Was mich am Regietheater in der deutschen Form, vor allem in Bezug auf Wagner, am meisten ärgert und zugleich amüsiert, ist der Glaube, dass die Magie, der Funke, nicht im Werk Wagners zu finden sei, sondern dem Werk durch die entsprechende Regie erst verliehen werden müsse. Was für eine Hybris! Das Werk Wagners wird all diese Wichte, die glauben, seinem Werk Glanz zu verleihen, während sie sich in Wahrheit in seiner Sonne wärmen, um Jahrhunderte überdauern.
Das klingt jetzt vielleicht nicht so, aber ich wende hier durchaus ernsthaft ein, dass das, was durch die Regie oder besser durch die Aufführung als eigenständiges Werk hervorgebracht wird, nie und in keinem Fall für Jahrhunderte gemeint ist. Auch das ein offensichtliches Indiz dafür, dass es sich da um etwas ganz anderes handelt, als das Werk Wagners.
Hierzu noch eine Bemerkung, weil ich mich erst letzthin mit einem Freund darüber unterhalten habe: Vor nicht allzu langer Zeit gab es ja versuche "alte" Inszenierungen rekonstruiert wieder auf die Bühne zu Bringen, z.B. eine Walküre in Salzburg, ich glaube, die Berghaus-Elektra in Aix(?) und einen Lohengrin in Dresden. Letzterer etwa war jedoch eher deshalb in aller Munde, weil Frau Netrebko dort ihr Debüt als Elsa gab. Mir scheint jedoch, dass man schnell eingesehen hat, dass derartige Versuche zwar möglicherweise von theater-historischem Interesse sind, theater-praktisch jedoch (unabhängig von der Bedeutung, die die jeweilige Inszenierung zu ihrer Zeit fraglos gehabt hat) eher wenig beizutragen haben.
Und es sei mir noch ein Nachtrag erlaubt: Tatsächlich interessant wird die Wiedergabe vergangener Inszenierung natürlich, wenn ich sie in einen anderen Kontext setze, wie etwa Kratzer es im 2ten Aufzug des Tannhäuser vollbringt (siehe hier im Thread "lustiges Bilderraten" o.s.ä.).