HAYDN, Johann Michael: ANDROMEDA E PERSEO

  • Johann Michael HAYDN
    ANDROMEDA E PERSEO

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    Opera seria [dramma per musica] in zwei Akten


    Libretto von Giambattista Varesco


    Uraufführung am 14. März 1787 in Salzburg, Hoftheater
    anlässlich des 15. Jahrestages der Amtsübernahme
    von Fürsterzbischof Hieronymus Graf von Colloredo


    Die Handlung spielt im mythischen Äthiopien
    Zeit: mythische Sagenzeit



    Die Personen


    Andromeda, Tochter des Kepheus [Sopran]
    Kepheus [Cefeo], König von Äthioipien [Bass]
    Phineus [Fineo], dessen Bruder und verlobter der Andromeda [Tenor]
    Perseus [Perseo], König von Argos [Sopran]


    Äthiopisches Volk [Chor]




    Vorgeschichte:


    Kassiopeia hatte vor den Töchtern des Nereus geprahlt, ihre Töchter seien schöner als die seinen. Darüber waren die Nereiden extrem zornig geworden und machten einen Termin bei Ihrem Freund, dem Meeresgott [Neptun], der sich sogleich anbot, alles, was in seiner Macht stünde zu tun, um Aithiopien zu strafen: So sorgte er für regelmäßige Überschwemmungen und bastelte an einem alles verschlingenden Meeresungeheuer, welches er nach Fertigstellung an der Küste Aithiopiens aussetzte und welches den Bewohnern der Küstenlandschaft Furcht und Schrecken lehrte. Der Gipfel des Miesheit ist, dass eine Erlösung von dem Schreckenstier und sonstigem Unheil nur durch die Opferung der Königstochter Andromeda gefunden werden kann. Mithin wurde die Tochter Kassiopeias und Kepheus an einen Felsen gekettet, auf daß die unglaubliche Schönheit dem bestialischen Ungeheuer wohl bekommen möge. Perseus, üblicher Weise der Kunst des Fliegens mächtig, segelt in der Oper [wohl aus rein praktischen Gründen der Unfallverhütung auf der Opernbühne] rein zufällig mit einem Schiff unter der Flagge des Pegasus vorbei und kommt durch den Anblick der wehenden goldenen Haare und der diamant glitzernden Tränen der an den Felsen geketteten Andromeda vom Kurs ab. Hier beginnt die Oper:



    Erster Akt


    Ein Unwetter, begleitet von Donner und Sturm tobt an der Küste, Andromeda beklagt ihr übles Los in einer Szene, die Mozarts Idomeneo um nichts nachsteht: Son queste, Amor, le dolci tue ritorte, onde stringi real, casta donzella? [Das also sind Deine süßen Bande, oh Liebe – in welche Du eine königliche, tugendhafte Jungfrau fängst?]. Noch selbstsicher verflucht sie die Nereiden, verdammt Neptun – der sich angesprochen fühlt und sogleich sein Meeresmonster schickt, dass sich nun mit aufgerissenem gierigen Maul der königlichen Schönheit nähert. Während Andromeda in fürchterlichem Geschrei die Götter um letzte Hilfe bittet, stürmen Ihr Vater Kepheus [Cefeo] und dessen Bruder Phineus [Fineo] herbei und kommentieren das grässliche Schauspiel. Andromeda übrigens war Phineus zur Gemahlin versprochen: Das wäre heute verboten, aber die Diskussion darüber ist müßig, das gefräßige Tier nähert sich unaufhaltsam dem blaublütigen Happen. Nun stimmt auch das Volk der Aithiopier in das Geschrei mit ein – der König ist derweil schon in Ohnmacht gefallen.


