HAYDN, Joseph: IL MONDO DELLA LUNA

  • Joseph Haydn (1732-1809):

    IL MONDO DELLA LUNA
    Dramma giocoso in drei Akten
    Libretto eines unbekannten Autors nach der gleichnamigen Komödie von Carlo Goldoni


    Uraufführung am 3. August 1777 im Theater des Schlosses Esterháza


    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Ecclitico, vorgeblicher Astrologe, Alt oder Tenor
    Ernesto, ein Kavalier, Tenor oder Bariton
    Buonafede, reicher Einfaltspinsel, Baßbuffo
    Clarice, seine Tochter, Sopran
    Flaminia, zweite Tochter des Buonafede, Sopran
    Lisetta, Kammerzofe des Buonafede, Sopran
    Cecco, Diener des Ernesto, Tenor
    Scholare, Kavaliere, Pagen, Diener, Soldaten der Welt auf dem Monde


    DIE HANDLUNG


    ERSTER AKT


    Der Dottore Ecclitico (Ekliptikus) und sein Diener Cecco haben eine Verschwörung gegen den reichen Buonafede (Gutgläubig) vor, deren Ziel nicht seine »finanzielle Erleichterung«, sondern die Eroberung von dessen Tochter Clarice ist. Da Buonafede es liebt, den Himmel zu beobachten und ganz besonderes Interesse am Mond zeigt, hat sich Ecclitico eine Komödie ausgedacht, die ihn zu seinem Ziel bringen soll: Ecclitico gibt sich als Astrologe aus, verkauft dem Alten ein ganz besonderes Fernrohr, mit dem man kleinste Details der Mondwelt erspähen kann und macht ihm so weis, daß es auf dem Monde eine viel bessere Welt gebe. Mit Hilfe des Fernrohrs läßt man ihn beispielsweise Frauen beobachten, die gerade zu Bett gehen. Buonafede ist entzückt bedankt sich mit einem prallen Geldbeutel.


    Die Zuschauer lernen den Kavalier Ernesto kennen, Sohn eines Barons, der es auf Flaminia, der anderen Tochter von Buonafede, abgesehen und es erfährt auch, daß Eccliticos Diener Cecco sich in die Kammerzofe der beiden, Lisetta, verguckt hat.


    Die besonnene Flaminia und die temperamentvolle Clarice beraten ihr Lage und stellen fest, daß die nicht gut ist. Der Vater, nicht nur sehr einfältig, sondern auch sehr geizig, will partout bei einer Heirat keine Mitgift herausrücken, ja, er würde sie am liebsten für immer in ihr Zimmer einschließen. Selbstverständlich gilt der Geiz den Töchtern, nicht aber ihm selbst; Buonafede schäkert nämlich immer wieder mit Kammerzofe Lisetta, die ihm seines Reichtums wegen zwar Liebe vorheuchelt, sich ansonsten jedoch über ihn lustig macht.


    Im Finale des ersten Aktes kommt Ecclitico, um sich angeblich für immer von Buonafede zu verabschieden. Er gibt an, der Mondkaiser habe ihn zu sich gerufen und diesem Ruf müsse er natürlich Folge leisten. Buonafede ist über die Eile, die hier an den Tag gelegt wird, erbost und versucht mit allen guten und schlimmen Worten seine Mitreise zu bewerkstelligen. Nach längeren »Abwehrversuchen« gibt Ecclitico schließlich nach und bedeutet Buonafede, er müsse für die lange Reise in einen Schlaf versetzt werden. Ein Trunk versetzt ihn in den Tiefschlaf und man bringt ihn in den Garten von Ecclitico.


    ZWEITER AKT


    Der Garten Eccliticos ist wie eine „Welt auf dem Monde“ hergerichtet worden und eine Maschine weckt Buonafede mit Blitz und Donner auf. Ihm wird eine ganz erstaunliche Zeremonie vorgeführt: Dottore Ecclitico amtiert als der Zeremonienmeister des Mondkaisers und läßt Buonafede völlig neu einkleiden. Der »Gutgläubige« ist erstaunt über die Blumenpracht, die sich ihm hier auf dem Mond zeigt, und überwältigt von der Musik und den dargebotenen Tänzen.


