Spiel auf dem See: TOSCA

  • Nach der im vergangenen Jahr auf der Bregenzer Seebühne musikalisch nur zweitklassig besetzten Puccini-Oper Tosca ging diese Produktion heuer mit anderen Protagonisten in ihre zweite und letzte Festspielzeit. Den meisten "Toscanern" wird die Inszenierung von Philipp Himmelmann noch aus der TV-Übertragung des vergangenen Jahres präsent sein, ich beschränke mich daher auf die Schilderung der musikalischen Akzente, welche die besuchte Vorstellung bei mir hinterließ.


    Die Titelrolle verkörperte am vergangenen Freitag Catherine Naglestad, deren Tosca sich mehr und mehr zu einer ihrer Paraderollen entwickelt. Ihre lyrischen Qualitäten blieben trotz des immensen Technikeinsatzes auf der Seebühne nahezu erhalten, in den dramatischen Szenen dürfte sie heute nahezu konkurrenzlos in der Gestaltung dieser Rolle sein. "Vissi d'arte, vissi d'amore..." Keiner der 7000 Zuschauer würde bei dieser Sängerin nur an einem ihrer Worte zweifeln...Und die Schlußszene in atemberaubender Höhe nötigte außerdem der Künstlerin größten Respekt ab, wie sie es verstand, gleichzeitig sängerische und artistische Höchstleistung zu vereinen.


    Der junge australische Tenor Carlo Barricelli konnte als Mario Cavaradossi die Strahlkraft seiner Stimme voll ausleben, nach einer kurzen Phase des Freisingens im 1. Akt hatte er seine Stimme in Umfang und Volumen voll verfügbar. Unter die Haut gehend sein "Vittoria! Vittoria!" im zweiten und "E lucevan le stelle" im dritten Akt, vom Klarinettisten der Wiener Symphoniker unter Ulf Schirmers Leitung elegisch eingeleitet, einer der intimsten Augenblicke während der zweistündigen und ohne Pause währenden Darbietung. Glücklicherweise wurde sein Sturz nach der Erschießung aus 10 Metern Höhe in den aufgepeitschten Bodensee von einem Stuntman gedoubelt. Eine weise Entscheidung bei der Knappheit an guten Tenören.


    Baron Scarpia wurde von dem aus Texas stammenden Bariton Scott Hendricks verkörpert. Er verstand sämtliche Facetten eines des Bösen, der Macht und der Gier nach Tosca verfallenen Polizeichefs in seine Rolle einzubringen. Stimmlich auf den Punkt präsent, geriet ihm die Te Deum-Szene zum musikalischen Höhepunkt des ersten Akts. Gänsehaut pur. Den zweiten Akt gestaltete er bis zu seiner Erdolchung durch Tosca in einem ständig ansteigenden Spannungsbogen; sängerisch und darstellerisch hervorragend in Szene gesetzt. Die in die Waagrechte geklappte Iris des Auges dient hier nun als Scarpias Arbeitszimmer. Mit 12 Metern im Durchmesser und 6 Meter hoch über der Bühne auch optisch exponiert.

    Alles in Allem war die Aufführung von hoher Qualität der Hauptakteure gekennzeichnet, die kleinen Rollen waren ebenfalls gut besetzt. Sehr zu gefallen wußte Katja Velletaz als Hirtenknabe. Mit ihrer glockenklaren Stimme und ihrer Bühnenpräsenz gestaltete sie ihre kleine Rolle natürlich und anmutig-lieblich.


    Das von der Festspielleitung gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut entwickelte BOA (Bregenz Open Acoustics) genannte Soundsystem überzeugte durch einen auf einer freien Bühne einmaligen Raumklang, der bisher nicht gekannte Effekte ermöglicht.


    Nach dem überaus erfolgreichen Reifungsprozeß dieser Produktion ist es bedauerlich, daß es keine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte "Tosca auf der Seebühne" geben wird. Im kommenden Jahr steht Aida auf dem Programm.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Siegfried,
    danke für diesen Livebericht, hätte sich heuer also doch gelohnt, diese Tosca! Wenn nicht fast ganz Österreich zwischen Wien und Bregenz läge..... Scott Hendricks habe ich 2006 als ausgezeichneten Conte di Luna in Carsens Raffinerie-Trovatore erlebt, den kann ich mir gut als Scarpia vorstellen.
    lg Severina :hello:

  • Ergänzen möchte ich, daß die Hauptrollen je 3-fach besetzt sind. Alternierend wirken heuer noch mit:


    Karine Babajanyan und Tatjana Serjan als TOSCA


    Andrew Richards und Héctor Sandoval als CAVARADOSSI


    Claudio Otelli und Peter Sidhom als SCARPIA


    Die Festspiele dauern noch bis zum 23. August.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried