Bildbetrachtung - Holländer 17. Jahrhundert

  • In leichter Abwandlung zum Vorschlag aus Alfreds Meta-Thread starte ich nun diesen hier in der Hoffnung auf Austausch.


    Da Waldi Copyright-Probleme aufwarf, werde ich einen Link zur Bilddatenbank des Kunsthistorischen Museums Wien einfügen.


    Und gleich mal anfangen, unsere Kunsthistoriker mögen mich dann ausbessern.
    :baby:

  • Das Bild schaut so aus:


    http://bilddatenbank.khm.at/viewArtefact?id=977
    (Bild anklicken, dann wird es größer)


    Laut Bilddatenbank (vom KHM gibt es keinen brauchbaren Katalog) entstammt das Bild der Spätphase des Malers, während der er erprobte Stellungen von Vögeln immer wieder in neuen Kombinationen zusammenstellt und mit großem Erfolg damit den Kunstmarkt überschwemmt. Es variieren nicht nur die kombinierten Vögel sondern auch die Hintergründe, die nicht immer so karg-düster sind wie hier, wo sich die Landschaft auf einen diagonalen Tiefenzug von Bäumen im Gegenlicht einer Abendstimmung beschränkt. Das erinnert mich etwas an die generelle Tendenz der holländischen Malerei des ausgehenden 17. Jahrhunderts, die realistisch-athmosphärische Wiedergabe der Landschaft durch mehr oder weniger düster-heroische Hintergründe zu ersetzen (nach französischem Vorbild?) ich kenne mich bei d'Hondecoeter aber nicht genug aus, um zu wissen, ob das nun damit in Zusammenhang gebracht werden kann, die 5 oder 6 Bilder der Gallereie der Akademie der Bildenden Künste in Wien haben eher eine fast grelle Farbigkeit, verteilen sich aber auf einen Zeitraum von 1660 - 1695.


    Trotz oder wegen der erwähnten Massenproduktion und Routine sind manche Partien des Bildes wirklich beglückend, vor allem das Gefieder des Pfaus, das ohne Detailverliebtheit ungemein realistisch dargestellt ist, es empfiehlt sich, ein paar Meter von dem Bild entfernt auf dem KHM-Sofa Platz zu nehmen - auch aus dem Grunde, dass d'Hondecoeters Geflügelbilder ursprünglich hoch gehängt wurden, als Teil der Wandgestaltung z.B. als Supraporte(?) - etwas von unten betrachtet kommt eine gewisse Monumentalität der Darstellung besser zur Geltung.


    Auffällig ist die barocke Bewegtheit der Vögel, jeder ist in einer möglichst malerischen Aufregung gegeben, und manchmal ist als Rechtfertigung dafür ein Raubvogel eingefügt, der mitunter (da von einem ausgestopften Modell abgemalt) wenig glaubwürdig ins Bild montiert erscheint. Auch in unserem Fall wirkt der Räuber rechts hinten merkwürdig unauffällig.


    Das Bestimmen der Vögel interessiert mich nicht so, die Deutung als kritischer Zerrspiegel von menschlichen Unarten (Eitelkeit) fasziniert mich auch eher mäßig.


    Meine oben referierten Weisheiten habe ich aus dem Katalog der Holländer des 17. Jahrhunderts der Gemäldegallerie der Akademie der Bildenden Künste, Wien, den ich (vor allem den Wienern) nur empfehlen kann.
    :hello:

  • Da Melchior d'Hondecoeter so erfolgreich war, nehme ich an, dass man in diversen Museen ähnliche Bilder betrachten kann, und nicht extra hierfür ins KHM pilgern muss. Über Erlebnisberichte aus anderen Museen d'Hondecoeter betreffend würde ich mich freuen (aufpassen: Es gibt mehrere Maler in seiner Familie, Melchior ist der krönende Abschluss).


