LORTZING, Albert/MOZART, W.A.: SZENEN AUS MOZARTS LEBEN

  • Albert Lortzing (1801-1851) / Wolfgang Amadeus Mozart:


    SZENEN AUS MOZARTS LEBEN
    Singspiel in einem Akt - Libretto von Lortzing, Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, arrangiert von Lortzing


    Generalprobe oder Uraufführung an einem unbekannten Ort am 18. April 1834



    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Wolfgang Amadeus Mozart (Sprechrolle)
    Leopold Mozart (Sprechrolle)
    Constanze, Wolfgangs Frau (Sopran)
    Aloysia Lange, Constanzes Schwester (Alt)
    Baron van Swieten (Sprechrolle)
    Joseph Haydn (Sprechrolle)
    Baron van Swieten (Sprechrolle)
    Antonio Salieri (Bariton)
    Anton Stadler, Klarinettist der Hofmusik (Sprechrolle)
    Johann Georg Albrechtsberger, Komponist und Lehrer, Mozarts Freund (Baß)
    Valentin Adamberger, Sänger, Mozarts Freund (Tenor)
    Fräulein Cavalieri, Sängerin (Sprechrolle)
    Dauer, Sänger, Salieris Freund (Sprechrolle)
    Ein Stubenmädchen (Sprechrolle)
    Ein Bedienter (Sprechrolle)
    Chor: Sänger und Sängerinnen, Herren und Damen, Bediente, Kellner, Volk


    Die Handlung spielt im Jahr 1790 in Wien.



    DIE MUSIKNUMMERN


    Ouvertüre (Adagio c-Moll - Allegro C-Dur; Allegro aus Streichquartett KV 465)
    Chor, Solo und Orchester (Tenor-Arie „Müsst ich auch durch tausend Drachen“ KV 435)
    Chor und Orchester (Dies irae aus „Requiem“ KV 626)
    Arie des Salieri (Rex tremendae aus „Requiem“ und Allegro aus Klaviersonate KV 284)
    Lied der Constanze (Wiegenlied KV 350, früher B. Flies, heute J. F.A. Fleischmann zugeschrieben)
    Gemischtes Quartett mit Harmonie-Musik (Klaviersonate KV 330)
    2 Quartette mit kleinem Orchester („Mi lagnerò tacendo“ KV 437 und Bandel-Terzett KV 441)
    Chor und Orchester (Klaviersonate KV 311)
    Bühnen-(Harmonie-)Musik (Serenade aus „Così fan tutte“ KV 588)
    Schlusschor mit Soli und Orchester (Sanctus aus „Requiem“ und Schlusschor aus „Titus“ KV 621)



    INHALTSANGABE DES EINZIGEN AKTES


    1. Teil.
    Festbankett im Prater, gegeben von Salieri. Nach geendigter Mittagstafel gehen viele Teilnehmer, darunter Adamberger und Mlle. Cavalieri, auf und ab; andere schäkern, während wieder andere sich an Seitentischen unterhalten.


    Sobald das die Stimmung vorbereitende Vorspiel verklungen ist und der Vorhang sich gehoben hat, bietet sich dem Zuschauer ein glänzendes Gesellschaftsbild im Prater dar, von echtem Wiener Frohsinn durchflutet! Im Mittelpunkt desselben steht der bühnengewaltige Salieri, der allen Damen und Herren vom Bau nebst den Orchestermitgliedern für ihr Erscheinen und treues Ausharren im Dienste dankt. Doch nicht genug damit, er versucht alle durch das Versprechen höherer Gage und einer gesicherten Existenz noch mehr an sich zu fesseln. Gilt es doch den Kampf gegen Mozart, der die italienische Oper zu verdrängen sucht und somit die Existenz der Theatermitglieder bedroht, der selbst vom Kaiser zum Kapellmeister ernannt werden soll, zu Falle zu bringen. Alle erklären sich, gerührt vom Großmut ihres Mäzens, ihm für immer verbunden in dem Bekenntnis

    Laßt der welschen Kunst zu Ehren/deutschen Übermut zu wehren/Einigkeit uns alle schwören!


