Beiträge von Peter Schünemann

    11. März 2021


    1979 – 42. Todestag von Gerhard Stolze (Sänger)

    Wie sein Kollege Gerhard Unger war auch der heute vor 42 Jahren verstorbene Gerhard Stolze, als sie noch Ensemblemitglieder der Berliner Linden-Oper waren, nicht auf ein bestimmtes Stimmfach festgelegt. Zwar würde man Unger heute als Buffo und Stolze als Charaktertenor einordnen, doch beide traten durchaus auch in lyrischen Partien auf, Stolze sogar in denen des jugendlichen Heldentenors, wenn man einmal den Freischütz-Max als solchen bezeichnen kann, den er 1959 an der Deutschen Staatsoper Berlin sang und mit dem er auch an der Hamburgischen Staatsoper auftrat. So hörte ich Stolze in Hamburg u.a. auch als Belmonte (in Berlin hatte er 1955 auch Don Ottavio verkörpert) und Cassio, und Wieland Wagner setzte ihn in Stuttgart sogar in einer Baritonpartie (Wozzeck) an. Seine hell timbrierte, sehr hoch gelagerte Stimme mit der für ihn offenen Tongebung erlaubte ihm, mit dem Britten’schen Oberon eine Partie zu singen, die eigentlich für einen Countertenor komponiert war. Gerhard Unger, der diese Rolle 1963 in Hamburg übernahm, sang allerdings die Passagen, die Stolze im Falsett genommen hatte, mit voller Bruststimme.


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    Hans Hotter, Hans Beirer & Gerhard Stolze, Siegfried, Hamburg 1961 (Foto : Peter Schünemann)


    Doch seine eigentliche Domäne waren die Charaktertenorpartien von Wagner und Strauss. Typisch, wie es damals in Bayreuth üblich war, wurde Stolze langsam aufgebaut und vorsichtig an „seine“ Partien wie David (erstmals 1956), Mime (ab 1957) und Loge (ab 1960) herangeführt. In seiner Bayreuth-Biografie klafft jedoch eine Lücke: Er, der seit 1951 zum Inventar der Bayreuther Festspiele gehörte, und das sowohl in Wieland- als auch in Wolfgang Wagner-Inszenierungen, hätte auch 1963 wieder den Loge im Wolfgang-Wagner-Ring singen sollen, erkrankte aber an Kinderlähmung und musste sogar an die Eiserne Lunge.


    Mit 52 Jahren erlag der Sänger 1979 in Garmisch-Partenkirchen, wohin er mit seiner zweiten Ehefrau gezogen war, einem Gehirnschlag. Laut Wikipedia hatte er ihren Namen angenommen und nannte sich fortan Gerhard Prohaska, geborener Stolze. Aus seiner ersten Ehe mit der Malerin Gabriele Gretschel entstammen zwei Töchter, Lena und Franziska, beide Schauspielerinnen.


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    Gerhard Stolze mit seiner ersten Frau und Tochter, Bayreuth 1962 (Foto : Peter Schünemann)


    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Gerhard Stolze zunächst Schauspieler, ließ dann jedoch seine Stimme durch Willy Bader und Rudolf Dittrich in Dresden ausbilden, wo er auch 1949 debütierte. Seine Stimme an sich war nicht außergewöhnlich. Was ihn trotzdem zu etwas Besonderem werden ließ, war seine Persönlichkeit, seine Wandlungsfähigkeit, war seine Stimmdarstellung, obwohl die ihn in späteren Jahren immer freier mit dem Notentext umgehen und sogar maniriert erscheinen ließ. Aber ich kenne keinen faszinierenderen Loge oder Herodes, als Mime würde ich ihn an die Seite von Erwin Wohlfahrt stellen, und sein Orff'scher Oedipus blieb bei einem Stuttgarter Gastspiel in Hamburg hauptsächlich seinetwegen in Erinnerung - ein beeindruckender Charakterdarsteller, der u.a. auch Sänger war. Gerhard Stolze war alles, war Buffo, lyrischer Tenor, jugendlicher Held, Charaktertenor; vor allem war er jedoch eines: ein begnadeter Singschauspieler.


    Er hinterließ eine reichhaltige Diskographie. Die englische Wikipedia nennt als besondere Kuriosität sogar eine „Luisa Miller“-Aufnahme unter Herbert Kegel, in der Gerhard Stolze den Rodolfo (!!!) singt.










    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    In seinem höchst interessanten Thread „Entdeckungen : Neue Stimmen“ stellte Caruso41 eine Liste derjenigen Sängerinnen und Sänger auf, von denen er den Eindruck hatte, aus der Phase, eine Entdeckung zu sein, definitiv herausgewachsen zu sein. Es sei an der Zeit, in dem Kapitel „Die berühmte Stimme – Sängerportrait“ einen jeweils eigenen Thread zu eröffnen, um sich besser über den Sänger, die Stimme und den Gesang austauschen zu können. Zu den Sängerinnen, die es seiner Meinung nach geschafft hätten, weil sie an einem renommierten Opernhaus erste Partien sängen oder in CD- bzw. DVD-Produktionen mitwirkten, zählte er auch die (mit 30 Jahren noch) junge russische Sopranistin Pelageya Kurennaya. Mit Vergnügen fange ich diesen Ball auf und versuche sie, deren Stimme es mir sehr angetan hat, vorzustellen.


    Bevor ich eine neue Stimme vorstellen möchte, eine notwendige Vorbemerkung. Beim Hören einer neuen Stimme, ob in Oper oder Konzert, ob als Juror oder Zuhörer bei Gesangswettbewerben ist für mich das Timbre einer Stimme ausschlaggebend. Werde ich davon angesprochen, bleibt es im Ohr haften oder rutscht es durch die Ohren? Bei Wettbewerben ergibt sich dann (zumindest für mich) die nächste Frage, ob die Stückauswahl zur Stimme, zum Fach passt. Ich bekenne mich schuldig, dass dies für mich sehr wichtig ist. Weiß der Sänger / die Sängerin, wer oder was er / sie ist? Dies als Vorbemerkung, um mein Interesse an der nun vorzustellenden Sängerin zu verstehen.


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    Rodion Shchedrin & Pelageya Kurennaya nach der Prager "Lolita"-Premiere (Foto : Peter Schünemann)


    Der Name dieser jungen Dame ist Pelageya Kurennaya und war mir bis November 2015 total unbekannt, obwohl ich mir einbildete, durch meinen Kontakt zum St. Petersburger Mariinsky-Theater einen guten Ûberblick über die Künstler dieses Opernhauses zu haben. Am 15. November 2015 war ich aus Finnland angereist um den für seine Vorliebe für Marathon-Konzerte bekannten Dirigenten Valery Gergiev mit 5 Konzerten an einem einzigen Tag (!) zu hören, in deren Mittelpunkt die Klavierkonzerte Prokofievs standen. In einem dieser Konzerte gab es als Reverenz für den in München lebenden Komponisten Rodion Shchedrin dessen Romanze für Sopran und Streicher mit dem Titel "Tanya-Katya" - übrigens die einzigen Worte dieser etwa 15minütigen Romanze. Solistin : Pelageya Kurennaya, die mich von den ersten Tönen an faszinierte. Eine junge Stimme (damals was die Sängerin 25 Jahre jung), die ich auf Grund der relativ dunkel timbrierten Mittellage sofort in die "Schublade" Lyrischer Sopran steckte. Dieses Stück erfordert einen enormen Stimmumfang : von tiefen Tönen wie für eine Altistin bis hin zu Höhen in forte und piano, so dass klar wurde, dass der Komponist für dieses Konzert die Wahl hatte zwischen einem Mezzosopran mit guter Höhe und einem Sopran mit guter Tiefe. Es was bewundernswert, wie Pelageya Kurennaya ihren ausserordentlich apart timbrierten Sopran vollkommen natürlich durch die schwierige Tessitura führte - vollkommen natürlich, weil sie ihre Stimme nicht künstlich in die Alt-Regionen herunter presste und die Höhen schlank, aber strahlkräftig nahm.



    Nach dem Konzert ging ich mit Rodion Shchedrin, mit dem ich bekannt war, hinter die Bühne, machte der jungen Dame Komplimente und fragte u.a. nach ihrem "Fach". Anstatt ihrer antwortete der Komponist : "Sie kann sehr hoch singen". Diese Aussage bekommt ihren Sinn dadurch, dass Pelageya Kurennaya nur wenige Wochen nach diesem Münchner Konzert am Mariinsky-Theater die Hauptrolle in Shchedrins letzter Oper "The Christmas Tale" sang : Zamarashka, eine Partie, die vom Komponisten in einer sehr hohen Tessitura geschrieben wurde, dazu alles im pianissimo oder maximal piano zu singen. Ich hörte Pelageya Kurennaya einige Male in dieser Rolle und kann sagen, dass sie alle Anforderungen perfekt meistert, aber - und das ist ein großes ABER - sie muss ihre Stimme dieser Tessitura und den Dynamikvorschriften anpassen und kann ihre wahre Stimme, also die eines lyrischen Soprans, nicht zeigen.




    Inzwischen fügte Pelageya Kurennaya eine weitere Hauptrolle in einer Shchedrin-Oper ihrem Repertoire hinzu. Im Oktober 2019 führte das Prager Ständetheater dessen nur selten gespielte Oper „Lolita“ auf, ein Werk, das dem Mariinsky-Theater noch in seinem Repertoire fehlte, so dass es die gesamte Produktion aufkaufte und es bereits im Februar 2020 zur Premiere brachte. Wie in Prag so war auch in St. Petersburg Pelageya Kurennaya in der Titelrolle zu erleben, für die sie alle Voraussetzungen mitbrachte : Jugendlichkeit in Erscheinung und Timbre, eine stets sichere Technik, die ihr das Singen in der wie bei Shchedrin üblichen sehr hohen Tessitura erlaubte sowie ein starke dramatische Ausstrahlung. Kein Wunder, dass der Komponist sie nach der Premiere als seine Lieblingssopranistin bezeichnete.


