Hallo,
zum Lebenslauf von Cesar Franck (1822 - 1890) verweise ich auf "Wikipedia".
Lustige (?) Begebenheit am Rande:
Über die Musikbücherei der Stadt Nürnberg erhielt ich ein Buch "Cesar Franck", Untertitel "Ein deutscher Komponist", Erscheinungsjahr 1942. Daraufhin angesprochen bat mich die Bibliothekarin, bei der Rückgabe auf "Besonderheiten" aufmerksam zu machen.
Es genügte ein kurzes Querlesen des 8-seitigen(!) Traktats über die Abstammung von Franck, das Buch 3 Tage später zurück zu bringen.
Kurzzitat aus den 8 Seiten: "Mütterlicherseits rein deutsch, Vater Belgier, 1. Wohnsitz der Eltern im deutschen Grenzgebiet, dann zufälligerweise Wohnsitznahme in Lüttich (wallonisch) und seine Geburt, wieder zufälligerweise, in Paris. Wenn man deswegen Franck als französischen Komponisten vereinnahmen wolle, müsse H. Pfitzner (meine Einfügung - gerade er!) ein Russe sein, da er ja in Moskau geboren wurde" - abenteuerlich! Paradox wird es nun: Nach jüdischem Verständnis wird das "Jude sein" von der Mutter übertragen (es bedarf dazu keiner den christl. Religionen der Taufe entspr. Handlung). Und mit diesem jüdischen Verständnis (wer erbt von wem und was) übertragen auf einen arischen Abstammungsnachweis wird in den 1940er-Jahren (!) versucht, einen französischen Komponisten (er lebte sein Leben lang in Paris!) "einzudeutschen".
Das Buch wird aus den zu entleihenden Beständen entfernt.
Franck ist der Vater der romantischen (symphonischen) Orgelmusik in Frankreich - und die von Franck ausgehende menschliche Wärme brachte ihm auch bei seinen Schülern den Namen "Vater" ein. (Franck wird als uneigennützig, freundlich, bescheiden beschrieben; um eine Professur an der Pariser Musikhochschule hatte er sich z. B. nicht beworben, sie wurde ihm angetragen - aber, an seinen als richtig erkannten musikalischen Grundsätzen hielt er in seiner als still bezeichneten Art fest.)
Wie schon im Beitrag zu den Cavaille-Coll-Orgeln angedeutet habe, werde ich nun Grundsätzliches zu den Spielanweisungen und zur Registrierung grob beschreiben, die ohne wesentliche Abweichungen für alle Komponisten der französischen Orgelschule gelten.
Die Möglichkeiten der Klangbeeinflussung beim Klavier durch die max. 3 Pedale hat eine Orgel nicht. Wenn der Organist die Taste am Manual oder Pedal los lässt, ist der Ton der Pfeife sofort weg. Das Verbinden der Töne oder Akkorde, das Legatospiel, ist aber zwingend nötig, um die Klangvorstellungen romantischer (symphonischer) Musik zu realisieren.
Zu den bislang praktizierten Varianten der Auslösung des Anschlages über die Finger, das Handgelenk oder den Ellenbogen des Organisten kam neu hinzu, die Tonübergänge durch "verschieben" der Spielfinger (Fingergleiten) von einer auf die nächst zu spielende Taste weich, fließend und übergangslos zu gestalten und so einen Legatoklang zu erreichen, unabhängig von der Raumakustik.
Auch die "verbundenen Noten" dienten dem Legato - war derselbe Ton unmittelbar folgend in 2 Stimmen notiert, so wurde nur einmal angeschlagen, die beiden gleichen Töne wurden also nicht durch einen 2. Anschlag unterbrochen (Ausnahme: Die Erkennung der Melodieführung würde dadurch erschwert.)
Auch durch die verbesserte, individuelle Windversorgung von Registern konnte ein gewünschter Legatoeffekt erzielt werden.
Vor der französischen Orgelschule war es weitgehend dem Organisten überlassen, wie er die klangliche Interpretation gestaltete, natürlich unter Beachtung des Werkcharakters. Erst zu Zeiten Francks wurde es üblich, den gewünschten Klang/die Klangentfaltung der Orgel durch eine bis ins kleinste Detail vorgeschriebene und einzuhaltende Registrierung festzulegen. Dabei galt die vorgeschriebene Registrierung logischerweise für die Orgel, welche dem Komponist z. Zt. der Komposition zur Verfügung stand.
Als Franck 1847 die 2. Organistenstelle an "Notre-Dame-de-Lorette" in Paris antrat, hatte er noch eine Orgel nach dem klassizistischen Bauprinzip (Bauj. 1838 ) zur Verfügung. Als er dann 1851 an der Kirche "Sainte-Croix-Saint-Jean" in Paris eine Anstellung fand, war er von der dort 1846 eingebauten 2-manualigen Cavaille-Coll-Orgel begeistert. Von 1859 - 1890 war er Titularorganist an Sainte-Clotilde, Paris (Kirche Bj. 1856) und hatte dort die 1860 neu installierte 3-manualige Cavaille-Coll-Orgel (Disposition auf Wikipedia) zur Verfügung, an deren Konzeption er wohl beteiligt war auf der er seine großen Orgelwerke konzipierte.
Und nun kommt doch wieder die ganz besondere Kunst des Organisten zum Tragen, denn: Nicht nur die vielen Cavaille-Coll-Orgeln (Zitat aus Nr.4 "in 50 Jahren ca. 600 Orgeln") sind unterschiedlich gebaut - 2 bis 5 Manuale, unterschiedliche Pfeifen, Register, Tremulanten, Schweller, Windladenkonstruktionen usw.- und es gibt natürlich auch andere Orgelbaumeister zu jener Zeit, mit noch mal anderen Orgelkonstruktionen (von späteren, modernen Orgeln ganz zu schweigen).
Der gute Organist hat nun die Wahl: 1. Soll er das Werk im Klang so spielen, wie es die Registrierung vorschreibt, dann muss er möglichst genau kennen, wie diese notierten Register klingen und dann versuchen, über die ihm zur Verfügung stehenden Klangmöglichkeiten, Register der Orgel, den vom Komponisten gewünschten Klang zu erreichen. 2. Unter Beachtung der Werkcharakteristik und der zur Zeit der Komposition üblichen/möglichen Registrierung seine eigene (mögliche!) Registrierung wählen und dabei die Klangwünsche des Komponisten "übertragen" zu erfüllen.
Im nächsten Beitrag beginne ich nun mit der eigentlichen franz. Orgelmusik und starte mit Orgelwerken von Franck
Herzliche Grüße
zweiterbass
Nachsatz 1: Ich verbringe nun einen 14-tägigen Urlaub - ich werde mich so um den 20.10. mit meinem 2. Beitrag zu Franck, seinen Orgelwerken, zurückmelden.
Nachsatz 2: Eine große Bitte an die Organisten und Orgelexperten im Forum: Es wäre sehr hilfreich und wünschenswert, wenn meine 2-wöchige Abwesenheit genutzt werden könnte, erforderlich gehaltene Ergänzungen und Fehler in diesem und letzten Beitrag zu berichtigen und entspr. zu posten - damit es dann ab 20.10. "losgehen" kann - herzlichen Dank!