Gian Carlo Menotti (1911-2007):
AMAHL AND THE NIGHT VISITORS
(Amahl und die nächtlichen Besucher)
Fernseh-Oper in einem Akt - Text vom Komponisten
Inspiriert durch Hieronymus Boschs Gemälde „Die Anbetung der drei Könige“
Erstsendung am 24. Dezember 1951 durch die National Broadcasting Company
Erste Bühnenaufführung am 21. Februar 1952, Indiana Universität
DIE PERSONEN DER HANDLUNG
Amahl - Knabensopran
Mutter - Sopran
Kaspar - Tenor
Melchior - Bariton
Balthazar - Baß
Page - Bariton
Chor: Hirten und Hirtinnen
Die Handlung spielt vor der Geburt Christi in Indien.
INHALTSANGABE DES EINZIGEN AKTES
Der kleine Amahl ist behindert; wegen eines gelähmten Beines kann er sich nur mit einer Krücke fortbewegen; diese Krücke hat sich der geschickte Amahl selber gebastelt. Gerade jetzt, es ist schon ziemlich dunkel geworden und entsprechend kalt, sitzt er vor dem Haus und spielt auf einer Flöte. Seine Mutter, eine arme Witwe, ruft ihm von innen zu, er solle hereinkommen. Das Flötenspiel bricht plötzlich ab und die Mutter denkt, Amahl kommt - aber Amahl hört eben nicht sofort, er kommt nicht und die Mutter muß ihn verärgert holen.
Auf ihre etwas ungehaltene Frage, was denn für ihn um diese Zeit noch so spannend sei, berichtet der Kleine, er habe einen großen Stern mit einem Schweif soeben über den Himmel ziehen sehen. Die Mutter weiß, daß ihr Amahl eine blühende Phantasie hat und oft Geschichten erzählt, die man einfach nicht glauben kann. Auch die soeben gehörte Geschichte ist bestimmt wieder so eine Phantasterei. Die Mutter äußert ihre Besorgnis um Amahls Zukunft. Schließlich die beiden ins Haus und gehen zu Bett.
Die beiden sind noch nicht lange im Haus, da kommen drei Männer mit Pagen vorbei; vor dem Haus machen sie eine kurze Rast und überlegen, ob sie vielleicht wegen eines Nachtquartiers anklopfen sollen. Gesagt, überlegt und getan: Sie klopfen und hören, wie die Mutter im Haus Amahl auffordert, nachzusehen. Der Junge gehorcht und öffnet die Tür...
Zu seiner Mutter zurückkehrend wirkt Amahl einerseits etwas ratlos, andererseits aber auch euphorisch: Er erzählt, daß drei sehr vornehm gekleidete Fremde vor der Tür stehen und um ein Nachtquartier bitten. Eine weite Reise habe sie ermüdet und sie wollen sie am nächsten Tag weiterreisen um ein neugeborenes Kind suchen, das von ihnen kostbare Geschenke erhalten soll. Die Mutter ist über diese Erzählung ihres Jungen erbost, hält sie wieder einmal für eine seiner Lügengeschichten und schimpft mit ihm. Um sich Gewißheit zu verschaffen geht sie selber zur Tür und muß erschrocken feststellen, daß tatsächlich drei sehr vornehme Fremde dort warten. Selbstverständlich bietet sie den Reisenden ihr bescheidenes Haus als Unterkunft für die Nacht an.
Sehr schnell wird der Mutter bewußt, daß sie den Fremden nichts anbieten kann. Während sie zunächst Reisig suchen geht, unterhält sich Amahl mit den Besuchern. Als sie zurück kommt, muß ihr Sohn schnell zu den Hirten laufen, um für die Fremde etwas zu essen zu holen. Während Amahl unterwegs ist, findet die Mutter Gelegenheit, die wunderschönen Gaben, die für ein neugeborenes Kind sein sollen, zu bewundern.
Dann kommt Amahl mit den Hirten zurück, und sie legen ihre wenigen Speisen auf den Tisch. Während des Gastmahls tanzen die Hirten sogar für die fremden Gäste. Danach verabschieden sie sich und im Haus bereiten sich alle auf die Nachtruhe vor.
Während die Könige schlafen, läßt das viele Gold der Mutter keine Ruhe und sie versucht tatsächlich, ein Stück Gold für sich und ihr Kind abzuzweigen. Dabei wird sie allerdings vom Pagen der Fremden beobacht, und durch dessen Eingreifen entsteht großer Aufruhr. Einer der fremden Gäste, der sich Melchior nennt, besänftigt die Situation und sagt der Mutter, sie möge das Gold behalten. Die ist jedoch von der Geschichte des Jesuskindes so berührt, daß sie das Gold nicht mehr will.
Da bietet Amahl an, dem unbekannten Kind seine Krücke zu schenken. Als er sie den Fremden überreicht, geschieht ein Wunder: Amahl kann plötzlich normal gehen. Die überglückliche Mutter läßt daraufhin ihren Sohn die Fremden zur Krippe begleiten.
INFORMATIONEN ZUM WERK
Gian Carlo Menotti schrieb sich das Libretto (in englischer Sprache) selber; eine deutsche Übersetzung schuf Kurt Honolka. Die Uraufführung war am Heiligen Abend 1951 in den New Yorker NBC-Studios und wurde von dort ausgestrahlt. Der Komponist hat das Werk speziell für das amerikanische Fernsehen geschrieben.
In den USA gilt AMAHL UND DIE NÄCHTLICHEN BESUCHER als ein Klassiker, nicht zuletzt durch ihren einzigartigen Charakter als Weihnachts- und Märchenoper. Weil sie dadurch bei den Kindern sehr beliebt ist, wurde sie zur meistaufgeführten amerikanischen Oper des zwanzigsten Jahrhunderts.
© Manfred Rückert für Tamino-Opernführer 2011
unter Hinzuziehung folgender Quellen:
Klavierauszug von G. Schirmer Inc., New York
Heinz Wagner: Die Oper
Kurt Pahlen: Oper der Welt
Wikipedia über Gian Carlo Menotti