    Die "Lolita" - Produktion ist übrigens inklusive der beiden Protagonisten Pelageya Kurennaya und Petr Sokolov für die "Goldene Maske" nominiert worden, Russlands bedeutendsten Theaterpreis. Am 8. Februar 2021 gastierte man damit am Moskauer Bolshoi-Theater. Mit "Sadko" in der Regie Dmitry Cherniakovs gibt es gewichtige Konkurrenz, und auch die Volkhova dieser Produktion Aida Garifullina hat bereits einen international bekannten Namen. Ende April wird bekannt gegeben, welches Theater sich mit diesem Preis schmücken darf.







    Mit Sicherheit war es für Pelageya Kurennaya ein Glücksfall, am Mariinsky-Theater in Hauptrollen von Opern dieses Komponisten eingesetzt zu werden. Doch die Webseite dieses Theaters führt sie nur als Gast, und sie wird dort hauptsächlich in Partien vom Kaliber wie „Herr Graf, die Pferde sind gesattelt“ eingesetzt. Ich denke, die folgenden Videos zeigen, dass sie, die ich als Lyrischen Sopran mit Koloratur einordnen würde, mehr ist als nur eine Shchedrin-Sängerin und es demzufolge ein reiches Repertoire an diesem Haus gebe. Aber……






    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann



    9. März 2021


    1952 – 69. Geburtstag von Larissa Diadkowa (Sängerin)

    Der russischen Altistin Larissa Diadkova, die heute ihren 69. Geburtstag feiert, hatte ich wenig Beachtung geschenkt, als ich sie 1990 bei einem Gastspiel der damals so genannten Kirov-Oper in Hamburg erstmals hörte. Sie sang damals in der 2. Vorstellung von "Eugen Onegin" die Olga. Da diese Rolle aber in der 1. Aufführung von der jungen Olga Borodina, dem aufstrebenden Stern der Operntruppe, gesungen war, kam mir Larissa Diadkovas Stimme im Vergleich zu ihr lediglich "normal" vor. Im Laufe der Jahre aber habe ich diese Sängerin mehr und mehr schätzen gelernt, vor allem dann, wenn sie in solchen Rollen eingesetzt war, in denen sie ihr reiches Altmaterial demonstrieren konnte, z.B. als Mrs Quickly oder als Duenna in Prokofievs "Verlobung im Kloster".


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    Konchakovna in "Fürst Igor", Savonlinna 1997 (Foto : Peter Schünemann)


    Nach ihrem Studium in Kazan sowie am Rimsky-Korsakov-Konservatorium im damaligen Leningrad war Larissa Diadkova 1978 von Yuri Temirkanov an die Kirov-Oper verpflichtet und auch von seinem Nachfolger Valery Gergiev übernommen worden. Dort wurde sie hauptsächlich im russischen Repertoire eingesetzt, aber auch in Verdi- und Wagner-Rollen. Daneben gastierte sie an den großen Opernbühnen. Das letzte Mal hörte ich sie 2012 am Mariinsky-Theater als Fricka - eine im Grunde genommen verkehrte Besetzung, denn sie wäre mit ihrem satten Alt besser als Erda eingesetzt gewesen.









    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    9. März 2021


    1928 – 93. Geburtstag von Franz Crass (Sänger)

    Die Karriere von Franz Crass, der am heutigen 9. März 93 Jahre alt geworden wäre, ist eng mit den Bayreuther Festspielen verbunden. 1954, im Jahr seines Debüts am Stadttheater Krefeld, tat er das, was vor ihm und nach ihm viele Solisten kleinerer Bühnen taten – er sang im Chor der Bayreuther Festspiele (zwei weitere Sommer folgten). Am 4. August dieses Jahres sollte in der zweiten „Lohengrin“-Aufführung der Wolfgang Wagner-Inszenierung Ludwig Weber den König Heinrich singen, der jedoch absagen musste. Für ihn sprang in dieser Rolle Theo Adam ein, der als einer der 4 Edlen angesetzt war, und dessen Partie übernahm ein Chorist, Franz Crass. Fünf Jahre später stand er, der nun in Hannover engagiert war, selber als König Heinrich auf der Bayreuther Bühne und begeisterte mit seinem höhensicheren balsamischen Bass Publikum wie Kritiker. Ein Jahr später ersetzte er, der eigentlich von Haus aus ein hoher Bass war, den absagenden George London als Fliegender Holländer, Beginn einer großen nationalen und internationalen Karriere.


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    Nach seinem Sarastro an der Staatsoper Berlin 1965 (Foto : Peter Schünemann)


    Ich war 1960 in der Generalprobe der Wieland Wagner-Produktion, muss jedoch gestehen, dass meine Aufmerksamkeit mehr der Senta einer gerade 20 Jahre alten Sängerin galt: Anja Silja. Doch ich hatte Gelegenheit, Franz Crass in der Folgezeit noch oft zu hören, in Bayreuth (Holländer, König Heinrich, Gurnemanz, Hamburg (diverse Partien des deutschen und italienischen Fachs) und sogar an der Deutschen Staatsoper Berlin (Sarastro). Drei Partien sind es, in denen ich mich besonders gerne an ihn erinnere: Sarastro, Gurnemanz und vor allem sein Barak voll stimmlicher und menschlicher Wärme (bedauerlicherweise gibt es davon keine Aufnahme mit ihm, weder aus Köln, wo er sie zum ersten Mal verkörperte, noch aus Hamburg).



    Von einer geplatzten Facherweiterung ist hier in diesem Forum schon berichtet worden. Für die 1964er Wiederaufnahme seiner „Tannhäuser“-Inszenierung hatte Wieland Wagner die Idee, Wolfram einmal aus dem Liederfürsten-Klischee herauszulösen und ihn mit Franz Crass zu besetzen. Doch dieser erlitt in seinem Bayreuther Domizil einen Unfall, sagte Proben ab, reiste aber trotzdem zu der Böhm’schen „Zauberflöten“-Aufnahme nach Berlin, worauf Bayreuth auf ihn verzichtete und die Rolle in diesem Jahr mit Eberhard Wächter und Barry McDaniel besetzt wurde. Der Zwist dauerte zum Glück nicht lange, und Crass wurde wieder für Gurnemanz eingeladen. Leider ging eine Wagner-Rolle an ihm vorüber, vielleicht in weiser Einsicht in die Grenzen eines hohen Basses: Hans Sachs. Meines Wissens spielte er nur die beiden Monologe ein.



    Mit 53 Jahren, also im besten Alter für einen Bassisten, musste Franz Crass seine Karriere wegen eines Gehörschadens beenden, und er widmete sich danach dem Gesangsunterricht. Er, der seit Ende 2011 in einem Pflegeheim lebte, verstarb am 23. Juni 2012 im Alter von 84 Jahren – eine der schönsten deutschen Bassstimmen war schon lange vorher verstummt.








    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Der englische Dirigent Sir Thomas Beecham starb heute vor 60 Jahren. Es wird also 1959/60 gewesen sein, als ich ihn in Hamburg mit dem Royal Philharmonic Orchestra gehört habe, einem der diversen von ihm gegründeten Orchester. An das Programm habe ich nur eine dunkle Erinnerung, als Hauptwerk mag es Beethovens Siebte gewesen sein. Dagegen erinnere ich mich, wie der ältere Herr sich nach diversen Zugaben mit einer seiner für ihn typischen Ansprachen vom Publikum verabschiedete.


    In der Folgezeit wurde ich zu einem eifrigen Sammler von Beecham-LPs und lernte durch sie die Musik von Frederick Delius kennen, für die Beecham ein eifriger Advokat war, während ihm Elgar offenbar weniger zusagte, dessen Werke nach seinen Worten den Charme der Eisenbahnstation von St. Pancras hätte.


    Beecham hatte ein besonderes Gespür für französische Musik von Bizet, Berlioz und Franck, wovon seine "Carmen" - Gesamtaufnahme mit Victoria de los Angeles und Nicolai Gedda zeugte. Der Zusammenarbeit mit der spanischen Sängerin entstammte eine weitere Einspielung, die für mich eine der besten Aufnahmen dieses Werkes ist : "La Boheme" mit Jussi Björling und Robert Merrill.




    Nicht vergessen sollte jedoch der Sibelius-Dirigent Beecham, der sich größter Wertschätzung des Komponisten erfreute.



    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    4. März 2021


    1941 – 80. Geburtstag von Juri Simonow (Dirigent)

    Den russischen Dirigenten YURI SIMONOV, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, hörte ich nur ein einziges Mal "live", als er im Mai 1983 bei einem Gastspiel in Hamburg das Orchester des Moskauer Bolshoi-Theaters leitete. Auf dem Programm des 2. Konzertteils Tchaikovskys Vierte, und da ich damals meinem Hobby frönte, die Dauer der einzelnen Sätze zu stoppen, fielen mir die ungewöhnlichen Zeitmaße auf : in den beiden Binnensätzen so langsam wie in keiner anderen von mir gehörten Wiedergabe, dafür in den Ecksätzen so rasant, dass die Gesamtzeit im Bereich des "Normalen" war.