    Jetzt wird die Pause-Taste gedrückt: Das Monster bekommt eine Maulsperre und verharrt, bis Perseus seinen glorreichen Auftritt hatte. Dieser nämlich kommt fröhlich flötend aus seiner Nußschale und trifft auf Phineus und König Kepheus, der gerade wieder zu sich kommt. Als ob er nicht längst wüsste, was los wäre, erkundigt er sich nach dem aktuellen Tagesgeschehen. Während er sich die Haare trocken föhnt, erfährt er von den üblen Machenschaften der Nereiden in Kooperation mit Neptun. Als die Sprache auf Andromeda als künftiger Hauptgang des Meeresungetümes kommt, schmeißt Perseus wie vom Blitz getroffen sein Beauty-Case in die nächste Hecke…Kein Problem: Er wird die Schöne erretten und als Preis dafür – wird er sie zur Gemahlin nehmen. Dem Monster wird ein kurzer Prozess gemacht - natürlich unter tosendem Geschrei aller Anwesenden.


    Andromeda ist gerettet! Das dankt das Volk mit einem Jubelchor: Viva la geria figlia, viva il campion invitto! – Ja, Perseus ist wirklich der Champion. Nicht so ganz begeistert jedenfalls ist Phineus – der fühlt sich arg hinters Licht geführt: Erst sollte seine Braut im Pansen des Meeresungeheuers enden, nun bekommt sie ein anderer? Er macht sich erst einmal aus dem Staub. Der Vater schließt derweil seine wiedererhaltene Tochter liebevoll in die Arme. Die Kuschelei geht Perseus tierisch auf den Sender und er appelliert an Andromedas Vernunft: Sie soll sich endlich zusammenreißen und ihn, ihren werten Lebensretter einmal genauer anschauen: Schließlich liebt er sie ohne Ende… Ups, das hätte sie fast vergessen! Tu Perseo? Oh dio! Äh, was soll sie denn jetzt dazu sagen? Wo ist eigentlich ihr Bräutigam? „Der ist schon mit dem Hochzeits-Büffet beschäftigt“, meint der König, er warte schon im Palast. Während sie Richtung Palast schreiten, fragt Perseus sicherheitshalber nochmals nach, ob das wohl auch klappt mit dem vereinbarten Deal? Außer einem Si, Perseo, t’intendo. wird er vom König nichts erfahren und muß mit einer Prise Ungewissheit folgen…


    Szenenwechsel: Phineus läuft leicht aufbrausend umher und fragt sich, ob das nun wirklich alles sein kann? Er besingt schmerzlich den offenbaren Verlust der Geliebten und lässt sogleich einen Hoffnungsfunken hindurch: S’é mio, voi lo sapete, e il Dio d’amor los a! [Wenn du zu mir gehörst, Geliebte, dann wirst du es wissen; Und Amor, der Gott der Liebe, weiß es gewiss!]


    In den königlichen Gemächern lässt Andromeda das Erlebte nochmals Revue passieren: Ach, dieses grässliche Monster! Und nun auch noch Perseus – mit dieser Situation kommt sie gar nicht klar … sie ist von Selbstzweifeln geplagt und ihr Herz scheint zu zerreißen: die berühmte Andromeda-Szene eben. Und wenn man vom Teufel spricht – schon ist er da! Andromeda bestärkt nochmals, dass sie von ihrem Vater bereits Phineus versprochen wurde – und der Vater würde bestimmt nicht sein Wort brechen. Perseus beteuert Andromeda seine Gefühle zu ihr, sie fühlt sich geschmeichelt und als sich ihr Vater ihnen nährt, beschließt sie, Perseus mit Kepheus erst einmal alleine zu lassen – sie zieht sich in ihre Gemächer zurück.


