Neuinszenierung von Verdis "Falstaff" am 26.6.2010 im Pfalztheater Kaiserslautern.
" Alles in der Welt ist Posse"
unter diesem Motto inszeniert Bernd Weikl Verdis "Falstaff" und singt die Titelpartie.
Weikl nimmt das Motto "Alles in der Welt ist Posse" zum Ausgangspunkt seiner Inszenierung. In den drei Akten gelingt mit viel Turbulenz ein temporeiches buffoneskes Spiel. Die vergnüglichen Clownerien gleiten jedoch nie in platte Späße ab. Immer ist das ironische Augenzwinkern dabei. Am Ende gelingt sogar der Spagat Falstaffs epikureischen Lebensstil als eine Möglichkeit der Weltsicht zu verstehen. Die Doppeldeutigkeit von Verdis Komödie. dieses Schwanken zwischen Heiterkeit und Ernst, Lachen und Weinen wird prägnant herausgearbeitet.
Hierzu trägt das gelungene Bühnenbild von Thomas Dörfler sehr viel bei. Das ganze Spiel bewegt sich um und in einer alles beherrschenden Erdkugel, auf er in großen Lettern das Motto "Tutto nel mondo è burla" prangt. Die Rückwand der Kugel läßt sich vielfältig öffnen, so dass "die ganze Welt" das Spiel auf der Bühne verfolgen kann. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, weil durch Dekoration an den Seitenwänden tatsächlich die Prominenz der Welt wie Papst Benedikt, Barak Obama, Angela Merkel, Madonna, Pavarotti. Shakespeare, sogar Verdi selbst und viele andere dem fröhlichen Treiben auf der Bühne ständig zusehen. Ein fabelhafter Regieeinfall, der während des ganzen Abends das Motto "Alles in der Weilt ist Posse" eindrucksvoll dokumentiert.
Verstärkt wird der Eindruck noch durch die farbenfrohen Kostüme,die Julia Holewiik geschaffen hat.
Bernd Weikl kennt seinen Falstaff natürlich in allen Facetten und Details. Eine solche Werkkenntnis ist bei modernen Regisseuren leider nicht immer vorhanden. Deshalb kann sich die Inszenierung auch ganz auf die Handlung konzentrieren , braucht keine Verfremdungen und wirkt doch frisch , spritzig, modern und lebendig. Das Orchester des Pfalztheaters unter seinem Dirigenten Uwe Sandner kann diesem Konzept auch musikalisch folgen und Verdis Alterswerk überzeugend und tonschön zum Klingen bringen.
Der Sänger Weikl trägt das überwiegend junge Sängerensemble als Regisseur quasi auf Händen. Er gibt Ihnen Raum, sich darstellerisch und stimmlich zu entfalten. Trotz des Tempos der Handlung werden die Sänger auch bei den bewegtesten Szenen nie atemlos. Was sängerisch geboten wird, kann getrost als Fest der Jungen Stimmen bezeichnet werden. Carlos Aguirre als Ford, Steffen Schanz als Fenton,John Pickering als Dr. Cajus, Adele Fink als Alice, Wieoletta Hebrowska als Meg, Yanyu Guo als Quickly und Arlette Meißner als Nannetta unterstreichen durch ausgezeichnete gesangliche Leistungen den hervorragenden Ruf ,den das Pfalztheater Kaiserslautern als Sprungbrettbühne für junge Gesangstalente genießt. Marian Henze und Hans-Jörg Bock bringen neben schönen Stimmen als Bardolfo und Pistola viel komödiantisches Talent in die Aufführung ein.
Gerade der "Falstaff" lebt wie keine der anderen Verdi-Opern von der
stimmlichen Ausgewogenheit der Ensembleszenen. Trotzdem wird der Darsteller des Falstaff immer im Mittelpunkt stehen, besonders wenn er Bernd Weikl heißt und dessen Bühnenpräsenz mitbringt. Auch stimmlich überzeugt Weikl mit einem in allen Lagen volltönenden Bariton, mit dem er alle gesanglichen Nuancen der Riesenpartie voll ausschöpfen kann. Darstellerisch und gesanglich eine Leistung , die Weikl in eine Reihe mit den größten Darstellern dieser anspruchsvollen Partie stellt. Nach diesem Erlebnis fragt man sich kopfschüttelnd, warum die großen Häuser ihren älteren Ausnahmesängern oft so wenig Auftrittsmöglichkeiten bieten?
Bravissimo, dass ein Haus von der Größe des Pfalztheaters Kaiserslautern einen solchen gelungenen, großen Theaterabend bieten kann. Dieser "Falstaff" ist eine Reise in die schöne Pfalz wert!
Herzlichst
Operus
Übrigens hat Bernd Weikl ein lesenswertes Gedicht über Falstaff geschrieben. Ich stelle es in dem Weikl-Thread ein.