    Wie mein visueller Eindruck Simonovs war, kann ich nicht erinnern - evtl. hatte ich einen Platz, von dem aus ich seine Körpersprache nicht verfolgen konnte, oder sie erschien mir "normal". Dass diese auch recht ungewönlich sein kann - um mich einmal milde auszudrücken -, davon zeugt dieses kurze Video.



    Auch seine Wiedergabe von Tchaikovskys 1812 zeugt von seinem Temperament.



    Dass Simonov aber durchaus ein seriöser Dirigent mit einer großen nationalen wie internationalen Karriere war und noch ist (im April 2021 sind mit ihm Konzerte in München geplant), zeigt ein Auszug aus seiner Vita.


    Yuri Simonov, in Saratow (Russland) geboren, gab schon mit zwölf Jahren sein Debüt als Dirigent seines Schulorchesters. Nach seinem Studium am Leningrader Konservatorium begann er seine Karriere als Assistent von Jewgeni Mrawinsky bei den Leningrader Philharmonikern. 1968 gewann er den Dirigierwettbewerb von Santa Cecilia in Rom. Im Jahr darauf wurde er zum Chefdirigenten des Moskauer Bolschoi-Theaters berufen; während seiner 16-jährigen Amtszeit leitete er die ersten Wagner-Aufführungen an dem Haus seit über 40 Jahren und unternahm zahlreiche Gastspiele mit dem Ensemble in Europa, Nordamerika und Japan. 1982 debütierte er in Großbritannien sowohl am Royal Opera House Covent Garden (Eugen Onegin) als auch beim London Symphony Orchestra und dirigierte in Folge alle großen britischen Orchester. Seit 1989 ist er auch in Nordamerika tätig, wo er beim Boston Symphony Orchestra, beim Los Angeles Philharmonic Orchestra und beim Montreal Symphony Orchestra gastierte und außerdem Aufführungsserien an der Los Angeles Opera (Don Carlo mit Plácido Domingo) und an der San Francisco Opera (Chowanschtschina mit Nikolai Ghiaurov und Eugen Onegin mit Renee Fleming) leitete. Von 1994 bis 2002 war er Musikalischer Leiter des Orchestre national de Belgique, seit 1998 ist er Chefdirigent des Moskauer Philharmonischen Orchesters und seit 2001 Musikalischer Leiter des Liszt-Wagner-Orchesters Budapest. In den vergangenen Jahren konzertierte er unter anderem mit dem Israel Philharmonic Orchestra, dem Orchestre de la Suisse Romande, der Mumbai Symphony, dem Nationalen Philharmonischen Orchester Warschau, dem Brabant Orchester und dem Budapester Philharmonischen Orchester.

    Herzlichen Glückwunsch zum 80., Maestro!


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Über den angeblichen Anteil von Gergiev an ihren stimmlichen Schwierigkeiten wurde ja gelegentlich auch anderer Stelle spekuliert. Obwohl ich diesen Dirigenten für überschätze halte und ihm sein Zurückrudern nach gewissen Ausfällen gegen Minderheiten nie so richtig abgenommen habe, würde ich mich mit Schuldzuweisungen, die Probleme der Sängerin betreffend, zurückhalten.

    Hier stimme ich mit Rheingold1876 im Prinzip überein, möchte allerdings bezweifeln, dass Gergievs Manie, vor einer Vorstellung bis zum angesetzten Beginn derselben eine mehrstündige Probe abzuhalten, bei der die Sänger oftmals dazu angehalten werden auszusingen, der stimmlichen Gesundheit förderlich ist. Dies habe ich auch mehrfach bei Aufführungen mit Galina Gorchakova festgestellt, und das vor einer Renata oder Aida.


    Nicht bezweifeln möchte ich, dass Gergiev eine Ahnung von Stimmen hat. Dazu ein Beispiel : Als Anna Netrebko ihm vor vielen Jahren vorsang (ca. 1993/94), sang sie ihm eine der beiden Arien der Königin der Nacht vor, denn ihre Lehrerin hielt sie für einen hohen Koloratursopran. Gergiev erkannte jedoch laut eigener Aussage, dass das Zentrum ihrer Stimme tiefer lag, also im Bereich eines lyrischen Soprans, und verpflichtete sie als Susanna. Eine, wie ich finde, weise Entscheidung.


    Natürlich weiß ich nicht, was letztendlich zu Gorchakovas stimmlichem Niedergang geführt hat, doch kommt mir ein Ausspruch des Tenors Jerry Hadley in den Sinn, mit dem er seine nach der Scheidung von seiner Frau beginnende Stimmkrise zu erklären ersuchte : "A wounded bird cannot sing". Gorchakovas Ehemann war zugleich auch ihr Gesangslehrer, und ihre Krise fiel zeitgleich mit der Scheidung von ihm zusammen. Es gibt genügend Beispiele dafür, dass private Krisen Auswirkungen auf die Stimme hatten, vielleicht auch bei ihr? In meinem Eingangsbeitrag hatte ich erwähnt, dass sie, die sonst auf den großen Bühnen stand, jetzt plötzlich in Tallinn und Dublin sang. Von dem Dubliner "Trovatore" hörte ich einen Mitschnitt und vernahm mit Schrecken, wie Gorchakova in der Cabaletta nach der ersten Leonara-Arie zu "kieksen" begann. Ihre früher so brilliante Stimme war nicht mehr in Ordnung.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    2. März 2021


    1939 – 82. Geburtstag von Irina Bogacheva (Sängerin)

    Als am 19. September 2019 Irina Bogacheva im Alter von 80 Jahren starb, trauerte nicht nur in St. Petersburg, sondern in ganz Russland die musikalische Welt um eine große Mezzosopranistin. Ûber fünf Jahrzehnte lang hatte sie ab 1964 am Mariinsky-Theater (der früheren Kirov-Oper Leningrads) gesungen, als Polina in „Pique Dame“ debütierend, in allen großen Partien russischer und italienisch/französischer Opern, später immer noch gelegentlich in einer ihrer Glanzrollen, der Gräfin in „Pique Dame“, sowie in den Prokofiev-Opern „Der Spieler“ und „Krieg und Frieden“.


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    Irina Bogacheva in Hamburg, 1990 (Foto : Peter Schünemann)


    Geboren am 2. März 1939 im damaligen Leningrad, sang Irina Bogacheva nach dem frühen Tod ihrer Eltern im Chor des Kulturpalastes ihrer Heimatstadt und begann 1960 mit dem Gesangsstudium am dortigen Rimsky-Korsakov-Konservatorium. 1962 wurde sie Zweite im All-Unions Glinka-Wettbewerb und gewann 1967 den Internationalen Gesangswettbewerb von Rio de Janeiro. Von 1968 bis 1969 hatte sie Gelegenheit, ihr Studium an der Mailänder Scala zu vervollkommnen, wo sie 1969 als Ulrica debütierte. Als eines der Aushängeschilder der UdSSR trat sie an allen bedeutenden Opernhäusern außerhalb der Sowjet-Union auf.


    Verheiratet mit Stanislav Gaudasinsky, dem früheren Intendanten des Mikhailovsky-Theaters in St. Petersburg (dem früheren Maly-Theater), widmete sich Irina Bogacheva als Professorin am Rimsky-Korsakov-Konservatorium der Schulung des Nachwuchses. So gehörten neben Olga Borodina viele heutige Solisten und Solistinnen des Mariinsky- und auch des Mikhailovsky-Theaters zu ihren Schülern. Sie initiierte einen nach ihr benannten Internationalen Gesangswettbewerb in ihrer Heimatstadt.


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    Olga Borodina, Irina Bogacheva und Evgeniya Gorokhovskaya, Hamburg 1990


    Das Mariinsky-Theater ehrte sein bedeutendes Ensemblemitlied mit einem Konzert am 31. Oktober 2019. Tragischerweise starb Stunden vor Konzertbeginn Irina Bogachevas Tochter Elena Gaudasinskaya, die Direktorin der Klavierabteilung am Rimsky-Korsakov-Konservatorium, an Krebs, und Stanislav Gaudasinsky überlebte seine Frau nur um wenige Monate. Er starb im März 2020.


    Ich erinnere mich dunkel, Irina Bogacheva bereits in den 70er oder 80er Jahren in Hamburg mit Mahlers Kindertotenliedern gehört zu haben. Deutlicher ist mir ein Gastspiel der damals so genannten Kirov-Oper mit „Krieg und Frieden“ 1990 in Hamburg, bei dem sie neben ihrer Schülerin, der jungen Olga Borodina, als Maria Akhrosimova auf der Bühne stand, einer Rolle, in der ich sie noch bis 2012 mehrmals hörte. Zum letzten Mal erlebte ich Irina Bogacheva im September 2018, also ein Jahr vor ihrem Tod, mit ihrer Paraderolle, der Gräfin in „Pique Dame“, mit immer noch intakter Stimme war sie eine Gräfin der leisen, dadurch aber umso wirksameren Töne. Ein unvergessliches Erlebnis.





    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann


    Zwischen 1992 und 1994 hatte ich 4x Gelegenheit, Galina Gorchakova zu erleben : Renata in Kiel 1992, Tatyana in London 1993 sowie Fevroniya in Amsterdam 1993 und Hamburg 1994.


