Das Choralthema im Finale von Bruckners Neunten Sinfonie

  • Nikolaus Harnoncourt sagt im Salzburger "Werkstattkonzert" über das Choralthema des vierten Satzes:


    "Das ist ein bekanntes Sakramentslied, das bis vor kurzem noch überall gesungen worden ist."


    Das erhebende Choralthema (seit ein paar Tagen als Ohrwurm Dauergast in meinem Kopf) mit seiner abwärtsstrebenden Melodik und sich dissonant reibenden Harmonisierung ist doch aber kein Vollzitat eines realexistierenden Kirchenchorals?


    An welchen Choral soll das Thema angelehnt sein, welches Kirchenlied meinte Harnoncourt? Tantum ergo?


    Er hat Jehova gesagt!

  • Der "Tantum-ergo" - Choral kann es eigentlich nicht sein. Er klingt so, und wir haben ihn in den beiden Choral-Scholen, in denen ich singe, schon oft aufgeführt, und ich erinnere mich aus meiner Jugend, dass es früher in den Zeiten vor dem Vatikanischen Konzil, als noch viel inden Gottesdiensten lateinisch gesungen wurde, auch als Lied von den Gläubigen gsungen wurde. Es klingt so:


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    Danke für den Link zum gregorianischen Tantum ergo. Dieses wird wohl nicht Bruckners Vorbild für sein sinfonisches Choralthema gewesen sein.

    Ich frage mich, ob Harnoncourt vielleicht den anderen geläufigen Tantum-ergo-Schlager im Sinn hatte. Aber da würden auch nur kleine Fragmente mit dem Bruckner-Thema übereinstimmen


    Er hat Jehova gesagt!

  • Ich habe gerade das Booklet noch einmal durchgelesen und will daraus mal einen Ausschnitt zitieren, der zu dieser Frage passt:

    Zitat von Benjamin-Gunnar Cohrs, 2003


    Im vierten Satz griff Bruckner Liszts Magnificat-Finale wieder auf und setzte das wohl prächtigste Choral-Thema, das er je geschrieben hat. Harnoncourt fühlte sich an ein altes österreichisches Tauflied erinnert, man denkt auch an das Ende des Chorals "Ein feste Burg ist unser Gott", mit dem Mendelssohn seine Reformationssinfonie endigte. (Siehe Booklet Seite 9)

    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Oh, die Stelle im Booklet habe ich offenbar überlesen, vielen Dank für den Hinweis.


    "Ein feste Burg" als Zitat bei Bruckner? Der wird doch wohl nicht auf den letzten Metern noch von seinem Glauben abgefallen sein ;)

    Er hat Jehova gesagt!

  • Dein musikalisches Beispiel, lieber Johannes, ist mir natürlich auch geläufig, und es hat mich daran erinnert, dass wir früher als Gemeinde natürlich nicht die Melodie des gregorianischen Chorals gesungen haben, sondern diese, von dir gepostete.

    Sie ist auch, wie ich glaube, viel zu brav und in einem engen tonalen Rahmen und passt auch nicht zu den kühnen, an die Grenzen des Atonalen führenden Dimensionen, die Bruckner in dieser genialen Neunten und speziell auch in diesem Finale schuf, mit der er, wie weiland Mozart mit seinem Requiem, seiner Zeit weit voraus war.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).