Dr. Pingel´s Miniaturen

  • 56. Lechts und Rinks


    Kann man leicht verwechseln, vor allem, wenn man ein kleines Kind ist. Wenn man heute die Fahrradwelt sieht, staunt man, was es da alles gibt. Wir waren schlechter dran: selber strampeln, schwere Räder (die sonst tollen Hollandräder); dann der Stolz der Männer, sich beim Auf- und Absteigen elegant auf den Sattel zu wuchten, aber auch die Qual, selber den Schlauch zu flicken oder der ständige Ärger mit dem Rücklicht, das dauernd defekt war.

    Eine Sache war besser. Man konnte auf dem Männerquerständer einen Kindersitz deponieren, dazu ein Kind, nicht angeschnallt und ohne Helm. Aber das Kind hatte eine tolle Aussicht. Heute sitzen sie hinter mehr oder weniger wuchtigen Mamas und Papas und können den Rausch der Geschwindigkeit nicht ermessen und sehen können sie auch nichts.

    Da war die Kleine von meinen Freunden mit mir besser dran. Bei den vielen Radausflügen mit ihr feuerte sie mich ständig an, schneller zu fahren. Einen Nebeneffekt gab es, der dem Kind ganz früh eingab, was rechts und links ist. Rechts: Bremse, links: Klingel. Das funktionierte auch ohne Fahrrad! Im Zweifelsfall fragte man einfach: Bremse oder Klingel?

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  • 57. Das Wandern ist des Lehrers Last


    1. In der Oberstufe: Lehrer und Eltern vermuten immer zu viel Luxus. In den 50ern haben wir in Klasse 13 eine Reise nach Frankreich (Bus mit Fahrer und Kochfrau, dazu Zelte) bis hinunter zu Cote d´Azur gemacht, was bei uns große Freude und bei anderen große Skepsis hinterließ. Heute gibt es weite Reisen, bei denen man manchmal meint, dass sie von der Alkoholindustrie gesponsort werden. Dabei gilt: "Früher konnten die Mädchen kochen wie ihre Mütter, heute können sie saufen wie ihre Väter." Es gibt aber auch andere Fahrten. Die Abschlussfahrt meines und meines Kollegen bei den SOWI-Leistungskursen ging nach Berlin. ICE hin und zurück, Besichtigung des Bundestages, Besuch des ehemaligen KZs Oranienburg, ein schönes Jugendhotel. Alle waren 18, wir also von der Aufsichtspflicht befreit. Hinterher stellte sich heraus, dass alle alkoholmäßig sehr diszipliniert waren und dass alle von Berlin mehr gesehen hatten als ihre beiden Lehrer.


    2. Mittelstufe: Sie kannten kein Gesetz.

    In der Mittelstufe fällt das alles weg. 24 Stunden Lärm, also auch nachts, Verweigerung von Aktivitäten, Alkohol, nächtliche Besuche in diversen Zimmern und...

    Die erste Mittelstufenfahrt war auch meine letzte.


    58. Das Wandern ist des Lehrers Lust


    In der Unterstufe (Klasse 6) kann eine Wanderfahrt viel Spaß bereiten, vorausgesetzt, man ist aktiv, was auch für die Lehrer gilt. Fußball und Schwimmen treibt man gemeinsam, auch wenn der Lehrer der schlechteste Schwimmer ist; nur für Fußball galt das nicht, wobei Fußball für das Renommé bei den Jungs unverzichtbar ist.

    Wesselburen (Dithmarschen, Geburtsort von Friedrich Hebbel; im Museum war ich natürlich allein). Ein Pferdehof mit Reitunterricht für alle, bis hin zum Galopp. Auch hier war der Lehrer der schlechteste Reiter. Dazu dann mit Katzen und Hunden schmusende Jungs (!!), Wattwanderung, abendliches Vorlesen im Heu. Anfahrt mit der Bahn.