    Bei meinem zweiten Besuch Finnlands 1995 zu den Festspielen in Mikkeli und Savonlinna freute ich mich darauf, sie mit einem Recital in Mikkeli und als Tosca wieder zu hören. Die Administration des Mikkeli-Festivals verhalf mir zu einem Interviewtermin mit Galina Gorchakova, das etwas ungewöhnlich ablief. Da sie die sehr gut englisch sprechende Tour-Managerin des Mariinsky-Theaters ablehnte, kam es zu der Konstellation, dass meine Fragen von einem in Finnland lebenden Deutschen ins Finnische und von einer Finnin ins Russische übersetzt wurden - und vice versa. Es war kein einfaches Interview, denn Gorchakova war recht reserviert, und eine Frage schien ihr nicht zu gefallen. An den Tagen nach ihrem Recital mit der Gergiev-Schwester Larisa Gergieva nutzte man die gute Akustik der Konzerthalle zu Aufnahmesitzungen ihrer ersten ARIEN-CD mit russischen und italienischen Arien. Doch Gorchakova war unüberhörbar nicht bestens disponiert, was sich besonders schmerzlich an einem großen Loch in der Mittellage bemerkbar machte (In dem Endprodukt, der fertigen CD, ist davon nichts zu hören - man hatte nachgebessert). Meine verständliche Frage, warum diese Aufnahme angesichts ihrer Indisposition überhaupt stattfand, beantwortete sie unwillig ausweichend.


    Tage später traf ich Galina Gorchakova vor ihrer ersten Tosca in Savonlinna (die Gergiev übrigens äußerst kurzfristig abgesagt hatte), und sie begrüßte mich mit den Worten, ich sei ein sehr strenger Kritiker. Aber sie habe mit Gergiev und seiner Schwester über mich gesprochen. Sie hätten ihr versichert, dass sie mir vertrauen könnte. Das war der Beginn einer netten, aber leider nur kurzen Bekanntschaft.


    Die konnte ich im Oktober desselben Jahres auffrischen, als es Gelegenheit gab, Gorchakova an zwei Abenden hintereinander zu hören, zunächst als Tosca in Covent Garden, danach als "Fürst Igor" - Yaroslava im Rahmen eines Mariinsky-Gastspiels in der Royal Albert Hall. Vor dem "Igor" wollte sie wissen, wie ich Tosca fand. Da ich nicht ganz zufrieden war, redete ich mich heraus, indem ich nur über ihre Kollegen (Botha, Diaz) und über die Dirigentin (Simone Young) sprach. Doch ich konnte ihr nicht entgehen. Nach der semi-konzertanten Aufführung fragte sie direkt, was ich zu "ihrer" Tosca zu sagen hätte. Ich sagte, an ihrer Stelle würde ich diese Rolle nicht zu oft singen, denn ich befürchtete, sie würde die lyrische Basis ihrer Stimme verlieren. Zu meiner Überraschung stimmte Gorchakova mir zu, aber - wie ich schon in meinem Eingangsbeitrag erwähnte - sah die Realität anders aus : Sie wurde im Westen hauptsächlich für italienische Partien des Spinto-Fachs verpflichtet.


    Ich hätte sie 1999/2000 noch 2x als Aida hören sollen, in Mikkeli und am Mariinsky, doch beide Male sagte sie ab.


    Demnächst mehr über das Verhältnis Gorchakova - Gergiev.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann


    Ein recht offenherziges Interview habe ich hier gelesen. Ich weiß aber nicht, wann das geführt wurde.

    https://www.opusklassiek.nl/solisten/gorchakova.htm

    Lieber Caruso41!


    Wenn ich mich nicht irre, geht aus dem Interview ungefähr hervor, wann es geführt wurde : vor Gorchakovas Norma in San Diego, und die war 2003.


    In den nächsten Tagen noch mehr über Gorchakova (und Gergiev).


    Beste Grüße

    Peter Schünemann

    „Aufstieg und Fall einer wunderbaren Sopranistin“ – so könnte, ja, so muss man einen Artikel über Galina Gorchakova überschreiben, denn sie, die am 1. März 2021 ihren 59. Geburtstag feiert, tritt schon seit vielen Jahren nicht mehr auf. Die Gründe für ihren so frühzeitigen Rückzug von der Bühne sind nicht ganz offensichtlich, haben aber nach meiner Meinung sehr viel mit dem St. Petersburger Mariinsky-Theater und mit der Behandlung von Künstlern durch den Mariinsky-„Zaren“ Valery Gergiev zu tun.


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    Galina Gorchakova in Mikkeli, 1995 (Foto : Peter Schünemann)


    Hätte ich Galina Gorchakova nur in zwei Partien gehört, hätten diese Aufführungen ausgereicht, um sie zu den ganz Großen der Gesangszunft zu zählen. Im Sommer 1992 war sie die Renata in einer konzertanten Aufführung von Prokofievs „Feurigem Engel“ in Kiel, und im September 1993 sowie Sommer 1994 hörte ich sie in Amsterdam und Hamburg als Fevroniya in Rimsky-Korsakovs Oper mit dem Bandwurmtitel „Die Legende der unsichtbaren Stadt Kitezh und der Jungfrau Fevroniya“. Wie sie die Killer-Rolle der Renata mit einer wunderbaren Tonschönheit und Intensität meistert, kann man zum Glück auf der DVD der Mariinsky-Inszenierung David Freemans nachprüfen, und auch wenn bei der kürzlichen Wiederaufnahme dieser Produktion mit Elena Stikhina hervorragende und Maria Bayankina gute Interpretinnen diese Rolle verkörperten, reichten sie nach meiner Einschätzung nicht an Gorchakovas singuläre Leistung heran.


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    Als Fevroniya, Hamburg 1994 (Foto : Peter Schünemann)


    Auch ihre Fevroniya brachte die Vorzüge ihrer Ausnahmestimme zum Vorschein, die durch Gorchakovas spätere Hinwendung zu Verdi und Puccini teilweise verschüttet wurden: das glutvoll dunkle Timbre und die strahlende Leuchtkraft der mit viel Kopfklang versehenen Höhenlage, die hier noch vollkommen unangefochten klingt. Galina Gorchakova steckte in dem Dilemma, das sie nach dem Zusammenbruch der UdSSR mit anderen russischen Sängern teilte. Mit Ausnahme von „Onegin“ und „Pique Dame“ wurden die Opern, in denen sie exzeptionell gut war (neben den beiden schon genannten z. B.“ Iolanta“, „Fürst Igor“ oder „Das Mädchen von Pskov“) im Westen wenig oder gar nicht gespielt, so dass die Ûbernahme von Spinto-Partien in Verdi- und Puccini-Opern unausweichlich, aber letztendlich gefährlich war, weil sie in ihnen die lyrischen Qualitäten ihres Materials nicht einbringen konnte.


    Ich hörte sie im Februar 1996 zum letzten Mal, als sie im Amsterdamer Concertgebouw in einer konzertanten Aida auftrat, nachdem sie noch am Abend zuvor an der Scala Butterfly gesungen hatte. Wie konnte sie absagen, wenn ein Gergiev sie ruft? Doch später häuften sich ihre Absagen, so dass sie am Mariinsky schließlich als unzuverlässig eingestuft wurde, und Gergiev, der sie oftmals mit zu seinen eigenen Gastspielen eingeladen hatte, schien von ihr abzurücken. Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Ûberlaufen brachte, war ein Interview, das sie einem portugiesischen Journalisten gab und in dem sie den von ihr als Monster und Diktator bezeichneten Gergiev beschuldigte, ihre Karriere zu zerstören. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob dieser tatsächlich die Macht hatte, Opernhäuser davon abzubringen, Galina Gorchakova zu engagieren. Tatsache war jedoch, dass sie, der zuvor die größten Bühnen offenstanden, sich nun in Tallinn und Dublin wiederfand, und die Mitschnitte, die ich von dort hörte, schienen auf eine Stimmkrise hinzudeuten. Pikant, dass Jahre später Larisa Gergieva, also die Schwester des Dirigenten und Opernhausleiters, bei der Gorchakova zur persona non grata geworden war, sie einlud, in ihrer Akademie für Junge Sänger Meisterklassen zu geben, doch auch die Zeiten sind vorbei.


    In San Diego sang sie 2003 unter Richard Bonynge Norma. Ich weiß nicht, wo und wie lange Galina Gorchakova noch aufgetreten ist, doch 2003 war sie erst 41 Jahre alt – eigentlich zu früh, um eine anfangs glorreiche Karriere zu beenden.


    1. März 2021


    1962 – 59. Geburtstag von Galina Gorchakova (Sängerin)

    „Aufstieg und Fall einer wunderbaren Sopranistin“ – so könnte, ja, so muss man einen Artikel über Galina Gorchakova überschreiben, denn sie, die am 1. März ihren 59. Geburtstag feiert, tritt schon seit vielen Jahren nicht mehr auf. Die Gründe für ihren so frühzeitigen Rückzug von der Bühne sind nicht ganz offensichtlich, haben aber nach meiner Meinung sehr viel mit dem St. Petersburger Mariinsky-Theater und mit der Behandlung von Künstlern durch den Mariinsky-„Zaren“ Valery Gergiev zu tun.


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    Galina Gorchakova in Mikkeli 1995 (Foto : Peter Schünemann)


    Hätte ich Galina Gorchakova nur in zwei Partien gehört, hätten diese Aufführungen ausgereicht, um sie zu den ganz Großen der Gesangszunft zu zählen. Im Sommer 1992 war sie die Renata in einer konzertanten Aufführung von Prokofievs „Feurigem Engel“ in Kiel, und im September 1993 sowie Sommer 1994 hörte ich sie in Amsterdam und Hamburg als Fevroniya in Rimsky-Korsakovs Oper mit dem Bandwurmtitel „Die Legende der unsichtbaren Stadt Kitezh und der Jungfrau Fevroniya“. Wie sie die Killer-Rolle der Renata mit einer wunderbaren Tonschönheit und Intensität meistert, kann man zum Glück auf der DVD der Mariinsky-Inszenierung David Freemans nachprüfen, und auch wenn bei der kürzlichen Wiederaufnahme dieser Produktion mit Elena Stikhina hervorragende und Maria Bayankina gute Interpretinnen diese Rolle verkörperten, reichten sie nach meiner Einschätzung nicht an Gorchakovas singuläre Leistung heran.


