BOIELDIEU, Francois Adrien: LA DAME BLANCHE

  • Francois Adrien Boieldieu ( 1775 - 1834 )
    La Dame blanche
    Die weiße Dame


    Komische Oper in drei Akten
    Libretto: Eugène Scribe nach Walter Scott
    Originalsprache: Französisch


    Uraufführung: Paris 1825


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Georges Brown, Offizier, Tenor
    Anna, eine Waise, Sopran
    Dickson, Pächter, Tenor
    Jenny, seine Frau, Sopran
    Marguerite, alte Haushälterin in Schloss Avenel, Sopran
    Gaveston, Schlossverwalter, Bass
    Mac-Irton, Friedensrichter, Bass
    Gabriel, Knecht Dicksons, Sprechrolle
    Landleute


    Ort und Zeit der Handlung: Schottland im Jahr 1759


    INHALTSANGABE

    ERSTER AKT
    Vor dem Haus des Pächters Dickson in schottischer Gebirgslandschaft
    Die Bergbewohner haben sich versammelt, um die Taufe von Dicksons Sohn zu feiern. Doch Dickson und seine Frau Jenny kommen aus dem Haus und verkünden, dass die Taufe nicht stattfinden kann, weil der Sheriff, den sie zum Paten gewählt hatten, erkrankt sei.
    Als die Gäste sich zum Abgang wenden wollen, kommt ein Fremder, Georges Brown, den Berg herab und bittet um eine Herberge. Danach singt er ein Loblied auf das Soldatentum. Jenny nähert sich ihm mit der Bitte, Pate ihres Sohnes zu sein. Georges willigt ein und Dickson schickt Jenny, den Priester zu holen. Alles freut sich, dass die Taufe nun doch stattfinden kann. Die Gäste zerstreuen sich, um verschiedene Aufgaben zur Vorbereitung des Festes zu erfüllen.
    Mit Dickson allein geblieben, gesteht Georges, dass er Gedächtnislücken habe. Er habe keine Erinnerungen an seine Familie. Nur dunkel erinnere er sich, dass er von Dienern in Livreen getragen wurde, mit einem jungen Mädchen erzogen wurde und später von einem Mann, der sich sein Onkel nannte, auf ein Schiff gebracht wurde. Nach Jahren schlechter Behandlung konnte er entfliehen, wurde Soldat des Königs, in dessen Diensten er verwundet wurde. Er wurde von einem hübschen Mädchen gesund gepflegt, in das er sich verliebt habe. Eines Tages sei sie jedoch nicht mehr gekommen, und er suche sie bisher vergebens.
    Jenny kommt zurück und bedauert, dass die Taufe erst am Abend stattfinden könne, doch Georges erklärt sich gerne bereit, noch bis zum anderen Morgen zu bleiben. Die Feier beginnt. Dickson zeigt Georges das neue Schloss Avenel in der Ferne. Jenny erzählt, dieses sei seit längerer Zeit gesperrt. Aber dahinter befinden sich die Ruinen des alten Schlosses, die gerne von Malern besucht werden. Georges bittet die Pächter, ihn am nächsten Tag dorthin zu führen. Weiterhin berichten die Pächter, dass das Schloss der Familie Avenel gehört habe, die aber geächtet wurde, weil sie Anhänger der Stuarts war. Zur Zeit wohne dort nur noch die alte Haushälterin Marguerite. Der Verwalter Gaveston habe das Anwesen herunter gewirtschaftet, dass es nun versteigert werden müsse. Er selbst habe sich aber daran so bereichert, dass er voraussichtlich selbst der Meistbietende sein werde, um dadurch Graf von Avenel zu werden. Es werde ihm aber wohl kein Glück bringen, denn gestern sei dort die weiße Dame gesichtet worden.
    Gabriel kommt und fordert Dickson zur Versammlung der Pächter auf, die verhindern wollen, dass das Schloss in die Hände von Gaveston gerät. Die Bewohner begeben sich zur Versammlung.
    Bevor Dickson geht, berichtet er Georges, er habe vor Jahren, als er in wirtschaftlicher Notlage war, in den alten Ruinen nach der weißen Dame gerufen und sie habe ihm mit einem schweren Geldbeutel ausgeholfen. Er habe ihr schwören müssen, alles zu tun, was sie befehle, wenn sie ihn brauche.
    Als Gabriel noch einmal mahnen kommt, vertraut Dickson seine nach dem Bericht ängstlich gewordene Frau dem Soldaten Georges an und geht.
    Zwischen Jenny und Georges, der ihren Reizen erlegen ist, entspinnt sich ein Dialog, in dem sie erzählt, dass ihr Mann ständig vor Angst zittere. Auch Georges zittert, was ihm – wie er erklärt – immer in Gegenwart schöner Frauen passiere, und erzwingt sich auf diese Weise einen Kuss von ihr, um seine „Bangigkeit“ zu beheben.
    Dickson kommt mit einem Zettel zurück, den ihm jemand auf dem Rückweg zugesteckt hat. Darin erinnert ihn die weiße Dame, dass er Gehorsam geschworen habe, sie seiner jetzt bedürfe und er sich am Abend an die Pforte des alten Schlosses begeben und als Julien von Avenel Einlass fordern solle.
    Im Schlussterzett, während eines aufziehenden Gewitters, beben Dickson und Jenny vor Angst, während Georges immer neugieriger auf das Geheimnis der weißen Dame wird und sich schließlich bereit erklärt, statt Dicksons dorthin zu gehen.


