Hamburg Der Ring des Nibelungen Zyklus März

  • Ich hatte ja bereits von den Premieren in Lübeck und Hamburg
    berichtet. Nun bin ich also in einem Zyklus in Hamburg von knapp 2
    Wochen (13., 18., 24 und 27. März) aber dei erhoffte "volle Dröhnung"
    ist es nicht, zumindest nicht nach der Walküre. Zu groß ist der Abstand
    zum Rheingold.


    Bei Rheingold aber ich nichts meinem Premierenbericht hinzuzufügen, es
    spielte und sang fast die gleiche Besetzung in fast identischer
    Qualität.


    Berichtenswert dagegen die Walküre:


    Die Besetzung:


    Siegmund - Christian Franz


    Hunding -Alexander Tsymbalyuk


    Wotan - Falk Struckmann


    Sieglinde -Angela Denoke


    Brünnhilde -Eva Johansson


    Fricka -Lilli Paasikivi


    Die Inszenierung nervt durch ewiges herumgeschreite, vornehmlich von
    denen von denen gerade gesungen wird. Besonders blöd, wenn Wotan und
    Siegmund von einem völlig unähnlichen Double ersetzt wird. Klar haben
    aller erkannt wer das sein sollte, trotzdem kann mich sich eiun
    bisschen mehr mühe geben.


    Bis jetzt habe ich noch keine Walküre erlebt, in der nicht die
    Sieglindedarstellerin den meisten Applaus bekommen hat. Auch diesesmal
    war das so. Angela Denoke war auch wirklich großartig, mir persönlich
    zu Beginn des ersten Aufzugs zu sehr in Richtung Belcanto gesungen.
    Aber nur zu beginn, danach war sie großartig in Spiel und Gesang.
    Christian Franz hatte im ersten Aufzug starke Timingprobleme und
    unsaubere Einsätze. Ob Simone Young zu flott war? Mir hat das im ersten
    Aufzug jedenfalls gar nicht gefallen. Viel zu lyrisch das
    "Winterstürme". Allerdings leidet der ganze erste Aufzug unter dem
    Mangel an Herzlichkeit. das Konzept sieht ja die Marionettehaftigkeit
    der Figuren vor. Herausragend übrigens Alexander Tsymbalyukals Hunding.
    Er erhielt auch die meisten Bravorufe.
    Eva Johansson singt textunverstänlich, aber sehr präzise auch wenn
    ihr erster Auftritt nicht ganz gelungen war. Sie wurde aber immer
    besser - wenn auch nicht verständlicher. Großartig die Todesverkündung
    Hier ist auch Christian Franz grandios. Keine Timingprobleme alles
    besten, mein schlechter Eindruck aus dem ersten Aufzug ist
    verschwunden, ich schiebe es auf die Inszenierung.


    Die Walküren lasse ich mal außer acht. Vielleicht muß Frau Young
    doch mal das Orchester etwas zurück nehmen wenn 8 Sängerinnen nicht gut
    zu hören sind.


    Das gleiche Schicksal trifft auch Falk Struckmann. Man hörte ihn ab und
    zu nicht. Dabei fing er außerordentlich gut an. Doch kurz vor dem
    Abgang Fricka (Diesesmal warLilli Paasikivi
    großartig) war kurz die Stimme weg. Von da an ließ Herr Struckmann
    die eine oder andere Höhe aus. Ganz bitter: Im "Lebwohl" ging er
    zeitweilig eine Oktave tiefer, und das insgesamt 4mal. Doch beim Schluß
    mußte er Farbe bekennen, das "NIE" gelang ihn nur mit äußerster Anstren
    gung und auch nur unzureichend. Schade, denn es waren nur die Höhen
    weg. In der mittleren Lage war er ausgezeichnet. Sehr Textverständlich,
    präzise und präsent. Sein Spiel überzeugt mich aber nicht. Er hat einen
    Hang zum überziehen. In Rheingold hat es mich aber mehr gestört.


    Fußnote am rand: Beim Szenenwechsel in Aufzug 2 gab es ein technisches
    Problem und es kam zu einer kurzen Unterbrechung. Mich hat es nicht
    gestört, deshalb: Schwamm drüber. In 2012 gibt es auch einen Hamburger
    Zyklus und ich hoffe auf einen anderen Wotan.

