Duisburg - Salome – 22.9.09

  • Die Oper spielt in einem Wohnzimmer mit auffälliger Tapete und auffälligem Teppich.
    Der Raum wirkt völlig überfüllt. In der linken Ecke befindet sich ein Flachbild-TV, Golfschläger sind zu sehen.
    Die Stimme von Jochanaan, der im Keller eingesperrt ist, hört man aus einem Heizkörper.
    Damit Jochanaan aus der Falltür steigen kann, müssen einige Möbel umgestellt und der Teppich aufgerollt werden.
    Salomes Schleiertanz findet nicht statt, statt dessen werden in einzelnen Bildern dasTreiben der Familie Herodes dargestellt. Zwischendurch wird immer wieder von einzelnen mit Handys und Digitalkameras fotografiert.
    Gegen Ende gibt es jede Menge Tote (Morde und Selbstmorde) und es fließt viel Blut.


    Regie führte Tatjana Gürbaca.


    Die Duisburger Philharmoniker spielten unter der Leitung von Michael Boder sehr präzise.
    Morenike Fadayomi überzeugte mich darstellerisch und stimmlich als Salome. Sehr gut gefiel mir Norbert Ernst als Narraboth und beeindruckend fand ich auch Markus Marquardt als Jochanaan. Wolfgang Schmidt verkörperte einen akzeptablen Herodes. Renee Morloc als Herodias fiel nicht weiter auf.


    Es war meine erste Live-Begegnung mit einer Strauss-Oper.


    Eine etwas weniger moderne Inszenierung hätte mir wahrscheinlich besser zugesagt.



    :hello: :hello:
    Jolanthe

  • Vielen Dank, liebe Jolanthe, für diesen interessanten Bericht. Diese Inszenierung hat wohl in weiten Kreisen unter den Zuschauern nur Ratlosigkeit verursacht. Auf der Homepage der Rheinoper wird auf nur eine positive Kritik (der Sängerleistungen) hingewiesen. Ich kann leider noch nicht mitreden, ich habe die Inszenierung noch nicht gesehen.


    Zu einem Gespräch über diese Produktion an der DOR lädt für Dienstag, den 3. November, das Düsseldorfer Theatermuseum ein. Wilfried Schmerbach moderiert diese Informations-Veranstaltung. Der Eintritt beträgt 3 €. Mehr Infos gibt es unter der Tel.Nr. 0211 899-6130


    Wer die Pressestimme lesen will, hier ist der Link zur "Wiener Zeitung".


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich möchte dieser Kritik zustimmen, musikalisch war es ein großer Genuss. Überhaupt ist ja die "Salomé" eine Oper, die man jedes Jahr sehen kann und derer man nie überdrüssig wird. Das Regiekonzept erschien mir im Ansatz gar nicht so falsch, nämlich die Gewalt, die die Musik ja trotz aller Schönheit ausdrückt, auch in der Regie drastisch zu zeigen, und zwar nicht in historisierenden Orientalismen. Der Grundfehler schien mir darin zu liegen, dass die Regisseurin nicht versucht hat, ihr Konzept sparsamer umzusetzen, sondern eine Gewaltorgie zeigte. Aber Kunst besteht im Weglassen. Ein Kranz an der Haustür ist schön, zehn Kränze sind keineswegs 10x schöner. So viele Morde, das ergreift einen dann immer weniger, vor allem, wenn die Tötungen und Selbsttötungen so dilettantisch ausgeführt wurden wie hier. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist ja nur ein kleiner Schritt. Auch das enge Bühnenbild erzeugte nicht die beabsichtigte Klaustrophobie, sondern sorgte für Kopfschütteln, weil die Sänger sich buchstäblich dauernd im Wege standen. Die professionelle Kritik hat die Leistungen des Dirigenten und von Morenike Fadayomi sehr herabgewürdigt, was ich nicht teilen kann. Ich habe die "Salomé" schon in 10 verschiedenen Inszenierungen gesehen, die musikalischen Leistungen waren herausragend, besonders muss man immer wieder sagen, das das Duisburger Orchester Britten und Strauss immer wieder glanzvoll spielt, auch besser als das Düsseldorfer Orchester. Und das seit Jahrzehnten!

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