Beiträge von udohasso

    Alle Jahre wieder kommt bei mir die Aufnahme unter Karl Münchinger auf den nicht mehr vorhandenen Plattenteller. In den frühen Siebzigern teuer erworben, später von der schwarzen auf silberne Scheibe gewechselt. Für die Remastering-Version verlangt Decca unverändert ordentlich Geld. Seit Jahrzehnten ist diese Matthäuspassion ein Dauerbrenner in deren Katalog.


    Gänsehaut wieder und wieder bei "Ich will bei meinem Jesu wachen" - ein Glanzstück der umfangreichen Diskografie von Fritz Wunderlich.


    Ich finde, dass man sich ihn erhören kann

    Dazu ein anekdotischer Beitrag. Mitte der Siebziger präsentierten in Erlangen zwei Organisten das umfangreiche Orgelwerk von Max Reger. Anders als beim Bach-Projekt zwei Jahre vorher, waren anfangs die Kirchenbänke nur schütter besetzt. Allerdings nahm der Besuch von Konzert zu Konzert kontinuierlich zu und erreichte letztlich annähernd das Niveau der Bach-Reihe.

    An den expressiven, hochindividuellen und teils auch exzentrischen Klaus Tennstedt hätte ich bei dem Gehörten nicht im Traum gedacht

    So sehr mir Etikettierungen und Superlative im Bezug auf Musiker meist Unbehagen bereiten: ich stimme Joseph II. zu, dass Klaus Tennstedt und Manfred Honeck eher Antipoden sind.


    Gestern hörte ich die Neunte von Dvorak aus der Elbphilarmonie. Ich dachte an

    Ich hatte nie etwas auszusetzen. Mich regte nichts auf. Und es wühlte mich auch nichts auf. Und ich war nie so richtig hingerissen. Honeck polarisiert nicht.

    Bei mir lösen die Arbeiten von Manfred Honeck Befriedigung aus, ein tiefes Einverständnis. So war es auch gestern bei der "Neuen Welt".

    die Brasilianische

    Mit der kann ich gar nichts anfangen, mit der brasilianischen Hymne, mir sagen weder Musik noch Text zu. In der Komposition von Francisco Manuel da Silva wollen einige ein Lied der "Bandeirantes" erkennen. Diese "Bannerträger" waren Expeditionstrupps, die das Landesinnere erschlossen. Andere hören fantasievoll ein Paganini-Motiv heraus.


    Hierher gehört wohl auch Joseph Elsner, den Wikipedia so treffend "deutschen Komponisten polnischer Musik" nennt. Zumindest schrieb er Kantaten, Oratorien, Opern und andere Bühnenwerke - mit polnischsprachigen Texten. Außerdem nahm er im Musikleben seiner Zeit eine herausragende Stellung ein, erst in Lemberg, später in Warschau. In Chopin-Biografien taucht er als dessen Lehrer auf.

    Manfred Honeck macht auf eine stille, unspektakuläre Art eine beachtliche Karriere als Dirigent

    Vermutlich ist es stille, unspektakuläre Art im Auftreten wie im Interpretieren das, was Manfred Honeck's angemessene Würdigung verhindert. Immer wieder erlebe ich, dass bei Diskussionen über die Neubesetzung von Chefpositionen großer Orchester sein Name fehlt. Spreche ich das an, kommen fast ausnahmslos Lobeshymnen. Man hat Manfred Honeck "nicht auf dem Schirm".


    Die Wiener Philharmoniker und Manfred Honeck - irgendwo las ich, dass der Dirigent solange kaum mit dem Orchester arbeitet, wie sein Bruder Rainer Honeck dort Konzertmeister ist. Den er übrigens gerne als Solist nach Pittsburgh holt.


    Mir geht es wie Novalis, seit seiner Stuttgarter Zeit verfolge ich den Karriereverlauf von Manfred Honeck. Besonders beeindruckte mich vor Jahren eine Achte von Dvorak mit dem hr-Sinfonieorchester, die sich zu einem YouTube-Renner entwickelt hat:


    Für mich war es ein verlorenen Nachmittag.


    Wie schade, dass Du zu diesem bitteren Urteil kommst La Roche, einem vernichtenden Rundumschlag.


