SMETANA, Bedrich: DIE VERKAUFTE BRAUT

  • Bedrich SMETANA
    DIE VERKAUFTE BRAUT (Prodaná nevesta)


    Komische Oper, 3 Akte
    Libretto: Karl Sabina
    Uraufführung: 30. Mai 1866 Prag, Ceské Prozatímmí Divadlo (1. Fassung mit Dialog)
    11.Jänner 1871 St. Petersburg (2. Fassung mit Rezitativen)


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    Personen
    Kruschina, ein reicher Bauer (Bariton )
    Ludmilla (Kathinka), seine Frau (Mezzosospran )
    Marie (Marenka), ihre Tochter (Sopran)
    Micha, reicher Grundbesitzer (Bass)
    Agnes (Hata), seine Frau (Alt)
    Wenzel (Vasek), ihr Sogn (Tenor)
    Hans (Jenik), Michas Sohn aus erster Ehe (Tenor)
    Kezal (Kecal), Heiratsvermittler (Bass)
    Springer, Direktor einer wandernden Komödiantentruppe (Tenor/Bariton)
    Esmeralda, Tänzerin (Sopran)
    Muff, Komödiant (Bass)
    Bauern; Bäuerinnen; Mitglieder der Zirkustruppe


    Die Handlung spielt in einem Dorf in Böhmen, um die Mitte des 18. Jh.


    Handlung


    1. Akt
    Auf einem Dorfplatz feiern die Bauern das Kirchweihfest und in einem Chor geben sie ihrer Lebensfreude Ausdruck. Nur Marie, die Tochter des reichen Bauern Kruschina hält sich abseits und ist traurig. Von Hans, den sie liebt, nach dem Grund befragt, erzählt sie, daß die Eltern ihre Heirat beschlossen haben und noch dazu den ihr unbekannten Wenzel, den stotternden Sohn des reichen Grundbesitzer Micha. Sie wollen damit ein Versprechen für geleistete Hilfe einlösen. Hans tröstet sie und wenn sie ihm die Treue hält und ihm vertraut, braucht sie sich keine Sorgen zu machen. Marie versteht nicht, daß Hans dies so leicht nimmt und befürchtet, daß er sie nicht so liebt, wie sie glauben will oder daß bereits eine andere Frau in sein Leben trat. Es bedrückt sie auch, daß sie nicht einmal über die Vergangenheit Hans Becheid weiß. Widerstrebend erzählt ihr Hans nun, daß er das Kind wohlhabender Leute sei, und er in seiner Kindheit auf Betreiben seiner Stiefmutter vom Vater verstoßen worden ist. In einem Duett voll slawischer Schwermut versprechen sie ewiger Treue. Sie trennen sich, als die Eltern Maries näher kommen, in ihrer Begleitung der Heiratsvermittler Kezal, der mit ihnen die Einzelheiten der geplanten Verlobung besprechen will. Ludmilla, die Mutter von Marie, hat noch einige Bedenken und will ihre Tochter entscheiden lassen. Doch Kezal lässt die Sorgen der Mutter nicht gelten, weist auf die Vorzüge des reichen Wenzels hin und schlußendlich soll man ihm nur vertrauen, denn sein weltweit bekannter Verstand habe ihn noch nie in Stich gelassen. Marie kommt hinzu und man will sie überreden, Wenzel zu heiraten, aber sie will sich nicht beugen. Sie erklärt, daß sie Hans liebt, ihm ihr Wort gegeben und nicht daran denke, Wenzel auch nur anzusehen. Auch wisse sie und Hans nichts von einem Vertrag, den ihr Vater ins Spiel bringt, um den Widerstand seiner Tochter zu überwinden. Entschlossen, entweder Hans zu heiraten oder ledig zu bleiben, verlässt sie den Dorfplatz. Kezal sieht nun langsam seine Felle davonschwimmen, aber er wäre nicht Kezal, wenn er sich durch diese kleinen Schwierigkeiten von seinem Vorhaben abschrecken ließe. Er schlägt vor, Kruschina soll sich nochmals mit Wenzels Vater Micha besprechen und er wird sich Hans vornehmen...wäre ja gelacht, bei seinem Verstand......
    Während die Dorfjugend einen Polka tanzt, begibt sich Kezal in das Wirtshaus, wo er hofft, Hans anzutreffen.


