Spät und spontan habe ich zwei Karten gekauft, 3. Kategorie für stolze 75 Euro pro Platz, Parkett rechts, knapp vor der Empore. Ich bin froh, Maurizio Pollini mal wieder gehört zu haben, wieder in der liederlichen Stuttgarter Halle, leider nicht in der Alten Oper.
Schönberg: Sechs Klavierstücke op. 19
Chopin: 2 Nocturnes, Balladen Nr. 3 und Nr. 4, Berceuse Des-Dur, Scherzo Nr. 1
Debussy: Préludes, 2. Heft
Zugabgen: Debussy, La cathédrale engloutie; Chopin, Ballade Nr. 1
Tosender Applaus, auch von mir, inkl. „Bravo“-Rufen.
Ein toller Abend, getrübt durch die Einsicht, dass Pollini beginnt, hinsichtlich seiner Physis in den Schatten seiner selbst zu treten. Das wird an manchen Stellen der gespielten Werke deutlich.
Zwischendurch Phasen (höherer Konzentration?), in denen Kraft und Geschwindigkeit durchblitzen.
Und, Du meine Güte, was ist der alt geworden! Weiße Haare, weiße Augenbrauen, und ein gebückter Gang mit vorgeneigtem Kopf – der Weg über die Bühne ist das für mich deutlichste Zeichen seines Alterns. Ich mache mir Gedanken, wie er sich entwickelt, wie es weitergeht, wie lange er noch spielen und aufnehmen kann. Ich wünsche mir, dass er es noch lange kann und dass er dabei das Repertoire den Möglichkeiten seiner Pianistik anpasst.
Das Publikum war für Stuttgarter Verhältnisse gut, relativ ruhig, gerade am Anfang gab es Phasen absoluter Stille im Saal. Großartig. Und dann kommen die Huster, die nicht im Fortissimo in den Ärmel bellen, sondern erst am Ende eines Stücks. Und die Dame vor mir, die für das Auspacken eines Bonbons, natürlich in laut knisternder Verpackung!, ewig braucht.
Ich bin glücklich, dabei gewesen zu sein und hoffe auf weitere schöne Stunden im Konzert und auf CD mit Maurizio Pollini. Statt „Bravo“ rufe ich beim nächsten Mal „Grazie!“.
Beste Grüße
Accuphan