    Ich kann Deinen Wunsch nach Überwältigung verstehen. Mir scheint's dennoch eine gefährlich hochgezogene Erwartung. Allemal dann, wenn für Dich das 'Heil' eh irgendwo in der Zeit zwischen 1950 und 1990 liegt.


    Übrigens, die Frau Petersen wird Dir's danken, dass Du sie als Dreißigjährige durchgehen lässt...


    :)

    Die Kritik an der Kloke-Fassung kann ich auch nicht ganz nachvollziehen.


    Und warum kann man dann nicht den Dirigenten beurteilen?

    Ich musste mich an die Fassung gewöhnen, und ihr fehlt, wen wundert's, die klangliche Üppigkeit des Originals. Eberhard Kloke leistete ausgezeichnete Arbeit, die ich nicht im Ansatz kritisiere. Müsste ich mich dazu doch wahrlich intensiver einlassen, nach einem einmaligen Hören wäre es pure Anmaßung.


    Noch einmal wiederhole ich mich (plus einer Unterstreichung): ich wage keine Beurteilung der Arbeit von Vladimir Jurowsky. Auch hier müsste ich vorher sorgfältig sortieren, was der Fassung und was dem Dirigat geschuldet ist.

    ...wie als ist dann erst der Feldmarschall

    Drollig, mit der Frage beschäftigte ich mich beim Frühstück... :)


    Die Gattin des Herrn erlebt mit der geplanten Ehe Ochs-Sophie ein Dejavue: frisch aus dem Kloster in den heiligen Ehstand. Allerdings ist das keine Altersangabe des Herrn Feldmarschall, eher ein Hinweis auf die Jugend der Marie-Theres zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit. Ich wage mal eine Schätzung: sie 16/17, der männliche Part zwischen 30/40.


    Kann die 'brave Ordonanz' zum Zeitpunkt der Handlung die 50 überschritten haben...

    Vielen Dank für Deinen Hinweis Uwe Alsenpreis.


    Mit Entsetzen lese ich in der Ankündigung: "Die Musikstücke werden als Orchesterarrangements produziert und über Band eingespielt".


    Schade, dass niemand klagen kann gegen die Bezeichnung eines solchen Machwerks als 'Operette'. Karaoke trifft vielleicht zu?


    Gestern war es mir möglich, diesen prächtigen Opernabend zu erleben, störungsfrei, vom ersten Glockenschlag bis zum `Ende der Zeit`. Nach kurzweiligen dreieinhalb Stunden war ich restlos begeistert.


    Barrie Kosky gelang das Wunder, die betagte Münchner Schenk/Rose-Produktion abzulösen. Spielerisch, ungemein musikalisch geht er das Stück an, mit viel circensischem Budenzauber und der nötigen Portion Melancholie. Klug meidet Kosky Aktualisierungen, schläg eher Brücken zurück. Zum Stummfilm beispielweise, als solchen gab es den Rosenkavalier bekanntlich. Oder zu Selbstzitaten, etwa in der prunkvoll barockisierten Sängerarie.


    Dank Galeano Salas klang dieses Schmuckstück auch prächtig. Wie überhaupt die Comprimari ausgezeichnet besetzt waren. Wie, ein zweites Beispiel, der prächtig auftrumpfende Polizeikommissar von Martin Snell im dritten Akt. Diesen Finalakt überdreht Barrie Kosky zu bester Slapstick-Komödie, was diesem sonst oft drögen Qui pro quo prächtig bekommt und dem Auftritt der "Deusa ex machina" zusätzlich Gewicht verleiht.


    Die Feldmarschallin von Marlis Petersen stößt hier an Grenzen einerseits, aber gerade in dieser Schlußszene gefällt mir, dass bei ihr noch viel Sophie mitschwingt. Wobei die großartige Katharina Konradi im Terzett fast schon zu sehr 'aufdreht'. Wenn nicht die Ursache eher am Mischpult zu suchen ist. Die beiden Sängerinnen bilden durch den ganzen Abend, zusammen mit Samantha Hankey, ein wunderbares Dreigestirn.


    Christof Fischesser ist ein ausgezeichneter Ochs. Etwas weniger Parlando, dafür ein bisschen mehr Arioso würde ich mir an einigen Stellen wünschen. Allerdings war das Tempo bei den 'Weibergeschichten' im ersten Akt hart an der Grenze des noch singbaren. Johannes-Martin Kränzle stellte den Faninal auf die Bühne, da blieb kein Wunsch offen.


