Ferruccio Busoni ( 1866 - 1924 )
Turandot
Chinesische Fabel in zwei Akten
Libretto: Ferruccio Busoni nach Carlo Gozzi
Originalsprache: Deutsch
Uraufführung: Zürich 1917
PERSONEN DER HANDLUNG
Altoum, Kaiser von China, Bass
Turandot, seine Tochter, Sopran
Adelma, ihre Vertraute, Mezzosopran
Kalaf, ein fremder Prinz, Tenor
Barak, sein Vertrauter, Bariton
Königin von Samarkand, Alt
Pantalone und Tartaglio, Minister, Bässe
Truffaldino, Obereunuch, Tenor
Hofstaat, Eunuchen, Klageweiber, Priester
Ort und Zeit der Handlung: Peking, Fabelzeit
ERSTER AKT
1. Bild: Vor den Toren Pekings. Auf der Mauer Köpfe getöteter Männer.
Kalaf besingt die Schönheit Pekings, in der sich sein Schicksal wenden soll. Barak tritt aus einer Hütte und Kalaf erkennt seinen Vertrauten. Dieser erzählt, dass er nach einer verlorenen Schlacht Kalaf und seinen Vater für tot gehalten habe und hierhin geflohen sei. Danach sprechen sie über die Zustände in Peking: Die schöne Prinzessin Turandot stelle jedem Mann, der um sie freie, drei Fragen: Kann dieser sie nicht beantworten, was bisher niemand konnte, wird ihm der Kopf abgeschlagen.
Da erscheinen Klageweiber und die Mutter des Prinzen von Samarkand, der gerade enthauptet wird. Sie wirft ein Bildnis der Prinzessin, das sie ihrem Sohn vor dem Tode vom Hals gerissen hat, auf den Boden und entflieht.
Kalaf hebt das Bild auf und verliebt sich sogleich in den Anblick der Prinzessin. Er erklärt, dass er den Versuch wagen will, die Rätsel zu lösen und den Prinzen zu rächen, dessen Kopf gerade auf der Mauer aufgespießt wird. Er eilt in die Stadt und die Wachen halten Barak, der ihm folgen will, auf.
2. Bild: Thronsaal im kaiserlichen Palast
Truffaldino richtet mit seinen Eunuchen den Saal für eine Sitzung her, spottet über den neuen Freier, der sich gemeldet hat und freut sich darüber, dass er als Kastrierter kein Verlangen nach Frauen hat. Nachdem er die übrigen Eunuchen weggeschickt hat, erklärt er, dass er es vernünftig findet, wenn die Prinzessin keinen Mann haben will, dann geht auch er.
Kaiser Altoum erscheint mit den Ministern Pantalone und Tartaglia, Wachen und sonstigen Getreuen und setzt sich auf den Thron. Er erklärt, dass er für Grausamkeiten zwar nicht geschaffen sei, aber seine Tochter trotzdem lieben müsse. Die Minister erzählen ihm, dass man in Italien und England entzückt sei, wenn auf der Bühne Mord und Totschlag gezeigt werde. Der Kaiser bedauert, dass er es nicht ändern kann und fleht zu Konfuzius, er möge dafür sorgen, dass er endlich einen Schwiegersohn bekomme.
Kalaf wird hereingebeten und der Kaiser warnt ihn noch einmal eindringlich. Aber dieser will trotz aller Warnungen des Kaisers und der Minister nicht von seinem Vorhaben abrücken.
In einem Triumphzug, voran Truffaldino, erscheint die verschleierte Turandot mit Gefolge. Zwar gibt sie sich eiskalt, merkt jedoch, dass sich diesmal in ihr etwas anderes rührt. Unterdessen erkennt ihre Vertraute Adelma in Kalaf ihren Schwarm aus Schulzeiten wieder und möchte ihn für sich zurückgewinnen.
Altoum bittet seine Tochter, leichte Rätsel zu wählen, damit es endlich zur Hochzeit komme, doch Turandot lässt sich nicht erweichen.
Kalaf kann die beiden ersten Rätsel ohne Schwierigkeiten lösen. Adelma bangt schon darum, ihn zu verlieren. Da versucht Turandot nach der dritten Frage Kalaf zu verwirren, indem sie sich schnell entschleiert. Kalaf lässt sich zwar zunächst von ihrer Schönheit blenden, überwindet sich aber dann und löst zur Freude aller auch das dritte Rätsel.
Da zieht Turandot einen Dolch und droht, sich am Traualtar zu erstechen.
Weil Kalaf will, dass ihn die Prinzessin freiwillig zum Gemahl nehme, erklärt er sich bereit, auf sie zu verzichten, wenn sie ein Rätsel, das er ihr aufgebe, lösen könne. Er trägt ihr auf, seinen Namen herauszufinden.
ZWEITER AKT
1. Bild: Turandots Gemach
Turandots Gespielinnnen, deren Gesang man schon bei geschlossenem Vorhang hört, singen und tanzen.
Nach einer Weile fordert Turandot Ruhe. In einer Arie drückt sie ihre Unsicherheit aus, die beim Anblick des Fremden entstanden ist, aber sie will – falls ihr der Name nicht bekannt wird – der Situation durch ihren Tod ein würdiges Ende setzen. Adelma wundert sich über die Wandlung Turandots.
Truffaldino kommt von seinen Nachforschungen zurück, hat aber aus dem schlafenden Kalaf nur herausgebracht: Tod oder Turandot.
Nach ihm erscheint der Kaiser mit den beiden Ministern. Er will Turandot zunächst eine Rolle überreichen, in der Namen stehen, die sie nicht kennt. Sie weist diese halsstarrig zurück. Da bedeutet ihr der Kaiser, dass sie am nächsten Tag die Lösung wissen müsse. Mit den Worten „Schade, schade, schade“ gehen er und seine Minister ab.
Nun schaltet sich Adelma ein, die Ihre Freiheit haben möchte und heimlich hofft, den Prinzen für sich zu gewinnen. Als Turandot sie zu ihrer Schwester erhebt, flüstert Adelma ihr den Namen zu.
2. Bild: Thronsaal
Altoum und sein Gefolge erwarten den Auftritt Turandots und wundern sich über den Trauermarsch, der erklingt. Turandot zieht mit Gefolge – alle mit schwarzen Trauerfloren behangen – ein und Kalaf wird von den Wachen hereingeführt. Mit den schwarzen Kleidern, sagt Turandot, wolle sie ein Zeichen ihrer Erniedrigung setzen.
Als aber Kalaf erklärt, er wolle sie nicht um den Preis ihres Leidens gewinnen, bekennt sie, dass sie die Versammlung irreführen wollte und verkündet Kalafs Namen. Nun wendet sich Kalaf enttäuscht zum Gehen, doch sie hält ihn zurück, umarmt ihn, gesteht, dass er ihr Herz erweckt habe und vertauscht den Trauerflor gegen ein Brautkleid. Während alle jubeln, geht ein Vorhang auf, hinter dem man die Statue Buddhas sieht und ein Priester traut die beiden.
Adelma aber tröstet sich damit, dass sie sich einen anderen suchen werde.