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    Als Fevroniya, Hamburg 1994 (Foto : Peter Schünemann)


    Auch ihre Fevroniya brachte die Vorzüge ihrer Ausnahmestimme zum Vorschein, die durch Gorchakovas spätere Hinwendung zu Verdi und Puccini teilweise verschüttet wurden: das glutvoll dunkle Timbre und die strahlende Leuchtkraft der mit viel Kopfklang versehenen Höhenlage, die hier noch vollkommen unangefochten klingt. Galina Gorchakova steckte in dem Dilemma, das sie nach dem Zusammenbruch der UdSSR mit anderen russischen Sängern teilte. Mit Ausnahme von „Onegin“ und „Pique Dame“ wurden die Opern, in denen sie exzeptionell gut war (neben den beiden schon genannten z. B.“ Iolanta“, „Fürst Igor“ oder „Das Mädchen von Pskov“) im Westen wenig oder gar nicht gespielt, so dass die Ûbernahme von Spinto-Partien in Verdi- und Puccini-Opern unausweichlich, aber letztendlich gefährlich war, weil sie in ihnen die lyrischen Qualitäten ihres Materials nicht einbringen konnte.


    Ich hörte sie im Februar 1996 zum letzten Mal, als sie im Amsterdamer Concertgebouw in einer konzertanten Aida auftrat, nachdem sie noch am Abend zuvor an der Scala Butterfly gesungen hatte. Wie konnte sie absagen, wenn ein Gergiev sie ruft? Doch später häuften sich ihre Absagen, so dass sie am Mariinsky schließlich als unzuverlässig eingestuft wurde, und Gergiev, der sie oftmals mit zu seinen eigenen Gastspielen eingeladen hatte, schien von ihr abzurücken. Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Ûberlaufen brachte, war ein Interview, das sie einem portugiesischen Journalisten gab und in dem sie den von ihr als Monster und Diktator bezeichneten Gergiev beschuldigte, ihre Karriere zu zerstören. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob dieser tatsächlich die Macht hatte, Opernhäuser davon abzubringen, Galina Gorchakova zu engagieren. Tatsache war jedoch, dass sie, der zuvor die größten Bühnen offenstanden, sich nun in Tallinn und Dublin wiederfand, und die Mitschnitte, die ich von dort hörte, schienen auf eine Stimmkrise hinzudeuten. Pikant, dass Jahre später Larisa Gergieva, also die Schwester des Dirigenten und Opernhausleiters, bei der Gorchakova zur persona non grata geworden war, sie einlud, in ihrer Akademie für Junge Sänger Meisterklassen zu geben, doch auch die Zeiten sind vorbei.


    In San Diego sang sie 2003 unter Richard Bonynge Norma. Ich weiß nicht, wo und wie lange Galina Gorchakova noch aufgetreten ist, doch 2003 war sie erst 41 Jahre alt – eigentlich zu früh, um eine anfangs glorreiche Karriere zu beenden. Herzliche Glückwünsche zum 59. Geburtstag.





    Beste Grüße aus Finnland



    Peter Schünemann

    29. Februar 2021


    1920 – 101. Quasi-Geburtstag von Iwan Petrow (Sänger)

    Es gibt eine schöne Anekdote, die viel über die Wertschätzung aussagt, die dieser große russische Bassist unter seinen Landsleuten genossen hat. Als das Moskauer Bolshoi-Theater 1964 an der Mailänder Scala gastierte, klopfte es an der Garderobentür Ivan Petrovs, und herein kam die Tochter Fjodor Schaljapins. Sie machte Petrov Komplimente, dass seine Interpretation Boris Godunows sie sehr an die ihres Vaters erinnerte, und schenkte ihm zum Abschluss des Gesprächs einen Talismann, der ihn immer an seinen legendären Vorgänger erinnern sollte : den Ring, den Schaljapin als Boris getragen hatte.


    Ivan Petrov wurde am 29. Februar 1920 in Irkutsk als Sohn eines Bahn-Beamten deutscher Abstammung geboren und hieß eigentlich Johann Krause, doch als seine Familie 1936 nach Moskau umzog, war es nicht opportun, einen deutschen Namen zu tragen, und so wurde aus Johann Krause Ivan Petrov. Nach seinem Gesangsstudium begann er als Mitglied der Moskauer Philharmonischen Gesellschaft und sang in über 300 Konzerten für die sowjetischen Truppen an der Front oder in Lazaretten. 1943 debütierte er am Bolshoi-Theater als Capulet in Gounods „Roméo et Juliette“ und trat in den ersten Jahren vornehmlich in kleineren Partien auf. Das änderte sich, als er 1947 mit einer Gruppe von jungen Sängern des Bolshoi-Theaters zum 1. Weltjugendfestival nach Prag reiste und dort die Goldmedaille im Gesangswettbewerb gewann, ein Erfolg, den er zwei Jahre später in Budapest wiederholte. An seiner Heimatbühne avancierte er in kurzer Zeit zu einem immer wieder in den Hauptpartien des russischen und italienischen Repertoires eingesetzten Bassisten. Zu seinen Glanzpartien gehörten nicht nur Boris, Dosifej, Kochubej, Filippo, Basilio, sondern vor allem – seine Lieblingsrolle – Gounods Mephistopheles. Er unternahm große Konzertreisen, auch durch westeuropäische Länder. So erinnere ich ein Gastspiel als Boris in Stuttgart.


    Im für einen Bassisten besten Alter von 50 Jahren musste Petrov seine Gesangskarriere aufgeben. Eine immer schneller fortschreitende Diabeteserkrankung hatte seine Stimmbänder angegriffen, was ihn jedoch nicht daran hinderte, weiterhin am Bolshoi-Theater als Lehrer tätig zu sein.


    Unter http://www.fasolt.com/ findet sich die Diskographie dieses typisch russischen Bassisten, typisch nicht in dem Sinne, dass die Klangfarbe seiner Stimme der eines „schwarzen Basses“ entsprochen hätte (das sind die wenigsten russischen Bässe), sondern Petrov war eher ein hoher Bass oder gar ein Bassbariton, fähig also, die unbequem hohe Tessitura eines Ruslan, Boris oder Kochubej problemlos zu bewältigen.






    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    26. Februar 2021


    1944 – 77. Geburtstag von Peter Lindroos (Sänger)

    Peter Lindroos, am 26.2.1944 im finnischen Pohja geboren, wollte ursprünglich Organist und Musiklehrer werden und schloss das Studium dieser Fächer an der Sibelius-Akademie in Helsinki im Jahre 1964 ab. Dann jedoch ließ er seine Stimme ausbilden, zunächst in Helsinki, dann in Rom durch Luigi Ricci und in Treviso durch Mario del Monaco. Nach seinem Debüt 1967 (nach anderen Quellen 1968) an der Finnischen Nationaloper als Rodolfo ging er 1969 für zwei Jahre nach Göteborg, wo er mit dem Othello debütierte. Von 1971 war er für 30 Jahre Mitglied des Königlichen Opernhauses Kopenhagen, war der Finnischen Nationaloper aber über viele Jahre hinaus verbunden, an der er noch in den letzten Jahren vor seinem Tod in Butterfly, Carmen, Boris Godunow und 2002 in der Uraufführung von Lars Karlssons „Rödhamn“ auftrat. Daneben gastierte er weltweit, im europäischen Ausland an Londons Covent Garden Opera (Bacchus), an der Scala, in Wien (Tosca, Carmen, Jenufa, Katja Kabanova), München, Berlin, Hamburg (Parsifal), Stuttgart, Paris (Boris Godunow), Madrid, Barcelona, Parma (Carmen), in Übersee war er zu Gast in Buenos Aires, San Francisco, Washington, Baltimore.


    Von 1995 war er Dozent an der Sibelius-Akademie in Helsinki (zu seinen Schülern gehörte u.a. der Tenor Topi Lehtipuu), ab 1996 auch Professor an der Musikhochschule von Malmö.


    Peter Lindroos besaß einen echten Spinto-Tenor, durch seine Ausbildung in Italien von italienischer Prägung, so dass er weltweit für dieses Fach verpflichtet wurde, sang aber auch in Werken von Wagner und Strauss.


    Seine Stimme ist auf einigen CDs festgehalten, so u.a. in Pacius’ „König Karls Jagd“, der ersten finnischen Oper“, in Erik Bergmans „The Singing Tree“ und als Apollo in einem Münchner Daphne-Mitschnitt unter Wolfgang Sawallisch (Daphne: Lilian Sukis)


    Am 17. November 2003 ist Lindroos bei einem Verkehrsunfall in der Nähe der schwedischen Stadt Malmö tödlich verletzt worden. Bei dem Unfall kam auch sein eineinhalb Jahre alter Sohn ums Leben. Seine Frau und seine dreijährige Tochter wurden schwer verletzt, als das Auto der Familie mit einem Schwerlaster kollidierte, wie Medien in Finnland und Schweden meldeten. Peter Lindroos wurde nur 59 Jahre alt.