  • Hallo allerseits,


    wie bereits im Thread zum Vorabend "Rheingold in der Staatsoper Hamburg (13.03.2011)" angekündigt, war auch ich gestern in der Walküre und ich ganz insbesondere die Beurteilung der gesanglichen Leistungen durch JL fast durchweg teilen. Deshalb hierzu nur die Ergänzung einiger persönlicher Eindrücke:


    Im Vergleich zum Rheingold hat mich Falk Struckmanns Wotan positiv überrascht. Kam er mir im Vorabend noch etwas zu Verhalten vor, klang er jetzt wesentlich kräftiger, wenngleich er dann leider zum Schluß hin schwächelte. Auch bleibt für meine Ohren der Klang seiner Stimme immer noch etwas schnarrend und manchmal nasal, was aber wirklich ein persönlicher Eindruck sein mag, welchen ich dem Sänger nicht "ankreiden" will. Christian Franz als Siegmund empfand ich zu Beginn des ersten Aufzuges als zu leicht, was sich aber glücklicherweise über den Rest des Abends nicht bestätigte. Weiter hervorzuheben sind ebenso Sieglinde (A.Denoke) und mehr noch Lilli Paasikivi als Fricka, welche mir im "Ehestreit" des zweiten Aufzuges ausnehmend gut gefallen hat. Nicht wirklich überzeugt hat mich die Figur der Brünnhilde gesungen von Eva Johansson, was vielleicht tatsächlich an der Textunverständlichkeit gelegen haben mag, die mir umso mehr aufgefallen ist, als dass ich von meinem Platz in einer der vorderen Loges des ersten Ranges die Obertextanlage nicht im Blick hatte :(


    Dem Orchester war auch an diesem Abend - wie schon im Rheingold - nichts vorzuwerfen, außer dass Simone Young diesen ihr ganz eigenen Hang zu haben scheint, manchmal gerne etwas laut sein zu wollen. Glücklicherweise konnte Sie diesen Impuls zu Beginn der dritten Aufzuges soweit zügeln, dass sie weder sich, noch das Orchester zu einer zehnten Walküre machte und diesem immerwährenden Gassenhauer - für meine Ohren - einen fast schon kammermusikalischen Charakter verlieh.


    Tja, und dann war da ja noch die Inszenierung von Claus Guth ... Da hierzu die (eher grundsätzliche) Diskussion im o.g. Rheingold-Thread stattfindet, hier nur meine Interpretation der Guthschen Interpretation:


    Der Kern der Inszenierung scheint mir der zweite Aufzug, 1. & 2.Szene zu sein. Gespielt wird nicht im wilden Felsengebirge, sondern in einer Art Arbeitszimmer; eher noch Atelier. Claus Guth referenziert von hier aus zum einen das Rheingold, indem er die dort als Walhall-Modell dienende Drehbühne wieder erscheinen läßt. Allerdings halb abgedeckt an der Wand lehnend und quasi etwas angestaubt. Nehme ich nun auf der einen Seite dieses Rheingold-Artefakt als Symbol für Wotans ursprüngliche Walhall-Utopie und auf der anderen Seite den gerade bespielten Raum als dessen Verwirklichung, so ist das Resultat für alle Beteiligten ernüchternd. Und dies umso mehr, als dass das von Fricka gedachte Manifest ehelicher Treue ("herrliche Wohnung, wonniger Hausrat, sollten dich binden zu säumender Rast.") nun zum Ort dessen wird, was man vielleicht als das Aufeinanderprallen zweier Weltbilder (Wotan und Fricka) verstehen kann.


    Daneben finden sich der vergangene erste und der kommende dritte Akt jeweils in Form einer kleiner Spielbühne wieder. Dabei scheint es mir, dass Claus Guth das essenzielle Zusammentreffen Siegmunds mit Sieglinde letzlich als Werk des steuernden Wotans sieht. Eine Interpretation, die ich nicht ganz zu teilen vermag. Sicherlich hat Wotan seinen Sohn als freiesten der Freien mit einer klaren Absicht gezeugt: Wiederbeschaffung des Ringes und damit mögliche Wiederherstellung seiner göttlichen Macht - Das dieses Konstrukt ein contradictio in adiecto ist, muss sich Wotan auf schmerzlichste Weise von Fricka "erläutern" lassen - Aber eine wirkliche Steuerung der Geschehnisse gelingt Wotan ja eben nicht und wird ihm auch weiterhin nicht gelingen. Die in Siegmund, Sieglinde und damit auch später in Siegfried angelegte Freiheit impliziert auch die Freiheit gegenüber des erschaffenden Gottes bzw. Vaters.


