Ist das so? Oder ist der Wagnerianer lediglich deutlich empfindlicher, als der Verdianer, Straussiander oder Puccinianer?
Ich würde sagen, es liegt an etwas ganz anderem: Wagners Werke werden gerade in Deutschland so häufig neu inszeniert, weil sich die meisten Dirigenten wünschen, diese Werke in einer Neuproduktion einzustudieren. Nur so bekommen sie ausreichend musikalische Proben, Orchesterproben und Bühnenproben, um eine eigene Interpretation hörbar machen zu können. Und das geht - so funktioniert nun einmal die Disposition und damit die Realität an Theatern inzwischen - inzwischen nur noch in Rahmen von Neuinszenierungen. Das, was es früher mal gab und was man "musikalische Neueinstudierung" nannte, d.h. Inszenierung und Ausstattung werden beibehalten bzw. nur leicht modifiziert, aber es gibt Bühennorchesterproben wie bei einer Premiere, wird heute fast nicht mehr praktiziert und das aus dem Grund, weil dadurch die Ressourcen für Neuproduktionen schrumpfen würden. Aufmerksamkeit durch Presseberichterstattung bekommen Häuser fast nur noch durch Premieren (Wien ist da die mittlerweile fast einzige Ausnahme). Das mag man bedauerlich finden, ist aber mittlererweile eine Realität.
Um zum Beginn des Beitrags zurückkommen: Wenn ein neuer Generalmusikdirektor sein Amt antritt und gefragt, was er als Premiere dirigieren will, wird er (oder seine Agentur) in den meisten Fällen sagen: "Tristan" oder "Ring" und nicht "Tosca" oder "Cenerentola". Daher ist eine Wagner-Inszenierung wie der Mannheimer "Parsifal", die sich über 60 Jahre im Repertoire hält, ja auch eine absolute Ausnahme und wird auch als solche gepflegt. ("Klassisch" inszenierte "Toscas" hingegen gibt es noch mehrere.) Die Leitung des Natioaltheaters Mannheim hat das auch erkannt und deutlich kommuniziert, diese auch in Zukunft im Repertoire zu halten. Dagegen ist aus meiner Sicht auch absolut nichts einzuwenden, nicht, weil ich die Inszenierung, die ich schon mehrfach live erlebt habe, so spannend finden würde, sondern weil sie etwas Besonderes ist und darüber hinaus auch vielen Leuten gefällt. Neuinszenierungen des Werkes gibt es aus den oben genannten Gründen ohnehin genug.