    Bei einem Aufenthalt in Süddeutschland (Franken) gab es auch eine Busfahrt durch das Maintal. Mittagspause sollte in Amorbach sein. Als der Bus die Höhe erklommen hatte und nach Amorbach noch 5 km zu absolvieren waren, hielt ich den Bus an und machte Freiwilligen ein Angebot: Wandern nach Amorbach nach Wanderkarte (1: 25.000 mit Wanderwegen); dabei ein wenig Einübung in das Lesen von Wanderkarten und Vergleich von Karte und Gebiet. Dazu ging der Weg an einem Bach lang, sodass auch Wasserfreuden zu erwarten waren. Grundsätzlich galten auch hier die Regeln, die die Kinder aber von mir schon kannten: keine Zerstörung etwa von Ameisenhaufen, auch Käfer waren tabu (nur Mücken waren erlaubt). Verboten war auch das Abreißen von Ästen (es lagen genug herum) und Pflanzen und das Pflücken von Blumen.

    In Amorbach gab es viel zu erzählen...

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  • 59. Löwen und Löwenpädagogik (heißt es jetzt 'Löw*innenpädagogik'?)


    Ein Löwenwitz. Mann 1: "Did you know that lions have 22 time sex in a day?" Mann 2: "Damn, I just joined Rotary!"

    Löwenpädagogik (dass die stimmt, weiß ich aus langen Praxisjahren): Schüler lernen und existieren wie Löwen: 22 Stunden dösen und 2 Stunden in Panik.

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  • 60. Bartoks Blaubart gegen Schönbergs Erwartung: Endstand 2:0


    Vor zwei Jahren gab es in der Essener Philharmonie einen konzertanten Opern-Doppelabend. Zuerst "Herzog Blaubarts Burg" von Bartok, dann Pause, dann Schönberg. Schon vor der Pause war mir klar, dass ich nach dem Blaubart keinen Schönberg hören kann. Draußen standen ein paar Orchestermusiker und rauchten. Ich fragte sie scheinheilig, wer denn für die Reihenfolge im Programm zuständig sei. Sie lachten sehr und meinten: der Intendant. Konzerte werden in Essen zwei Mal gespielt, also ging ich auch am nächsten Tag in die Philharmonie und nur zu Bartok. Diesmal saß ich rechts vorne im Rang, direkt über Blech und Pauke, damit ich auch die 5. Tür mal hautnah erleben konnte. Und die Essener ließen sich nicht lumpen.

    Ansonsten war es wie immer: Orchester grandios, Sopran gut (Deirdre Angenent, eine ganz junge Sängerin), ein Bariton war auch da, ich habe den Namen vergessen.

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  • 61. Der Kölner Dom, gebaut aus Streichhölzern


    Vor vielen Jahren, als in Duisburg die alte Mercatorhalle noch stand, gab es einen kleinen Saal, in dem Filme gezeigt wurden und Kabarettisten ihren Auftritt hatten. Unvergesslich (außer dem Namen des betreffenden Kabarettisten) wird mir diese Szene bleiben.

    Der Kabarettist kündigt an, jetzt von hinter der Bühne den Nachbau des Kölner Doms hereinzubringen, an dem er ein Jahr geklebt hatte und der aus Tausenden von Streichhölzern bestand. Er verschwindet. Plötzlich ein lauter Schrei hinter der Bühne. Er kommt zurück mit einem Riesenhaufen loser Streichhölzer. Wir haben uns abgerollt...

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  • 62. Bügelspiele - hochaktuell


    Jedes Jahr im Oktober finden in der Sportschule Duisburg-Wedau im dortigen Leistungszentrum (8 Rasenplätze, Hallen, Unterkünfte) Wettbewerbe für einen Pokal für verschiedene Jugendgruppen (Fußball, also U 15, U 19, weiblich und männlich getrennt) statt, der Länderpokal. Diese Länder sind nicht die Bundesländer, sondern die ehemaligen "Gaue", also Westfalen, Niederrhein, Rheinland, Baden, Württemberg usw. Als eine zusätzliche Mannschaft nimmt dann eine Nationalmannschaft der U-Mannschaften teil. Oft ist es sehr spannend, interessant, wenn man die künftigen Nationalspieler erahnt. Aber oft geschieht auch - nichts.

    Beim Spiel Niederrhein-Westfalen (Mädchen U 17) vor einigen Jahren fragte ich die Trainerin aus Westfalen in der Halbzeitpause: "Ich muss sagen, Technik und Athletik der Mädchen sind sehr gut. Aber in der ganzen ersten Halbzeit gab es nicht nur kein Tor, sondern nicht mal eine einzige Torchance!" Sie meinte sinngemäß, dass der moderne Fußball eben nichts für Zuschauer wäre.

