Robert Simpson: Die 11 Sinfonien

  • Ich wurde im Thread
    Hörenswerte Britische Symphonien des 20. Jahrhunderts
    informiert, daß Simpsons Sinfonie Nr 4 gewisse Anklänge an Beethoven habe, deshalb habe ich mich für sie interessert. Kommen wir vorerst zu den "technischen Daten" dieser Sinfonie, sie wurde in den Jahren 1970/72 geschrieben und ist mit einer Gesmtspieldauer von über 45 Minuten die vielleicht längste Sinfonie Simpsons. Wie viele englische Sinfonien dieser Tage ist ist tonal. Jedoch vermisse ich meist "melodische Einfälle" Stattdessen bekomt man immer wieder kurze Klangeffekte geboten, die zwar oft eindrucksvoll sind, aber eher eine Collage darstellen, als eine melodisch durchdachte Konstruktion. Aus desem Schema breicht allerdings der wuchtig-rabiate 2. Satz aus, der in der Tat klingt, als hätte man Teile vom Beethovens 9. in Kleinteile zerlegt und dann wieder zusammengesetzt. Achtung !! Nicht jeden wird das Ergebnis begeistern - ich fand es immerhin eindrucksvoll und interessant.
    Der Dritte Satz ist ein grüblerisches Andante mit Solocello-Einlage. Der 4 Satz, zuerst recht indifferent, endet mit infernalischem Getöse.
    In einem der begleitenden Texte wurde erwähnt, daß hier auch Haydn Zitate verwendet wurde. Ich jedenfalls konnte keine entdecken - Haydn selbst hätte das vermutlich auch nicht gekonnt....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Jedoch vermisse ich meist "melodische Einfälle" Stattdessen bekomt man immer wieder kurze Klangeffekte geboten, die zwar oft eindrucksvoll sind, aber eher eine Collage darstellen, als eine melodisch durchdachte Konstruktion.

    Ich habe mich bisher hier im Forum zu Robert Simpson nicht geäußert, obwohl ich bis auf die letzte alle seine Symphonien besitze und meist auch mehrfach gehört habe, Was Alfred zur 4. schreibt, ist das was ich für sein ganzes symphonische Oeuvre empfinde. Es ist keine wirklich aus melodischer Inspiration geborene Musik, sondern eine irgendwie intellektuell konstruierte. Das macht er auf höchstem Niveau und das ist oft sehr eindrucksvoll. Aber die Musik klingt bei mir innerlich nie nach, wie z.B. die Symphonien von Mahler oder gerade jetzt die von Ernest Bloch, über die ich in Kürze schreiben werde. Ich bestaune bei Simpson die Kunstfertigkeit seiner symphonischen Konstrukte, aber berühren tun sie mich nicht.


    Von Robert Simpson gibt es eine andere Seite, seine Streichquartette, 15 an der Zahl. Da sie alle relativ lang sind, ist das Streichquartett-Oeuvre damit umfangreicher als z.B. das von Schostakowitsch. Es ist auf 8 CDs untergebracht, die ebenfalls alle bei Hyperion erschienen sind (gespielt von verschiedenen Formationen). Da Alfred ja vorschlug, sich auch der britischen Kammermusik zu widmen, werde ich hierzu demnächst einen Thread eröffnen.