    Vor 20 Jahren erhielt ich den ehrenvollen Auftrag, für das Booklet zum Internationalen Kongress der Gesangspädagogen in Helsinki einen Einführungsbeitrag zu schreiben. Titel: „Is There a Northern Dimension to the Human Voice? Are Scandinavian Voices Cold and Mediterranean Ones Warm?” Ich muss gestehen, noch nie so große „Bauchschmerzen“ wie beim Schreiben dieses Artikels gehabt zu haben. Wann immer ich eine These aufgestellt hatte, gab es viele Beispiele, mit denen ich sie widerlegen konnte. Dieser Artikel fiel mir beim Schreiben dieses Erinnerungsbeitrags wieder ein, denn obwohl Peter Lindroos Finne war, zwar der schwedischen Minderheit angehörend, empfand ich seine Stimme nicht als nordisch-kühl, sondern ganz im Gegenteil als mediterran-warm, wie die folgenden Beispiele zeigen mögen.






    Auch wenn Weihnachten noch weit entfernt ist, möchte ich doch nicht Lindroos' "O Helga Natt" vorenthalten, eine meiner liebsten Versionen :




    Wie Soile Isokoski strebte auch Lindroos ursprünglich eine Laufbahn als Kantor an, woran dieses Kirchenlied erinnert :




    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Heute vor 7 Jahren starb der rumänische Bariton Nicolae Herlea im Alter von 86 Jahren. Er verstarb in Frankfurt /Main, wohin er 1984 gezogen war, als Nicolae Herle deutscher Herkunft am 28. August 1927 in Bukarest geboren.


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    Hamburg 1965 (Foto : Peter Schünemann)


    Herlea begann während des Studiums als Tenor, wechselte aber bald in das Baritonfach und debütierte 1948 als Silvio in Bukarest. Innerhalb kurzer Zeit wurde er Solist an der Rumänischen Nationaloper, aber der Weg ins westliche Ausland war ihm zunächst wie vielen seiner Kollegen verwehrt. Dies änderte sich erst allmählich. Sein erster großer Erfolg außerhalb von Rumänien war 1958 sein Auftreten am Bolshoi-Theater Moskau, zu dem er häufig wiederkehrte. Danach standen ihm alle großen Bühnen der Opernwelt offen.


    Ich hörte Nicolae Herlea zwei Mal. Am 9. Mai 1965 gastierte die Deutsche Oper Berlin mit dem von Herbert von Karajan inszenierten und dirigierten "Trovatore" an der Hamburgischen Staatsoper. Neben Ilva Ligabue, Adriana Lazzarini und Carlo Bergonzi trat Herlea als Conte di Luna auf. Ein halbes Jahr später begegnete ich diesem Bariton wieder bei einem denkwürdigen "Don Carlos" am 9. Dezember an der Deutschen Staatsoper Berlin. Denkwürdig war diese Vorstellung deswegen, weil die Bulgaren Julia Wiener, Nadja Afejan und Ljubomir Bodurow in ihrer Muttersprache sangen, Herlea italienisch und Theo Adam (Philipp) und Rolf Kühne (Großinquisitor) deutsch. Dirigent war Heinz Fricke.


    Nicolae Herlea nannte ein reich timbriertes Baritonmaterial sein eigen, das mich in seiner samtigen Klangfarbe etwas an Ettore Bastianini erinnerte, aber auch an Pavel Lisitsian muss ich denken, wenn ich ihn höre. Mit über 550 Auftritten war der Rossini-Figaro seine meistgesungene Partie, am liebsten gesungen hat er - wie er in einem Interview sagte - Rigoletto. Hier hört man ihn als Figaro mit Marina Krilovici als Rosina, die ich als späteren Spinto-Sopran in Erinnerung habe.





    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Das ist wahr. Es gab ja die ungeschriebene Auflage, dass Sänger, die bei den als Konkurrenz aufgefassten Münchner Opernfestspielen auftraten, nach Bayreuth nicht mehr eingeladen wurden. Das dürfte noch auf Cosima Wagner zurückgehen, scheint sich aber bis in den 1950er Jahre gehalten zu haben. Siegfried Wagner bedauerte einmal, dass er den von ihm bewunderten Wilhelm Rode aus diesem Grund nicht einladen konnte, obwohl er gewollt hätte. Und es galt anfangs auch noch für Neu-Bayreuth. Selbst so führende Wagner-Interpreten wie Ferdinand Frantz und seine Ehefrau Helena Braun wurden nie nach Bayreuth verpflichtet. Unter Wieland und Wolfgang muss dann aber langsam die Abkehr von dieser archaischen Klausel gekommen sein, da Bernd Aldenhoff trotz seines Engagements bei den Münchner Opernfestspielen noch einmal im Jahre 1957 im "Ring" als Siegfried für Wolfgang Windgassen einsprang.

    Dieses ungeschriebene Gesetz, sich von München oder anderen Festspielen abzuheben, bestand sicherlich, doch es gibt genügend Ausnahmen von diesem Prinzip. Mir fallen auf Anhieb Erika Köth, Hertha Töpper, Marcel Cordes und Kurt Böhme ein, alles München-Sänger, die auch in Bayreuth sangen.


    Genauso ist es mit den sog. Wieland-und Wolfgang-Künstlern. Der Bariton Hubert Hofmann erzählte mir eine bezeichnende Geschichte : Er sei 1964 für Wielands "Tannhäuser" als Biterolf verpflichtet worden, nach dem Tode des ursprünglich vorgesehenen James Milligan zusätzlich für Wolfgangs "Siegfried" auch als Wanderer. Bei der ersten Probe mit Wieland sei er von diesem mit den Worten begrüßt worden, jetzt habe er sich erfolgreich zwischen alle Stühle gesetzt.


    Auf der anderen Seite fallen mir viele Gegenbeispiele ein. So war Astrid Varnay erst für den Wieland-"Ring" 1951 besetzt, sang jedoch 1953 Ortrud bei Wolfgang. Umgekehrt war Birgit Nilsson erst von Wolfgang verpflichtet worden, bevor sie zu Isolde und Brünnhilde bei Wieland wurde. Diese Liste ließe sich leicht fortsetzen.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    19. Februar 2021


    1946 – 75. Geburtstag von Alexander Tschaikowski (Komponist)

    Der russische Komponist Alexander Tchaikovsky feiert am 19. Februar seinen 75. Geburtstag. Ein Neffe eines weiteren Komponisten mit diesem Namen, Boris Tchaikovsky, studierte er in Moskau bei Heinrich Neuhaus und Lev Naumov Piano und sowie bei Tikhon Khrennikov Komposition. Nach Beendigung seines Studiums am Moskauer Konservatorium1972 begann er bereits ein Jahr später, an diesem Institut zu lehren, und war von 1993 – 2002 Künstlerischer Berater für Valery Gergiev am St. Petersburger Mariinsky-Theater. Von 2005 – 2008 war er Rektor am St. Petersburger Konservatorium und lehrt heute wieder als Professor am Moskauer Konseratorium.


    Freunde unter sich : Alexander Tchaikovsky, Yuri Bashmet, Valery Gergiev, Mikkeli 2007 (Foto : Peter Schünemann)


    Sein Schaffen als Komponist ist vielfaltig und umfasst 14 Opern, 3 Ballette, Musicals, Operetten, 7 Sinfonien sowie Solokonzerte für diverse Instrumente. Seine vorerst letzte Sinfonie, die Siebte, trägt den Namen „Quarantine Symphony“. Sie ist während der Covid-19-Pandemie entstanden und ist für ein „socially distanced“ Orchester aus Streichern, Schlagzeug und Piano konzipiert. In den Worten des Komponisten „The virus then took revenge“, Tchaikovsky erkrankte am Coronavirus und war noch nicht wieder genesen, als diese Sinfonie in Omsk uraufgeführt wurde.



    Ich habe Alexander Tchaikovsky 2000 als Talentscout des Mariinsky-Theaters kennengelernt. Sieben Jahre später kam er als Komponist (und Pianist) zu Valery Gergievs Festival nach Mikkeli. Weil auf Wunsch des Dirigenten Yuri Bashmet der Solist in einem der Konzerte sein sollte, war man auf der Suche nach einem geeigneten Werk, denn dieser hatte bis dato mehrfach die Violakonzerte Schnittkes, Gubaidulinas und Harold in Italien von Berlioz zum Teil mehrmals gespielt. Gergiev hatte bereits 1986 mit Bashmet als Solisten das 1. Violakonzert Alexander Tchaikovskys eingespielt, aber Bashmet war diesmal mehr an dem 2. mit dem Titel „Etudes in Simple Tones“ interessiert, in dem der Komponist als Pianist einen gewichtigen Part hatte.


    Yuri Bashmet, Lyudmila Tchaikovskaya (Geigerin im Mariinsky-Orchester), Alexander Tchaikovsky, Mikkeli 2007 (Foto : Peter Schünemann)


    Trotz der engen Freundschaft zwischen dem Dirigenten und Tchaikovsky hat Gergiev nur wenige seiner Werke selber aufgeführt – außer den beiden Violakonzerten die „Symphonic Fantasia CSKA Spartak Moscow“; wie Shostakovich war auch Tchaikovsky ein großer Fußballfan. Das Mariinsky-Theater ehrt den Komponisten am Tage seines Geburtstages mit der halbszenischen Aufführung seiner Oper „Chess King“ (der russische Titel lautet auf Deutsch „König Schachmatt“), basierend auf Stefan Zweigs Schachnovelle. Wie schon 2017 dirigiert nicht Valery Gergiev, sondern Mikhail Sinkevich.



    Ich kenne nur sehr wenige Werke dieses Komponisten, der u.a. eine Oper mit dem Bandwurmtitel Legend of the Ancient Town of Yelets, Tamerlana and the Virgin Mary komponiert hatte, aus dem der russische Dirigent Alexander Sladkovsky oftmals einen Ausschnitt unter dem Titel „Stan Tamerlana“ als Zugabe in seinen Konzerten dirigiert – ein Stück mit ähnlich mitreißender Wirkung wie der Mambo aus Bernsteins „West Side Story“. Unbedingt hörenswert!!! Auch Mariss Jansons führte Werke dieses Komponisten auf. Hier ein Stück mit dem Titel "Symphony Garden".