    Aus diesem Schluss hatte sich mir vor langen Jahren diese Konsequenz ergeben: Ich bügle vor dem Fernseher und habe meinen Blick auf das Hemd gerichtet. Wenn der Reporter die Stimme hebt, hebe ich den Kopf. Heute mache ich das genauso, nur nicht mit Bügeln, sondern mit Sortieren von Papieren. Bei der laufenden EM waren die meisten Spiele Bügelspiele, von den 4 deutschen waren es drei. D.h, dass in 80 Minuten außer einem Geschiebe im Mittelfeld nichts passiert. Der Grund ist übrigens nicht der, dass die Spieler so schlecht sind, sondern dass sie so gut und athletisch sind, ein klassischer Fall für Kontraproduktivität (Scheitern an der Perfektion). Dadurch ergeben sich unglaubliche Methoden der Abwehr (etwa wie Hummels dem englischen Stürmer direkt vor dem Einschuss noch den Ball abgejagt hat) und die Fähigkeit, 90 oder 120 Minuten viele Sprints hinzulegen.

    Vergleicht man nun die Eintrittspreise mit den Show-Effekten auf dem Platz, so wird klar, dass das Preis-Leistungsverhältnis miserabel ist. Wenn man dann die Kosten für Transport und Verpflegung hinzurechnet.....


    Wenn man bedenkt, wie viele Zuschauer auch durch ganz Deutschland reisen (Düsseldorf: "Wir sind die Fans von Fortuna, wir reisen viel und verlieren jedes Spiel"), so muss es sich bei Fußball um die zentrale Religion unserer Gesellschaft handeln.

    Als Alternative gibt es die von mir schon öfter geschilderte Alternative. Was sind die drei großen B des Fußballs? Bezirksliga, Bier und Bratwurst! So mache ich es und habe als Gast meist einen kleinen Jungen (10) mit, der dort selbst spielt und der eine eigene Bratwurst beansprucht, die er bekommt, aber nicht das Bier, das er auch nicht beansprucht.

    Alles in allem: es wundert nicht, dass englische Fans ein Fußballwochenende in Deutschland buchen (3 Spiele aller Klassen).

    Nachwort

    Jeder, der mal für eine längere Zeit seinen Fernseher abgeschafft hat (ich gehöre dazu), stellt erstaunt nach ein paar Wochen fest, dass sein Interesse am Profi-Fußball komplett erlischt. Die Folgerung: das Fernsehen bezahlt Unsummen an die Vereine, aber umgekehrt wäre es gerechter.


    Nachwort 2: Überall beklagen sich Medien und Sportsfreunde über die Leute, Fernsehmoderatoren und Moderatorinnnen, ehemalige Stars, die Fußball kommentieren oder moderieren und als Fachleute verkauft werden. Als weiteren Müll zählt dann wohl auch die Werbung.

    Da hilft nur die Wohlfühltaste ("mute").

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  • 63. Ich bremse auch bei ROT!


    Diese "Ich bremse-Schilder" gab es früher auch schon. Da waren die Objekte Tiere oder Männer, wobei manchmal mitschwang, dass da kein Unterschied sei. Aber die neue Straßenkultur heute ist anders. Der unbekannte Blinker, Verstopfen der Kreuzung bei Grün, Missachtung der Radfahrer, Parken in 2. Reihe, riskantes Linksabbiegen, Missachtung des Zebrastreifens, Aufreißen der Tür, wenn ein Radfahrer kommt ("Dooring"), Drängeln, vor allem aber "ROT IST DAS NEUE GELB!"

    Daher prangt jetzt bei mir am Heck ein selbstgemachtes Schild: ICH BREMSE AUCH BEI ROT.

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  • 64. Familienkonstellation


    In der Zeitung gibt es ein Interview mit einer Familientherapeutin. Sie sagt sinngemäß zwei wichtige Dinge. 1. Wenn ein Ehemann und eine Ehefrau gefragt werden, wen sie aus der Familie (mit 3 Kindern) retten würden (nur eine Person), sagt der Mann regelmäßig: "Meine Frau", die Frau sagt: "Ein Kind", gemeint ist meist das jüngste (man ist ja schon froh, wenn sie nicht sagt "den Hund":pfeif:).

