Obwohl es nicht erst gestern im war möchte ich hier noch über ein Konzert des Collegium (vocale) 1704/ Václav Luks berichten.
Zum ersten Mal habe ich dieses Ensembles aus Prag mit ZELENKAs „Missa votiva“ bei den Musikfestpielen in Dresden im Jahre 2006 gehört-und war damals sehr angetan von der handwerklichen und musikalischen Leistung des Ensembles. Deshalb hatte ich mich auch sehr auf das Konzert mit dem BACHschen Weihnachtsoratorium (Kantaten 1,3,5 & 6) gefreut. Auch, weil dieses Konzert am 28. Dezember 2008 die Kantaten in zeitlich annähernd richtiger Umgebung präsentierte (und mich eine Aufführung in der Adventszeit immer etwas iritiert).
Der Dirigent junge Vaclav Luks nahm alle Tempi sehr rasch. Sicher hatte ich mir auch diese Aufführung des Weihnachtsoratoriums herausgesucht, weil ich mir einen frischen Interpretationsansatz wünschte. Hier entäuschte mich Luks nicht, doch überschritt er für meinen Geschmack an einigen Stellen die Schwelle vom barocken Affekt zur romantischen Kunstausdeutung. So z.B. wenn er den Choral „Ach mein herzliebes Jesulein“ vom zartesten pp bis ins f steigert (wobei der Höhepunkt auf dem Wort „Schrein“ von „Herzens Schrein“ erreicht wurde). Besonders aber bei dem Choral „Ich steh an deiner Krippen hier“ den Luks im piano a cappella singen ließ. Das war natürlich eine großartige Wirkung, wobei durch das Fehlen der Intrumente dieser Satz durch völlig aus dem Werk herausbrach, was ich dann doch als störend empfunden habe, zumal auch die dynamische Gestaltung eher romantische gehalten war.
Neben solchen kleineren Unstimmigkeiten musizierten aber sowohl der Dirigent, wie auch das Orchester- mit allen solistischen Intrumentalisten - in einer rundum gelungene Interpretation.
Der Chor, das Collegium Vocale 1704, sang in sehr kleiner Besetzung (5 /4 /3 /3 ). In punkto Homogenität, Intonation und Sicherheit sang der (Profi)-Chor mit großer Perfektion, allerdings war die Gestaltung der Chöre doch sehr unflexibel und etwas eintönig. Gerade in diesen größeren Chören wurden in den langen Passagen (z.B. Koleraturen) alle Töne absolut gleichmäßig gesungen, dabei eher kraftvoll und angespannt. Bei der schönen Musik von BACH und der großen handwerklichen Meisterschaft des Chores war das noch erträglich, wirkte aber auf Dauer doch etwas ermüdend. Und wenn man z.B. die Gestaltung der Chöre durch das gleichnamigen Vokalensembles aus Gent gegenüberstellt, wie dort den Linien durch Schwerpunkte und plastisches Gestalten jeder Note eine große Lebendigkeit erzielt wird, so erschien mir die Art, wie dieser Chores sang, ist für mich doch noch von einer wesentlich höheren Qualität. (Wobei man natürlich noch diskutieren muss, welche Variante denn historisch richtiger sein könnte. Denn so faszinierend die musikalische Gestaltung eines z.B. P. Hereweghe ist, bin ich doch nicht immer ganz überzeugt, ob dass zu BACHs Zeiten wirklich so flexibel musiziert wurde...)
Dass der Chor so musiziert war für mich auch erstaunlich, da die Instrumentalisten genau im Gegensatz dazu in dieser lebendigen Art ihre Stimmen gestalteten.
Die Solisten agierten bis auf den Evangelisten aus dem Chor heraus und bildeten ein homogenes Vokalquartett ( Sophie Klussmann & Barbora Sojkova/ Sopran, Markéta Cukrová/ Alt, Jaroslav Brezina/ Tenor, Tomás Kral/ Bass), aus dem besonders der Bass Tomas Kral (durch eine schöne Stimme, sichere Technik und subtile Gestaltung) sowie mit kleinen Schwachstellen auch die Altistin Markéta Cukrová herausragten.
Das Ensembles 1704 hatt in Dresden bereits einen größere Anzahl von treuen Anhängern, welche die Musiker am Ende des Konzertes –sicher zu Recht- mit enthusiastischem Beifall feierten. Nach einer kurzen Zugabe („Ich steh an deiner Krippen...“ a cappella), gab es dann für die Zuhörer des Konzertes am Ausgang ein Gläschen Schnaps vom Hauptsponsor des Ensembles (Becherovka) zum Abschluss des Konzertjahres. Prost!
Unter dem Titel: Musikbrücke Prag – Dresden hat das Ensembles auch für das Jahr 2009 eine Reihe von interessanten Konzerten (z. B. PISENDEL, ZELENKA, MONTEVERDI, BACH und HÄNDEL) angekündigt. Ich kann nur jedem, der sich für dieses Repertoire interessiert empfehlen, die Konzerte in Prag, Dresden oder einer anderen Stadt zu besuchen (so dass für ihn möglich ist). Bei Werken wie der Marienvesper von MONTEVERDI oder der Johannes-Passion von J.S. BACH wird sich aber auch zeigen, ob dass Ensembles, welches in den letzter Zeit durch eine Reihe sehr beachtlicher Konzerte (und auch CDs) auf sich aufmerksam gemacht hat, die dabei geweckten Erwartungen auch wirklich erfüllen kann.
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weitere Informationen unter
"http://www.collegium1704.com/index-de.php"
PS. Es war für mich etwas ungewöhnlich, diese in Deutschland von beinahe jeder Kantorei gesungenen Kantaten, von nicht muttersprachlichen Sängern zu hören. Und wenn auch die Aussprache aller Mitwirkenden sehr gut war, d.h. man konnte wirklich jedes Wort verstehen, so hörte man doch bei manchen Betonungen oder Vokalen dass hier (größtenteils) keine deutschsprachigen Sängern musizierten (worüber ich manchmal einfach etwas schmunzeln musste).