    Gemeinsam mit d'Hondecoeter lernte Jan Weenix II, der besonders für Jagdstillleben berühmt wurde (Hauptwerke in der Alten Pinakothek in einem der großen Säle oben), gemeinsame Vorbilder waren Willem van Aelst (vor allem was Jagdstillleben betrifft) und Jan Baptist Weenix - das kann man in Wien leider nicht schön nachvollziehen, da gibt es von Aelst nur ein schönes Frühstücksstillleben (in der Gallerie der Akademie) und ein weniger schönes Blumenstillleben ebendort, das viellleicht eine Werkstattkopie ist.


    Dafür ist in Wien ein reizvoller Vergleich mit dem Gefieder- und Fell-Gott Jan Fyt möglich, einem etwas älteren Flamen, von dem ein (ebenfalls recht düsteres) ziemlich großformatiges Jagdstillleben seit ein paar Jahren direkt neben dem d'Hondecoeter hängt (letzter großer Saal der Niederländer-Hälfte des Museums, wenn man chronologisch durchgeht):
    http://bilddatenbank.khm.at/viewArtefact?id=770
    Auch hier dominiert ein (allerdings schon gestorbener) Pfau.

  • Ich möchte mich an diesem Thread gerne beteiligen - sehe aber auch gewisse Startschwierigkeiten. irgendeinem Threqad entnahm ich, daß KSM, die Bilder von Hondecoeter besonders interessieren - etwas, das man nicht von vielen voraussetzen darf - von Zeitgenossen mal abgesehen. Die Holländische Malerei im allgemeinen - etwa im Gegensatz zu den Italienener - ist ja besonders auf eine realistische Wiedergabe der Natur ausgerichtet, auf alltägliches, Stillleben jeglicher Art etc. Wenn ich hier schreibe, Wiedergabe der Natur, dann meine ich vielmehr, das erwecken der Illusion, hier wäre eine Gruppe lebender Tiere - lediglich im Augenblichk verharrend. Aber auch diese Beschreibung trifft es nicht genau, man kann die nicht vorhandene Bewegung sogar erahnen, man beachte nur den weißen Vogel (Taube?) rechts im Bild, wie er hineinflattert. Mit etwas Fantasie kann man sogar den Flügelschlag wahrnehmen.
    Wir haben gelesen, was KSM an diesm Bild (Bildern) fasziniert,: die tatsächliche (oder auch nuir vermeintliche) Darstellung von menschlichern Schwächen, wie beispielsweise Eitelkeit. Aber es gab natürlich auch andere Gründe sich solche Bilder anzuschaffen. Man hatte sozusagen ein Stück gezähmte Natur im Haus, eine Bildergeschichte, ein zoologisches Lehrbild. Man darf nicht vergessen, daß die Menschen der vergangenen Jahrhunderte wesentlich mehr Zeit hatten solch ein Bild zu betrachten , zu analysieren - und sich daran zu erfreuen.
    Zudem sollte nicht ausser acht gelassen werden, daß die realitätsnahe Wiedergabe der Natur einst als KUNST gesehen wurde (und es auch war) während es heute vermutlich als "Handwerk" eingestuft würde.


    Kommen wir nun zu den ersten Problemen mit diesem Thread. - und einigen Löungsvorschlägen - Ich weiß, das ist nicht optimal an dieser Stelle zu erörtern - andrerseites aber wieder doch , weil wir die Probleme vor Augen haben.


    KSM hat die Gelegenheit (und ich habe es auch - und werde die Anregung nutzen - Hundecoeters Bilder - so sie derzeit hängen - vorort zu betrachten. Jeder Druck - und besonders die hier vorliegenden ist nur ein Abklatsch des Originals - Daher sollen die Bilder hier lediglich animierengegebenfalls eine BESSERE Reproduktion im Internet zu finden, und diese in Ruhe zu betrachten- Ideal auch ein Farbposter, ein Kunstbuch - oder idealerweise das Original.....


    PS: Ich sehe auch wenig Probleme auf WIKIPEDIA (mit Quellenangabe) zu verlinken


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....