    Insgesamt kann ich diesen Ansatz der "Zentralszene" mit ihren Verweise zumindest als in sich schlüssig begreifen. Was ich nicht begreifen konnte, war z.B. die Flucht Sieglindes und Siegmunds "unter die Bühne", d.h. unter den Spielort des ersten Aufzugs, also Hundings Höhle/Haus oder auch die Darstellung der Walküren als leicht hospitalisierte Insassen eines Mädcheninternates ("Bambule"?).


    Nichtsdestotrotz bleibe ich auch gespannt auf das Kommende (Siegfried, Götterdämmerung), was dann allerdings erst im nächsten Jahr auf meinem Programm steht.


    mfG M.Schenk, Hamburg

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zunächst war ich froh das der Wanderer doch eine bedeutend kleinere Figur ist als der Wotan, denn ich hatte beim Siegfried keine Lust auf ei nen verhauenen Schluß. Aber auch die kleinere Partie des Wanderers hat Falk Struckmann zwischen grandios und stimmlos schwankend verbracht. Da ich das jetzt schon das 6te mal (3x Rheingold, 2 Walküre, 2 x Siegfried) mitgemacht habe und keinmal war es wirklich gut - bis auf die Walkürenpremiere, da hat Herr Meyer gesunden - in den 2012-Zyklus gehe ich nur wenn Wotan/ Wanderer anders besetzt ist.


    Großartig fand ich Alexander Tsymbalyuk als Fafner, Wolfgang Koch als Alberich, Christian Franz als Siegfried mit Abstrichen (Timingmängel im ersten Aufzug) und Eva Johansson als Brünnhilde.


    Die ganze Szenerie ist realer. Aufzug 1 spielt in Mimes Werstatt, Aufzug 2 im Terrarium, Aufzug 1 in der Bibliothek und im - jetzt zerfallenen - Walkürenkeller. Mit gefällt der 2 Aufzug insgesamt am besten im gesamten Ring. Mein Höhepunkt ist dabei die zärtliche Abschiedsgeste Siegfrieds gegenüber Mime (er schließt ihm die Augen). Gerade diese kleinen zwarten zwischenmenschlichen Momente sind die Stärke des Regiekonzepts. Sie sind in allen Teilen des Zyklus enthalten.


    Ich freue mich schon auf Eva Johansson in der Götterdäömmerung!

  • Danke für eure Eindrücke aus Hamburg. In der Tat werde ich langsam aber sicher mit Falk Struckmann auch nicht mehr glücklich, dessen früherer Pracht-Bariton in die Jahre und in den logischerweise folgenden Verschleis gekommen. Schon bei seinen letzten Vorstellungen in Bayreuth in dieser Partie (erste Serie des Dorst-Rings) hörte man unüberhörbare Ermüdungserscheinungen.
    Hat jemand von euch den von der Presse doch sehr gelobten Herrn Meyer gehört? Den höre ich nächstes Jahr wahrscheinlich als Hans Sachs....

  • Wenn das unser Rettungsmeyer sein soll, dann habe ich Thomas J. Mayer in der Walkürenpremiere erlebt bei der Herr Struckmann krankheitsbedingt nicht singen konnte. Da war er großartig als Wotan - besser als Falk Struckmann am letzten Sonntag.