    2. Auch wenn beide arbeiten, ist die Frau die Managerin der Familie.

    Im Traum am Abend nach der Lektüre erscheint ein kleines, hier schon zitiertes Mädchen (7); ich frage es: "Wer ist die wichtigste Person in eurer Familie?" Sie sagt sofort: "Mama!" Am nächsten Tag treffe ich sie real und frage, wer die wichtigste Person in ihrer Familie ist. "Ich!"

    Da wird mein Unterbewusstes noch einiges lernen müssen!

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  • 65. Pufferküsser


    Ich habe noch nie jemanden gesehen, der Puffer küsst. Es ist der Spitzname von Eisenbahnfreaks. Besser bekannt ist die englische Bezeichnung "Trainspotter". Es gibt drei Sorten: 1. den ästhetischen Tr., der am Bild der Eisenbahn interessiert ist und alles auch fotografiert, also Loks, Züge, Wagen, Gleise usw. Seine Lieblingsloks sind i.d.R. die 101 (Dampflok) und die 103 (E-Lok). Er sieht sich auch gerne Führerstandsmitfahrten als Film an (reelle Fahrten auf der Lok sind verboten; ich habe vor 2 Jahrzehnten dennoch zwei mitgemacht, einen nachts auf einer Güterlok). 2.den Techniker, der alles über Eisenbahnen weiß, also Maße, Signale, Fahrpläne usw. Das ist der eigentliche Pufferküsser. 3. der Modellbahner, der eine eigene Anlage hat (beliebt HO Märklin) und alles selbst macht. Horst Seehofer ist so einer. Es gibt auch jede Menge Kombinationen.

    Typ 1 (zu dem ich gehöre): Er ist der Fotograf, wobei es bestimmte Regeln zu beachten gilt. Öffentlich zugängliche Dinge (Züge, Gleise, Bahnhöfe, Bahnsteige) darf man ohne weiteres fotografieren. Nicht fotografieren darf man Lokführer oder Bahnreisende, die man anhand eines Bildes erkennen könnte (Recht am eigenen Bild). Natürlich auch nicht nichtöffentliche Teile, die nur für Bahnmitarbeiter zugänglich sind. Alles habe ich bisher beachtet. Ein Interview mit einem Lokführer hat mir einen neuen wichtigen Verhaltenstipp gegeben.

    Der Lokführer empfiehlt, für das Foto oder den Film das Ende des Bahnsteiges aufzusuchen. Besonders empfiehlt er, eine gelbe Warnweste zu tragen. Der Grund: ein Lokführer kann bei seinem Tempo nicht sehen, ob er einen Fotografen oder - einen Selbstmörder vor sich hat.

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  • Olympia hat mit Sport nichts zu tun


    Was sehen wir? Fairness, Respektierung des Gegners statt ihn als Feind zu betrachten, Freudentränen, mannschaftlicher Zusammenhalt, wenige Tattoos, Ritterlichkeit, Freude, auch wenn man nicht gewonnen hat, anstandslose Befolgung der Schiedsrichterentscheidungen, Bezug auf das Heimatland...

    Wer will denn sowas sehen, wenn wir doch den Profifußball haben: Der Gegner als Feind, brutale Fouls, Schiedsrichter als Hassobjekt, Schinden von Freistößen, abstoßende Ganzkörpertattoos, Arroganz, dicke Autos, Hohn und Spott (Spieler, Trainer, Fans, besser Hooligans genannt), marodierende Fans, fehlerhafte Video-Entscheidungen... schwindelerregende Gagen und Ablösesummen...

    Jetzt versteht man auch, warum die Bundesligavereine so gut wie keine Spieler für die Olympiade abgestellt haben; das ist Kindergarten...

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  • 67. Verhandeln


    Vater zur Fünfjährigen: "Ich zähle bis 3, dann gehst du mit hoch!"

    Mädchen (5): "Ich geh bei 5!"

