Jacques Offenbach (1819-1880) / Ernest L’Epine (1826-1893):
TRAFALGAR SUR UN VOLCAN
Comédie à ariettes in einem Akt - Libretto von Joseph Méry
Uraufführung am 29. Dezember 1855 in den Bouffes-Parisiens
Erstaufführung der von Jean-Christophe Heck rekonstruierten Fassung am 12. März 2005 im Théâtre Mogador, Paris
DIE PERSONEN DER HANDLUNG
Pierre, genannt Trafalgar (Bariton)
St. Elme, Leutnant zur See (Tenor)
Miss Katrina, Schauspielerin am Königlichen Theater Dublin (Sopran)
Ort und Zeit der Handlung: Dublin 1806
INHALTSANGABE DES EINZIGEN AKTES
Napoleon und seine Truppen sind zwar von den Briten geschlagen worden, allerdings halten zwei französische Marineoffiziere Dublin in ihrer Gewalt: Der junge St. Elme und sein väterlicher Freund Trafalgar behaupten, ein großes Pulverfass zu besitzen, dass sie hochgehen lassen wollen, wenn sich in der Stadt Widerstand gegen sie regt. Die Explosion des Pulvers, so meinen sie, werde den im Untergrund schlummernden Vulkan ausbrechen lassen und alles in Schutt und Asche legen. Die Bürger Dublins glauben den beiden Franzosen, jedenfalls zum überwiegenden Teil…
Nun kommt noch eine dritte Person ins Spiel, nämlich die Schauspielerin Katrina; die ist es leid, Abend für Abend auf der Bühne den Theatertod zu sterben und hat sich in das Haus der beiden Franzosen geflüchtet. Trafalgar hat sich dabei in sie verliebt, will sie heiraten und mit ihr zur See fahren (es sieht nicht so aus, als würde der Gedanke an die Seefahrt Katrina vom Hocker reißen). Das sind allerdings Zukunftsträume, denn zunächst muss sich Katrina, will sie nicht kompromittiert werden, verstecken, weil St. Elme aus der Stadt zurückkommt.
Der hat sich, wie der Zuschauer erfährt, auch verliebt, und zwar in eine bereits verheiratete Nachbarin. Das ist für St. Elme kein Hinderungsgrund; er macht dem Ehemann mit Hinweis auf die explosive Kriegshinterlassenschaft klar, dass er nach altem angelsächsischen Recht seine Frau kaufen kann. Aus St. Elmes Sicht rechtzeitig wird er darauf hingewiesen, dass mit dem Kauf der Frau auch die acht Kinder zu erwerben sind - und das gefällt ihm nicht (bei einem Mehrakter könnte dieser Teil der Geschichte noch genüsslich ausgewalzt werden, so aber müssen die Autoren zum Ende kommen): St. Elme droht mit dem Pulverfass - und Katrina kommt rechtzeitig hinzu, um die Situation zu entschärfen. Sie gesteht, St. Elme schon lange zu lieben, und sie ist bereit, alle Einkünfte aus ihren Theateraufführungen als Mitgift in eine Ehe einzubringen. Damit kann der Franzosen leben, aber Trafalgar muss zurückstecken, denn er sieht ein, dass der Altersunterschied zwischen ihm und Katrina doch zu groß ist…
INFORMATIONEN ZUM WERK
Das hier vorgestellte Stück dürfte kaum einem Operettenfreund bekannt sein, vielleicht noch nicht einmal dem eingefleischtesten Offenbach-Fan. Die Musik stammt von einem Dilettanten namens Ernest l’Epine (1826-1893), dem Sekretär des damaligen Innenministers. Offenbach hatte die Komödie für seine Bouffes-Parisiens angenommen, die Instrumentierung geschaffen und eine Ouvertüre hinzugefügt. Das Autograph galt lange als verschollen und tauchte vor einigen Jahren, allerdings unvollständig, wieder auf. In detektivischer Kleinstarbeit suchte der Herausgeber, Jean-Christophe Keck, die fehlenden Teile, und der Bericht darüber im Vorwort der Edition (im Booklet der CD-Ausgabe in Auszügen wiedergegeben) ist spannender als das Stück selbst. Das Libretto stammt von dem renommierten Joseph Méry, Co-Autor des originalen Don Carlos. Die folgende cpo-Aufnahme diente als Vorlage für diese Inhaltsangabe: