Mein besonderes Erlebnis mit Musik

  • In der Meinung, dass ein solcher Thread noch nicht existiert:


    Das Interessante an diesem Tamino-Forum – so geht es mir – ist die Tatsache, dass hier nicht, wie in so vielen Foren, eine Frage gestellt, ein Problem aufgeworfen wird und dann Postings erfolgen, bis die Antwort gefunden ist, das Problem beseitigt...
    Hier geht es mehr um Austausch, um Tipps, eigene Erfahrung mit dem musikalischen Medium...
    Und hier möchte ich mit diesem Thread ansetzen: Musik ist Schwingung, und da auch wir aus Schwingungen bestehen, erreicht sie uns auf diversen Ebenen und kann uns trösten und Halt geben wie auch Traurigkeit auslösen, Erinnerungen wecken, zur Ekstase führen, Entspannung verschaffen, unseren Horizont erweitern u. v. m.


    Wie war das bei Euch: Möchtet Ihr eine besondere Erfahrung erzählen, die Euch mit dem Hören von Musik verbindet? Das Erlebnis mit einer bestimmten Musik, die Wirkung einer speziellen Komposition, einer gelungenen Einspielung, das tiefe Berührt-Sein einer einzigartigen Darbietung, eines wunderbaren Konzertes, der Ausstrahlung einer Interpretin / eines Interpreten..., die Erinnerung, wenn Ihr einen bestimmten Song* hört...


    In diesem Thread geht es nicht darum, auf ein Posting direkt zu antworten. Gedanken können aufgegriffen und auch weitergeführt werden, aber es können genauso gut eigene persönliche Berichte ganz für sich stehen. Dies ist ja auch die Absicht.


    Hierbei könnte etwas entstehen, das zeigt, wozu Musik fähig ist, das die Sternstunden der Verbindung Mensch-Musik aufzeigt, das dokumentiert, welche Macht diese Kunst auf uns ausübt, wie sie uns tief im Innern ergreifen kann...


    Liebe Forenserinnen und Forenser, ich bin geneigt zu sagen, dass es fast schon ans Wunderbare grenzen würde, wenn Ihr Eure besonderen Erlebnisse nach Lust und Laune in ein besonderes bzw. individuelles textliches Gewand kleidet, dem „Buch Eurer Erinnerungen“ nach Lust und Laune bzw. Inspiration und Intuition eine poetische Form gebt.
    Das wäre wünschenswert, aber keinesfalls Bedingung: Viele Gedanken oder Erlebnisse lassen sich vielleicht besser auf normale Art aussprechen, in Prosa oder in unserer Alltagssprache (vielleicht auch Dialekt? Das wäre dann schon wieder Kunst!), alles hängt zudem von der jeweiligen Person ab. Vielleicht geht es einfach nur darum, sich dieser besonderen Verbindung, jenes einmaligen Erlebnisses bewusst zu sein – und in diesem gehobenen (!) Bewusstsein seinen Gedanken freien Lauf zu lassen und ihnen zu einer schriftlichen Form zu verhelfen.


    Hier geht es auch nicht darum, nur ein einziges, einmaliges Erlebnis zu schildern oder eine Liste der drei oder sechs bedeutendsten Ereignisse aufzustellen. Es gibt bestimmt weit mehr als nur eine solche Begebenheit, und immer wieder kann sich so etwas in unserem Leben ereignen.


    Allgemeine, alltägliche Erfahrungen mit Musik möchte ich allerdings nicht hier, sondern in einem anderen Thread („Musik – Wirkung und Gewohnheiten“)aufgehoben wissen.


    Kunstvolle Grüße vom


    Wandergeist :hello:




    * Es heißt zwar Klassik-Forum, aber „Klassik“ bzw. „klassisch“ kann ja vielerlei bedeuten:
    - die Musik der Klassik bzw. der Wiener Klassik – der Epoche zwischen Barock und Romantik – , also v. a. die Musik Haydns, Mozarts und Beethovens;
    - "klassisch" als ein von der Geschichte unabhängiger, allgemeiner Wertungsbegriff, z. B. eine klassische Autoform (Ente, Käfer) im Sinne von mustergültig, zeitlos (ein Beatles-Song?)
    - in ähnlichem Sinne, auf die Musik übertragen: Musik, die gewisse herkömmliche Merkmale klassischer Kunst schlechthin aufweist, z. B. "Einheit von Inhalt und Form", "Einheit in der Mannigfaltigkeit" usw. Viele dieser Merkmale finden sich auch in anderen Epochen (Spätmittelalter, Barock, Moderne etc.), und hierauf bezieht sich natürlich das Tamino-Klassikforum;
    - ich möchte die Liste dahingehend erweitern, dass eine Erinnerung an bzw. ein Erlebnis mit einem bestimmten Musikstück eben dieses Werk – für den Schreiber – zu einem „klassischen Stück“ erhebt, die Verbindung Mensch-Musik hier zu einem klassischen Erlebnis gekrönt wurde... und da sollte einfach jede Art von Musik, ob Klassik, Pop, Jazz, Außereuropäische Musik oder Meditationsmusik und so vieles mehr dazu gehören.