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  • 68. Richard "Banksy" Wagner


    (Zwei Randnotizen aus der Biographie Wagners von Hans Gal)


    1. Als er (Wagner) in Bayreuth den Ring zur Aufführung brachte, war ihm der Maschinist so wichtig wie der Dirigent und er scheute weder Mühe noch Kosten, das Beste zu bekommen, was an Ausstattung zu haben war, nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Ein Teil des aus London bestellten Drachens für Siegfried, der stückweise befördert wurde, ging aus Versehen nach Beirut statt nach Bayreuth...


    2. (Er wünscht sich 10 000 Taler)

    "Könnte ich je über eine solche Summe verfügen, so würde ich Folgendes veranstalten: hier, wo ich nun gerade bin und wo manches gar nicht übel ist, würde ich auf einer schönen Wiese bei der Stadt von Brett und Balken ein rohes Theater nach meinen Plänen herstellen und lediglich bloß mit der Ausstattung an Dekorationen und Maschinen versehen lassen, die zur Aufführung des Siegfried nötig sind. Dann würde ich mir die geeignetsten Sänger, die irgendwie vorhanden wären, auswählen und auf sechs Wochen nach Zürich einladen; den Chor würde ich mir größtenteils hier aus Freiwilligen zu bilden suchen (hier sind herrliche Stimmen und kräftige, gesunde Menschen). So würde ich mir auch das Orchester zusammenladen. Von Neujahr gingen die Ausschreibungen und Einladungen an alle Freunde des musikalischen Dramas durch alle Zeitungen Deutschlands mit der Aufforderung zum Besuch des beabsichtigten dramatischen Musikfestes... Ist alles in gehöriger Ordnung, so lasse ich drei Aufführungen stattfinden: nach der dritten wird das Theater eingerissen und meine Partitur verbrannt..."

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  • 69. Free Hugs


    Im Fernsehen lief eine erschütternde Reportage über NineEleven, und zwar aus der "Froschperspektive". Es handelte sich um private Aufnahmen von vielen Augenzeugen, die das Geschehen auf ihren Handys dokumentierten. Hier bekam man einmal mit, wie der Einsturz der Gebäude auf die Passanten gewirkt hatte. Aber auch unmittelbare Hilfe und Fürsorge war zu sehen. Auf einem Eimer stand ein hochgewachsener Mann mit einem Pappschild "Free Hugs" (kostenlose Umarmungen).

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  • 70. "Wer will alles Eis?" "Ich will alles Eis!"

    Ich sitze im italienischen Eissalon, umgeben von Buch (Falladas kleine Geschichten), Zigarre, Kaffee und Eisbecher. Eine 5köpfige Familie erscheint, Mutter und vier Töchter (wie die Orgelpfeifen), alle mit Rädern oder Skatern. Natürlich ist sofort der Bär los, aber es handelt sich durchweg um charmante Kinder. In kürzester Zeit sind die Kinder alle mit diversen Eisen bestückt. Da erscheint der Vater mit dem Rad. Die Kinder bestürmen ihn und er muss von jedem Eis probieren. Dann fährt er wieder los, nicht ohne mich anzugrinsen. Ich grinse zurück.

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  • 71. Huste, Violetta, huste!


    Im allgemeinen Teil gibt es ein paar Besprechungen der Traviata aus Verona. Ich habe diese Oper öfter gesehen, allerdings nicht in letzter Zeit. Vor vielen Jahren wurde sie in Gelsenkirchen gezeigt, mit einer sehr jungen und sehr guten Hauptdarstellerin. Im dritten Akt (sie stirbt ja an der Schwindsucht) hatte ihr der Regisseur aufgetragen, ihren Zustand durch häufiges Husten anzuzeigen, was sie auch tat. Sie blieb aber nicht die einzige. Mit zunehmender Dauer pflanzte sich der Husten in den Zuschauerreihen fort, was die Musiker sehr irritierte. Schließlich endete es in einem befreienden Gelächter im ganzen Haus. Die Zuschauer stellten den Husten ein, Violetta auch; der ihr zukommende Tod war dann bronchialmäßig in Ordnung.

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  • 72. Lionel Messi wird spät eingewechselt


    Alle behaupten ja, dass Messi zu Paris S.G. gegangen ist. Das stimmt nicht, denn dort spielt ein Doppelgänger von ihm. Der echte Messi singt jetzt bei "Vox Luminis", hier das Lied "Ah, Robin" von William Cornish. Er ist der Kleine mit dem hellen Anorak.