    2.Akt
    Im Wirtshaus besingen die Bauern das gute Bier, an der Spitze Hans, der allerdings der Liebe gegenüber dem Bier den Vorzug gibt. Mit einem feurigen Tanz verlässt die ausgelassene Bauernschar das Wirtshaus. Wenzel stürzt tolpatschig in den Gastraum des Wirtshauses und stottert daher, daß seine Mutter ihm gesagt hätte, er würde jetzt bald heiraten. Marie, ebensfalls anwesend, hört die Worte und ahnt, daß dies ihr Bräutigam sein soll. Sie faßt schnell einen Plan und warnt Wenzel vor dieser Hochzeit, denn es sei gewiß, daß die Braut ihn nur zu Tode quälen wird. Allerdings wüßte sie eine Lösung bzw. sie weiß ein für ihn passendes Mädchen. Es dauert lange bis Wenzel begreift, daß sie, Marie, dieses Mädchen sei. Wenzel ist von dieser 'Unbekannten' so entzückt, daß er nur sie und keine andere heiraten will. Daraufhin läßt sie ihm schwören, daß er 'Marie' für alle Zeit und für immer entsagen wird, sonst, wie bereits vorhin angedeutet, würde er die Hölle auf Erden erleben. Wenzel schwört, will sie umarmen, doch Marie lacht und entwischt ihm.
    Inzwischen war Kezal nicht untätig. Er hat Hans gefunden und versucht ihn nun schlau zu umgarnen. Er schildert ihm, daß es noch andere hübsche Mädchen gibt, die bedeutend besser zu ihm passen würden als Marie. Viel reichere, mit viel Mitgift...und er würde sogar, wenn Hans Marie vergißt, sein Einverständnis mit Dukaten belohnen.
    Hans geht darauf ein, doch ist ihm die genannte Summe von 100 Dukaten zu wenig und erst bei 300 Dukaten willigt er unter der Bedingung ein, daß kein anderer als Michas Sohn Marie bekommen soll. Kezal reibt sich die Hände, glaubt er doch ein gewonnenes Spiel zu haben. Sogleich setzt er den Vertrag auf, holt Zeugen herbei, Hans unterschreibt und erhält sein Geld. Die Menge ist entrüstet, daß Hans seine Braut verkaufte.


