Die Tragödie des Teufels

  • München - Uraufführung - Tragödie des Teufels – komisch – utopische Oper




    am Freitag war ich in der GP. Ich habe mich nicht gelangweilt. Die Musik vom Peter Eötvös bringe ich in die Tradition vom Weil, Strauß, Spoliansky, also durchaus traditionell im Rahmen des ausgehenden 20 Jahrhunderts. Es war harmonisch, durchgängig – geschlossen, den dramatischen Teil vom Librettisten Albert Ostermayer begleitend . Die Sänger waren gut, nicht großartig –aber gut, allen voran Georg Nigl, der die sauschwere Lucifer-Partie nicht nur meisterte sondern mit Leben füllte. Enorme Höhe, Oktavsprünge etc., das war schon enorm.


    Die Musik: korrespondiert mit der Szene, bleibt für mich aber ohne Szene blutleer – immer etwas gebremster Schaum – kein großer Wurf – klingt noch Auftragserledigung – Ablieferung. Hat ohne Szene für mich keine eigenständige Funktion/Qualität. Spröde, es gibt eigentlich keine Höhepunkte im emotionalen Empfinden!


    Die Inszenierung: ich empfand die Szene etwas altmodisch ( wobei dies ja eine sehr subjektive Deutung ist) in der Tradition der deutschen 70 /80iger Jahre. Personenführung, Bühnenaufteilung etc. alles sicher von einen guten Regie-Handwerker (B. Kovalik). Aber halt Traditionen verhaftet, die die besondere Chance dieser Oper nicht nutzte. Zunächst einmal habe ich die Geschichte erst nach dem Lesen der Handlung verstanden. Das Bühnenbild war ein wenig klassizistisch angehaucht – ein Gebäude zwischen Pyramide und griechischer Ruine – steile Treppe mit unterlegtem Gewölbe in Marmor auf Drehbühne in Bühnenmitte – Bühnen ansonsten schwarz ausgeschlagen. Die Sänger rannten im Wesentlichen die Treppe rauf und runter. Die Geschichte war schlicht und chronologisch montiert, bediente das Libretto für mich zu brav. Wenn schon so spröde Musik ohne Eigenständigkeit, eigene Wirkungskraft einen Musiktheaterabend auskleidet, habe ich, sollte ich als Regisseur dem „ Affen durchaus Zucker“ geben, damit ein lebhaftes Drama mit kolorierender Musik vorgestellt wird.


    Also: keine gradlinige Erzählung einzelner Bilder – sondern assoziative Eruptionen. Ein Beispiel: Eva verliert Ihr Herz, es tritt aus Ihrem Körper: da kann man natürlich ein realistisches Herz aus Plastik in gedecktem Rot in die Hände der Sänger legen, was wie ein Holzball anmutet (begleitendes Tok-Tok - Geräusch, wenn er bewegt wird, weil es hohl war), nur dekorierende Szene, man könnte aber auch die ganze Bühne in ein pulsierendes Herztreiben, in blutige Lavaströme verwandeln – das Herz als Synonym für Leben, für archaische Gewalten, für den Schoss einer Frau, für den Schoss der Menschheit – ein Herz wie eine Rose – oder wie die sich öffnende, gebärende Vagina einer Welt-Mutter. Hier wäre eine enorme Gewalt entstanden. Oder Adam und Eva fliegen – hier „modernes Musiktheater“ sie sitzen auf einem Moped, das auf die Treppe geschraubt ist und spielen sich einen Wolf – sie sollen ja fliegen. Aber das Fliegen könnte ja auch viel großartiger die Auferstehung der Menschheit sein. Adam und Eva fliegen, fliegen aus dem Paradies , werden zum wirklichen Menschen, die Ganze Bühne würde zum Weltall – zu Himmel und Hölle – alles versinkt und steigt wieder auf – zeigt Urtümliches – die Reinkarnation der Menschheit – immerhin habe ich Teile der gelesenen Handlungsinformation so verstanden, das des Teufels Tragödie in seinem Untergang liegt und das soll ja komisch – erfreulich sein – das ist aber doch das großartigste, was der Menschheit passieren könnte, was seit Anbeginn gesucht, gewünscht, versucht wird, Befreiung vom Teufel, Auferstehung der Menschheit, der Welt, - einer neuen Welt mit einem gefallenen Teufel, also ohne Teufel, und hier mit neuen Menschen, indem sich Adam mit der Gefährtin des Teufels verbündet (was immer das auch für eine Tendenz hat).


    Da ich die Geschichte ohnehin ohne Programmheft nicht erfasst habe, hätte ich mich gern in gewaltigen Orgien emotional wiedergefunden.


    Komisch fand ich nichts – es war akademisch – utopisch fand ich auch nicht – es war die Wiedergabe intellektuell mglw. wichtiger Inhalte. Ich bin mehr für vitales Erleben, für Emotio versus Ratio.


    Und dieses Thema suhlt doch geradezu in archaischem Morast. Der Teufel verirrt sich, verheddert sich – endet tragisch – eine komische Tragödie???!!! Er verliert das teuflische??? Da hätte ich auch mit Exkrementen gespielt, mit brutalen Leiden, Qual, Kummer und Glück (als Kitsch as Kitsch can). Es gab aber leider nur eine sicher hochachtbare hochanständige Vorstellung einer Oper in mglw. saturiertem Publikumswunsch genügendem Rahmen – es hätte aber auch ein hochemotionales Musiktheater sein können, das sich in Affekten und Assoziationen, in wilden Farben und Formen ohne Realismus und mglw. (aufgrund der exponierten Partien) in nur stilisierter Personenführung ergötzt hätte.

  • Lieber Opernfreund,


    vielen Dank für Deine Beobachtungen und dafür, dass Du uns an diesen hast teilnehmen lassen!


    LG


    Dreamhunter

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