Der Carneval in Rom von Johann Strauß

  • Schon vor längerer Zeit habe ich mir diese CD angeschafft.


    Trotz der dem Aufnahmejahr 1956 entsprechenden miserablen Tonqualität (kratzende Geigen, gackernde Trompeten) konnte ich hin und wieder heraushören, dass diese zweite Strauß Operette doch einige Qualitäten hat. Ganz schlecht fand ich aber die brüchigen Stimmen der beiden männlichen Hauptpersonen, der des Malers Arthur Bryk und der des Grafe Falconi. Beide singen wie alte Männer, was auf die Rolle des Grafen ja noch zutrifft, nicht aber auf den jugendlichen Maler. Zudem sind beide Stimmen so ähnlich, dass man nicht sofort heraushören kann, wer jetzt eigentlich singt. Da das CD-Cover/Booklet von Cantus mehr als nur dürftig ist, kann ich leider nicht ermitteln, wer von den nachfolgend aufgeführten Künstlern welche Rolle singt:


    Traute Fayer, Franz Borsos, Kurt Preger, Franz Emmerich, Rosl Schwaiger, Hans Stilp, Chor & Orchester des Wiener Rundfunks, Max Schönherr


    Aufgrund dieses doch sehr getrübten Hörerlebnisses habe ich mir jetzt diese CD zugelegt:


    Bei dieser CD handelt es sich um eine Einspielung der Staatsoperette Dresden, die im Rahmen ihres Johhann-Strauß-Zykluses produziert wurde. Die Künstler sind:


    Isabella Ma-Zach, Jessica Glatte, Michael Heim, Manfred Equiluz, Marcus Günzel, Bernd Könnes, Chor & Orchester der Staatsoperette Dresden, Ernst Theis.


    Obwohl es sich hierbei jetzt nicht gerade um renommierte Namen handelt, ist die sängerische Leistung recht ansprechend. Das Dumme ist nur, dass es sich bei den Sängern der beiden oben genannten Rollen diesmal jeweils um „jugendliche“ Stimmen handelt, die ebenso schwer auseinanderzuhalten sind. Dennoch ist insgesamt der Hörgenuss ein wesentlich besserer als bei der historischen Aufnahme und so manchen Musiktitel konnte ich daher höher einstufen als bisher.


    Strauß’s zweite Operette ist im Unterschied zu seiner ersten sehr opernhaft angelegt. In einer Uraufführungskritik hieß es dazu


    Zitat

    Während im Indigo noch die Sucht vorwaltete, durch die unwiderstehlichen Walzermotive zu schmeicheln, durch prickelnde Tanzweisen zu blenden, zeigt diese Partitur ein feineres und zarteres Vertiefen nach einer vielleicht nicht so populären, aber jedenfalls edleren Richtung.


    Nach einer Beschreibung des sehr ausführlich gestalteten Booklets der cpo CD lässt sich das opernhafte darauf zurückführen, dass Strauß die Aufführung an der Wiener Hofoper in Aussicht gestellt worden war, was sich dann aber zerschlug. Strauß und /oder seine Librettisten, allen voran der Librettist und Komponist Richard Genée, zu dieser Zeit noch in Festanstellung als Kapellmeister am Theater an der Wien, haben die Partitur bzw. die Struktur des Werkes mit zahlreichen Chor- und Ensembleszenen deutlich an die Vorbilder der Komischen Oper und der Spieloper angelehnt. Strauß selbst hat diese Schöpfung als „Polkaoper“ bezeichnet und dabei bewusst wenige Walzer geschrieben.


    Dennoch kann ich der Angabe im genannten Booklet nicht ganz folgen, Strauß habe sich gezielt von der Form der Wiener Operette jener Jahre entfernt. Gab’s die 1873 überhaupt schon? Hat nicht gar Strauß die erst erschaffen? Davor gab’s doch, soweit heute noch bekannt, nur die zumeist ein- bis zweiaktigen Werke Suppés, der sich bekanntermaßen ebenfalls immer gern an der komischen Oper orientiert hat.


    Dass, wie Ernst Theiss schreibt:

    Zitat

    …die großen Duette, Arien und vor allem die Finale I und II zum Kunstvollsten gehören, was Johann Stauß komponierte…

    kann ich ebenfalls nicht so ganz unterschreiben, denn ich finde, die Fledermaus ist nicht weniger opernhaft und das Kunstvolle ist dort gar noch eleganter gelungen – ein großer Wurf eben im Vergleich zu einem achtungswerten „Vorspiel“ zur Meisterschaft.


    Bei einigen der angesprochenen Ensembles und Finale empfinde ich manche Übergänge als holprig und unbeholfen, was bei Fledermaus und Zigeunerbaron jedenfalls besser gelungen ist. Wirklich gut gefallen mir aber das Männerduett in Rondoform „Maler wandern gerne“ , das sehr parodistische Ensemble „O seht den frommen Pilgersmann“ und das Quintett „Ich geh hinüber in dies Haus“. Besonders die beiden letzten brauchen den Vergleich mit großen Vorbildern aus der komischen Oper nicht zu scheuen. Umso erstaunlicher scheint es mir, dass Volker Klotz das Quintett, das ich persönlich für die gelungenste Nummer der Operette halte, in seinem Kommentar nicht einmal erwähnt. Aber über dessen selektive Art der Musikbeschreibung habe ich mich schon öfters gewundert.


    Zu erwähnen sei noch, dass die Dresdner gegenüber der historischen Schönherr-Aufnahme das Finale I gekürzt haben, und zwar haben sie leider die sehr lustige Szene, in welcher der Maler Rafaeli den Brautzug zum Umtrunk einlädt, gestrichen.


    :thumbup: Uwe

  • Lieber Uwe,
    die alte Schönherr-Aufnahme (mit Borsos) wäre für mich keine Option.
    Franz Marszalek hat etwa zur gleichen Zeit die Operette ebenfalls aufgenommen, für den WDR Köln und in altbewährter Marszalek-Qualität, allerdings nur in einer Kurzfassung!


    [timg]http://ecx.images-amazon.com/i…BqcHL._SL500_AA240_.jpg;l[/timg]

    Aufnahme: Dez. 1950, Studio
    Spieldauer: 30'04
    Dirigent: Franz Marszalek
    Orchester des WDR Köln
    Chor des WDR Köln
    Rollen und Sänger:
    Arthur Bryk: Peter Anders
    Benvenuto Rafaeli: Willy Hofmann
    Leopold Graf: Richard Capellmann
    Marie: Liselotte Losch
    Robert Hesse: Willy Schneider
    Susanne: Ruth Zilliger


    LG


    :hello::hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)