Jean Rondeau - bewegt und rockt am Cembalo


  • Eine neue Generation von Cembalisten vertritt Jean Rondeau (*1991), der auf der Pionierarbeit seiner Vorgänger aufbauen kann.


    Man lasse sich von seinem Aussehen nicht irritieren. Dieser Interpret hat auf dem Cembalo etwas zu sagen. Es ist das Instrument seiner ersten Wahl, denn er hatte mit 7 Jahren begonnen auf dem Cembalo zu spielen. Wenn man als Kind dieses Instrument auswählt, muss man von dessen Klang bezaubert gewesen sein.


    Als Jean Rondeau mit 17 Jahren ein Klavierstudium am Pariser Konservatorium begann, hatte er bereits über zehn Jahre Cembalo-Unterricht bei Blandine Verlet (1942–2018) erhalten. Er studierte außerdem Generalbass bei Frédéric Michel und Pierre Trocellier, Orgel bei Jean Galard und ließ sich von Sylvain Halevy und Benjamin Moussay in Jazz und Improvisation sowie von Didier Louis im Chordirigieren unterrichten. Weitere Lehrer waren Olivier Baumont, Blandine Rannou und Kenneth Weiss sowie Carole Cerasi und James Johnstone an der Guildhall School of Music and Drama in London. Zusätzlich studierte er Komposition am Conservatoire à rayonnement régional de Paris (CRR) sowie Musikwissenschaft an der Université Paris-Sorbonne. Er schloss sein Klavierstudium am Pariser Konservatorium mit Auszeichnung ab.


    Rondeau tritt regelmäßig in Europa und den Vereinigten Staaten auf. Seine Engagements als Orchester-, Kammermusiker oder Solist führten ihn in zahlreiche Konzertsäle Europas und Nordamerikas. Rondeau arbeitete wiederholt mit dem Barockorchester „Les Ambassadeurs“ zusammen und ist Gründungsmitglied des Barockquartetts „Nevermind“, mit dem er 2015 Werke unbekannter französischer Meister der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einspielte. Rondeau ist Mitbegründer des Jazz-Projektes „Note Forget“, welches ihm als Plattform für seine Jazzkompositionen dient.


    Nach erfolgreichen Debüt-Konzerten in Deutschland, beim Klavier-Festival Ruhr oder den Musikfestspielen erhielt er zahlreiche Einladungen von namhaften Institutionen, so vom Rheingau Musikfestival, dem Musikfest Bremen, der Philharmonie Essen, der Klassik Lounge des Kulturradio RBB oder der Thüringer Bachwochen.


    Rondeau komponierte den Soundtrack für Christian Schwochows Film Paula.


    Preise

    Mit 21 Jahren war Jean Rondeau 2012 einer der jüngsten Gewinner des Cembalo-Wettbewerbs beim MA Festival Brügge in Brügge sowie des European Union Baroque Orchestra Development Trust Awards, der an junge Künstler in der Europäischen Union vergeben wird. Im Frühjahr desselben Jahres gewann Rondeau den Zweiten Preis des Cembalo-Wettbewerbs des Prague Spring International Music Festivals. Das Projekt „Note Forget“ wurde 2012 mit dem Preis „Trophées du Sunside“ ausgezeichnet. 2013 erhielt er einen Francophone Public Radio Young Soloist Prize. Im März 2015 wurde er für das Album Bach Imagine mit dem Victoires de la Musique in der Kategorie „Revelation of the Year“ ausgezeichnet. Ebenfalls für dieses Album erhielt Rondeau im Rahmen des Bremer Musikfestes 2016 den Förderpreis des Deutschlandfunks.



    als Solist mit französischem Repertoire




    als Solist mit einer Ikone der Cembalo Literatur: Johann Sebastian Bach Aria mit 30 Veränderungen "Goldberg-Variationen"


    Meine persönliche Empfehlung: Achtung 107 Minuten-Musik mit allen Wiederholungen :!:



    Hier sind es 94 Minuten. In diesem You Tube film spielt er auf einem Cembalo von Jonte Knif & Arno Pelto, 2004.




    als Solist mit Orchester


    Ein Kommentator lässt sich zu einer Bemerkung zur Musik von Johann Sebastian Bach hinreissen: The harpsichord must have been like the electric guitar of its time. So raw, reminds me of heavy metal.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Mich wundert, daß es in dieser Abteilung so ruhig ist ... Cembalo-Affine kommen doch um Jean Rondeau gar nicht (mehr) herum?


    Mit den Variationes de Mont d'or habe ich ihn am 28. Januar 2018 in Bad Krozingen live erlebt: gespielt hat er auf einem zur Sammlung Neumayer-Junghanns-Tracey gehörigen - und, wie Bachseits vorgesehen: zweimanualigen - Instrument, einer Nachmodellierung eines Cembalos des Hamburgers Christian Zell (1728) von John Koster, Boston, 1980 (ein „Zell-Clon“). Ich meine, daß nicht alle Ungereimtheiten des Vortrags dem Cembalisten zuzurechnen waren: ein paar Mal hat die Mechanik gehakt ... was mich bei einem Nachbau doch eher wunderlich stimmt.


    Der angenehme Vortrag dauerte rund 70 Minuten, Zugaben gab es keine, der Grund war einleuchtend: Rondeau stand noch Sekunden vor mir im Schloßpark; beide Exekutiven bewaffnet mit Rotwein und Fluppe ...


    8-)


    Das Cembalokonzert f-moll, mal Johann Christian, mal Wilhelm Friedemann Bach zugeschrieben (beides m. E. fälschlicher Weise) gehörte lange zu meinen täglichen Abendritualen:





    Cembalo Jonte Knif & Arno Pelto, 2006, nach germanischen Vorbildern



    Für mich klingt das recht eindeutig nach Carl Philipp Emanuel.


    Faszinierend ist auch immer wieder Padre Solers Fandango:



    Rondeau ist inzwischen Bestandteil seines Instrumentes.






    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)