    Gewöhnungsbedürftig ist die Fassung von Eberhard Kloke. Diesmal ein Zeitsprung nach vorne, greift Kloke doch das Ariadne-Instrumentarium auf. Soweit ich hören konnte, sind Dopplungen Streicher/Bläser eliminiert. Merkwürdig wird's, wenn das Ausdünnen bis zur reinen Klavierbegleitung führt. Weicher, schwelgerischer Klangrausch - Fehlanzeige. Dafür durch die ganze Aufführung gute Durchhörbarkeit, ein Textbuch ist nicht nötig. Die Arbeit von Vladimir Jurowsky zu beurteilen wage ich nicht, denn letztlich hat er nicht den Rosenkavalier von Richard Strauss dirigiert.


    Wer's noch nicht getan hat: unbedingt ansehen, es lohnt sich!

    Zudem gehören politische Diskussionen, die kulturpolitische Bereiche berühren, sehr wohl in ein Forum wie dieses hier.


    Dass im Rahmen solcher Diskussionen dann politische Richtungen "Links/Rechts" oder auch Parteinamen "SPD/Grüne" ins Spiel kommen, liegt in der Natur der Sache und auch das finde ich noch angemessen. Ich meine, wir streiten ja über kulturpolitische Positionen.

    Poltische Diskussionen, die auch kulturpolitische Bereiche berühren - nein, die gehören nach meiner Beurteilung der Forenregeln nicht hierher. Allenfalls der Umkehrung könnte ich zustimmen. Die Kultur muss im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen, hier im Forum, nicht nur "auch" ein Faktor des Austauschs sein.


    Wenn sich parteipolitische Zuordnungen nicht vermeiden lassen, wünsche ich mir klare Belege. Etwa durch Parteiprogramme, Beschlüsse sonstiger Gremien oder Gesetzes- und Verordnungvorlagen. Soviel Sorgfalt sollte vor der Publizierung einer persönlichen Bewertung selbstverständlich sein. Sich nur auf sein Bauchgefühl zu verlassen, führt zu emotionalen Auseinandersetzungen, die mich zunehmend abstoßen (nicht nur hier).

    Ist das hier nun ein Klassikforum oder ein Politikforum? Gllt die Forenregel "Keine Politik" oder gilt sie nicht?

    Deiner berechtigten Frage schließe ich mich an Stimmenliebhaber - spätestens dann, wenn dezidiert parteipolitische Debatten angezettelt werden. Zugegeben ein schmaler Grad, denn kulturpolitische Fragen sind in einem Klassikforum zu erörtern. Wie sie

    etwa das eigentliche Thema stellt, die fragwürdige Neuausrichtung bei WDR 3 in diesem Bereich.

    Es scheint, dass man dort Musik nicht studieren muss

    Deinem Eindruck kann ich nicht beipflichten Damiro, ich halte ihn eher für ein Vorurteil, wenn auch ein positives...


    :)


    Gerade für den Umgang mit Musik, die gemeinhin "klassisch" genannt wird, benötigen auch Brasilianer Anleitung, ein Handwerkszeug. Selbstverständlich gilt das auch für das Erlernen eines Instruments, für welche Art von Musik auch immer dieses dann eingesetzt wird. Das ist für Brasilianer nicht weniger mühsam, als für Menschen irgendwo sonst auf der Welt.


    Ich nehme an Damiro, dass Deine Brasilienerfahrung länger zurückliegt? Leider hat sich die populäre Musik Brasiliens in den rund dreißg Jahren, die ich sie beobachte, stark verändert - und für meinen Geschmack verschlechtert. Ein komplexes Thema, in diesem Forum vermutlich zu weit enttfernt von den Interessen der Mitglieder. Die Glanzzeit der MPB, der Musica Popular Brasileira, waren die Sechziger und Siebziger des vergangenen Jahrhunderts. Einige ihrer Protagonisten ragen noch in unsere Tage: Maria Bethânia und ihr Bruder Caetano Veloso, oder der Musiker, Schriftsteller und Dramatiker Chico Buarque - um nur drei Namen von vielen zu nennen. Samba, vor allen Dingen aber Bossa Nova gingen von Brasilien aus in die Welt. Diese Zeiten sind vorbei, mehr und mehr dominiert importierte Musik, Englisch verdrängt das portugiesische Brasilianisch.

    besonders unter der gegenwärtigen Bolsonaro-Regierung

    Die gegenwärtige Chaos-Truppe in Brasilia ist dafür nicht verantwortlich, die pointiert mathematisch-naturwissenschaftliche Ausrichtung der brasilianischen Schulen hat lange Tradition. Aber Garaguly, wir entfernen uns damit zu weit vom Thema.


