denn noch einer kennen würde). Etwas problematisch bleibt natürlich auch der Wumms einer Saalorgel zum Beispiel bei "Aus tiefer Not". Es geht nicht anders, das muss massiv (und ruhig, gut getroffen!) sein. Wenn die Zungen dann aber primär andere Aufgaben haben (müssen)... Jedenfalls wurden die Charaktere der so unterschiedlichen Stücke gut getroffen. Das exotisch-geheimnisvolle Vater unser" war mir persönlich zu schnell, hier verwischen dann zwangsläufig auch die zwei übereinanderliegenden Rhythmen (lombardisch und ?). Wie angenehm, das erste Fugenthema wirklich majestätisch-ruhig zu hören und auch das dritte nicht überhastet.

    Ein ausgezeichnetes Konzert und würdiger Abschluss des ersten Tages (ob ich morgen noch eines besuche, weiß ich nicht).

    Nummerierte Platzkarten wären zwar nicht nötig gewesen, aber vielleicht hundert Leute dürften schon zugehört haben (wobei ich aber nicht wirklich gezählt habe).

    https://www.theater-essen.de/s…2018-04/?scrollTo=2018-04


    2

    Elektrisiert auf der Stuhl(bzw. Bank-)kante: Matthias Maierhofer

    Ich entschloss mich, doch noch einige Konzerte heute zu besuchen und auch wenn ich vom äußerlich unspektakulären Programm Maierhofers zeitlich nur 3/4 mitbekam, war das ein Erlebnis.

    Gespielt von unten hätte man durchaus eine mechanische Traktur vermuten können, klug nutzte er so die Möglichkeit, klanglich ganz nahe an der Zuhörerperspektive zu sein. Bisher für mich das am durchdachtesten registrierte, klanglich variabelste Konzert mit schönen Mischungen wie Zungen gegen 8-Fuß-Pedal,einzelne überblasende 4-Füße etc. Ein sonst manchmal vorhandener doppelter Boden war abgebaut, Hakeleien an den unerwartetsten Stellen (Pastorale 1.Satz) verzieh man so gerne. Überhaupt Zungen: die Orgel bietet schöne ensemblehafte Zungenchöre, die vorteilhaft einer Diskantbetonung entgegenwirken. Aber auch solistisch ist da viel und qualitätvoll vorhanden. Das Konzert endete mit dem bekannten C-Dur 9/8, dem glücklicherweise die angemessene Gravität und Schwere zuteil wurde (oft wird es m.E. zu leicht und falsch (pedal-auftaktig) betont).


    3

    Wenn die Orgel singt: Sebastian Küchler-Blessing

    Ein Heimspiel mit angeschwollener, dem Künstler offensichtlich sehr zugetaner Zuhörerzahl hatte Sebastian K.-B.

    Begonnen wurde mit einem Vivaldi-Concerto, das mich in der Ausführung sehr an eine recht eigenwillige Aufnahme von Christoph Bossert (Ort vergessen) erinnerte. Die Sätze bis in die jeweiligen Tempoextreme gedehnt, in den Ecksätzen ein deutlicher Drive nach vorne, in der Mitte genug Zeit, um in barocker Manier auszuzieren. Der kompositorisch überschaubaren Substanz so zu begegnen ist sicher hilfreich.

    Zwischen Chorälen der Neumeister-Sammlung (auch diese agogisch recht frei) stand als ein Hauptwerk die Passcaglia, die leise begann und bis zu den Akkordbrechnungen in etwa dort verblieb, um sich danach recht kräftig weiterzuentwickeln. Wie könnte man diese Interpretationsart nennen? Abwechslungsreich, schlüssig und instrumentengerecht war es allemal, bald entwickelte sich ein regelrechter Sog. Die anfangs angedeutete Zweiteilung des Themas verschwand aber schon bald..

    Mit Recht am Schluß stand die Partita über "Sei gegrüßet", die Albert Clement als den Strophen von "O Jesu, du edle Gabe" zugeordnet sieht, so waren auch alle 10 Strophen im Programmheft abgedruckt. Ich war zu stark mit der Werkkonstruktion des mir schlecht bekannten Werkes beschäftigt, um die Zuordnung nachvollziehen zu können. Agogisch sehr schön, frei, aber immer nachvollziehbar und auch das hatte diesen Sog...

    Keiner wird nun noch behaupten wollen, dass "die Orgel einfach spielt" oder langweilig klänge. Vielmehr meint man, eine Dynamik sowohl im Anschlag als auch dann in der Tonentwicklung vernommen zu haben, so schön waren An- und Absprache gestaltet.

    Wie sagte Kläsener anfangs so schön: die Welt war zu Gast, aber die zwei (welcher noch?) Bachpreisträger wohnen in Essen...


