Gestern war es mir möglich, diesen prächtigen Opernabend zu erleben, störungsfrei, vom ersten Glockenschlag bis zum `Ende der Zeit`. Nach kurzweiligen dreieinhalb Stunden war ich restlos begeistert.
Barrie Kosky gelang das Wunder, die betagte Münchner Schenk/Rose-Produktion abzulösen. Spielerisch, ungemein musikalisch geht er das Stück an, mit viel circensischem Budenzauber und der nötigen Portion Melancholie. Klug meidet Kosky Aktualisierungen, schläg eher Brücken zurück. Zum Stummfilm beispielweise, als solchen gab es den Rosenkavalier bekanntlich. Oder zu Selbstzitaten, etwa in der prunkvoll barockisierten Sängerarie.
Dank Galeano Salas klang dieses Schmuckstück auch prächtig. Wie überhaupt die Comprimari ausgezeichnet besetzt waren. Wie, ein zweites Beispiel, der prächtig auftrumpfende Polizeikommissar von Martin Snell im dritten Akt. Diesen Finalakt überdreht Barrie Kosky zu bester Slapstick-Komödie, was diesem sonst oft drögen Qui pro quo prächtig bekommt und dem Auftritt der "Deusa ex machina" zusätzlich Gewicht verleiht.
Die Feldmarschallin von Marlis Petersen stößt hier an Grenzen einerseits, aber gerade in dieser Schlußszene gefällt mir, dass bei ihr noch viel Sophie mitschwingt. Wobei die großartige Katharina Konradi im Terzett fast schon zu sehr 'aufdreht'. Wenn nicht die Ursache eher am Mischpult zu suchen ist. Die beiden Sängerinnen bilden durch den ganzen Abend, zusammen mit Samantha Hankey, ein wunderbares Dreigestirn.
Christof Fischesser ist ein ausgezeichneter Ochs. Etwas weniger Parlando, dafür ein bisschen mehr Arioso würde ich mir an einigen Stellen wünschen. Allerdings war das Tempo bei den 'Weibergeschichten' im ersten Akt hart an der Grenze des noch singbaren. Johannes-Martin Kränzle stellte den Faninal auf die Bühne, da blieb kein Wunsch offen.
Gewöhnungsbedürftig ist die Fassung von Eberhard Kloke. Diesmal ein Zeitsprung nach vorne, greift Kloke doch das Ariadne-Instrumentarium auf. Soweit ich hören konnte, sind Dopplungen Streicher/Bläser eliminiert. Merkwürdig wird's, wenn das Ausdünnen bis zur reinen Klavierbegleitung führt. Weicher, schwelgerischer Klangrausch - Fehlanzeige. Dafür durch die ganze Aufführung gute Durchhörbarkeit, ein Textbuch ist nicht nötig. Die Arbeit von Vladimir Jurowsky zu beurteilen wage ich nicht, denn letztlich hat er nicht den Rosenkavalier von Richard Strauss dirigiert.
Wer's noch nicht getan hat: unbedingt ansehen, es lohnt sich!