Puccini: "Tosca“ an der DOB (Hateros, M. Alvarez) – 18. Januar 2015

  • Nachdem die Lindenoper seit letzter Spielzeit eine sehr fragwürdige Neuinszenierung von Puccinis Dauerkrimi "Tosca" anbietet, läuft an der Deutschen Oper Berlin an der Bismarckstraße noch immer die Inszenierung von Boleslaw Barlog aus dem Jahre 1969, die es bis zum heutigen Tag auf 369 Aufführungen gebracht hat.


    In der Titelpartie begeisterte erneut Anja Hateros, die schon seit Jahren verlässlich an diesem, Opernhaus gastiert. Nicht nur ihr Gesang überzeugte, sondern auch ihr Spiel auf der Bühne. Herausragend gelang ihr die Arie im zweiten Akt. Marcelo Alvarez bot ein herzzerreißendes Porträt des Cavaradossi. Der Gesang und die Ausgestaltung der Arie im dritten Akt sorgte für spontanen Szenenapplaus und Bravo-Rufen. Auch ansonsten harmonierten Hateros und Alvarez auf wunderbare Weise. Dagegen fiel der Scarpia von Ivan Inverardi ab. Er reduzierte seine Rollengestaltung nur auf den Lüstling. Sein Gesang ging in Ordnung. Wer Theo Adam an der Lindenoper erlebt hat, der weiß, wie angsteinflößend seine Rolleninterpretation war. Sehr eindrucksvoll dagegen das Spiel und der Gesang von Alvano Zambrano als Spoletta. Ein weiterer Star dieser Aufführung war das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter der Leitung von Donald Runnicles. Diese Leistung wurde zurecht ebenfalls mit Bravo-Rufen bedacht. Hier wurde angemessen musiziert, ohne das Orchester laut-dröhnend aufspielen zu lassen - mustergültig!


    Insgesamt war dies ein ganz ausgezeichneter Opernabend mit vielen bleibenden Erinnerungen.



    :hello: LT

  • Ich war auch in dieser Vorstellung und kann vieles von dem, was du sagst, unterschreiben, insbesondere zu den Hauptrollen-Solisten (wobei Frau Harteros im 2. Akt schon an Grenzen stieß und sie mir bei Verdi deutlich besser aufgehoben scheint als bei Tosca). Deine Wertschätzung für den Sänger des Spoletta (da war Schörner in den letzten Jahren stimmlich weit besser) und das Dirigat (mir ging viel zu viel schief und auch die Interpretation überzeugte mich nicht wirklich) kann ich hingegen nicht teilen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Dafür wurde die Aufführung - Gott sei Dank - nicht von Christian Thielemann geleitet! Denn dann hätten mich nicht mal Hateros, und M. Alvarez gereizt! :!::stumm::pfeif:


    Jeder Sänger oder jede Sängerin scheint für den Zuschauer bzw. Zuhörer für einen bestimmen Komponisten prädestiniert zu sein. Ich habe beispielsweise Frau Tomowa-Sintow auch besser aufgehoben gesehen bei Mozart, Verdi, Puccini und Strauss. Aber sie hat auch Wagner gesungen, immerhin hat auch hier Karajan mit ihr gearbeitet!


    Nenne mir nur eine deutsche Sopranistin von Weltgeltung die heute Verdi, Puccini und Wagner in so einer Qualität singen kann??


    Schörner kann durchaus den Spoletta besser gesungen haben, aber gestalterisch ist er mir nicht sonderlich in Erinnerung geblieben. Wie Zambrano faktisch speichelleckend an Scarpia klebte war eine Erwähnung wert.


    :hello: LT

  • Wie gesagt, Zambrano fand ich stimmlich ziemlich schwach auf der Brust, nahe am Totalausfall, Harteros muss noch in die Tosca reinwachsen und stieß insbesondere im 2. Akt deutlich an Grenzen, und so viele Schmisse, Patzer und unterschiedliche Tempi gleichzeitig wie an diesem einen Abend bei Herrn Runnicles habe ich in 50 Thielemann-Aufführungen zusammen nicht erlebt!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Interessant erscheint mir, dass es diese Inszenierung von 1969 auf 369 Aufführungen bringt und das Publikum immer noch begeistert ist, während die heutigen Inszenierungen es meist nur auf wenige Aufführungen bringen. Das beweist doch wieder einmal, dass gute Inszenierungen nicht veraltet sind, die Qualität wesentlich besser ist und vom Publikum weitaus lieber angenommen wird als all die Schmarren, die heute gemeinhin üblich sind.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)