    4

    Der Achitekt: László Fassang

    Drunter geht es nicht: 1,5 Stunden für eine Gesamtaufführung der Achtzehn Choräle (sehr!) verschiedener Art (und Entstehungszeit, aber sie wurden ja gebündelt). Also das Konzert mit bestem Ton-EUR-Verhältnis. Wobei 6,50 EUR ja nun nicht viel mehr als symbolisch ist, von einem Kaffee und Muffin zehrt man nicht annähernd so lang. Dass das eine riesige Konzentrationsaufgabe für Interpreten ist merkte man zumindest Fassang nicht im geringsten an, der die Konstruktionen sehr instrumentengerecht offenlegte. Nicht plakatives Herausstellen eines c.f. (der ja hier überall mal auftauchen kann) mittels stark unterschiedlicher Register war zu erleben, sondern wunderbar variantenreiche Mischungen ähnlicher Klangprovenienzen, vorwiegend im pp-mf-Bereich von Flöten, Streichern und Zungen. Ein gut intoniertes Instrument ist über den Registerambitus variabel genug, um evtl. sogar damit alleine zu Lösungen zu kommen, so war ich mir oft nicht sicher, ob vielleicht (trotz obligater Ausführung) nicht vielleicht nur die Koppel im Spiel war. Die vielen Möglichkeiten des großen Instrumentes wurden, unterstützt von schön natürlicher, offener Artikulation jedenfalls gut (aber eben nicht plakativ) genutzt und man konnte sich vergewissern, dass trotz (mutmaßlich) hohen Winddrücken nirgends auch nur der Ansatz von ungesundem, forciertem Klang vorhanden ist. Diese Konzertsaalsituationen sind ja wohl orgelbautechnisch nicht einfach zu handeln.

    Verdienter langer Applaus; soweit ich sah, hatten auch alle Zuhörer durchgehalten.


    5

    Behende einmal durchs Kirchenjahr: James Lancelot

    Eine sympathische Idee: beschlossen wurde das Mammut-Wochenende nicht mit großen, berühmten und/oder lauten Werken, sondern mit dem... Orgelbüchlein. Leider hatten sich die Reihen wieder etwas gelichtet (mitgehörter O-Ton: "das vorhin waren die Fans vom Dom").

    Oft dürfte man dieses komplett nicht zu hören bekommen, warum auch immer. Jeder Organist kennt es und verbindet vielleicht gerade damit erste aufregende Übe- oder Konzerterfahrungen (vielleicht auch kleine Traumata: einfach geht anders). Gut, es ist kompakt: kaum hat man sich in Choral und Kompositionsidee eingehört, ist alles schon wieder vorbei. Immerhin besteht nicht die Notwendigkeit, bis 46 (oder gar 164, was da wohl noch gekommen wäre...) zu zählen, die Choräle sind, auch durch die im Sopran liegenden c.f., gut zu erkennen.

    James Lancelot, der wohl langgedienteste der Organisten des Wochenendes, führte uns durchs Kirchenjahr. Interpretationsansätze und -moden (samt zugehörigen Übertreibungen) kommen und gehen, andere Generationen lernten und spiel(t)en anders, das Ziel ist aber dasselbe: ein Übersetzen, Vorlesen, Lebendigmachen des Notentextes. Um im Bild zu bleiben: mindestens der Dialekt variiert deutlich.

    Dieser war nun durchaus sehr verschieden zum vorigen Konzert Küchler-Blessings. Es wurde sehr viel mehr "straight forward" (falls man so sagt (.. ahead?)), ich fühlte mich an eine Einspielung des Landsmanns Simon Preston erinnert (mit leider schrecklich tontechnisch aufgebohrtem Klang). Natürlich ist solch eine Gesamtaufführung nicht der Hauptzweck dieser Sammlung, ja, wohl nicht mal angedacht gewesen, aber trotzdem ist es schön, diese Kleinodien mal nicht als Lückenfüller zwischen "Großem", sondern "pur" zu erleben. (Genauso schön wäre eine Verwendung im intendierten Sinne, mit capella-Dateien lässt sich alles schnell an veränderte Choraltonhöhen anpassen).

    Man (oder zumindest ich) hat hier doch meist genaue Vorstellungen vom Klanggewand der einzelne Stücke, diese wurden insoweit auch ohne große Überraschungen erfüllt. Klarheit durch metrisch genaues, stringentes (aber nicht starres) Spiel, auf seine Weise auch überzeugend - und auch einen Sog entwickelnd. Und vielleicht gerade den kurzen Stücken entgegenkommend...

    Herzlicher und sehr langer Beifall, vielleicht auch alles vorige mit einbeziehend; anfangs wurde allen gedankt und auch die Orgelbaufirma Kuhn nicht vergessen: die Orgel war mindestens genauso gut gestimmt wie das Publikum.

    PS Das Orgelbüchlein wird weitergeführt, "komplettiert", in heutiger Tonsprache, hier:

    http://www.orgelbuechlein.co.uk/

    oh, bin kein Jurist. Vorne ist was von §71 Urheberrechtsgesetz zu lesen (http://www.bundesrecht.juris.de/urhg/__71.html)
    Es handelt sich um ein "nicht erschienenes Werk nach Erlöschen des Urheberrechts" (Bach ist ja schon länger tot).


