Bildbetrachtung – Friedrich v. Amerling: Kaiser Franz I. von Österreich im österreichischen Krönungsornat


  • Friedrich v. Amerling: Kaiser Franz I. von Österreich im österreichischen Krönungsornat, 1832
    Öl auf Leinwand, 263 x 180 cm
    Signatur: Bez. und dat.: Fr. Amerling, 1832
    Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie
    Inv.-Nr. GG_8618
    Provenienz: Schloß Laxenburg


    Das vielleicht berühmteste Gemälde des österreichischen Malers Friedrich Ritter v. Amerling (1803–1887) ist das Staatsportrait des bereits 64jährigen Kaisers Franz I. von Österreich im vollen Krönungsornat des Kaiserthumes. Amerling war neben Waldmüller der wohl bedeutendste österreichische Portraitmaler der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Exemplarisch läßt sich sein Können an eben diesem Gemälde bestaunen, welchem er, trotz des zweifelsohne staatstragenden Charakters, eine private, menschliche Note verleiht. Der "gute Kaiser Franz", als Zweiter dieses Namens letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (1792–1806) und als Erster dieses Namens erster Kaiser von Österreich (1804–1835), wird hier gut getroffen. Vor uns sehen wir gleichsam den Privatmann und Familienmensch, welcher er war, gehüllt in den unnahbaren Ornat, unter dessen Last er beinahe erdrückt zu werden scheint. Weniger majestätische Anmut als vielmehr allzu menschliche Schwäche zeigt seine Rechte, die das gewichtige Szepter in Händen hält. Die linke Hand liegt gar schlaff darnieder und verstärkt diesen Eindruck nur noch. Die zwar meisterlich gearbeitete und vor Pomp triefende, aber eben auch schwere Rudolfskrone drückt den hageren, fast schwächlichen Monarchen unter ihrer Last leicht nach vorne. Insgesamt entsteht ein Eindruck, als fühle sich der Regent nicht sonderlich wohl, trotz all der Hülle äußerlicher Majestät. Das Gemälde entspricht freilich ansonsten penibel den Vorgaben für ein Staatsportrait: Im Vordergrund sehen wir links den Reichsapfel, auf einem Samtkissen liegend; die Säule und der rote Vorhang weisen eindeutig auf den hochoffiziellen Charakter des Bildes hin. Gleichwohl beschönigt Amerling den Portraitierten nicht. So zeigt er dem Betrachter neben der leichten "Habsburgerlippe" auch ungeschminkt die tiefe "Furche" in Kaiser Franzens linker Wange, die uns auch auf anderen Bildern begegnet.


    Der Kenner weiß, daß Franz II./I., geboren am 12. Februar 1768 in Florenz, lieber Botaniker geworden wäre als Kaiser. Den Pflanzen war Franz zeitlebens zugetan, wie auch der Zoologie. So war er etwa stolzer Besitzer mehrerer exotischer Tierarten, etwa einiger Affen. Doch tut man dem Kaiser Franz unrecht, wenn man ihn hierauf beschränkt. Besonders am Herzen lag ihm nämlich auch seine Portraitsammlung, bis heute eine der größten weltweit. Und auch seine Bibliothek umfaßte an die 40.000 Bände. Musisch durchaus interessiert, spielte er selbst Violine, obschon ihm persönlich eher die heiteren Werke zusagten. Staatsmännisch erfüllte er sein Leben lang seine Pflichten. Stundenlanges Aktenstudium war keine Seltenheit. Allein das Pflichtbewußtsein trieb ihn hierzu an. Daß er in der Politik im Schatten seines späteren Staatskanzlers Fürst v. Metternich stand, ist kaum zu bestreiten. Gleichwohl kann keine Rede von einem "Regiment Metternich" sein, ergänzten sich Kaiser und Kanzler doch nahezu einmalig und mochten fast als "Zwillinge" durchgehen, waren ihre Ansichten doch zumeist deckungsgleich. So ging folglich auch mit dem Tode des Kaisers am 2. März 1835 in Wien vielmehr ein Machtverlust Metternichs einher. Der Nachwelt freilich wird er immer als der "gute Kaiser Franz", der Kaiser des Biedermeier, der lieber Privatmann war und bevorzugt Frack statt Uniform trug, in Erinnerung bleiben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Der Nachwelt freilich wird er immer als der "gute Kaiser Franz", der Kaiser des Biedermeier, der lieber Privatmann war und bevorzugt Frack statt Uniform trug, in Erinnerung bleiben.


    Hallo Joseph II.,


    auch ich bin, um das gleich vorweg deutlich zu machen, sehr an der Geschichte des Hauses Habsburg und der des Kaiserthums Österreich, bzw. ab 1867 der der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie interessiert. Will damit sagen, dass ich den Herrschaften schon mit einer gewissen Art der nachsichtigen Symphatie gegenüber stehe. Doch das Bild, das Du, lieber Joseph, hier von Franz II./I. zeichnest, ist mir doch ein wenig zu biedermeierlich-gemütlich geraten. Du selbst schriebst oben, dass die Ansichten Metternichs und Franz I.' häufig deckungsgleich gewesen seien. Jean Bérenger schreibt in seiner "Geschichte des Habsburgerreiches 1273 - 1918" (Wien 1995, S. 574) über Metternich: "Um sich besser seiner Rolle als 'Polizist' Europas widmen zu können, führte der Kanzler im Inneren der Monarchie eine äußerst konservative Poltik mit Polizeiüberwachung, Zensur und willkürlichen Verhaftungen oppositioneller Liberaler." Da Metternich nun diese Politik nicht ohne das Einverständnis seines Herrn führen konnte, wirft das doch auch einen Schatten auf den Kaiser selbst. C. A. Macartney schrieb in seinem Buch "The Habsburg Empire 1790 - 1918" (London 1968 ), dass Franz I. umgetrieben worden sei von der Furcht vor der Demokratie und seine Abneigung gegen Veränderungen sei geradezu pathologisch gewesen.


    Das ergänzt das Bild vom Pflanzenliebhaber, vom Freund heiterer Musik und anderer unschuldiger Zerstreuungen dann noch um ein paar Facetten.


    (habsburgfreundliche) Grüße,


    Garaguly