    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Lieber Caruso41!


    Über Sergey Skorokhodov werde ich gerne etwas schreiben, obwohl er auch in Deutschland kein Unbekannter mehr ist. Bei der Netrebko-Tour mit "Iolanta" war er ihr Vaudemont und hat auch in München (Grigory) und Berlin (Traviata-Alfredo?) gastiert. Im "Fliegenden Holländer" an der MET war er Erik.


    Beste Grüße


    Peter Schünemann (Ich höre auch auf Schürmann!)

    1986 – 35. Todestag von Václav Smetáček (Dirigent u.a.)

    Václav Smetáček begann zunächst als Oboist, von 1930 bis 1933 in der Tschechischen Philharmonie und ab 1933 auch im Orchester der Prager Nationaloper. 1928 gründete er das Prague Wind Quintet, dessen Leiter und Mitglied er 26 Jahre lang blieb. Nachdem Smetáček ab 1934 den Chor des Prager Rundfunk leitete, wurde er 1942 Chefdirigent des FOK Sinfonieorchesters, des heutigen Prager Sinfonieorchesters, und blieb in dieser Position bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1972. Bis zu seinem Tode 1986, im Jahr seines 86. Geburtstages, blieb er diesem Orchester verbunden.


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    Bei der Probe mit dem NDR-Sinfonieorchester in Hamburg (Foto : Peter Schünemann)


    Unvergesslich bleibt mir Smetáčeks erstes seiner beiden Hamburger Konzerte mit dem Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks. Es war in der ersten Hälfte der 60er Jahre, als der vorgesehene Rafael Kubelik kurzfristig absagte und die NDR-Administratoren buchstäblich über Nacht Václav Smetáček herbeizauberten, der das Programm ohne Änderung übernahm: Beethovens Chor-Fantasie (Solist: Karl Engel) und Leoš Janáčeks Glagolitische Messe mit einem internationalen Solistenquartett (Martina Arroyo, Ursula Boese, Ragnar Ulfung, Kieth Engen). Smetáčeks Ûberraschung und Freude waren nicht zu übersehen, als er in der ersten Probe bemerkte, dass der Chor den originalen kirchenslawischen Text der Messe einstudiert hatte, und seine Begeisterung, mit der er arbeitete, ließ den ehemaligen Chordirigenten erkennen. Jahre später wurde Smetáček dann noch ein zweites Mal zum NDR-Sinfonieorchester eingeladen. Diesmal standen Janáčeks Taras Bulba, Mozarts Prager Sinfonie und Tschaikowskys Fünfte auf dem Programm – ebenso eindrucksvoll wie das erste Konzert. Jedenfalls war die Begegnung mit diesem Dirigenten eine große Bereicherung meiner Konzerterlebnisse.


    Smetáček hinterließ eine reichhaltige Diskographie, vorwiegend des slawischen Repertoires. Besonders liebe ich dieses Aufnahme mit einem für ihn typischen Chorwerk :



    Nicht typisch für ihn, aber wunderschöne Musik, die Suite aus "Kitezh"



    Und hier noch etwas Ungewöhnliches :



    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Mir tun lyrische Tenöre, die sich auf den zerstörerischen Opfergang der großen Wagnerpartien begeben, einfach leid...- Wenn Daniel Behle nicht aufpaßt, ist er der nächste Kandidat !

    Lieber Antalwin!


    Ich hoffe, dass Daniel Behle nicht dasselbe Schicksal erleidet wie andere lyrische Tenöre vor ihm. Andererseits kenne ich ihn seit fast 20 Jahren, seit er an der Hamburger Musikhochschule studierte, an mehreren Gesangswettbewerben teilnahm und sich von Wettbewerb zu Wettbewerb kontinuierlich steigerte. Auf keinen Fall würde ich ihn zu den auch von mir präferierten baritonalen Heldentenören zählen, nicht einmal zu den Heldentenören, sondern - vielleicht darin Fritz Wunderlich vergleichbar - zu einem lyrischen Tenor in der Entwicklung zu einem jugendlichen Helden. Ganz bewusst wagt er den - wie er sagt - "Spagat" zwischen lyrischen Partien wie z.B. Ferrando und dramatischeren wie den geplanten Rollen wie Florestan oder Stolzing. Seinen Dortmunder Lohengrin hörte ich als Mitschnitt, und zumindest darin kann er sich meiner Meinung nach mit den besten Vertretern der Vergangenheit und Gegenwart messen. Es ist noch zu früh für eine Vorhersage, ob er diese Qualität auch als Stolzing erreichen wird. Warten wir's ab!


    Ansonsten ist meine Kenntnis derzeitiger Tenöre, die in diesem Fach singen, nicht mehr aktuell. Es ist nun schon 20 Jahre her, dass ich mit dem Finnen Heikki Siukola noch einmal einen baritonalen Heldentenor hörte (Tristan in Savonlinna). Ein beneidenswertes, mich an Hans Beirer erinnerndes Material, doch damit war's auch schon getan. Angesichts seiner Intonationsprobleme war es kein reines Vergnügen, ihm zuzuhören.


    Bezüglich Fritz Wunderlich hatte ich bei Dir / Ihnen angefragt, wo in der Pfister-Biografie der Hinweis auf Wieland Wagners Interesse an einem Lohengrin Wunderlichs schon 1956 zu finden ist. Keine Eile! Ich kann warten! Aber interessieren würde es mich schon!!!


    Seit vielen Jahren verfolge ich die Situation am St. Petersburger Mariinsky-Theater, auch in Bezug auf Wagner. Bis vor einigen Jahren hatte man in Leonid Zakhozhaev einen Tenor für Rollen von Lohengrin bis Siegfried und Tristan (Tannhäuser gab es zu seiner Zeit noch nicht), dessen Stimme zwar so gut fokussiert war, dass sie über das Orchester trug, aber vom Timbre her empfand ich ihn mehr als Charaktertenor. Dasselbe würde ich über den heutigen Vertreter dieses Faches sagen, Mikhail Vekua, die Allzweckwaffe des Mariinsky für alles, was lauter ist als Mozart. Und wie man einen Dmitry Voropaev in Partien von Nemorino bis Parsifal, Siegmund und Alt-Siegfried einsetzen kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings gibt es dort einen Tenor, der sich kontinuierlich entwickelt hat und heute ein erstklassiger Vertreter des jugendlichen Heldentenorfachs ist : Sergey Skorokhodov, ein erstklassiger Erik, Lohengrin, der seit Kurzem auch Tannhäuser und Stolzing singt. Wie ich meine, ein Tenor für Bayreuth, zumal er im Gegensatz zu vielen Kollegen an diesem Institut auch ein idiomatisches Deutsch singt.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Lieber Antalwin!


    Meine Skepsis wegen Wieland Wagners Interesse an einem Lohengrin Fritz Wunderlichs bezog sich hauptsächlich auf die Jahreszahl 1956. Bei einem flüchtigen Überfliegen der Pfister-Biografie fand ich diverse Verweise auf Wieland Wagner, doch keine bereits aus 1956, statt dessen auf eine Anfrage von 1965 für den "Tristan" - Seemann 1966. Falls ich hier etwas übersehen oder falsch verstanden habe, bitte ich um einen kurzen Hinweis, wo ich diese Textstelle bei Pfister finden kann. Danke.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Ohne die Beiträge meiner werten Vorredner über das Verhältnis zwischen Solist und Dirigent bzw. über Transkriptionen gering schätzen zu wollen, möchte ich mich doch gerne wieder Gergievs "Probenstil" widmen, der eigentlich keiner ist, wie die Spannweite zwischen von Esa-Pekka Salonen so beschriebenem "Micro-Managing" und meiner Beschreibung der Erarbeitung von "Samson et Dalila" veranschaulichen dürfte. Genauso wenig gibt es für diesen Dirigenten, der nicht auf eine Regel festzulegen ist, keine Regel, wann er einen Taktstock benutzt (und wenn ja, in welcher Länge) bzw. ohne dirigiert.


    Bis auf die Sinfonien Nr. 2, 7 und 8 leitete Gergiev bei seinem Festival in Mikkeli alle Mahler-Sinfonien. Im Jahre 2003 stand die 3. Sinfonie auf dem Programm, und zwar in der Holzkirche, während einen Tag vorher der komplette "Nussknacker" Tchaikovskys in konzertanter Version in der Kathedrale gespielt wurde. Das Ballett gehört nun zu den Werken, die nur selten geprobt werden, weil sie oft im Mariinsky-Theater aufgeführt werden. So entschied Gergiev, vor dem Nussknacker die Mahler-Sinfonie zu proben, stellte aber fest, dass die Zeit vor Beginn des Konzerts nicht für den in seiner Interpretation fast 25minütigen Schlusssatz reichte. Was tun? Für Gergiev kein Problem : Er ließ diesen Satz in doppeltem Tempo von den Musikern spielen!!! Darauf angesprochen, ob dies seine Originalinterpretation sei, antwortete er in gewohnter Offenheit, dass die Musiker somit die Gelegenheit hatten, die Noten dieser Sinfonie wenigsten ein Mal vor dem Konzert zu spielen!!!!!!