    ZWEITER AKT
    Saal im Schloss Avenel
    Marguerite sitzt, spinnt und singt davon, dass sie den Gebieter von Avenal, Julien, den sie in seiner Kindheit betreut hat und der spurlos verschwunden ist, gerne noch einmal sehen würde. Man erfährt von ihr dann, dass Anna, eine Waise, die im Schloss zusammen mit Julien großgezogen wurde, gestern mit Gaveston zurückgekommen sei. Als sie ans Fenster tritt, sieht sie Licht in den unbewohnten Räumen und vermutet dort die weiße Dame.
    Anna kommt von einer Besichtigung des alten Schlosses zurück und erzählt auf Marguerites Frage, wie es ihr seit ihrem Fortgang ergangen ist. Sie habe die ehemalige Gräfin, die lange in Staatsgefängnissen gesessen habe, bis zu ihrem Tode nicht verlassen. Danach habe man ihr Gaveston als Vormund gegeben, der sie bei einer Verwandten unterbrachte. Als der Krieg ausgebrochen war, fand sie in der Nähe ihres Wohnsitzes einen jungen Mann, der sie an Julien erinnert habe. Er sei es aber nicht gewesen, da er einen anderen Namen trüge. Sie habe ihn gepflegt, und – wie man ihren Worten entnehmen kann – auch geliebt.
    Aber eines Tages musste sie den Ort verlassen, als Gaveston zur Rückkehr drängte. Sie bittet Marguerite, einen jungen Mann, der heute als Julien von Avenal Einlass begehren würde, einzulassen und ihm ein bestimmtes Zimmer zu geben.
    Gaveston kommt. Er spottet darüber, dass Anna an die Geschichte mit dem Pächter Dickson glaubt. Doch sie weiß es besser, denn die Gräfin habe ihr erzählt, dass der Graf vor seiner Abreise in den Ruinen umhergeirrt sei und die Klage eines Pächters gehört habe. Um nicht erkannt zu werden, habe er ihm einen Geldbeutel im Namen der weißen Dame zugeworfen. Gaveston hält das alles für Unsinn, spricht darüber, dass er morgen das Schloss erwerben und dann Graf von Avenel sein werde. Dann kommt die Rede auf eine Urkunde, die Anna von der Gräfin erhalten, gelesen und auf deren Bitte sofort vernichtet habe. Den Inhalt gibt sie trotz der Forderung Gavestons nicht preis.
    Die Hausglocke läutet. Gaveston will niemand hereinlassen und obwohl Anna ihn an die Gepflogenheiten des Hauses erinnert, Fremde, die Hilfe suchen, immer einzulassen, weigert er sich beharrlich. Doch Marguerite hat dem Fremden inzwischen die Haustür geöffnet und kündigt einen jungen Mann an, in dem Anna Dickson vermutet. Als Gaveston ihn wieder vor die Tür setzen will, verspricht sie ihm, dass er morgen den Inhalt der geheimen Urkunde erfahren werde, wenn er den Fremdling einlasse. Daraufhin gibt er nach. Anna verschwindet durch eine geheime Tür.