    3. Akt
    Es bereits später Nachmittag, als auf dem Dorfplatz eine Komödiantengruppe ihr Zelt aufgeschlagen hat. Wenzel irrt herum und sucht seine schöne 'Unbekannte', noch immer vor Angst zitternd, daß seine ihm zugedachte Braut nach seinen Leben trachten wird. Trommelwirbel unterbricht seine schaurigen Gedanken, der Direktor der Wandertruppe kündigt der herbeigeeilten Dorfbevölkerung eine nie gesehene Galavorstellung an. Als Wenzel von der schönen Seiltänzerin Esmeralda gefragt wird, ob auch er die Vorstellung besuchen wird, steht sein Herz in Flammen. Die Komödianten, die durchs Dorf zogen, um Werbung zu machen, kehren zurück und bieten Kostproben ihres Könnens feil, als plötzlich dem Direktor die Nachricht überbracht wird, daß der Partner von Esmeralda betrunken im Wirtshaus liegt
    Verzweifelt sucht der Direktor unter der Dorfbevölkerung einen Ersatz, wenn er nur in das Bärenfell passt, alles andere ergibt sich dann schon. Zufällig fällt ein Blick eines Mitglieds der Komödiantengruppe auf Wenzel und meint, daß ihm das Kostüm wie angegossen passen würde. Daraufhin versuchen der Direktor und Esmaeralda ihn zur Mitwirkung als Tanzbär zu überreden, was bei der Verehrung Wenzels für Esmeralda auch gelingt, zumal ihm der Direktor, wenn er in das Bärenfell schlüpft, Esmeralda verspricht. Die Eltern Wenzel erscheinen, denn die Sache mit Hans scheint nun in Ordnung und Wenzel soll den Heiratsvertrag unterschreiben. Das Entsetzen seiner Eltern war jedoch sehr groß, als er ablehnte und erklärte, daß er eine andere liebt und auf keinen Falle, Marie heiraten wird, die ihm ja nur nach dem Leben trachten wird. Als man ihm nach den Namen dieser "Unbekannten" fragt, läuft Wenzel davon. Marie und ihre Eltern erscheinen und sind sehr aufgebracht, haben sie doch erfahren, daß Hans Marie verkauft haben soll. Kezal bestätigt dies, in dem er ihnen den Vertrag zeigt. Marie kann es nicht glauben, daß Hans sie so betrogen haben soll, bricht in Tränen aus, ist aber trotz allem voerst nicht bereit, den Ehevertrag mit Wenzel zu unterschreiben. Als Wenzel wieder erscheint und seine unbekannte Liebe entdeckt, und sie als seine Braut erklärt, sieht sich Marie in ihrem eigenen Netz gefangen. Als dann noch ihre Eltern und Kezal auf sie einreden, erbittet sie Bedenkzeit, bevor sie unterschreibt. Alleine gelassen träumt sie ihrer verlorenen Liebe nach, die auf so schändliche Weise verraten worden ist.
    Hans erscheint, gut aufgelegt und fröhlich, und fragt Marie, wie sie sich entschieden hat. Marie weist ihn zurück, beschuldigt ihm als Betrüger und als falschen Kerl, und will nicht zuhören, was Hans ihr eigentlich erzählen wollte. Kezal kommt hinzu, der ihre Wut noch steigert, als er nochmals erklärt, daß nur ein Sohn Micha's Marie heiraten darf. Hans stimmt dem zu und nennt es vernünftig. Marie ist fassungslos und ist nun bereit, den Vertrag zu unterschreiben und ruft ihre Eltern und andere Leute als Zeugen herbei. Auch Micha und seine Frau kommen und sind erstaunt, Hans, ihren verstoßenen Sohn, hier anzutreffen. Kezal ist verwirrt, als Micha bestätigt, daß Hans sein Sohn ist. Hans weist auf den Inhalt des Vertrages hin und nun soll Marie entscheiden, welchen der beiden Söhne Michas sie nun heiraten will. Marie, die jetzt den Plan ihres Geliebten durchschaut hat, eilt zu ihm und wirft sich jubelnd in seine Arme. Kezal allerdings kann seine Wut kaum in Zaum halten, nicht nur das man ihn zum Narren gemacht habe, ist sein guter Ruf dahin und unter Gelächter der anwesenden Menge macht er sich aus dem Staub. Das Gelächter verstummt nicht, denn Wenzel, als Bär verkleidet, erscheint und gibt sich recht tolpatschig. Nun sieht auch die Stiefmutter von Hans ein, daß ihr Spiel verloren ist und verschwindet mit Wenzel. Hans und Marie bekommen den Segen von Micha und dürfen heiraten.