    Dann erscheint Cecco in Gesalt des Mondkaisers und erklärt Buonafede, was auf der Erde alles verkehrt ist. In seinem Gefolge befindet sich auch Ernesto, der Freund von Ecclitico, als Abendstern Hesperus verkleidet und erklärt dem staunenden Buonafede die Sitten und Gebräuche auf dem Mond. Buonafede ist restlos begeistert.


    Lisetta, die mit verbundenen Augen aus dem Hause ihres Herrn ebenfalls hierher geführt wurde, wird von Buonafede umworben und spielt mit Begeisterung die Komödie mit. Da erkennt sie, trotz seiner Verkleidung, den Mondkaiser als Eccliticos Diener Cecco, gibt aber weiter die Ahnungslose und läßt sich als Mondkaiserin auf den Thron heben.


    Das Finale des zweiten Aktes zeigt, mit großem Pomp inszeniert und in der »Mondsprache« ausgeführt, die Vermählung von Flaminia mit Hesperus und Clarice mit Ecclitico. Sobald man Buonafede der Mitgift wegen den Schlüssel seines Geldschranks abgeluchst hat, wird die Komödie augenblicklich für beendet erklärt. Buonafede ist wütend und tobt.


    DRITTER AKT


    Natürlich wendet sich in diesem kurzen dritten Akt alles zum Guten: Ecclitico will Buonafede nur nach Hause entlassen, wenn er zu dem inszenierten Spiel die „gute Miene“ macht. Doch der sträubt sich seiner Natur gemäß eine ganze Weile; dann aber gibt er nach und willigt in die gerade geschlossenen Verbindungen ein, gewährt sogar seinen Töchtern die bisher verweigerte Mitgift. Ende gut - alles gut!

    INFORMATIONEN ZUM WERK


    »Il mondo della luna« ist Haydns siebte italienische Oper und entstand 1777 aus Anlaß der Hochzeit des zweiten Sohnes des Fürsten Nikolaus I., Graf Nikolaus, mit der Gräfin Anna Maria Weißenwolf, einer Nichte der Fürstin; die Erstaufführung war am 3. August im Theater auf Schloß Eszterháza. Gleichzeitig wurde zu diesem Anlaß ein Ballett gegeben, das schon seit längerem im Repertoire stand, sowie eine deutsche Marionettenoper, »Genovevens vierter Teil«; die Musik zu diesem Marionettenstück ist allerdings verschollen.


    »Il mondo della luna« ist nach »Lo speziale« (1768 ) und »Le pescatrici« (1769) bereits das dritte Textbuch Carlo Goldonis, das Haydn für die Bühne in Esterháza vertonte; der Autor des Librettobearbeiters für Haydn ist allerdings unbekannt geblieben.


    Die ursprüngliche Fassung Goldonis war zum ersten Mal 1750 von Baldassare Galuppi für Venedig komponiert worden, hatte aber auch anderen Komponisten als Vorlage gedient. Zu nennen wären hauptsächlich Giovanni Paisiello (Venedig 1774) und Gennaro Astaritta (Venedig 1775). Das für Haydn erstellte Libretto folgt Goldonis Original bis vor das Finale des zweiten Aktes und verwendete dann die Fassung der Oper Astarittas.


    »Il mondo della Luna« gehört zu den Opern Haydns, die nicht mehr für das nur aus deutschen Sängern bestehende Opernpersonal auf Esterháza geschrieben wurde; seit 1776 hatte der Fürst nämlich für das italienische Opernrepertoire extra italienische Sänger engagiert. Merkwürdigerweise ist die Oper auch nicht in das ständige Repertoire von Esterháza aufgenommen worden; es gab zwar einige Wiederholungen in 1777, ansonsten jedoch war die Komödie sozusagen eine Eintagsfliege.