    Georges tritt ein. Er kann den misstrauischen Gaveston beruhigen, indem er erklärt, dass er ein Offizier des Königs und zum ersten Mal in diesem Lande sei. Er habe von der weißen Dame gehört und möchte sie kennen lernen. Weil Gaveston den jungen Mann für verwirrt hält, lässt er ihm ein Nachtlager bereiten.
    Georges – allein gelassen – erwartet das Erscheinen der weißen Dame (Komm, o holde Dame).
    Anna kommt weiß gekleidet und verschleiert durch die Geheimtür. Als er ihr, die ihn für Dickson hält, seinen Namen nennt, ist sie erstaunt, ihn hier zu sehen, gibt sich selbst aber nicht zu erkennen. Sie erzählt ihm jedoch die Geschichte von seiner Genesung, und da er sie danach als allwissend hält, bittet er sie, sie möge ihm verraten, wo die junge Frau wäre, die ihn gesund gepflegt habe. Sie gibt ihm zu verstehen, dass er es erfahren werde, wenn er ihr gehorche. Dann erklärt sie ihm, dass Gaveston das Schloss dem echten Erben entreißen wolle und man ihn daran hindern müsse. Wie das geschehen soll, werde ihm die junge Dame, die ihn gepflegt habe, am Morgen mitteilen. Er schwört, ihren Befehlen zu gehorchen.
    Es wird allmählich Morgen und Gaveston tritt ein. Er erkundigt sich nach dem Wohlbefinden des Gastes, wobei er erfährt, dass die weiße Dame erschienen sei, aber auf Gaveston nicht sehr gut zu sprechen sei. Als Gaveston den Richter Mac-Irton kommen sieht, verkündet er, dass die Versteigerung gleich beginne. Er fragt Georges, ob dieser schon einmal an so einer Veranstaltung teilgenommen habe. Als dieser verneint, weil er es sich aus finanziellen Gründen nicht hätte leisten können, ist Gaveston beruhigt und lädt ihn ein, der Versteigerung beizuwohnen.
    Der Haupteingang wird geöffnet und Bauern und Pächter kommen herein. Während die Anwesenden ein fröhliches Lied anstimmen, klagt Marguerite, dass sie den Schmerz über die Versteigerung kaum ertragen werde.
    Auch Dickson und Jenny kommen und möchten von Georges wissen, was er erlebt habe. Ehe er aber berichten kann, eröffnet Mac-Irton die Versteigerung. Es gelingt Dickson, der für die Gemeinschaft der Pächter bietet, nicht, Gaveston zu überbieten.
    Gaveston triumphiert bereits und spottet über die Ohnmacht der weißen Dame, als sich Anna leise hinter den Stuhl Georges gestellt hat und ihn auffordert, Gaveston zu überbieten. Während alle sich nach dem Geheimnis fragen, das dahinter steckt, gelingt es Georges – immer wieder von Anna angetrieben – den Preis so hoch zu treiben, dass Gaveston aufgeben muss. Der Richter muss Georges den Zuschlag geben. Gaveston ist wütend, aber die Pächter freuen sich und begrüßen ihren neuen Herren.