    Der Leiter von Vox Luminis, Lionel Meunier, spielt in seiner Freizeit bei Borussia Dortmund. Er ist doppelt so groß wie Messi, hier singt er nicht.

    Am 7.11. 2021 (17.00) singt Vox Luminis ein Programm mit englischer Musik im Konzerthaus Dortmund. Das Photo in der Vorschau zeigt ein größeres Ensemble, Lionel Meunier ist zu sehen. Ob Messi dabei ist, lässt sich aus dem Photo nicht herauslesen.

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  • 73. Tempolimit


    Mein neuer Aufkleber für das Autoheck zeigt einen roten Verbotskreis mit der Zahl 130 darin; der Text darunter lautet:

    Für Ungeimpfte.

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  • 74. Flugverbot


    Die im Thema "Musiktheater im Revier" zitierte Sängerin der Dido in Purcells Oper ("When I am laid in earth") ist niemand anderes als die Mutter von - Greta Thunberg. Diese hat ihre Mutter dazu gebracht, nicht mehr zu fliegen, was die Karriere der Mutter damit auf Europa beschränkt.

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  • 75. Tunnel über der Spree


    Eine literarische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, der Fontane und Storm angehörten.

    Brücke unter der Ruhr: misslungene Gründung einer Gesellschaft durch Dr. Pingel.

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  • Dieses Thema ist reine Unterhaltung und zur Diskussion nicht geeignet. Da mir dikeses Thema Spaß macht, wird es weitergeführt.

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  • 76. Es gibt kein Gutes, außer man tut es. Das kann aber falsch sein.


    Diese Aufforderung von Erich Kästner kann man gut, aber auch schlecht machen, z.B. beim Spenden. Als zwei meiner Patenkinder studierten, habe ich ihnen regelmäßig eine kleinere Summe spendiert mit dem Verwendungszweck "No books". D.H., es war verboten, dieses Geld für Bücher fürs Studium auszugeben, wohl aber für Genüsse in der Freizeit. Im Berufsleben mit Einkommen habe ich verschiedene Organisationen "bespendet", darunter auch eine bestimmte Organisation, die Kinder betreute. Diese war rührig und schickte auch kleine Präsente ("gimmicks"). Als mir klar wurde, dass ich dieses unbrauchbare Zeug mit bezahle, habe ich nachgesehen, wie diese Organisation das Geld verwaltet. Und siehe da: 30% für Verwaltung. Also Kündigung.

    Wo kann man nachsehen? Es gibt eine Liste, die alle Organisation in Deutschland aufzählt, die Spenden sammeln. Es ist das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI). Dort kann man nachsehen, was die betreffende Organisation mit unseren Spenden macht. Positiv beurteilte Organisationen bekommen das "Spendensiegel".

    Spenden hat allerdings folgenden Nachteil: es gibt eine oder mehrere Organisationen, die Adressen von Spendern sammeln und dann an Spender- Organisationen weiterverkaufen. Man bekommt also jeden Tag ein oder zwei Spendenaufrufe per Post, meist mit Zahlkarte oder Beilagen. Da gibt es solch skurrile wie die Post, die gestern ankam. Es gibt eine Organisation, die die Nachkommen von weiblichen Affen betreut, die bei Tierversuchen ums Leben gekommen sind. Der Direktor sagt dort, dass sie eine Station mit 32 Affen betreiben, dass sie 700.000 Euro Schulden hätten und dass man für einen Affen nur (!) 58 € pro Tag oder 400 € pro Woche brauchte. Das wäre doch was für einen Hartz-IV-Bezieher. Obwohl natürlich ein Affenkostüm und das Training ("wie verhalte ich mich als Affe") erstmal größere Investitionen erfordern.