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    Entstehung
    Als Smetana 1861 nach 5-jähriger Abwesenheit (er war in Göteborg) wieder nach Prag zurückkehrte, geriet er in einen heftigen Disput mit den Politiker Frantisek Rieger, der, wie viele seiner Zeitgenossen meinte, daß eine tschechische Nationaloper nur aus dem Volkslied entstehen konnte. Smetana war nach Studium von Werken Liszts und Wagners völlig anderer Ansicht und machte sich damit Rieger, der später Intendant des Theaters wurde, für immer zum Feind, als er ihn mit den lapidaren Worten "Das verstehen Sie nicht" abspeiste. Damit war Semtana als 'Wagnerianer' abgestempelt und hatte es daher schwer, Fuß zu fassen. Am 5.Juli 1863 erstand Smetana von Karl Sabina einen Text, der noch keinen Namen hatte und eigentlich für eine Operette oder Singspiel geeignet war. Smetana machte sich daran, daraus eine komische Oper zu komponieren, einerseits um zu beweisen, daß er kein 'Wagnerianer' sei und andererseits, daß er sich auch in diesem Genre behaupten kann. Am 30.Mai 1866 erfolgte die Uraufführung in Prag und der Erfolg war sehr gering. Smetana begründete das geringe Zuschauerinteresse mit der Angst vor dem Krieg (der Krieg gegen Preußen hatte schon begonnen) und man mag es kaum glauben, weil die tschechischen Vereine an diesen Tag gerade Ausflüge in die Umgebung machten.....aber auch die zweite Aufführung war nicht besser besucht, sodaß der Aufführungsvertrag im gegenseitigen Einverständnis gelöst wurde. Erst die dritte Aufführung am 27.Oktober 1866 wurde zu einem triumphalen Ereignis, vielleicht auch, weil der Kaiser anwesend war. Für eine Neuaufnahme der Oper, die für eine nichtzustandegekommene Produktion der Opéra comique in Paris gedacht war, fügte Smetana den 'Bier'-Chor am Beginn des zweiten Aktes, den Springtanz der Komödianten und eine Arie für Marie hinzu. Ein dirtte Version entstand im gleichen Jahr, als Smetana dann noch die Oper um den Polka und Furiant bereicherte. Die letzte und vierte Fassung entstand dann für eine Aufführung in Petersburg (11.Jänner 1871). War die Oper zunächst ein zweiaktiges Singspiel mit gesprochenen Dialogen, so arbeitete Smetana sie in drei Akten um und verband die Musiknummern mit Rezitativen. Den Druchbruch schaffte die Oper allerdings erst am 1.Juni 1892 in einer Aufführung des tschechischen Landes- und Nationaltheaters Prag im Rahmen der Theater- und Musikausstellung in Wien. Auf Grund dieses Erfolges kam es zu einer Neueinstudierung in der Übersetzung von Max Kalbeck am 2.4.1893 im Theater an der Wien zu einem weiteren sensationellen Erfolg, der am 4.Oktober 1896 am Haus am Ring wiederholt wurde.



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    Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende (Igor Strawinsky)

  • Entstehung
    Als Smetana 1861 nach 5-jähriger Abwesenheit (er war in Göteborg) wieder nach Prag zurückkehrte, geriet er in einen heftigen Disput mit den Politiker Frantisek Rieger, der, wie viele seiner Zeitgenossen meinte, daß eine tschechische Nationaloper nur aus dem Volkslied entstehen konnte. Smetana war nach Studium von Werken Liszts und Wagners völlig anderer Ansicht und machte sich damit Rieger, der später Intendant des Theaters wurde, für immer zum Feind, als er ihn mit den lapidaren Worten "Das verstehen Sie nicht" abspeiste. Damit war Semtana als 'Wagnerianer' abgestempelt und hatte es daher schwer, Fuß zu fassen. Am 5.Juli 1863 erstand Smetana von Karl Sabina einen Text, der noch keinen Namen hatte und eigentlich für eine Operette oder Singspiel geeignet war. Smetana machte sich daran, daraus eine komische Oper zu komponieren, einerseits um zu beweisen, daß er kein 'Wagnerianer' sei und andererseits, daß er sich auch in diesem Genre behaupten kann. Am 30.Mai 1866 erfolgte die Uraufführung in Prag und der Erfolg war sehr gering. Smetana begründete das geringe Zuschauerinteresse mit der Angst vor dem Krieg (der Krieg gegen Preußen hatte schon begonnen) und man mag es kaum glauben, weil die tschechischen Vereine an diesen Tag gerade Ausflüge in die Umgebung machten.....aber auch die zweite Aufführung war nicht besser besucht, sodaß der Aufführungsvertrag im gegenseitigen Einverständnis gelöst wurde. Erst die dritte Aufführung am 27.Oktober 1866 wurde zu einem triumphalen Ereignis, vielleicht auch, weil der Kaiser anwesend war. Für eine Neuaufnahme der Oper, die für eine nichtzustandegekommene Produktion der Opéra comique in Paris gedacht war, fügte Smetana den 'Bier'-Chor am Beginn des zweiten Aktes, den Springtanz der Komödianten und eine Arie für Marie hinzu. Ein dirtte Version entstand im gleichen Jahr, als Smetana dann noch die Oper um den Polka und Furiant bereicherte. Die letzte und vierte Fassung entstand dann für eine Aufführung in Petersburg (11.Jänner 1871). War die Oper zunächst ein zweiaktiges Singspiel mit gesprochenen Dialogen, so arbeitete Smetana sie in drei Akten um und verband die Musiknummern mit Rezitativen. Den Druchbruch schaffte die Oper allerdings erst am 1.Juni 1892 in einer Aufführung des tschechischen Landes- und Nationaltheaters Prag im Rahmen der Theater- und Musikausstellung in Wien. Auf Grund dieses Erfolges kam es zu einer Neueinstudierung in der Übersetzung von Max Kalbeck am 2.4.1893 im Theater an der Wien zu einem weiteren sensationellen Erfolg, der am 4.Oktober 1896 am Haus am Ring wiederholt wurde.


