Monteverdi, Claudio "SESTO LIBRO DEI MADRIGALI"

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    >I sesto libro de madrigali a cinque voci<


    1. Lamento d'Arianna, SV 107
      Lasciatemi morire
      O Teseo, Teseo mio
      Dove, dove è la fede
      Ahi, ch'ei non pur risponde
    2. Zefiro torna e'l bel tempo rimena, SV 108
    3. Una Donna fra l'altre honesta e bella vidi, SV 109
      "Concertato nel Clauicimbano" (5vv bc)
    4. A Dio, Florida bella, SV 110
      "Concertato" (5vv bc)
    5. Lagrime d'amante, SV 111
      Incenerite spoglie, avara tomba
      Ditelo, o fiumi e voi ch'udiste
      Darà la notte il sol
      Ma te raccoglie, o ninfa
      O chiome d'or, neve gentil del seno
      Dunque amate reliquie
    6. Ohimè il bel viso, SV 112
    7. Qui rise, O Tirsi, SV 113.
      "Concertato" (5vv hpd)
    8. Misero Alceo, SV 114.
      "Concertato" (5vv bc)
    9. Batto, qui pianse Ergasto, SV 115.
      "Concertato nel Clavicembano" (5vv bc)
    10. Presso un fiume tranquillo, SV 116.
      "Diologo a7 concertato" (7vv bc)

    "Wo Worte enden, beginnt Musik"

    Heinrich Heine


    Das sechste Buch ist vielleicht Monteverdis emotionalstes Buch.


    Monteverdis sechstes Madrigalbuch ist sein dunkelstes und schwierigstes und erfordert konzentrierteres Zuhören als jedes andere. Das vorherrschende Verlustthema hatte der Komponist in den Jahren nach der Veröffentlichung seines fünften Buches im Jahr 1605 reichlich Gelegenheit, einzustudieren – sowohl in seiner ersten Oper "Orfeo" als auch im wirklichen Leben. Verlust ist das Thema der anspruchsvollsten Stücke des sechsten Buches, der polyphonen Version (Madrigalfassung) des "Lamento d'Arianna" und des"Lacrime d'Amante", die wegen ihrer sechs Verse, die jeweils als separates Madrigal vertont sind, auch Sestina genannt werden * . Sogar der unbeschwerte Anfang von "Zefiro torna“ weicht schließlich einer erstaunlich ergreifenden Fortsetzung, während eine Unterbrechung nach der anderen die Spannung steigert und zu einem schaurigen Schluss führt.


    Das Sechste ist ein Übergangsbuch, in dem sich einige der großen Veränderungen, (die Monteverdi dann in seinem Siebten Buch begründen wird) bereits erahnen lassen. Seine literarischen Texte sind voller direkter und miteinander verflochtener Dialoge, in denen die dritte Person durch die erste ersetzt wird und die Beschreibung durch die Darstellung ersetzt wird. Die Instrumente kommen zaghaft zum Vorschein, und der äußerst subtile Fabio Bonizzoni (Professor für Cembalo) verleiht nach neuesten Erkenntnissen den Stücken, die sich zu wahren Miniaturdramen entwickeln, eine gewisse Magie.

    Zitat von Villa Musica

    *......
    Den Tod der Caterina Martinelli hat Monteverdi in seinem schönsten Madrigalzyklus besungen: der sogenannten „Sestina“ mit dem Untertitel „Tränen des Liebenden am Grab der Geliebten“. Der Begriff Sestina bezeichnet eine besonders kunstvolle Form der Dichtung: sechs Gedichte von je sechs Zeilen, deren letzte Worte in allen Gedichten wiederkehren, aber in neuer Reihenfolge. In Monteverdis Sestina wird dieses Schema streng durchgehalten – mit einer zusätzlichen Strophe am Ende. Die sechsmal vertauschten Endwörter der Zeilen bezeichnen den Inhalt der Geschichte und die Spanne des Affekts: „Glaucus“, der Name des Geliebten (Glauco), das „Grab“ seiner Geliebten Corinna (tomba), Himmel und Erde (cielo, terra), die Brust der Geliebten (seno) und das Weinen des Glaucus (pianto). Zwischen diesen Wörtern ist die sechsteilige Trauerrede gewissermaßen eingespannt. Scheinbar gefasst sehen wir zu Beginn den Hirten Glaucus (Monteverdi selbst) an das Grab seiner Corinna (alias Caterina) treten. Doch bald schon und immer wieder bricht der Schmerz aus ihm heraus, bis am Ende die Winde mit ihm unaufhörlich wiederholen: „Ahi Corinna, ahi morte, ahi tomba“ – Ach Corinna! Ach Tod! Ach Grab!


    Trauer und Klage haben in den Madrigalen auch andere Gründe als den Tod. Verlassen zu werden, ist das Schicksal vieler Heldinnen in Monteverdis Madrigalen, vom Lamento d’Arianna bis zum Lamento della Ninfa. Letzteres, das vom Liebesleid einer namenlosen Nymphe erzählt, entstammt Monteverdis achtem und letztem Madrigalbuch.


    Zitat

    Der bekannte Dirigent Rinaldo Alessandrini beschreibt das Sechste Buch als das Buch der Trennungen: schmerzlich endgültig, die durch den Tod verursachten; oder süß leidenschaftlich wie die Leiden zweier Liebender bei Sonnenaufgang nach einer Liebesnacht. Es ist ein Buch, das sich durch eine intensive Ausdruckskraft auszeichnet, die in den beiden Klageliedern gipfelt, deren autobiografischer Charakter bekannt ist. Seine Ausdrucksdichte, sein „Italienischsein“, das nicht immun gegen Theatralik ist, machen es zu einem Ort, an dem die Interpretation ein grundlegendes Element ist, das sogar den zeitgenössischen Hörer schockieren kann.