  • Ich habe mal in meiner Notitz von der Premiere nachgesehen und fühle mich sehr bestätigt:


    Es war nett aber eben
    auch nicht mehr als nett. Aber das lag nicht am Regiekonzept sondern am
    Personal.
    Aufzug 1: Mime und Siegfried leben in einer Garage oder
    Lagerhalle. Die Einrichtung besteht aus zwei Betten, einer Wäscheleine,
    einer Wäscheleine und diversen Kleingeräten. Der Bär ist Siegfried
    selber mit dem Kopf eines Kuschelteddys. Überhaupt ist Siegfried ein
    echtes Kindskopf, eher 12 als 20 und das ändert sich auch bis fast zum
    Schluß nicht. Es wirkt aber leer und sinnlos wie Mime und Siegfried so
    hin und her laufen und die eine oder andere Requisiten herausholen. Auf-
    und Abtritte erfolgen durch Kellertreppen. Von dort kommt auch der
    Wanderer, der vor allem das tut, was er auch schon als Wotan in der
    Walküre getan hat: Gewichtig durch die Gegend schreiten, schwadronieren
    und lamentieren. Er ist eher ein langweiliger Wichtigtuer als ein
    Weltenlenker. Mime dagegen ist keck und gewitzt, aber auch schmierig und geschäftig angelegt. Lustig: Siegfried zerlegt die Waschmaschine um
    mit der Trommel die Stücke Nothungs zu zerraspeln und verbrennt den
    halben Hausstand um die Späne einzuschmelzen. Als Amboss dienen
    Bettgestell und Waschmaschinerest.
    Aufzug 2: Noch ein Penner: der
    besoffenen Alberich hockt in Mitten leerer Flaschen und
    Zigarettenschachteln vor einem riesigen zerschlagenen Terrariumfenster
    und lamentiert mit dem Wanderer. Von Fafner sieht man nichts nur ein
    bischen Qualm hinter den Blättern. Aber (noch) hört man ihn wenigstens.
    Siegfried lockt ihn mit seinem selbst zusammengesteckten Horn erst
    heraus als er ihn erstochen hat und sie da: der Drachen ist gar keiner:
    Siegfried stellt betroffen fest, er hat jemanden getöttet. Und hier die
    stärkste Idee: Der Waldvogel als Spiegelbild oder alter Ego Siegfrieds,
    ein Vorbote des Erwachsenen, vernünftigen Siegfrieds? So könnte der
    autonome Held glaubwürdig sein. Toll auch das Bild, wenn er die Toten
    Mime und Fafner gegenüber setzt, Mime eine Krone aufesetzt und Fafner
    einen goldenen Hammer gibt. Toll auch wie betroffen Siegfried von seiner
    Tat ist. Und sehr stark ist wie er sich fast liebevoll und zart von
    Mime durch eine Berührung der Schulter verabschiedet: Nach 2 Stunden
    Zank, ausgetauschten Hassworten doch ein Moment der Trauer.
    Zu
    Beginn des 3 Aufzugs wird wieder herumgestanden und gegangen: Erda ist
    eine desoriente Bibliothekarin, die nicht weiß wohin mit den Büchern und
    Blätterhaufen. Was der Wanderer tut habe ich ja bereits berichtet.
    Gott sei Dank steht er in der Götterdämerung nicht sinnlos in der gegend
    herum. Siegfried zerschlägt nicht nur den Speer, er spaltet auch die
    Bibliothek.
    Brünhilde liegt ungefähr da, wo wir sie in derr Walküre hingelegt haben, aber sie schläft einen unruhigen Schlaf. Das
    Haus ist inzwischen zerfallen, aber der Spiegel aus der Walküre ist
    noch da. Einen Moment hatte ich gedacht, dort hinein singt sie Heil Dir
    Sonne, tut sie aber nicht. Zwischen den beiden passiert viel, sie
    wechseln ständig die Seiten und Stellungen, aber ich habe nicht
    begriffen warum. Siegfried - immer noch der 12jahre alte Junge - scheint
    Brünhilde zu begehren, aber sie will nicht. Schließlich gibt Siegfried
    auf, packt seine Sachen und geht, aber dann besinnt sich Brünhilde und
    Siegfried endet damit, dass beide Blätter aus Büchern herausreißen: Die
    alte Ordnung, die alten Regeln, die alte Geschichte ist zu Ende.

