GALUPPI, Baldassare: LA CADUTA DI ADAMO

  • GALUPPI, Baldassare: LA CADUTA DI ADAMO


    Baldassare Galuppi (1706-1785):


    LA CADUTA DI ADAMO

    (Der Fall Adams)


    Oratorium in zwei Teilen - Libretto von Giovanni Granelli

    Erstaufführung 19. Februar 1747 im Oratorio dei Filippini di Santa Maria in Vallicella, Rom



    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Adam (Tenor)

    Eva (Sopran)

    Der Engel der Barmherzigkeit (Sopran)

    Der Engel der Gerechtigkeit (Mezzosopran)



    INHALTSANGABE


    ERSTER TEIL


    Evas Handeln hat den Allerhöchsten erzürnt und sie hat sich verkrochen. Zwar kann sie sich vor Gott nicht verstecken, aber vor Adam. Und der sucht sie, weil er sich ohne ihre Nähe doch recht einsam fühlt, sie aber bleibt unauffindbar. Er spekuliert über ihre Gründe: Ja, sie hat ihn verführt, von der verbotenen Frucht des Baums der Erkenntnis zu naschen, doch deshalb muss sie sich ihm doch nicht entziehen! Jetzt langweilen ihn Himmel und Erde, Blumen und Gras - einfach alles, was ihm sonst lieb und teuer war:

    Arie des Adam: Sente quest’alma oppressa

    Meine bedrängte Seele empfindet die Last ihrer Schuld.

    Mein Blut ist in Aufruhr, mein Herz schlägt zum Zerspringen

    und stockt vor Schmerz und Ängsten, die ihm noch unerklärlich sind.

    Und du, Eva, erfüllst mich mit nie gekannten Kummer.

    Mir wird heiß und kalt, ich seufze, und vielleicht hältst du meinen Geist für verwirrt,

    aber ich kann dich nicht einmal mehr lieben.


    Das Klagelied geht Eva nahe und sie antwortet Adam mit der Erklärung, dass es ihr nicht anders geht - sie fleht ihn um Rat an, gesteht ihm ihre Zukunftsängste: Falls er sie nämlich verlässt, wird sie verloren sein, weil sie ihrem eigenen Herzen nicht mehr trauen kann. Dann aber beklagt sie sich, dass er nicht bei ihr war, als die heimtückische Schlange sie heimsuchte. Adam hält diesen Vorwurf für nicht gerechtfertigt, schließlich hat sie nicht der „Giftzahn“ getroffen. Das stimmt zwar, sagt sie, körperlich ist sie unversehrt, aber dass sie auf den Betrug der Kriecherin hereingefallen ist, hat sie verletzt.


    In diesem Moment beginnt die Erde zu zittern - kommt der Allerhöchste jetzt etwa zum Strafgericht? Adam verkriecht sich, wohl wissend, dass Gott ihn überall sieht. Und es ist auch nicht der Herr, der da, fast das Augenlicht schädigend, weißgekleidet auf ihn zukommt, es ist der Engel der Gerechtigkeit - wie er sich nennt -, dem noch ein zweiter folgt, der Engel der Barmherzigkeit. Der Engel der Gerechtigkeit dröhnt:

    Adamo! Dove sei? (Wo bist du, Adam?)

    Das Menschenpaar äußert in einem Duett Angst vor dem Unerklärlichen, und sie fragen sich, ob ihnen Milde entgegengebracht wird oder dass Strafgericht droht.