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  • 77. Herne mit Hindernissen


    Jedes Jahr im November finden in Herne (Ruhrgebiet) die "Tage Alter Musik" in Kooperation mit dem WDR statt, eine Veranstaltung mit großartigen Solisten. Vor 2 Jahren war ich zum 1. Mal dort. Ich hatte mir ein Ticket zuschicken lassen, das einen dazu berechtigt, den ÖPNV im Ruhrgebiet zur Anfahrt kostenlos zu benutzen. Ich fahre nach Duisburg, finde am Bahnhof keinen Parkplatz. Dann doch, aber der Zug ist weg. Also mit dem Auto nach Herne. Aber um Duisburg gibt es nur Staus, sodass ich Herne nicht rechtzeitig erreichen würde. Also ab nach Hause. Und was liegt dort auf dem Schreibtisch? Meine Konzertkarte. Da bin ich doch in Lachen ausgebrochen.

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  • 78. Kleider machen Leute


    In einem sehr gelungenen Film wird über den "Jahrhundertring" 1976 in Bayreuth berichtet, im Zentrum steht die Regie von Patrice Chereau. Damals umstritten, heute ein Klassiker. Eine Reihe von Sängern (Heinz Zednick, Hanna Schwarz und andere) berichten von den Proben und der Aufführung. Trotz vieler Buhs gegen die Regie führten die Sänger Chereau vor den Vorhang. Er stand auf der Bühne in Jeans. Am nächsten Morgen schleppten einige Sänger ihn in die Stadt und kauften ihm einen Anzug. So berichtet Gwyneth Jones (Sängerin der Brünhilde).

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  • 79. Essbare Motorräder?


    Aus der Betriebsanleitung des "aprilia-Motorrades" aus Italien.

    Dieses Fahrzeug wird nicht mit essbaren Teilen hergestellt. Aus keinem Grund Teile beißen, lutschen, kauen oder schlucken!

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  • 80. Neue Dienstfahrzeuge


    Cem Özdemir als neuer Landwirtschaftsminister legte die 1,5km nach der Vereidigung beim Bundespräsidenten zurück zum Parlament nicht in einer Mercedes-Limousine zurück, sondern - nein, nicht auf einem Trecker, sondern auf seinem Fahrrad; damit war sichergestellt, dass er als erster ankommen würde. Der "Postillon" bildet ihn auf einer Kuh reitend ab.

    Auch Anna-Lena Baerbock hat bei mir als Trainspotter Pluspunkte gesammelt. Nach Paris (oder war es Brüssel?) kam sie mit dem TGV. Ich finde, dass das ein bedenkenswertes Detail ist, das die Tagesschau allerdings unterschlagen hat.

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  • 81. Scholz' Stern


    Ein Recherche-Team hat jetzt eine geheime Vereinbarung von Olaf Scholz mit einer amerikanischen Organisation, die Namen von Sternen vergibt oder verkauft, entdeckt. Dieser Stern sollte erst am Montag bei einer Pressekonferenz genannt werden, und das auch nur, wenn Scholz wirklich zum Kanzler gewählt worden wäre.

    Hier vorab der Pressetext: Im Universum gibt es unvorstellbar viele Sterne. Wovon es aber noch mehr gibt, ist Nichts. Zwischen den Sternen ist jede Menge Platz. So viel, dass ein Zusammenstoß zwischen zwei Sternen quasi ausgeschlossen ist. Daher besteht auch keine Gefahr, dass unsere Sonne bei einem Zusammenstoß zerstört wird. Der Stern, der uns bis jetzt am nächsten gekommen ist, heißt WISEJ072003.20-084651.2, jetzt aber Scholz' Stern. Er ist vor 70.000 Jahren an uns vorbeigeflogen. Er ist ein winziger, roter Zwergstern, der kaum ein Zehntel der Größe der Sonne hat. Er befindet sich im Sternbild Einhorn, leuchtet aber so schwach, dass man ihn ohne großes Teleskop nicht sehen kann. Rote Zwerge wie Scholz' Stern neigen zu plötzlichen Helligkeitsausbrüchen. Sie sind so klein, dass die gesamte Materie, aus der sie bestehen, ständig in Bewegung ist.


    Das Recherche-Team hat einen Tag später noch diesen Zusatz nachgeschoben:

    Der erwähnte Stern hat erst im Jahre 2013 die Aufmerksamkeit von Astronomen erregt. Genauer gesagt, die Aufmerksamkeit von Ralf-Dieter Scholz vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam.

    (Quelle: Florian Freistetter, Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen, Hanser, München, 2019, S.214ff)

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  • 82. Die Bratwurst als Tatwurst? Was ist eine Dampflokbratwurst?