    Mit meinem kleinen Beitrag breche ich eine Lanze für den Musikunterricht an Schulen und die pädagogische Arbeit von Künstlern und Ensembles. Wie sie beispielsweise die Hofer Symphoniker leisten. In der Musikschule des Orchesters meiner Heimatstadt, keine 50.000 Einwohner, werden rund 1.200 Kinder und Jugendliche unterrichtet. Ein Segen für die Region, für die aktive Musikpflege dort, aber auch für den Bestand der Kultureinrichtungen, das Theater Hof und die Hofer Symphoniker. Nicht zuletzt aber für die, die ein Instrument beherrschen und mit kundigeren Ohren hören.

    Vera Little und ihre Carmen habe ich noch ganz lebendig in Erinnerung!

    Dass sie hier im Forum gänzlich übersehen wurde, kann man nicht sagen.

    Ich habe mehrmals auf sie hingewiesen.

    Danke für den Hinweis auf Deine Beträge Caruso41. Mein Suchen im Forum ist selten von Erfolg gekrönt. Zu Vera Little stieß ich auf viele Erwähnungen, eher beiläufige, in diversen Zusammenhängen. Um so mehr freut es mich, dass Du die Sängerin auf der Bühne erlebt und Deine Eindrücke mitgeteilt hast.

    ...bin ich ein glühender Verfechter von gutem Musikunterricht und Kinderkonzerten

    Hier in Brasilien erlebe ich, was Schule ohne Musik- und Kunsterziehung bedeutet. Zwei Handvoll Mitstreiter unserer Händel-Messiah-Produktion, darunter ich, besuchten Ende 2019 die Schule eines sozialen Problemviertels. Wir stellten, in Ausschnitten, das Werk vor, sprachen über Singen und Musizieren, ließen Instrumente in die Hand nehmen. In zwei Gruppen über hundert junge Menschen, jeweils pausenlose 90 Minuten. Als vor dem ersten Durchgang der lärmende Haufen in die Turnhalle stürmte dachte ich "das funktioniert nie". Die ersten Klänge der Ouvertüre - und es war mucksmäuschenstill im Raum. Konzentriert, interessiert und engagiert blieben die 12-16jährigen dabei. Eine für uns zwischen den beiden Durchgängen vorgesehene Pause entfiel, wegen der vielen Nachfragen in den kleinen Gesprächsgruppen. Was für ein spürbar großes Bedürfnis, dem das Bildungssystem nicht entspricht. Es entlässt musikalische und ästhetische Analphabeten.

    Sorry, aber das kann schon mal passieren, wenn man sich mit der Computertechnik in Dauerfehde befindet. Wollte euch nicht irritieren, aber ein Debut ist halt ein Debut.

    Renée nutze ich doch die Gelegenheit, Dir noch ein "Herzlich Willkommen" zu schicken...und nichts für Ungut wegen des 'Gefrotzel"...bevor Alfred_Schmidt hier aufräumt


    ^^

    Drollig, dieser Nachhall der einst schier beliebtesten Kontroverse in Liebhaberkreisen - Prey oder Fischer-Dieskau?


    Deren übelste Folge wohl war, dass in diesem `Kampf der Giganten` andere Sänger an die Wand gedrückt wurden. Das Angebot von Philips beispielsweise, der Franzose Gérard Souzay. Bezeichnend, dass eine großartige Einspielung der "Winterreise" mit Barry McDaniel und Aribert Reimann vom produzierenden Label (EMI, wenn ich mich recht erinnere) gar nicht erst auf den Markt gebracht wurde. Zwei Beispiele, die sich zu einer langen Liste ergänzen ließen...