    Nutzungsrechte gebe es bei der VG Musikedition Kassel zu erwerben, die großen Kirchen haben ja die Pauschalverträge mit der GEMA, da muss es dann wohl nur gemeldet, alles andere, auch Einspielungen muss wohl "erkauft" werden.


    Ich weiß allerdings nicht, wie es aussieht, wenn man anderweitig an die Noten käme und sie selbst setzt oder abschreibt...
    Dass der Inhalt selbst geschützt ist (nicht gemeinfrei wäre), kann ich mir nicht so recht vorstellen (die Einzelnachweise/Errata gehen allerdings auch über 1 Seite, 2 Quellen sind angegeben).


    Ob man hier von "nicht veröffentlicht" sprechen kann? Auch "öffentliche Wiedergaben" dürfte es gegeben haben....

    na, vom Verlag: http://www.ortus.de
    Erhältlich seit Mitte der Woche.


    Ich gönne diesem kleinen 2 Mann-Unternehmen (endlich mal ein "üblich Unverdächtiger" ;) ) auch den Ertrag. Übrigens schön qualitätvoll gemacht - dickes Papier, schöner Druck, stabiler Einband - Notenseiten sind aber nur 9, der Rest ist Vorwort (Schulze), Faksimiles etc.

    Ab und zu soll ja auch noch jemand mitsingen - und selbst, wenn nicht: schöne Begleitsätze (mehrfach) samt Vorspielen (ad libitum auch nur manualiter) gibts in "Befiehl du deine Wege" von Ingo Bredenbach bei strube (günstig).
    Choräle sind doch noch in vielen kirchenabtrünnigen Hirnen latent vorhanden...

    also ich find das Ding schon sehr schön nach dem ersten Durchspielen. Da kann man offensichtlich eine schöne Zunge (gut intoniert und gestimmt ;) ) über den gesamten Manualumfang vorführen (und so den unterschiedl. Klang über den Umfang hören lassen --andere Solostimmen wären unsinnig, man stelle sich nur mal vor wie eine Terz da unten klingt...)


    PS Spielen mit überkreuzten Händen lernt man auch ;)

    Hier eine kleine Marktmusik (Freitag, 4.7., 17 Uhr -- 30 Minuten, nur Bach) an einer schönen, vorne stehenden de-Graaf-Orgel in Berlin, interessant vielleicht auch durch das "neue Bachwerk":


    Programm:
    Duetto a-moll, BWV 802
    Duetto e-moll. BWV 805


    Choralbearbeitungen zu "Christ, unser Herr, zum Jordan kam", BWV 684/685


    zur Vorstellung des Chorals (EG 297): Transkription aus BWV 178
    Choralfantasie "Wo Gott der Herr nicht bei uns hält", BWV 1128


    Präludium, Trio (aus BWV 21) und Fuge a-moll, BWV 543



    Die Orgel ist wirklcih sehr schon intoniert (die elektron. Register sind für dieses Programm nicht notwendig). Wenn man sich nahe dran setzt, bekommt man auch viel mit...
    Aufmerksame Zuhörer können wir immer brauchen, herzl. Einladung - vielleicht ist ja jemand zufällig in der Nähe.


    Martin


    PS unter emmaus.de ist auch die Orgel genau beschrieben.

    Sehe ich auch so. Ich gebe nur zu bedenken, dass (wie wir alle wissen) es von ersten Aufnahmesitzungen bis zur CD-Veröffentlichung schon mal gut und gerne 1-3 Jahre dauern kann (siehe Naxos - obwohl gerade die ja nicht unbedingt durch Detailversessenheit (Instrumente, Aufnahmetechnik, Schnitte, Bookletausstattung, -texte etc.) auffallen.
    Bleiben wir voll Zuversicht...


    Gruß
    Martin

    Glaub ich nicht, es geht ja hier um ein Projekt, das sich sicher über Jahre zieht. (und vielleicht wird erst dann veröffentlicht, wenn alles fertig ist?)


    Kann bei Gelegenheit aber mal Herrn Strodthoff fragen und das Ergebnis posten (wenn öffentlichkeitsfreigegeben ;) ).

    Reger-Gesamteinspielung im Entstehen mit Jörg Strodthoff: http://auenkirche.de


    Die ersten Aufnahmen werden wohl heuer gemacht, wann die ersten veröffentlicht werden, weiß ich nicht.
    Aber gut Ding will und muss Weile haben (in einem dortigen Gemeindebrief als "Großtat" bezeichnet, was sicher zutrifft...)

    Danke, sehr interessant. Habe prompt die Latry-CDs ausgepackt...
    Messiaen (wie auch vieles andere) höre ich übrigens am liebsten "pur", d.h. nicht diesen typischen Konzertmischmasch mit den Hits aus den Zyklen, sondern einen (oder auch mehrere) alleine - ohne "Nachbarn" wie Froberger oder Mendelssohn...