    Christian
    Franz spielt das Kind überzeugend und bewegt sich wie ein Junge. Er hat
    nichts eines Teenagerns, sondern bastelt, prüselt, scherzt und macht
    Unsinn. Und er trinkt ständig aus einer Wasserflasche. (Wie es meine
    Tochter auch ungefähr 400 mal am tag tut). Leider singt er im ersten
    Aufzug nicht ganz so überzeugend: Das Tempo stimmt nicht und auch die
    Schmiedeschläge sind falsch. Im zweiten Aufzug ist es deutlich besser
    und im dritten Aufzug gibt es keine Kritik mehr. Peter Galliard als Mime
    (...) spielt sich einen Wolf und wirkt
    wie eine Mischung aus Witta Pohl und Paul Panzer, aber mich hat er nicht
    begeistert.
    Falk Struckmann singt sehr gut, aber ich bin von der
    Anlage der Figur so genervt, dass mir nichts positives einfällt.
    Offensichtlich schafft er aber auch nicht mich da herauszureissen...
    (...)

    Das
    Orchester war wieder einmal das Beste an diesem Opernabend. Glasklare
    Themen und wenig Pathos. Ein echter Simone Young Abend.

    (...)

    Wenn ich das so lese... genau so war es auch gestern. Allerdings war Wolfgang Koch als Alberich großartig un d deshalb besonders erwähnenswert. Die veränderten Besetzungen zu der Premiere Alexander Tsymbalyuk als Fafner, Gabriele Rossmanith als Waldvogel und Eva Johansson als Brünnhilde machten ihre Sache ausgezeichnet.
    Eva Johanssons Schwäche bei der Wortartikulation - kann man das Sprachfehler nennen? - störte mich weniger als in der Walküre. Ich bin mal auf die Götterdämmerung gespannt. Ob der Schluß mit 30 minuten unverständlichkeit funktioniert? Aber was kümmert die Aussprache wenn der Gesang stimmt. Da bin ich mir übrigens nicht wirklich sicher: War das alles wirklich richtrig?


    Falsch war jedoch das Blech. Das hat das Siegfried Thema gen Ende mehrfach eindeutig verhauen. Das aber nur als Randnotiz gestört hat mich das nicht.

  • Ich war sehr angetan von der Inszenierung und der gesamten Aufführung der Götterdämmerung.
    Allerdings muß ich im Rückblick doch einiges in den anderen Teilen des Rings in Frage stellen. Sicherlich war vieles eher konventionell und nicht wirklich wegweisend neu, aber gefallen hat es mir trotzdem.


    Die Nornen stehen auf der Marionettenspielerplattform
    über Brünhildes und Siegfrieds Wohnung. Man erkennt noch Elemente des
    Walkürenkellers: Den eingestochenen Spiegel mit dem Waschbecken, ein
    Walkürendoppelstockbett als Einzel/ Ehebett und im "Wohnzimmer" der
    Esstisch und das Kühlschrank/ Wasserkocheressemble aus Hundings Haus.
    Siegfried ist durch die Beziehung und die Situation eingeengt. Ihm
    genügt es nicht mehr Brünhilde das Frühstück zu bereiten. Er will hinaus
    und Brünhilde läßt ihn ziehen.

    Die Gibichungenhalle ist
    ein sich drehender Wohnblock mit mehreren Ebenen. Das gab die
    Möglichkeit der Dfferenzierungen der Darsteller. Dabei traten auch immer
    wieder Wotan & Co als Komparsen auf. So ganz scheint er denn doch
    noch nicht gescheitert zu sein mit seinem Plan, denn auch die nächste
    Generation wird der Rückgewinnung des Rings geopfert: Als Tochter
    Brünnhilde ihn nach Siegfrieds Tod in den Händen hält feiern die
    Walküren schon, aber sie hat ihre Lektion gelernt: Sie ist der freie
    Held der den Ring erhält, denn Siegfried hatte sich in menschliche
    Beziehungsabhängigkeiten verstrickt. Er wurde nämlich nicht durch einen
    Vergessenstrank zur Untreue gezwungen, nein er war schlicht spitz auf
    Gutrune und später auf die Töchter des Rheins. Siegfried ist nämlich
    nicht mehr das Kind oder der Teenager. Er ist Mann und läßt seine
    Hormone tanzen.
    Erst zu spät erkennt er was er verlohren hat: Gestorben geht er zurück in das traute Heim um dort auf Brünnhilde zu warten.
    Brünnhildes
    Wut überzeugt daher um so mehr, denn der Zuschauer weiß sie im recht.
    Siegfried ist eben doch nur der Enkel seines Großvaters, bzw.
    Schwiegervaters. Auch Siegfried verät um eines kleinen Vorteils willen
    alles was er liebt. Hagen und mit ihm Alberich profitieren davon jedoch
    nicht. Zu keinem Zeitpunkt verliert Brünnhilde die Situation, sie
    erkennt sofort die Intrige des Trios Hagen/ Gunter/ Siegfried und stellt
    sich mit den beiden gegen Siegfried. Und sie erkennt sofort den
    Schuldigen, gibt den Ring den Töchtern des Rheins zurück und kehrt
    sterbend zu Siegfried zurück.