    DRITTER AKT
    Rittersaal im Schloss von Avenel
    Anna freut sich, dass das Schloss für den Erben von Avenel gerettet werden konnte.
    Marguerite kommt hinzu und fragt Anna, woher der junge Mann wohl das viele Geld haben möge. Anna erklärt, dass er das Schloss nur für den Erben von Avenel retten sollte, selbst aber mittellos sei. Sie habe von der sterbenden Gräfin das Versteck erfahren, in dem sich das gesamte Vermögen der Grafen befinde. Dies sei in der Bildsäule der weißen Dame verborgen. Doch die Bildsäule ist verschwunden. Marguerite erinnert sich, dass sie in der Nacht vor der Abreise des Grafen gesehen habe, wie die weiße Dame von ihrem Sockel herunter gestiegen und in einem geheimen Gang verschwunden sei. Anna bittet sie, ihr den geheimen Gang zu zeigen.
    Während die beiden gehen, öffnet sich die Mitteltür. Bauern und Pächter strömen herein und bejubeln ihren neuen Herrn. Beim Anblick der Räume und beim Gesang der Anwesenden erwacht in Georges eine Erinnerung, die er sich noch nicht erklären kann.
    Gaveston tritt ein und will erfahren, wie Georges das Schloss wohl bezahlen will. Dieser gesteht, dass er selbst das Geld nicht habe, aber auf die weiße Dame vertraue, was Gaveston zum Spott reizt. Er droht ihm an, dass er, wenn er nicht bis Mittag bezahlen oder Bürgschaft leisten könne, ins Gefängnis käme. Georges lässt ihn stehen.
    Mac-Irton kommt, während Anna sich unbemerkt hinter der geheimen Tür verbirgt. Sie belauscht ein Gespräch, in dem der Richter Gaveston informiert, dass Julien von Avenal sich wieder in England befinde und der Mann, der ihn damals auf das Schiff entführt habe, bei seinem Tod gerichtlich zu Protokoll gegeben habe, dass er dort unter dem Namen Georges Brown im königlichen Regiment diene. Beide hegen jedoch die Hoffnung, dass er den Kauf nicht bezahlen könne.
    Nachdem sie abgegangen sind, kommt Anna unglücklich aus ihrem Versteck. Georges Brown ist Julien von Avenal, und den könne sie als arme Waise nicht heiraten.
    Da bringt Marguerite die gute Nachricht, sie habe die Statue in der Kapelle gefunden, wohin der alte Graf sie wohl vor seiner Abreise gebracht habe. Doch Anna denkt daran, zu fliehen.
    Jenny eilt herbei und berichtet, Mac-Irton rücke mit Gerichtsdienern an. Anna eilt in die Kapelle.
    Georges macht sich noch einmal an Jenny heran, weil er meint, sie sei die weiße Dame in anderer Gestalt. Auch Dickson glaubt daran und fühlt sich betrogen, weil Georges auf die Aufforderung der weißen Dame nachts ins Schloss gegangen sei. Doch Georges will gern auf das Schloss verzichten; Dickson könne sich gleich dem Gericht gegenüber als Schlossherr erklären.
    Als der Richter Georges zur Zahlung auffordert, verweist dieser auf Dickson. Doch da verzichtet Dickson schnell auf das Geschenk.
    Anna erscheint im Gewand der weißen Dame und verkündet, dass der Schlossherr sich im Raum befände. Auf Georges Frage, wer es sei, bestätigt sie ihm, dass er selbst es sei, und übergibt ihm das Kästchen mit dem Vermögen des alten Grafen. Marguerite, die schon eine gewisse Ahnung hatte, eilt auf ihn zu und schließt ihn in die Arme. Anna verkündet indessen, dass er sie heute zum letzten Male sehe und will fortgehen.
    Doch Gaveston hat sich herangeschlichen und reißt ihr den Schleier herunter. Anna will sich Georges, nunmehr Julius von Avenel, zu Füßen werfen, doch er nimmt sie in die Arme. Nachdem Gaveston, Mac-Irton und die Gerichtsdiener die Wendung des Geschehens erkannt haben, entfernen sie sich schnell.
    Julien will gern auf die Schätze und seinen Ruhm verzichten, wenn er nur Anna haben könne. Auch die anderen reden ihr zu und sie folgt schließlich ihrem Herzen. Alle stimmen ein Jubellied auf ihren Herrn an.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    3 Mal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Hallo Wolfgang,


    genau diese besitze ich und habe sie gestern noch einmal gehört. Allerdings stören mich daran die - nach meinem Empfinden - etwas heruntergeleierten französischen Dialoge.


    Liebe Grüße

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)