Wolfgang Amadeus Mozart - La clemenza di Tito, Hamburger Staatsoper, 07.05.2024

  • Mein zehnter Besuch in der Staatsoper in diesem Jahr war der schlechteste. Nicht musikalisch, aber als Gesamtpaket komme ich zu einem unschönen Urteil: Es war irgendwie ein wenig belanglos und im 2. Akt sogar gelegentlich langweilig...


    Gesangspartien

    Insgesamt ein Cast auf hohem Niveau. Am besten hat mir Bernard Richters Tito gefallen. Laut, klar, zuweilen strahlend und immer die titelgebende Milde in der Stimme. Dabei gelingt es ihm nicht allzu 'verweichlicht' zu klingen und damit wirklich eine optimale Mischung zu kreieren. Etwas weniger präsent fand ich dieses Mal den Haus-Star Katharina Konradi als Servilia. Hohes Niveau gleichwohl. Leider rauscht meine Liebglinsarie in der gesamten Oper, "Ah perdona al primo affetto", ein bisschen belanglos und ohne Szenenapplaus vorbei. Schade um diese herrliche Musik und Szene, von der es u.a. auf yt zahlreiche ergreifende Beispiele gibt. Michele Losier bekam als Sesto den meisten Applaus des Abends, was absolut in Ordnung geht.

    Zum lauwarmen Gefühl dieses Abends trägt auch bei, dass der Chor nicht so überzeugend performt hat wie üblich. Leicht unsauber, statisch agierend, nicht immer dynamisch und insgesamt einfach eher blass.


    Orchester

    Interessant fand ich es Adam Fischer dabei zu beobachten, wie er völlig ohne Partitur das heute natürlich eher kleine Orchester leitet. Diese Größe am Pult (er hatte gar kein Pult) zu erleben, war eines der wenigen Highlights des Abends. Das Philharmonische Staatsorchester in Mozart-Besetzung hat sichtlich Spaß und Fischer führt sie zu einer frischen, zügigen und sehr ansprechenden Leistung. Leider gibt es hin und wieder leichte Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Graben und Bühne (und das wo der Graben ob des kleineren Orchesters schon einen halben Meter erhöht komplett vor die Bühne passt. Die Rezitative wurden mit einem (sehr leisen) Fortepiano begleitet.


    Inszenierung

    Die Regie ist der Hauptgrund für die belanglose Aufführung. Es ist fast eine Regieverweigerung, denn die Szene möchte im Grunde gar nichts aussagen. Weder bebildert sie die Handlung historisch - Kaiser und Co tragen Business-Outfits (Warum?) - noch transportiert sie das Geschehen irgendwie hermeneutisch auf eine andere, modernere Deutungsebene. Das Abwägen von Gewalt und Milde bei Herrschenden hätte uns doch heute eigentlich sehr viel zu sagen. Entgegen des ersten Anscheins ist diese beinahe schon anachronistische späte Opera seria durchaus modern.

    Das Bühnenbild ist meist karg, besteht nur aus Palastmauern, Stühlen und später dem abgebrannten Palast (das hatten wir doch neulich erst in "Il trovatore"...). Im 2. Akt dominiert ein Loch in den Trümmern, welches Sestos Grab darstellen soll. Wenn in diesen Szenen beinahe unerträglich lang Sestos Reue und anschließend Titos Milde besungen wird, wird das karge und deutungsarme Bühnenbild marginal. Da auch Mozart - IMO - im 2. Akt nicht an allen Stellen seine beste Musik geschrieben hat kommen dann Längen auf - und das obwohl die Oper musikalisch unnötigerweise auch noch kleinere Striche erfährt.

    Die Personenregie ist recht statisch und bringt keine weiteren Erkenntnisse. Es beginnt mit einer schönen Tanzszene zur Ouvertüre, das war dann aber auch schon die größte Dynamik des Abends auf der Bühne. Einmal soll z.B. Vitellia sich einen riesigen beim Brand heruntergefallenen Vorhang über die Schultern legen und mit nach vorne schleifen. Das Ding ist aber viel zu groß und sperrig und verhakt sich in den chaotisch herumstehenden Stühlen - ich konnte kaum hinschauen.


    Fazit

    Insgesamt eine Enttäuschung. Ich kann diese Produktion eigentlich nicht empfehlen und sie steht definitiv nicht auf der 'Ein-zweites-Mal-Hingehen-Liste'.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)