    Mich hat das Konzept
    überzeugt, entzaubert es doch Siegfried. Warum sollte Wotans Enkel auch
    ein Engel sein? Hat sein Großvater nicht jeden geliebten Menschen oder
    Verwandten betrogen und belogen? Hat er nicht auch eine ungeliebte
    Sozialisation erhalten? Wie gestört seine Beziehungsfähigkeit ist haben
    wir in seinem Streit mit Mime gesehen. Dieser Abschied ist für mich einer der Höhepunkte des Zyklusses.


    Und Brünnhilde ist erst zum
    Schluß fertig mit ihrer Entwicklung. Sie ist von der Vatergläubigen
    Wunscherfüllerin ohne Übergang zur wunscherfüllenden Gattin geworden.
    Erst verrät sie der eine dann der andere und schlauer wird sie erst zum
    Schluß. Und so läßt sich das Ende des Rings auch als Befreiung
    Brünnhildes deuten.
    Sängerisch großartig bis grandios:Eva Johansson als Brünnhilde, aber sie ist keine darstellerische Offenbarung. Da ist auch die Inszenierung und das Bühnenbild nicht hilfreich, denn sie muß ständig hin und herlaufen. Ob das eine tolle Idee ist eine Figur, die in jeder Aufführung von einer anderen Sängerin gesungen wird so viel zu bewegen, weiß ich nicht. Sie erhält auch den größten Beifall. Christian Franz erhält als Siegfried Pfiffe. Das ist allerdings nicht gerecht, denn er spielt herausragend. Gesanglich hat er Schwächen: Timing ist nicht seins. Im Zarten ist er zu leise, aber er ist präzise in den Höhen und das scheint mir doch äußerst schwierig zu sein.


    Sir John Tomlinson ist als Hagen ausgezeichnet in Spiel und Gesang. Ein großer Schreck war ein kurzer heiserer Moment. Mißratene Männerpartien waren in diesem Zyklus ja das Generalproblem. Aber es war nur ein kurzer Moment, danach alles fein und schier. Die Inszenierung geht aber etwas lieblos mit der Figur um. Er ist nicht der große Böse. Zu viel Aufmerksamkeit zieht das Häuserkarussel auf sich. Das gleiche schicksal erleiden Gunter und Gutrune. Zu einer echten Entwicklung Gutrunes kommt es nicht. Die Partie ist ohnehin schwierig zu charakterisieren, obwohl gerade ihr Leid doch ein Spiegel des Leidens Brünnhildes sein könnte. Für mich überraschend, Wolfgang Koch als Alberich, bekommt nur warmen Applaus. Dabei ist er der beste Schauspieler in der Besetzung. Aber auch er wird nicht richtig präsentiert. Zwar sieht man ihn auf dem Karussel mit seinem Rheingold-Leuchtkasten im Obergeschoss, während Wotan mit seiner Truppe im Erdgeschoss herumsteht, aber das begreift niemand. Meine Schwester - sie hat den gleichen Zyklus gesehen wie ich - hatte das auch nicht verstanden. Das war gut gedacht und schlecht gemacht. In einem völlig neuen Kostüm und Maske war das auch schwer zu bemerken.


    Eigentlich ist der Chor die Stärke der Hamburger Staatsoper. Aber es ist zu wenig Platz ihn zu stellen und agieren zu lassen. Völlig unbegreflich ist jedoch für mich, warum der Chor mit Hagen ein Haka veranstaltet. Das ist einfach nur blöd und albern.


    Etwas viele Fehler gabe es im Orchester. War es nun das Horn was mindestens dreimal kräftig daneben lag? Ich weiß nicht. Es war für mich jetzt nicht so störend.


    Bei aller Kritik: Mir hat es trotzdem gefallen.