    Bemerkungen
    Smetana hat mit dieser Oper ein Werk geschaffen, das neben einem witzigen Textbuch, das sich nicht mit Problemen beschäftigt, auch mit viel Temperament, Gemüt, zündende böhmische Melodien und Tänze aufwarten kann. Die Musik ist fern von jeglichen Pathos und sprudelt einfallsreich und farbenprächtig und zeigt von den profunden Können Smetanas. Er hat nicht nur die ländliche Stimmung und den Dorfcharakter musikalisch gut umgesetzt, sondern verstand es auch, Witz und Humor den richtigen Tonfall zu geben. Manche Musiknummern, wie die Ouvertüre oder die Tänze, werden heute auch im symphonischen Rahmen aufgeführt. Es ist keine problembehaftete Oper, die zum Nachdenken, zu Interpretationsversuchen, zu psychologischen Gedankenspielen verführt, nein, sie ist eine heitere Volksoper im wahrsten Sinne, fast vorbildlich und fast unnachahmlich, bei der man sich zurücklehnt und sie genießt.


    Beitrag von Verletto!

  • Lieber Verletto,


    lange habe ich überlegt, ob ich zu der großartigen und sehr ausführlichen Darstellung der "Prodana" noch ein paar Bitten äußern sollte :). Aber ich glaube, es ist nicht verkehrt, wenigstens den Gedanken zu erwähnen. Ob es dann umgesetzt werden sollte, ist eine andere Sache.



    als er ihn mit den lapidaren Worten "Das verstehen Sie nicht" abspeiste. Damit war Semtana als 'Wagnerianer' abgestempelt und hatte es daher schwer, Fuß zu fassen

    Eine Kleinigkeit: Buchstabendreher bei dem Namen des Meisters. Sie stützen sich wahrscheinlich auf einen Brief von Josef Srb-Debrnov aus den frühen 60-er Jahren. Dort steht allerdings, dass Smetanas verhängnisvoller Äußerung ein heftiger Streit vorausgegangen war. Von einem Abspeisen kann demnach wohl schwerlich die Rede sein. Sollte Rieger gewusst haben, dass Smetana an den "Brandenburgern" gearbeitet hat, dürfte die Bemerkung, dass es nicht schwer wäre, eine historische Oper zu komponieren, eine Taktlosigkeit erster Güte gewesen sein. Dass Smetana bereits damit zum Wagnerianer abgestempelt war, höre ich zum ersten Mal. Und es wundert mich ein wenig, da Frantisek Pivoda sich noch drei Jahre später massiv für Smetana eingesetzt hatte. Soviel ich weiß, gingen die Kämpfe gegen den Germanisator erst mit dem Dalibor los, während es vorher lediglich hin und wieder einen kleineren Krach bezüglich Smetanas Reform des Prager Konzertlebens gab. Aber vielleicht übersehe ich da etwas.



    Smetana begründete das geringe Zuschauerinteresse mit der Angst vor dem Krieg (der Krieg gegen Preußen hatte schon begonnen) und man mag es kaum glauben, weil die tschechischen Vereine an diesen Tag gerade Ausflüge in die Umgebung machten.