    Um schnell zu seinem Ziele zu gelangen, schmiedet er im geheimen mit Stadler den Plan, den „musikalischen Calvin aus dem Sattel zu heben“. Stadler, eine Lakaiennatur comme il faut, ein scharfer Beobachter, weltgewandt, durch seine Dialektik und Komik das Publikum von der ersten bis zur letzten Szene fesselnd, gibt Salieri den Rat, sich des Grafen Strack zu versichern, sodann die Freundschaft Mozarts, der eben von einer Kunstreise zurückgekehrt sei, zu gewinnen! - Seelenadel verpflichtet! - Der folgende Monolog offenbart nun, wie sich bei Salieri das Gewissen des Gentlemans meldet:


    Ist es nicht demütigend, sich solch niedriger Seelen bedienen zu müssen?“

    wie er es zu beschwichtigen sucht:


    aber was hilft's, das Publikum ist eine vielköpfige Hydra, und wer kann dies Ungeheuer befriedigen?

    wie er sich wieder auf der Höhe der Situation befindet in den arroganten Worten der Schluß-Arie:


    Mir gebühren nur die Preise,
    die dem Künstler aufbewahrt./Keiner schreibt in meiner Weise:/Anmutsvoll mit Kraft gepaart.


    2. Teil.
    Verwandlung in Mozarts Heim.


    Inzwischen ist Mozart von seiner Kunstreise zurückgekehrt und berichtet inmitten eines großen Freundeskreises von seinen Reiseerlebnissen. Ein echtes Stimmungsbild der Biedermeierzeit, doch ohne den übertrieben weichen, allzu sentimentalen, fast tränenerstickten Konversationston der Weiße-Hillerschen Singspiele! - Er erzählt von Leipzig, der schönen Stadt nicht ohne schöne Mädchen; köstlich das Erleben einer Orchesterprobe, in der er sich mit den Grauköpfen des Orchesters über Tempo-Auffassungen seiner Symphonie auseinandersetzt, bis alle begeistert für ihn durchs Feuer gehen! Mit Stolz zeigt er den Anwesenden Motetten vom Allvater Bach, die er in Leipzig abschrieb! Von Berlin kann er auch nur das Beste berichten: von dem guten Empfang, dem erstklassigen Orchester und dem kunstsinnigen Könige, der ihn bei einem Gehalt von 3000 Talern festhalten wollte, doch habe er „seinen guten Kaiser nicht verlassen können!“


    Der Hofmusikus Stadler muß natürlich auch von der Gesellschaft sein! Unter allgemeinem Staunen kündigt er den Besuch Salieris an. Dieser beglückwünscht den arglosen Mozart zu seiner Rückkehr, spricht von den Erfolgen seiner Opern in Prag, kann aber bei der Erwähnung Haydns und Bachs nicht verstehen, wie diese und zahlreiche andere Meister wie Leo, Porpora, Durante und Händel ihre Kräfte in der Kirchenmusik verschwenden konnten; eine Auffassung, die Mozart entrüstet zu entkräften sucht. Das Zwiegespräch wird durch die Anmeldung des Intendanten vom Münchner Hoftheater und von Mozarts Vater unterbrochen; das gibt Veranlassung zu freudiger Stimmung, die ihren Ausdruck in dem Liede findet:


    Es gibt kein süßer Glück auf Erden/als andern Freude zu bereiten!


    Alle verlassen mit Rücksicht auf den durch die Reise angestrengten Mozart das gastliche Zimmer. Dieser geht mit einem Notenblatte in der Hand auf und ab, um einen musikalischen Gedanken zu fixieren. Auf Befragen der um die Gesundheit besorgten Constanze verrät er, daß er gerade eine Oper zugunsten des unglücklichen Schikaneder arbeite und grade da# Lied des Papageno niederschreibe, das der Starmatz im Bauer so schön pfeift! Als die Freunde Mozarts wieder um ihn versammelt sind, liest er jenen verhängnisvollen Brief vor, den er zwischen Noten des Fräulein von Strack zufällig fand und der das ganze schikanöse Treiben von Salieris Partei kund tut! Doch eine Einladung des Barons van Swieten löst die düstere Stimmung in Frohsinn aus, welcher in dem Vortrag des Quartetts von „Freundschaft und Liebe“ und im Bandel-Lied seinen Ausdruck findet.