    Im Fußball spielt die Stadionbratwurst eine große Rolle. So stand in meiner Lokalzeitung vor einiger Zeit im Spielbericht auch dieser Satz: "In der 72. Minute gingen die Würstchen aus!" Hajo Sommer, Boss von RW Oberhausen sagte folgenden wahren Satz: "Je weiter man in der Spielklasse nach unten geht, desto besser ist die Bratwurst!" Auf die Bratwurst als Tatwurst in einem Tatort warte ich noch. Zu einer Konzertbratwurst oder zu einer philharmonischen Bratwurst, die dann mit der Inszenierung und den Sängern auch in der anschließenden Kritik auftaucht, ist wohl noch ein weiter Weg. Immerhin gab es vor Jahren in den USA ein Kochbuch, das einen anleitete, Fleisch während der Fahrt im Auto im Motor zu grillen.

    Es gibt zwei sehr lesenswerte Eisenbahnbücher. Sten Nadolny "Netzkarte" und Jaroslav Rudis (ein Tscheche, deshalb ein Häkchen auf dem letzten -s-) "Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen". Zitat S. 18: "Ich mochte schon immer den Blick in das heiße Flammenmeer der breiten Feuerbüchse und auch, wie Herr Reim, der Heizer, sich dort seine Bratwürste zu Mittag zubereitete. Er schnitt die dicken, speckigen Würste auf, pickte sie auf einen langen dünnen Metallspieß, grillte sie über den Flammen, und gefühlt nach einer Minute war die kleine Mahlzeit fertig. So richtig gesund war das wahrscheinlich nicht, doch seitdem weiß ich, die besten Bratwürste gibt es auf einer Dampflok"!

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  • 83. Rollende Hafermilch


    In den Bistros der Deutschen Bahn wird ab sofort der Kaffee mit Hafermilch neben der Kondensmilch angeboten. Man munkelt, dass nach dem Rauchverbot die Deutsche Bahn den nächsten Schritt zur Erziehung ihrer Kunden hin zum Veganen einläutet. Das ist die Ersetzung von Bier (und anderen Alkoholika) durch Hafermilch. Angeblich hat die Gewerkschaft der Lokführer dagegen protestiert; mit Hafermilch könne man eine Lok nicht zuverlässig steuern, weshalb auch in Zukunft Bier als Alternative zu Hafermilch auf der Lok erlaubt sein müssten. Über geheime Taschen in den DB-Uniformen für Flachmänner gab die Deutsche Bahn keine Auskunft. Top Secret.

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  • 84. Scrollen


    Rüdiger Maas, ein Cyberpsychologe (jeden Tag neue Berufe!), über Jugendliche und ihr Smartphone.

    "Die Jugendlichen scrollen heute an ihrem Smartphone-Display täglich bis zu 173 Meter; oft mehr als sie gehen mögen!"

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  • 85. Gnade vor Recht


    Das Ruhrgebiet ist ein riesiger Ballungsraum mit 5 Millionen Einwohnern. Eingeweihte wissen aber, dass man sich als "Ruhrie" der eigenen Stadt verpflichtet fühlt, ja sogar dem eigenen Vorort. Seit Jahren ist meine Heimatstadt Mülheim wohl der Tummelplatz von Stadtplanern, die noch in der Ausbildung sind, weil selbst Einheimische nicht genau wissen, wie es gerade läuft. Die Nachbarstadt Oberhausen ist noch schlimmer, aber deren nördliche Vorstadt Sterkrade muss von fähigen Stadtplaner-Unterteufeln (bzw.Stadtplaner*innen-Unterteufel*innen) errichtet worden sein. Bei meinem Zielort war die Straße komplett gesperrt, sodass ich solange rumgekurvt bin, bis ich verwirrt stehen blieb. Da fand ich mich plötzlich in einer Fußgänger-Zone wieder, wo es zum Glück keine Fußgänger gab. Plötzlich kam mir ein VW-Bulli entgegen - in grün. Es war die Polizei. Nun weiß jeder, dass in diesem Fall nicht Pampigkeit angesagt ist, sondern Demut. So durfte ich dann weiterfahren anstatt 50 € zu zahlen.

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