    Das ist die eigentliche Stelle, weswegen ich schreibe. Ich glaube, dass wir mit unserer freien Formulierung nicht den Meister selbst in ein falsches Licht stellen dürfen (was sicherlich auch nicht beabsichtigt war). Vermutlich bezieht sich diese Stelle auf einen Tagebucheintrag Smetanas, in dem wörtlich steht: "Der Zufall wollte es doch, dass das Publikum bei der Uraufführung ... ausblieb, einerseits deshalb, weil schon überall Angst herrschte (der Krieg gegen Preußen hatte bereits begonnen), und andererseits auch, weil die tschechischen Vereine gerade Ausflüge in die Umgebung veranstalteten." Aus Ihrem Text geht hervor, dass Smetana ausschließlich den Krieg als Grund anführte, während "wir" es sicher nicht glauben können, und es besser wissen. Dabei stammt die zweite Information ebenfalls von Smetana selbst. Es ist vielleicht für einige Leser eine Marginalie; aber ich glaube, wir sollten deutlicher eigene Interpretation und Zitat trennen. Tatsächlich war der Aufführungstermin der "Prodana" und der Zeitraum der wohl denkbar ungünstigste, andererseits verstand wohl die Hälfte des anwesenden Publikums die Komik der Oper tatsächlich nicht (Bericht von Josef Srb-Debrnov). Cesar Cui ätzte ja später sogar, es sei das Werk eines begabten Vierzehnjährigen (obgleich er selbst sich hätte glücklich schätzen können, wenigstens über die Hälfte dieses "Pubertätstalents" verfügen zu können).


    Ein Buchstabendreher sehe ich noch bei der "dritten Version" ... ansonsten halte ich den Text für wirklich hervorragend!


    Gruß Heiko

    Heiko Schröder
    Ahrensburg


    "Wer sich im Ton vergreift, sucht nur in den glücklichsten Fällen nach neuen Harmonien."

  • Hallo Heiko


    Entschuldige, daß ich erst heute antworte, aber ich bin letzter Zeit nur noch selten im Forum.
    Vorerst möchte ich feststellen, daß der Text im Abschnitt "Entstehung" nie auf eigenen Interpretationen basieren können, da ich ja es schwerlich selbst erlebt haben konnte. Sie sind allesamt Zitate, die ich mir in "meinem" Opernführer notiert habe, vielleicht nicht wortgetreu, aber , so glaube ich, inhaltlich korrekt. Vielleicht hätte ich die Quellenhinweise hinzufügen sollen, dachte mir aber, dann wird das ganze unübersichtlich (besonders für einen "Opernanfänger"), muß aber auch zugeben, ich weiß sie alle auch nicht mehr.
    Nun im einzelnen, soweit ich mich erinnern kann ....zum "Wagnerianer"...ich las es im Opernführer "Handbuch der Oper" (Dtv 34132). Zwar bezog sich die Aussage auf die "Brandenburger", was aber irrelevant ist, da der Ausdruck nach Meinung der Autoren gefallen ist, Ob nun "Wagnerianer" oder "Germanisator".... diesen Ausdruck hatte er sich ja selbst zuzuschreiben, nachdem er sich in einem Artikel in einer Musikzeitschrift kritisch über das heimische Musikleben, dieses mit dem westeuropäischen Musikhochburgen verglich, geäußert hat. Wie "wir" wissen hatte ja Smetana zusammen mit F.Heller eine Musikschule gegründet, mit der er das ganze tschechische Musikleben reorganisieren und das Niveau dem westeuropäischen anpassen wollte. Ein Grund, als "Wagnerianer" bezeichnet zu weden, mag auch dartan gelegen sein, daß er wie Wagner versucht hat, die Inszenierung seiner Oper als eine abgeschlossene Einheit zu betrachen, in der eine aufwendige Regie inklusive der Dekoration eine gewisse Rolle zukam. Übrigens findet sich der Ausdruck "Wagnerianer" auch im Programmheft einer Aufführung dieser Oper am Landestheater Innsbruck im Jahre 2011. Der Autor des Handbuches hat wohl Wagner und Germanien gleichgesetzt.
    Bezüglich der Äußerung über die vorerst geringe Resonanz der Uraufführung...da hast du recht...ich hätte "unter anderem" hinzufügen sollen, aber da Smetana selbst die Ursache begründet hatte.........
    In keinem Falle wollte ich Smetana im falschen Licht darstellen. Ich liebe seine Kompositionen, was ja auch die Bemerkungen zu dieser Oper beweist, allerdings bin kein Spezialist über seine gesamten Werke.


    Gruß Gerd (alias Verletto)


    PS. Rechtschreibfehler und Buchstabendreher schenke ich dir. :)

    Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende (Igor Strawinsky)