    3. Teil.
    Verwandlung in einen Festsaal im Hause des Baron van Swietens. Festakt zu Ehren Mozarts.


    Mit einem glänzenden Gesellschaftsbild schließt der Einakter, wie er mit einem solchen begonnen hatte. Doch welcher Unterschied! Dort das festlich-rauschende, fast ausgelassene Bild - im Prater -, hier ein stimmungsvoller Festakt von größtem Innenleben; dort im Mittelpunkt der allmächtige Salieri - hier Salieri moralisch gerichtet und künstlerisch unterlegen - Mozart der Sieger! Im Empfangssaale van Swietens, in dem eine große Herren- und Damengesellschaft versammelt ist, spielt sich der weihevolle Akt ab. Nachdem Mozart als „der Töne Meister wie Menschenfreund“ besungen wurde, begrüßt der Hausherr seine Gäste und besonders Mozart, gibt das Wort weiter an Joseph Haydn, als dem „Würdigsten“, der unter größter Spannung der Gäste die kaiserliche Urkunde von der Ernennung Mozarts zum Kapellmeister an der Stephanskirche verliest. Allgemeine herzliche Beglückwünschung Mozarts, auch von Seiten Salieris, dem er den verhängnisvollen Brief in die Hand drückt. Kaum haben sich Salieri und Stadler verabschiedet, als sich unter den Klängen einer sanften Musik der hintere Vorhang teilt und man einen Ausblick hat in einen hell erleuchteten Garten, in dessen Mitte ein Baum mit umrankten Schildern steht, die Werke Mozarts aufzählend. Die Handlung schließt mit dem ergreifenden Chor:


    Heil dir, den sich Apoll zum Liebling erkor!
    Erhalte Gott noch lange der Tonkunst edle Zier, den Stolz des Vaterlandes!


    INFORMATIONEN ZUM WERK


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    Der hier vorgestellte Einakter ist eher als literarisches denn als musikalisches Werk Lortzings zu sehen. Von ihm stammt das Libretto, die Musik jedoch von Mozart, allerdings in Lortzings Bearbeitung (Hinweis auf die Musiknummern weiter oben). Aus Lortzings Biografie war das Stück bekannt, galt aber als verschollen. Erwähnt wird es beispielsweise in einem Schreiben vom 17.Juli 1833, in dem der Komponist mitteilt, dass die Berliner Zensurbehörde seinen Einakter „Der Pole [und sein Kind]“, und die in Wien den „Andreas Hofer“ verboten haben. Und er schreibt mit hoffnungsvollem Ton weiter: „Die Mozartschen Szenen verbieten sie gewiss nicht!“


    Galt es bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts als gesichert, dass dieses Werk niemals aufgeführt worden ist, steht nach dem Auffinden des gesamten Aufführungsmaterials zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Bühnenwiedergabe nunmehr außer Frage. Im Textbuch findet sich nämlich neben dem Personenverzeichnis auch die Verteilung der Rollen mit Angabe der Interpreten, gibt es Vermerke, die möglicherweise vom „Regisseur Lortzing“ stammen, und im Notenmaterial etliche Einträge wie Tempoangaben, Wiederholungszeichen, Angaben über Striche und Notenänderungen, die dem „Kapellmeister Lortzing“ zugeschrieben werden können. Als Überraschung erwies sich bei der Durchsicht von Sing- und Orchesterstimmen schließlich der Hinweis auf ein Aufführungsdatum, nämlich auf den 18. April 1834. Allerdings findet sich an keiner Stelle der Hinweis auf den Aufführungsort.


    Nach hundert Jahren in der Versenkung wurde dieser Einakter 1933 im Staatstheater Danzig, 1989 in Detmold, Lortzings ehemaliger Wirkungsstätte, 2001 im Stadttheater Hildesheim und 2006 im Teatro Communale Bologna aufgeführt.


    Die obige Inhaltsangabe stammt wörtlich und ungekürzt aus dem Textdruck des Afa-Verlages Hans Dünnbebeil (Berlin) von 1932. Das Libretto mit seiner erklärenden Einleitung, Inhaltsangabe und der Klavierauszug wurden von Prof. Dr. Arthur Bankwitz herausgegeben.


    © Manfred Rückert für den Tamino-Opernführer 2017

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    MUSIKWANDERER

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  • Hallo,
    die Aufführung in Hildesheim war leider nur eine einmalige Sache, sprich nur eine einzige Aufführung, die ich aber gut gelungen fand. Die CD ist wirklich sehr gelungen. Man kann aus dem Werk - wie aus Lortzing überhaupt - viel mehr machen.
    Schöne Grüße
    wega