    Für mich ist die Sestina "Lagrime d'amante al Sepolcro dell'Amanta" das wohl ergreifendste Madrigal im sechsten Buch, aber was sag ich da, das ganze sechste Buch ist für meine Ohren ganz besonders wertvoll.


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Sestina:

    "Lagrime d'amante al sepolcro dell'amata"


    "Tränen eines Liebenden am Grabe der Geliebten" SV 111


    Incenerite spoglie, avara tomba

    Fatta del mio bel Sol, terreno Cielo
    Ahi lasso! I' vegno ad inchinarvi in terra
    Con voi chius'è 'l mio cor a marmi in seno
    E notte e giorno vive in foco, in pianto
    In duolo, in ira, il tormentato Glauco

    [Zu Asche gewordene Geliebte, bitteres Grab, zu der meine schöne Sonne des irdischen Himmels wurde! Ich komme, um auf der Erde niederzuknien. Mit dir ist mein Herz im marmornen Busen eingeschlossen, und der gequälte Glauco wird Tag und Nacht in feurigen Tränen, in Schmerzen, in Zorn verbringen.]

    Ditelo, O fiumi, e voi ch'udiste Glauco
    L'aria ferir dì grida in su la tomba
    Erme campagne - e'l san le Ninfe e 'l Cielo:
    A me fu cibo il duol, bevanda il pianto
    - Letto, O sasso felice, il tuo bel seno -
    Poi ch'il mio ben coprì gelida terra

    [Verkündet es, o Flüsse und öde Felder, die ihr Glauco hörtet, wie er die Luft über dem Grab mit seinen Klagen füllte (und das wissen die Nymphen und der Himmel): Der Schmerz wurde mir zur Speise, die Tränen zum Trank und schließlich dieser glückliche Stein zum Bett, seit die kalte Erde deinen Busen bedeckt.]


    Darà la notte il sol lume alla terra
    Splenderà Cintia il di, prima chе Glauco
    Di baciar, d'honorar lasci quel seno
    Che fu nido d'Amor, chе dura tomba
    Preme; né sol d'alti sospir, di pianto
    Prodighe a lui saran le sfere e 'l Cielo!

    [Die Sonne wird nachts die Erde beleuchten und die Mondgöttin Cynthia (Artemis) am Tag scheinen, bevor Glauco aufhört, diesen Busen zu küssen und zu verehren, der einst der Liebe gehörte, doch nun dem Grab. Die wilden Tiere und der Himmel stimmen ihm nicht nur mit Seufzern, sondern auch mit Tränen bei.]


    Ma te raccoglie, O Ninfa, in grembo 'l Cielo
    Io per te miro vedova la terra
    Deserti i boschi e correr fium'il pianto
    E Driade e Napee del mesto Glauco
    Ridicono i lamenti, e su la tomba
    Cantano i pregi dell'amante seno

    [Doch der Himmel nimmt dich, o Nymphe, in seinen Schoß auf. Deinetwegen sehe ich die Erde verwaist, die Wälder verwüstet und die Flüsse voller Tränenströme. Dryaden und Napaien wiederholen die Klagen des betrübten Glauco und besingen auf dem Grab die Tugenden des geliebten Busens.]

    O chiome d'or, neve gentil del seno
    O gigli della man, ch'invido il cielo
    Ne rapì, quando chiuse in cieca tomba
    Chi vi nasconde? Ohimè! Povera terra
    Il fior d'ogni bellezza, il Sol di Glauco
    Nasconde! Ah! Muse! Qui sgorgate il pianto!

    [O goldene Haare, sanfter Schnee des Busens, o lilienweiße Hände, die der Himmel neidisch raubte. Wer verbarg euch, als ihr im düsteren Grab verschlossen wurdet? O weh, arme Erde, die Blüte aller Schönheit, die Sonne Glaucos ist verborgen? Ach, Musen, lasst hier eure Tränen quellen.]


    Dunque, amate reliquie, un mar di pianto
    Non daran questi lumi al nobil seno
    D'un freddo sasso? Eco! L'afflitto Glauco
    Fa rissonar »Corinna«: il mare e 'l Cielo
    Dicano i venti ogn'or, dica la terra
    »Ahi Corinna! Ahi Morte! Ahi tomba!«

    [Nun, geliebte Überreste, strömt nicht ein Meer von Tränen aus diesen Augen zum edlen Busen eines kalten Grabes? Hört hier, wie der gequälte Glauco in Himmel und Erde den Namen Corinna widerhallen lässt. Zu jeder Stunde sagen der Wind und die Erde: O weh Corinna, o weh Tod, o weh Grab!]


    Cedano al pianto
    I detti! Amato seno
    A te dia pace il Cielo
    Pace a te, Glauco
    Prega, honorato tomba
    E sacra terra

    [Die Worte weichen den Tränen, geliebte Brust; der Himmel gebe dir Frieden, Frieden auch dir, Glauco; bete, ehrenvolles Grab und heilige Erde.]


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Hier noch ein paar Anregungen zu Aufnahmen, (neben den Gesamtaufnahmen) welche die "Sestina" beinhalten.


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    Eine fällt aus dem Rahmen, die Cantus Cölln Aufnahme, Junghänel hat mit den beiden Tenören sich keinen Gefallen getan, hier merkt man deutlich das singen nicht gleich singen ist!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Meine Sammlung der Gesamtaufnahmen!



    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)