    Der Auftritt der beiden himmlischen Abgesandten wirkt auf den Hörer wie eine Gerichtszene: Der Gerechtigkeitsengel argumentiert wie ein unbeugsamer Staatsanwalt; er beschuldigt das Menschenpaar, die Größe und Herrlichkeit Gottes nicht erkannt zu haben. Völlig anders tritt der Engel der Barmherzigkeit auf: Er hat offensichtlich die Rolle des Verteidigers, denn er fordert von seinem Kollegen, durchaus geschickt argumentierend, nicht nur als Vollstrecker göttlichen Zorns aufzutreten, sondern den Menschen auch die Aussicht auf Vergebung des Allerhöchsten zu verkünden. Immerhin sollten Ersttäter auch mildernde Umstände erhalten. Vollkommenheit herrscht übrigens nur im Himmel und Gott der Allmächtige hat schließlich die Möglichkeit der Vergebung durch Reue vorgesehen. Die beiden Engel schließen im Duett den ersten Teil des Oratoriums, das aber noch keinen Rückschluss auf den Ausgang zulässt:

    Der Engel der Gerechtigkeit: È giusto Dio qual padre (Gott ist gerecht wie ein Vater).

    Der Engel der Barmherzigkeit: Pietoso è pur qual madre (Voll Mitleid wie eine Mutter).

    Der Engel der Gerechtigkeit: wird er sein Urteil widerrufen?

    Der Engel der Barmherzigkeit: Die Güte verdammt den Verrat.

    Beide zusammen: Göttlich in Ihm sind Zorn und Mitleid.


    ZWEITER TEIL


    Adam und Eva haben Angst vor dem göttlichen Urteil: Wie wird es ausfallen? Adam hat sich zu einer gemeinen, aber menschlich verständlichen Verteidigungsstrategie entschlossen: Eva ist die Schuldige, sie hat ihm den Apfel angedient, den er noch nicht einmal wollte, den er nur ihr zu Gefallen probiert hat.


    Eva wehrt sich natürlich: Die heimtückische Schlange hat sie umgarnt und mit vielen schönen Schmeicheleien und Versprechen betört, sodass sie schließlich den Apfel nahm. Kaum aber hatte sie in die Frucht gebissen, wurde ihr schwarz vor Augen, fühlte sie sich wie gelähmt.


    Durch den Auftritt der beiden Engel wird deutlich, dass die Verhandlung wohl fortgesetzt werden soll. Der Engel der Barmherzigkeit beginnt sofort mit einem Frontalangriff zugunsten Evas, indem er deren Hinweis auf die Schlange aufgreift und den intellektuellen Giftzahn des Untieres - hinter dem sich doch niemand anderes als Satan, der abgefallene Engel, verbirgt - als Ursache des Übels ansieht. Dem kann und will der Engel der Gerechtigkeit jedoch nicht folgen, er macht sogar rigoros Schluss mit der Diskussion: Gott hat sein Urteil gefällt:

    Con la mano omnipotente / Meine allmächtige Hand formte dich, irdischer Leib;

    mein Atem belebte dich mit dem lebendigen Geist der dich unsterblich gemacht hat.

    Heute löse ich rächend und strafend den Bund, den ich einst schloss:
    Erde bist du und Erde wirst du,

    niemals kennst du und immer erwartest du die Stunde, die deine letzte sein wird.


    Adam begreift nicht, was dieses Urteil bedeutet, auf jeden Fall hält er es aber für geboten, Gott, den Vater, als barmherzigen Schöpfer anzuerkennen und - vor allen Dingen - um Vergebung anzuflehen. Arios kündigt er „Bittere Tränen fließen in Strömen“ an. Werden sie aber auch den Herrn im Himmel rühren? Eva bekennt unumwunden ihre Schuld; sie hat, so denkt sie, die Liebe ihres Mannes verloren, und fragt, wie sie ihren Kindern alles erklären soll? Wer wird sie zukünftig schützen; wer im täglichen Kampf beistehen?


    Ab sofort sind das Menschenpaar und seine Nachkommen auf sich selbst gestellt, denn sie müssen Eden sofort verlassen. Der Engel der Gerechtigkeit spricht sogar von Katastrophen, die alle Nachkommen von Adam und Eva ausgesetzt sein werden: Wasser und Feuer und viele Plagen werden das Menschengeschlecht zu allen Zeiten an den ersten Sündenfall erinnern.