  • Ich habe Robert Simpson kennengelernt, als seinerzeit die Aufnahme der 9. herauskam und zumindest in GB mit positiven Kritiken und Preisen nur so überschüttet wurde. Im Laufe der Jahre sind dann weitere hinzugekommen, die letzte hatte ich aber bis jetzt nicht im Portfolio. Ein Grund war, dass ich nach dessen Erscheinung einige nicht so positive Kritiken gelesen hatte und glaubte, darauf verzichten zu können. Mein Fehler offensichtlich, denn nun da ich sie gehört habe, muss ich sagen, dass sie mir sehr gut gefällt wie auch die Nielsen-Variationen. Es gibt Symphoniker, die beenden ihr symphonisches Schaffen mit einem absoluten und offensichtlichen Höhepunkt, Mozart, Beethoven, Schubert, Dvorak, Bruckner, Mahler fallen mir da ein. Es gibt andere dessen letztes Werk kommt unauffälliger daher, manchmal auf den ersten Blick fast enttäuschend, man denkt an nachlassende Schöpferkraft. Aber eine intensivere Beschäftigung zeigt dann oft, so einfach ist es nicht. Hier fallen mir Sibelius, Nielsen, Ralph Vaughan Williams und Schostakowitsch ein. Simpsons 11. gehört klar in die 2. Kategorie. Sie ist gegenüber den vorherigen Werken etwas zurückgenommen, aber ich bin mir sicher, dass eine intensiver Beschäftigung sich hier lohnt. Die 9te habe ich auch gerade wieder gehört und es gilt nach wie vor das, was ich oben geschrieben habe.



  • Der Dirigent der vorherigen Aufnahme ist selbst Symphoniker und seine 1. Symphonie ist hier (25) besprochen. Simpson-Fans sollten sie sich anhören.

  • Seit über drei Jahren kein Eintrag mehr, schade eigentlich. Aber diskographisch tut sich auch wenig, über die erste GA sind wir bisher nicht hinausgekommen. Und im Konzertsaal begegnet man den Werken sowieso nicht. Ich lese gerade die Biographie des Komponisten und bin natürlich animiert, mir seine Musik parallel dazu wieder einmal anzuhören.



    Heute die 6. Symphonie, die dem Gynäkologen Ian Craft gewidmet ist und auch auf einer Ide von ihm basiert. Nämlich die Enwicklung einer befruchteten Eizelle bis zu Geburt und dann das entstehende Individuum darzustellen. Das Programm kann man aber auch gerne vergessen und einfach nur die Musik hören. Und die hat mir gefallen. Deutlich weniger aggressiv als noch die Fünfte, fast etwas Pastorales strahlt das Werk aus.

  • Eigentlich hatte ich angenommen, lediglich über EINE CD mit Sinfonien von Robert Simpson zu verfügen. aber siehe da ich besitze DREI, bedeutet zugleich 5 Sinfonien. Wenngleich ich momentan in einer Verfassung bin, wo sich das Musikhören nicht empfiehl habe ich die Sinfonie Nr 2 in den CD Player gelegt. Eigentlich war pch überrasch wie relativ überschauber das Werk ist, ich hatte das von einer anderen Sinfonie Simpsons anders in Erinnerung. Bemerklenswert ist das Spannungsfelkd zwischen lyrisch geheimnisvollen und lebhaft aggressiven Passagen mit oft bedrohlichem Unterton. Das Werk wurde 1956 fertiggestellt und ist dem Dirigenten Anthony Bernard (1891-1963) und dessen Frau gewidmet.
    Wer einigermaßen für zeitgenössische Musik aufgeschlossen ist, der wird das Werk zumindest beeindruckend finden, mit seiner nervösen Einsprengseln und dissonanten Einwürfen in das insgesamt doch weitgehend tonale Werk, die orchestralen Effekte nicht zu vergessen.Und das Finale ist einfach umwerfend ......
    Wie es scheint sitzt Simpson derzeit zwischen zwei Stühlen und wird deshalb eher im Hintergrund geführt: Den einen ist er zu modern, die anderen empfinden ihn als zu brav.....

    mfg aus Wien
    Alfred


    voraussochtlich werde ich heue zumindest eine weiter CD der Reihe erwerben...solange es sie noch gibt...

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vor wenigen Tagen (2. März) hat sich Robert Simpsons Geburtstag zum 100. Mal gejährt. Man kann nicht behaupten, dass dies allzuviel Aufmerksamkeit geweckt hätte. Hier im Forum hat aber Caruso41 dankenswerterweise den Komponisten ausführlich gewürdigt.


    Die einzige CD-Veröffentlichung, die dieses Jahr bisher erfolgte, ist eine mit Aufnahmen der UA der Symphonien 5 und 6 durch das Lyrita Label.