    Kepheus begrüßt den großartigen Kämpfer Perseus und bekräftigt noch einmal, dass er seiner Tochter das Leben gerettet hat und die königliche Familie zum Dank verpflichtet ist. Die Zeit sei gekommen, um über die Liebe zu reden… Perseus meint nur schwach, sein Leben hänge von den Worten des Königs ab [dal labbro tuo dipende, Sire, la sorte mia]. Kepheus gibt sich die Blöße – er weiß beschämt, dass er einen Fehler machte, indem er die bereits vergebene Braut Perseus zusprach. Und das gibt er offen und ehrlich zu. Perseus sieht die Sache ganz einfach und fragt den König Fineo a di lei difesa non si mosse? – Und, hat Phineus irgendetwas zur Errettung [der Tochter] beigetragen? Natürlich nicht! Klare Sache also. Als Andromeda endlich hinzukommt, um zu erfahren, wer nun ihr künftiger Gemahl ist, macht der Vater es noch mal spannend: „Du wirst deinen caro amante verlieren…“ Andromeda gefriert das Blut in den Adern! „…und einen anderen Mann heiraten. Es ist Perseus!“ Ah, jetzt! Oh me felice! Oh dolce padre! – überglücklich fällt Andromeda ihrem Vater um den Hals und plötzlich wird ihr klar: Ja, sie liebt Perseus, zollt aber Phineus den nötigen Respekt. Der Vater verabschiedet sich unter den Worten, sie mögen den herannahenden Phineus „trösten“.


    So einfach aber ist das nicht – das wusste der Vater natürlich auch, weshalb er sich aus dem Staub machte. Zum Ende des ersten Aktes wird der Streit um die Braut zu einem herausragenden Terzett: Phineus besteht auf dem, was ihm zusteht und er schwört, diese gegen ihn gemünzten Machenschaften nicht zu tolerieren und für den nötigen Trubel zu sorgen.


    Ende des ersten Aktes.



    Zweiter Akt


    Der Festsaal des königlichen Schlosses ist reich dekoriert für die bevorstehende königliche Hochzeit. Der Akt beginnt mit einem Smalltalk zwischen Bräutigam und künftigem Schwiegervater. Als Phineus naht, möchte der König zunächst mit seinem Bruder allein sein; so verlässt Perseus die Szene. Phineus beschwert sich lautstark beim König, dass die ganze Welt mittlerweile hohnerfüllt mit dem Finger auf ihn zeigt! Kepheus bleibt ruhig und meint nur, er habe ja nicht einen Finger gerührt, als es um die Errettung der Königstochter ging. Das bringt Phineus zur Raserei: Er schwört, dass er Perseus Herz mit seinem Schwert aufspießen wird – und letztlich doch er Andromeda heiraten wird. Der König lässt Phineus von seiner Leibwache entfernen.


    Nach einem kurzen Techtel-Mechtel der Verliebten kommt König Kepheus mit großem Gefolge und Tam-Tam in den Festsaal: Mit der Krone auf dem Haupt und dem Szepter in der rechten Hand besteigt er seinen Thron. Die Hochzeitsfeierlichkeiten beginnen und nehmen den üblichen funebren Kurs. In der letzten Szene geht es dann richtig zur Sache: Phineus hat sich aus den Fängen der Garde befreit und stürmt den Festsaal mit seinem Gefolge. Es gibt ein großes Gemetzel. Sein Vorhaben: Perseus zu töten und die Braut an sich zu reißen! Während des Gemetzels stehen sich Phineus und Perseus unverhofft Auge in Auge gegenüber.


    Üblicher Weise ruft nun Perseus „Wer mein Freund ist, wende nun seinen Kopf ab!“ – und zieht aus der Tasche den Kopf der kürzlich erlegten Medusa, woraufhin sich alle Feinde in Stein verwandeln, mithin entscheidet sich auch das Schicksal Phineus. Nicht so in der Oper zur Feier des Jubiläums von Fürsterzbischof Hieronymus von Colloredo:


    Hier ergibt sich Perseus unter den Worten: „Ob Du mich nun tötest oder nicht – ich vergebe dir!“ Feierlich wird aller Hass begraben und die Fête kann steigen.


    Godan lieti i regi sposi,
    Goda il regno e I due germani,
    Dolce pace, almi riposi
    Giove Amone ci darà.



    ENDE DER OPER



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    ©2006 by happy haydn GmbH für Tamino Klassikforum Wien

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)