    Diese Position ist dem Engel der Barmherzigkeit viel zu radikal. Er beharrt darauf, dass Gott der Herr auch eine Gnadenseite hat, und die ist nicht auf Vernichtung aus, nicht nur auf Leid und Schmerz, sondern auf Frieden denen gegenüber, die ihre Sündhaftigkeit einsehen und zum Herrn aufschauen. Der barmherzige Engel wird deutlich: Er wird das, was sein Kollege vernichtet, wiederaufbauen. Und er verspricht, dem Menschengeschlecht bis in die fernste Zukunft ein Beschützer zu sein. Im Schlussgesang vereinigen sich Adam und Eva mit den beiden Engeln zu einem Quartett des Lobes und Preises:

    Ja, wir erblicken dereinst die heitere Stirn des versöhnten Gottes,

    und die Wahrheit wird sitzen an der Seite der Barmherzigkeit.



    INFORMATIONEN ZU KOMPONIST UND WERK


    Das hier vorgestellte Oratorium war Galuppis sechstes Oratorium; vorausgegangen waren u.a. „Sancta Maria Maddalena“ (1740 Venedig), „Abigail“ (1743 Bologna). Daran schlossen sich 1745 und 1746 „Isaac“ und „Judith“ an, ebenfalls in Bologna uraufgeführt.


    Galuppi wurde am 18. Oktober 1706 in Burano nahe Venedig geboren, was seinen Beinamen „Il Buranello“ erklärt. Er lernte bei Antonio Lotti Cembalo und Komposition, nahm dann, als seine erste Oper „La fede nell'inconstanza ossia, Gli amici rivali“ scheiterte, sein Studium wieder auf.


    1740 wurde er Chormeister am „Ospedale dei Mendicanti“ in Venedig; 1741 zog er für einige Monate nach London, kehrte aber nach Venedig zurück. 1748 wurde er zum stellvertretenden Musikdirektor am Markusdom ernannt, 1762 zum Generaldirektor und Chorleiter am „Ospedale degli Incurabili“. Ab 1765 hielt er sich für drei Jahre in St. Petersburg auf und nahm nach seiner Rückkehr seine Tätigkeit am Markusdom und an den „Incurabili“ wieder auf. Galuppi starb 1785 in Venedig.


    „La Caduta di Adamo“ hat zwei Teile für vier Stimmen für die folgenden Personen: Adam, Eva, der Engel der Gerechtigkeit und der Engel der Barmherzigkeit. Das Orchester besteht wie üblich aus Streichern, einem Cembalo oder einer Orgel oder auch beiden Instrumenten. Zwei Hörner werden bei fünf Gesangsstücken eingesetzt, darunter auch im Schlusschor, und sind auf die Anforderungen des Textes ausgerichtet. Die einzelnen Arien werden nach den Gepflogenheiten der Zeit aufgeteilt: Jede Singstimme hat drei Arien, Adam und Eva haben zusätzlich ein Duett und ein Duettino. Die Autoren geben den beiden Engeln ebenfalls ein Duett und der Schlusschor vereinigt alle vier Stimmen.



    © Manfred Rückert für den Tamino-Oratorienführer 2019

    unter Hinzuziehung des Librettos aus der Erato-Aufnahme

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    MUSIKWANDERER

  • Von den Tamino-Werbepartnern bietet nur Amazon die einzige Aufnahme - sie entstand 1985 - des Galuppi-Oratoriums an, und zwar in drei unterschiedlichen Aufmachungen. Das Libretto der Erato-Einspielung diente als Grundlage für die obige Inhaltsangabe:


    Baldassare Galuppi / La Caduta Di Adamo - Doppel-CD

    :hello:

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    MUSIKWANDERER

  • Ich habe diese Ausführung, mit den Ceembalo Konzerten!



    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)