    Als 2010 die 6. Sinfonie Mahlers auf dem Programm stand, kam ein weiteres Problem hinzu : Zur selben Zeit fand die Europa- oder Weltmeisterschaft im Fußball statt, und zwar sollte um 22 Uhr Finnischer Zeit ein wichtiges Spiel übertragen werden. Nun muss man wissen, dass Gergiev ein großer Fußballfan ist, der normalerweise keine Gelegenheit auslässt, sich die die Spiele im Stadion anzusehen. Auch unter seinen Musikern waren viele, die das abendliche Spiel unbedingt im TV verfolgen wollten. Sollte Gergiev die Probe ausnahmsweise einmal pünktlich beenden, wäre dies auch möglich gewesen, und einige Musiker gaben dem finnischen Administrator auch durch Zeichen zu verstehen, er solle Gergiev signalisieren abzubrechen. Aber dieser hatte wie immer seinen eigenen Kopf und beeendete die Probe erst nach offiziellem Konzertbeginn. Das Konzert wäre also zu spät beendet gewesen, um das Spiel noch komplett sehen zu können. Aber Gergiev fand auch für dieses Problem eine Lösung : Es kommt sehr oft vor (ist aber nicht die Regel), dass im 1. Satz die Exposition wiederholt wird, auch von Gergiev üblicherweise. Aber an diesem Abend ersparte er sich und seinen Musikern die Wiederholung, und so schafften alle es gerade noch zum Beginn des Fußballspiels.


    Wer Gergiev Unseriosität vorwirft, wird durch meine "Schmankerl" mit Sicherheit nicht seine Meinung ändern. Auch ich sehe ihn nicht unkritisch, aber (noch) überwiegt mein Gefühl der Faszination - trotz aller Geschichten, die ich im Laufe der Jahre miterlebt habe und von denen ich gerne noch einige (bei Interesse) weitergeben möchte.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Wieland Wagner wollte Bayreuth als deutschnationale Weihestätte zerstören, indem er Wagners Opern und Figuren entheroisierte.

    Lieber Antalwin!


    Dieser These stimme ich vorbehaltlos zu. Probleme habe ich eher damit, Wolfgang Windgassen und Josef Traxel "in einen Topf zu werfen". Obwohl beide sich einen Teil ihres Repertoires teilten (so sang Windgassen auch Tamino!), so würde ich Traxel als lyrischen und Windgassen als jugendlichen Helden- oder (wie Du sagst) Zwischenfachtenor bezeichnen. Ramon Vinay und Spass Wenkoff als baritonale Tenöre = Zustimmung, nicht jedoch Jean Cox, Jess Thomas und James King (auch wenn King früher Bariton gewesen ist).


    Bei Wunderlich Lohengrin 1956 handelt es sicherlich um einen Tippfehler.


    Wieland Wagner hatte oft uns heute merkwürdig anmutende Besetzungsideen, mit denen er herkömmliche Klischees konterkarieren wollte. So hatte es ihm bei einem Calaf-Gastspiel in Hamburg der amerikanische Tenor William Olvis angetan, den er für 1965 als Froh und Erik engagierte. Als Olvis aber so gar nicht auf seine Ideen einging und nicht in der Lage war, seine gewohnte Gestik abzulegen, war es mit ihm nach einem Sommer vorbei.


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Zu Günter Wands heutigem 19. Todestag zwei von mir "geschossene" Fotos. Eines zeigt ihn bei einer Probe mit dem NDR-Sinfonieorchester in den frühen 60er Jahren, das andere im Jahre 1990.


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    Günter Wand in Hamburg in den frühen 60er Jahren (Foto : Peter Schünemann)


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    Günter Wand, Hamburg 1990 (Foto : Peter Schünemann)


    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Herzlichen Glückwunsch an die finnische Sopranistin SOILE ISOKOSKI zu ihrem 64. Geburtstag. Paljon onnea!


    Besser als Caruso41 in seinem Beitrag zu dem Thema „Soile Isokoski – eine der schönsten Stimmen Skandinaviens“ kann ich die Stimme dieser beliebten finnischen Künstlerin nicht beschreiben, wage nur die beckmesserische Korrektur, dass Finnland nicht zu Skandinavien gehört (der Titel stammt nicht von Caruso41!). Ich kann mich deshalb auf einige Bemerkungen aus meiner Sicht beschränken.


    Soile Isokoski hatte relativ spät debütiert, mit 29 Jahren als Konzertsängerin und mit 30 Jahren an der Finnischen Nationaloper als Mimi. 1987 hatte sie den renommiertesten finnischen Gesangswettbewerb in Lappeenranta gewonnen. Zu meiner Ûberraschung hatte sie dort die Santuzza-Arie gesungen – wie Pekka K. Pohjola, ihr Agent, mir sagte, war dies die einzige Opernarie, die sie kannte. Während Lappeenranta von nur regionaler Bedeutung ist (nur finnische Teilnehmer), waren die nächsten Auszeichnungen schon wichtiger, vor allem der 2. Preis beim BBC Singer of the World-Wettbewerb.


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    Als Figaro-Contessa, Hamburg 1994 (Foto : Peter Schünemann)


    Als ich im Februar 1994 zum ersten Finnland und die „Otello“-Premiere an der kurz vorher neu eröffneten Finnischen Nationaloper besuchte, hörte ich von Problemen mit Soile Isokoski (oder ihrem Agenten?). Sie habe gehofft, mit der Desdemona betraut zu werden, die man dann letzten Endes einer schwedischen Kollegin gab. Leider habe ich Soile Isokoski nicht so oft wie gewünscht auf der Opernbühne erleben dürfen: 1993 1. Zauberflöten-Dame (Salzburg), 1994 Figaro-Contessa, 1996 Fiordiligi (beides Hamburg) und 2006 Tatjana (Helsinki).


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    Hamburg 1996 (Foto : Peter Schünemann)


    Bei Valery Gergievs Musik-Festival im finnischen Mikkeli trat sie mehrfach auf. Nach der Haydn-„Schöpfung“ 1995 erinnere ich mich gerne an ihre Liederabende dort in den Jahren 2007 und 2012. Sehr gerne hätte ich sie in einem von Gergiev dirigierten Orchesterkonzert mit Strauss‘ „Vier letzten Liedern“ gehört, doch scheiterte dies an Terminproblemen. Bei ihrem Mikkeli-Recital in 2012 war sie noch stark von ihrer (zum Glück) überwundenen Krebserkrankung gezeichnet. Dies ließ mich an eine Begebenheit beim Turku-Festival 2011 zurückdenken. Es gab in einer konzertanten Aufführung „Ariadne auf Naxos“ unter Gergiev. Nach dem Konzert umarmte mich eine mir bekannt vorkommende Dame (und ich sie), wir schienen uns zu kennen, aber – wie das manchmal vorkommt – ich fragte mich hinterher, wer diese Dame war. Des Rätsels Lösung: Es war Soile Isokoski, die ich nicht erkannt hatte, weil die Kortisonbehandlung sie stark verändert hatte. Sie war in diese Aufführung gekommen, weil sie ein Jahr später in Glyndebourne Ariadne zu singen hatte und sich den dafür vorgesehenen Mariinsky-Bachus (Sergey Skorokhodov) anhören wollte.


    Nachdem sie ihre Krebserkrankung öffentlich gemacht hatte, trat sie nur noch vereinzelt in Opernhäusern auf, dafür noch regelmäßig in Konzerten und Liederabenden. Ihre langjährige, kongeniale Begleiterin war dabei Marita Viitasalo, die Ehefrau ihres Agenten, doch kommt es auch vor, dass sie mit anderen Pianisten wie Ilkka Paananen zusammenarbeitet.


    Soile Isokoski wollte eigentlich Kirchenmusikerin werden. Und so möchte ich an sie erinnern mit Musik dieses Genres, das ihr so sehr am Herzen liegt.




    Und hier eine der schönsten Aufnahmen der Vier letzten Lieder von Richard Strauss :



    Beste Grüße aus Finnland


    Peter Schünemann

    Die Transkriptionen sollen doch wohl der Aussprache nach möglichst nahe an die Aussprache der Namen im Original kommen, oder irre ich mich da? Dann ist aber klar, dass jede Sprache ihre eigenen Transkriptionen braucht. Die englische Transkription "Rostropovich" wird nun mal im Deutschen anders ausgesprochen als im Englischen, weswegen man im Deutschen "Rostropowitsch" gebraucht usw.

    Ich gebe mich geschlagen. Diesem Argument kann ich nicht widersprechen. Dann werden wir also in Zukunft Netrebka (!) schreiben, oder? Und Rastropowitsch? Wie gut, dass Damingo kein Russe ist!

    Der deutsche Wikipedia-Eintrag lautet "Gergijew".
    Ich beobachte es seit Jahren mit einigem Unmut, dass praktisch nur mehr die englischen Transkriptionen russischer Namen verwendet werden, so auch in Rezensionen.
    Gergiev, Ashkenazy, Temirkanov, Svetlanov, Rozhdestvensky, Kondrashin, Mravinsky, Rostropovich etc. pp. - alles englisch transkribiert.

    Bei einigen hat sich kurioserweise die französische Transkription durchgesetzt: Markevitch und Aronovitch etwa. Englisch wäre die Endung ja auf -ch, nicht auf -tch.
    Verwendet man eine deutsche Transkription, besteht freilich die Gefahr, dass man bei der Suche nach diversen Aufnahmen gar nichts findet.

    Lieber Joseph II.,


    ich kann Dich gut verstehen, aber ich hielte es für am einfachsten, wenn man sich auf EINE Transkription einigen könnte. Warum sollte jedes Land eine eigene haben? Übrigens - hier in Finnland legt man großen Wert darauf, alle russischen Namen in finnischer Transkription zu verwenden.