    Obwohl diese CD offiziell erst am 30.04. erscheint, habe ich meine bestellte Version bereits erhalten. :)


    Und kann berichten, dass beide Einspielungen hörenswert sind. Die 5. wurde von Andrew Davies (damals 29-jährig) dirigiert, die 6. von Charles Groves. Von der Aufführung der 5. waren der Komponist, die Kritiker und das Publikum begeistert, obwohl es IMO ein durchaus schwieriges Werk ist. Mit der Aufführung der 6. war Simpson nicht ganz zufrieden, ich konnte beim ersten Hören aber nicht ausmachen, warum. Er hat danach noch einige Änderungen vorgenommen, was diese Aufnahme der 6. alleine schon interessant macht, denn die Vernon-Handley-Version ist dann die der überarbeiteten Symphonie. Es ist jedenfalls gut, dass es Alternativen zu Vernon Handleys Sicht gibt, mögen weitere Einspielungen folgen. Auf youtube findet man jedenfalls noch einige, u.a. von der 2. Symphonie unter Jascha Horenstein.

  • Die einzige CD-Veröffentlichung, die dieses Jahr bisher erfolgte, ist eine mit Aufnahmen der UA der Symphonien 5 und 6 durch das Lyrita Label.

    Ich bin ja nicht der ausgesprochene Vertgreter zeitgenössischer Musik, aber Simson wird schon recht ungerecht behandelt, untere anderem auch von seinem Stammlabel hyperion. Sowohl die meisten seiner Einzelveröffentlichungen seiner Sinfonien als auch die preisgünstige 11CD Box (zuletzt 39.99 Euro) sind gestrichen, ebenso wie die meiste Kammermusik (gehört zwar nicht hierher - ich erwähne es denoch.)

    Zurück zu den Sinfonien: Die Problematik zeitgenössischer Werke ist nicht nur, daß sie als Sperrig gelten - oder es auch sind, für den PÜroduzenten von Cd meist unrentabel, sondern daß die GEMA und die Erben des Komponisten noch dazu Tantiemen wollen. Das führt dann dazu, daß die Cs von Hochpreis angeboten werden (müssen) und die Käufer nicht mehr mitspelen. so geraten da diese Komponisten in Vergessenheit.

    Als ich von der Lyrita Aufnahme las, deren Einspielungen 40 und 48 'Jahre alt sind, war ich skeptisch, aber scheinbar (soweit sich das aus den Werbeclips feststellen lässt) hat die BBC damals ganze Arbeit geleistet...

    Mich wundert allerdings, daß Naxos - ansonst riskanten Neuveröffentlichungen eher aufgeschlossen - hier nicht reagiert....

    Bei jpc ist es eher so, daß die meisten Veröffentlichungen in Kooperation mit deutschen Rundfunkstationen stattfinden - und deren Fokus liegt nun mal nicht am englischen Repertoire.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei jpc ist es eher so, daß die meisten Veröffentlichungen in Kooperation mit deutschen Rundfunkstationen stattfinden - und deren Fokus liegt nun mal nicht am englischen Repertoire.....

    Von cpo würde ich auch keine Aktivitäten in dieser Richtung erwarten, die haben ja genug Regionen, die sie bearbeiten können. Obwohl sie sich mit Cipriani Potter ja jetzt auch in britische Gefilde begeben. Es ist nur schade, dass es von Simpson nur diese eine - wenn auch sehr gute - GA gibt, vergleichbare Komponisten wie Arnold Bax, Malcolm Arnold und William Alwyn haben immerhin drei. Vielleicht wird Naxos ja noch tätig. Oder zumindest alle vorhandenen BBC Aufnahmen werden veröffentlicht.


    Als ich von der Lyrita Aufnahme las, deren Einspielungen 40 und 48 'Jahre alt sind, war ich skeptisch, aber scheinbar (soweit sich das aus den Werbeclips feststellen lässt) hat die BBC damals ganze Arbeit geleistet...

    Ja, die Aufnahmen klingen tatsächlich gut, was bei der BBC nicht immer der Fall ist.