  • Da haben sich bisher ja doch ganz schön viele zu Wort gemeldet - oder: Der Schuss ging wohl nach hinten los... :(


    Ist allerdings kein Wunder:


    Dachte mir eben, ich mache jetzt mal den Beginn und schreibe ein Erlebnis auf - und verpacke es in eine Form (wie z. B. Hesses "Orgelspiel" oder "Die Zauberflöte am Sonntag Nachmittag"). Da merke ich erst, wie schwierig sich das gestaltet, bzw. wie da eigentlich (noch) gar nichts kommt... Schwierig auch das mit der poetischen Form. :no:


    Also nun der Versuch ( :hahahaha:), das Thema etwas zu modifizieren:


    Es geht zum einen nicht um ein einmaliges Erlebnis oder die einzigartige Musik, sondern um unterschiedliche Musik(en), die auf uns einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat, und um eben diese Wirkung auf uns. Dabei spielt auch keine Rolle, ob es sich um ein spezielles Werk oder eine allgemeine Richtung (z. B. "Orgelmusik von Bach") handelt.


    Die schriftliche Form wäre beliebig: Ob in einigen wenigen Sätzen alles gesagt wird, ob es eine längere Abhandlung wird oder nur ein flüchtig hingeworfener Gedanke, ein knappes Statement, ein Aphorismus... Das sei jedem selbst überlassen.


    Und da auch mir am frühen Morgen nichts Rechtes einfällt, schließe ich mit einem Zitat aus "Worte zur Musik" von Friedrich Gulda:


    "Spannung, "energy", durch Höbares erzeugt bzw. Hörbares erzeugend, ist das eigentliche musikalische Element." 1968



    Liebe Grüße,


    WG :hello:

  • Ich glaube, daß "exorbitante" Musikerlebnisse eher selten sind - und zumeist nimmt man sie nicht als solche wahr. Andere Erlebnisse sind zwar im Augenblick spektakulär - jedoch verblassen sie nach uns nach.


    Ich war in Wien in diversen Konzerten die man als "Erlebnis" sehen kann, beispielsweise eines mit Karl Richter als Solisten an der Orgel, wo allein die Zugaben beinahe eine Stunde dauerten, wo das gesammte Publikum im Stehen zuhörte - bis man uns das Licht abdrehte.


    Und iich war auch in einem Konzert des greisen Stefan Askenase (1896 i- 1985) kennt den heute noch jemand?
    wo das Publikum trotz seiner vielen falschen Noten frenetischen Applaus spendete und Standig Ovations darbrachte - uns allen war bewusst, daß wir hier ein Stück Musikgeschichte miterleben durften. Seine Lehrer waren immerhin Theodor Pollak, Emil von Sauer und Joseph Marx. Und er spielte einen herrlich antiquerten Stil, wie aus einem anderen Jahrhundert. Es wurde hier also in Bezug auf das Lebenswerk appaludiert und nicht etwa aus Mitleid. Wir durften an etwas teilhaben, das uns eigentlich verwehrt bleiben sollte...


    Es gibt aber auch heitere Episoden, die man nicht gerade als "besonderes Erlebnis" beschreiben kann - immerhin blieben sie mir im Gedächtnis.
    Es war bei einem Arkadenhofkonzert im Wiener Rathaus die seinerzeit jede Woche im Freien zu moderaten Preisen stattfanden (vorzugsweise Studenten und Touristen frequentierten diese Konzerte), und es sollte ein Klavierkonzert gegeben werden- Der Beginn wer schon längst überfällig, weil das Flugzeug des Dirigenten Verspätung hatte.
    Endlich traten zwei Männer aufs Podium, - und tosender Applaus hüllte die beiden vermeintlichen künstler ein. Diese begaben sich in Richtung Klavier - und rückten es einen Meter weiter nach rechts.
    Die Komik der Situation auskostend begaben sie sich nach getaner Arbeit an die Rampe und verbeugten sich beite tief - wie einstudiert, was das Publikum zu hellem Auflachen und erneutem Applaus animierte.
    Das Konzert fand indes statt - jedoch mit einem Ersatzdirigenten....


    Musik war damals mein Lebensellixier, welches mich anduaernd umgab - und ich habe dies immer als Selbstvertändlichkeit gesehen - nie als "besonderes Ereignis".....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Weil auch Aphorismen "erlaubt" sind - fällt mir einer von Karl Kraus ein:


    Was ist die Neunte Symphonie neben einem Gassenhauer, den ein Leierkasten und eine Erinnerung spielen!


    Ob und inwiefern das stimmt, dazu könnte wieder Karl Kraus selbst zitiert werden:


    Der Aphorismus deckt sich nie mit der Wahrheit; er ist entweder eine halbe Wahrheit oder anderthalb.


    :D :] ?(


    Liebe Grüße
    KP