Heinrich-August Marschner gehört zu jenen Komponisten, die heute nicht mehr allzu oft aufgeführt werden. Dabei ist gerade Marschner ein wichtiges Bindeglied zwischen Weber und Wagner, nicht nur von den Stoffen her, sondern auch musikalisch entdeckt man Ähnlichkeiten zum frühen Wagner der „Feen“ und des „fliegenden Holländers“.
Der „Vampyr“ erzählt die Geschichte des Lord Ruthwen, der, damit er nochmals drei Jahre auf der Erde bleiben darf, der Hölle innerhalb eines Tages drei Bräute zum Opfer bringen muss. Schon beim ersten Versuch klappt nicht alles, wie geplant: das Opfer wird zwar gebissen, aber der Vampyr auch durch den Brautvater tödlich verwundet. Rettung naht durch Edgar Aubry, der den verwundeten Vampyr findet und diesen auf dessen Wunsch hin ins belebende Mondlich schleppt. Aubry muss schwören, über diese Geschichte stillschweigen zu bewahren.
Das zweite Opfer ist ausgerechnet die Geliebte von Aubry, Malwina – und deren Vater, Schlossbesitzer Sir Humphrey, will seine Tochter mit dem Earl of Marsden verloben, welcher kein anderer als Lord Ruthwen selbst ist. Aubry erkennt den Lord, wird aber an seinen Schwur erinnert und – schweigt.
Zwischendrin erledigt der Vampyr das Bauernmädchen Emmy und kehrt zwecks Verlobung ins Schloss zu Malwina zurück. Aubry gelingt es, die Vermählung über den gesetzten Zeitrahmen hinaus zu verzögern, der Vampyr hat sein Ziel nicht erreicht und muss in die Hölle einfahren.
Die Musik ist abwechslungsreich, es finden sich melodramatische Passagen, Rezitative, die in ariose Momente übergehen, die grosse Arie genauso, wie balladenhafte Stücke.
Besonders reich ist die Partie des Lord Ruthwen bedacht worden, eine dankbare Rolle für einen Bariton.
Richard Wagner hat für eine Aufführung des „Vampyr“ in Würzburg im Jahr 1833 für seinen Bruder Albert, der den Aubry sang, die Tenor-Arie: „Wie ein schöner Frühlingsmorgen“ um einen abschliessenden Allegro-Teil verlängert und in dieser Version kann man das Werk auch in diesem Jahr in Würzburg hören.
Der Tenor Matthias Schulz bemüht sich redlich um eine angemessene, sängerische Ausgestaltung seiner Partie, die sympathische Stimme tut sich allerdings vor allem mit der Höhenexpansion und den Verzierungen etwas schwer, da fehlt es an der nötigen Lockerheit.
Die Bühne in Würzburg zeigt keine konkreten Räume, sie bleibt bei Andeutungen. Die Vampyrhöhle ist nicht besonders aufregend gestaltet, mehr eine Tür zu einer rotglühenden Hölle, der Vampyrmeister wird mit Kothurnen übermenschlich vergrössert und der Chor gibt recht beliebige, dunkle Höllengeister.
Lord Ruthwen sieht aus wie eine Figur aus einem B-Movie, mit Plastilin-Runzelhaut auf der rechten Wange, blutroten Lippen und kalkweissem Gesicht. Bariton Stefan Stoll reisst immer wieder dämonisch die Augen auf, das ist lächerlich am Rande der Karikatur. Sein Gesangsstil ist altmodisch, Konsonanten werden herausgeknallt und manches Wort künstlich pathetisch aufgeblasen. Das alles hätte der Bariton nicht nötig, eine diszipliniertere Vortragsweise brächte seine Qualitäten deutlich besser zum tragen, als diese Outriertheiten.
Die Handlung wird von Regisseur Stephan Suschke am Stück entlang erzählt, oftmals mit Tableaus, bei denen sich keiner mehr bewegt, es wird viel gestanden in dieser Inszenierung und lauch hin-und-wieder nicht sehr zwingend agiert.
Das kommt offensichtlich der schauspielerisch nicht glänzenden Sopranistin Anja Eichhorn entgegen, die sich wirklich darauf beschränkt auf der Bühne anwesend zu sein und ihre Partie gesanglich ansprechend zu exekutieren.
Im zweiten Teil gibt es dann noch eine angedeutete Vergewaltigung bei einem Fest und am Ende eine kleine Wendung bei der Vermählung Malwinas mit Ruthwen: ein grosses Neonkreuz senkt sich vom Schnürboden herab, zuerst erschrickt Ruthwen, dann lacht er, packt ordentlich Knoblauch aus und beisst herzhaft hinein: gegen den Vampyr ist kein Kraut gewachsen. Das Neonkreuz färbt sich rot und Ruthwen verschwindet in der Hölle. Aber anstatt das Malwina jetzt ihren Edgar nimmt, entledigt sie sich des Brautschleiers und blickt sehnsüchtig ihrem Vampyr nach – klar, der wäre ein interessanter Liebhaber gewesen, kein Vergleich zu dem langweiligen Edgar Aubry.
Als Gast aus Freiburg sang Sigrun Schell von der Seite sehr engagiert die Emmy, während die Rolle von der Regieassistentin gespielt wurde.
Sollte diese Vorstellung für den Würzburger Chor typisch gewesen sein, hat der Chordirektor Markus Popp ein reichhaltiges Betätigungsfeld: unsicher und intonatorisch ungenau stellte sich der Chor vor, was zu deutlich mehr Probenarbeit Anlass bieten sollte.
Das Orchester agierte unauffällig, Dirigent Jin Wang beschränkte sich auf routinierte Taktstockarbeit, sehr spannend war das nicht.