Die Fans von Johann Strauß haben’s gut. Von mindesten 12 seiner insgesamt 16 Operetten gibt es Gesamtaufnahmen. Nicht gefunden habe ich bisher
• Indigo
• Galgliostro in Wien
• Blinde Kuh
• Waldmeister
aber möglicherweise taucht von diesen vier auch noch die eine oder andere irgendwo auf.
Aktuell habe ich mir kürzlich den „Lustigen Krieg“ meiner Sammlung einverleibt. Den Inhalt dieser Operette hat ja musica im Operettenführer schon beschrieben. Trotz dieser an und für sich hahnebüchigen Handlung zählte das Werk zu Strauß’ Lebzeiten zu einem seiner erfolgreichsten und erreichte in weniger als einen Jahr bereits die 100. Vorstellung. Zum Hauptschlager wurde das Lied „Nur für Natur“, das erst auf ausdrücklichen Wunsch des Bühnenstars Alexander Girardi von Johann Stauß zusätzlich komponiert wurde. Das Lied traf den Nerv der Zeit und es war wohl dieses Lied in Verbindung mit der hervorragenden Darstellung des Alexander Girardi, welches den ungeheuren Erfolg der Operette maßgeblich bewirkte.
Heute ist fast nur noch dieses Lied bekannt, alles andere ist mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Für mich persönlich ist dieses Lied allerdings nicht die beste Nummer. Sicher, durch die schöne Melodik einer kleinen Walzerkette in Rondoform hat es alle Voraussetzungen für einen „Schlager“. Aber Strauß selbst hatte wohl höhere Ambitionen, da strebt fast alles hin zur komischen Oper. Es gibt viele mehrteilige Ensembles zusätzlich zu den großen Finali. Was dem Hang zur Oper manchmal entgegensteht, sind teilweise holprige Übergänge, mäßig melodische Parlando und ein manchmal allzu deftig draufhauendes Orchester. Daneben gibt es aber auch gelungene Nummern, die solche Schwächen nicht aufweisen, wie z. B. das Quintett „Kommen und gehen ohne zu seh’n“, die teils dramatischen , teils lustigen Ensembles „Jetzt ist Holland in Not“ und „Den fern man wähnte“ oder das Duett „Was ist an einem Kuss gelegen“, welches dem aus der Operette entstandenen Kusswalzer seinen Namen gab. Die eigentlichen Stärken der Operette liegen aber bei dem, was Strauß am besten kann, bei seinen Walzern. Sowohl große Teile des zweiten Finales als auch das letzte Ensemble „Süße Friedensglocken“ sind einzige Walzerketten, die, wenngleich nicht so berühmt geworden wie andere Strauß Walzer, die Musik repräsentieren, die das Publikum von Strauß eigentlich erwünschte und erwartete. Und auch das etwas rührselige Duett „Silberhelles Kinderlachen“ ist, obwohl vom holländischen Ehepaar angestimmt, ein echtes Weaner Lied. Und in diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Operette eigentlich gar nicht in Italien spielen dürfte, denn die Musik enthält keinerlei Italianitá, das ist eher Wiener Operette pur.
Uwe