    Dennoch liegt die Oper in drei verschiedenen Fassungen vor: In einer als »Urfassung« zu bezeichnenden Version ist Ecclitico einem Alt, Ernesto einem Tenor und Lisetta einem Sopran zugewiesen. Eine andere Version, die für den »Musikalienmarkt« entstand, weist Ecclitico und Ernesto einem Tenor und Lisetta einem Alt zu. In einer »Letztfassung« hat Haydn dann noch einzelne Nummern einer Revision unterzogen. Bei Bärenreiter ist eine von H. C. Robbins Landon erstellte Fassung erschienen, die bei heutigen Aufführungen von vielen Bühnen verwendet wird. Eine weitere Version stammt von Hans Swarowsky; bei ihm ist Ecclitico ebenfalls eine Tenorrolle und Ernesto ein Bariton; zusätzlich hat Swarowsky den italienischen Text ins deutsche übersetzt.


    Das Werk wird als »Dramma giocoso«, heiteres Drama, bezeichnet und stellt insoweit eine Mischform einer »Opera semiseria« dar. Diesem Schema sind auch die handelnden Personen zuzuordnen: Nur Buonafede, Cecco und Lisetta sind reine Buffo-Figuren; Clarice und Ecclitico kann man sowohl dem heiteren wie auch dem ernsten Bereich zuweisen; Ernesto und Flaminia sind durchweg ernste Rollen. Der Librettist hat allerdings, wenn man in Kategorien Operngenres denkt, einen Stilbruch begangen, weil er Ernesto und Flaminia am Ende des II: Aktes in die alberne Mondsprache miteinstimmen läßt.


    Haydns Musik ist in den Grundzügen dieser Rollenverteilung verpflichtet, wobei immer ein starker Trend zur »Seria« zu spüren ist. Einige Ensemble-Stücke sind im Buffo-Stil komponiert und haben einen ernsten Abschnitt. Hingewiesen werden soll an dieser Stelle auf die Ouvertüre, die Haydn später für den ersten Satz der Symphonie »La Roxelane« verwendete, und Lisettas Arie Una donna come me, eine der vielleicht schönsten Ausgestaltungen des vierteiligen Typus in abwechselnd gerader und ungerader Taktart. Von köstlicher Gestaltungsart ist auch Buonafedes Arie Che mondo amabile; der Sänger muß mit dem Mund flöten und konzertiert dabei mit acht Blasinstrumenten.


    Der interessierte Opernfreund sei an dieser Stelle noch auf die Opernbeschreibung von Mark Lothars »Die Welt auf dem Monde« hingewiesen, die in Grundzügen mit Haydns Werk zwar übereinstimmt, in Details aber durchaus anders verläuft.


    © Manfred Rückert für TAMINO-Opernführer 2010
    unter Hinzuziheung von
    Reclams Opernführer 1951
    Reclams Opernlexikon 2001
    Brockhaus Riemann Musiklexikon
    Heinz Wagner: Die Oper
    Harenberg Opernführer

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    MUSIKWANDERER

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  • 3. August 1777:
    Auf Schloss Esterháza erfolgt die Uraufführung der Oper
    Il mondo della luna (Die Welt auf dem Monde)
    von Joseph Haydn

    Dramma giocoso in 3 Akten
    mit Pietro Gherardi • Benedetto Bianchi • Catharina Poschwa • Maria Anna Puttler • Leopold Dichtler • vielleicht auch mit Guglielmo Jermoli und Maria Jermoli.
    Text nach einem Libretto von Carlo Goldoni, der den Text ursprünglich für Baldassare Galuppi (Venedig 1750) geschrieben hatte; er wurde auch von anderen vertont, so 1775 von Gennaro Astarita. Haydn benutzte Goldonis Original bis zum 2. Finale, dann die Bearbeitung für Astarita.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)