Benjamin Britten: Peter Grimes ( Hamburg, d. 03.12.2013 )

  • Nachdem es in der Hamburgischen Staatsoper in den letzten Jahren die Opern Death in Venice, Midsummernight Dream, Billy Bubb und Gloriana zu sehen und zu hören gab, konnte man an diesem Abend nun endlich auch die Oper Peter Grimes von Benjamin Britten anläßlich seines 100 Geburtstages erleben.
    Simone Youngs gab dem Werk einen musikalisch ungemein dramatischen Charakter und das nicht nur in den Sturmszenen des ersten Aktes, die einen sofort gepackt hatten, sondern hielt diese Spannung bis zum Schluß bravorös durch ,was ihr nicht erst zum Ende sondern schon zu Beginn der zweiten Hälfte große Ovationen einbrachte.
    Offensichtlich scheinen mittlerweile doch einige mehr begriffen zu haben, was sie an dieser Dirigentin haben, die nicht umsonst zu den besten ihres Faches zählt.
    Mit Brittensmusik jedenfalls scheint sie, ähnlich wie schon zuvor bei Wagner ( alle gängigen Opern ) und Verdi ( Verdi im Visier, drei frühere Werke ) voll in ihrem Element zu sein.
    Bei diesem Werk von Britten meinte mal stellenweise was die musikalische Sprache anbelangt leichte musikalische Ähnlichkeiten mit Janaceks Katja Kabanova entdecken zu können.
    Auch wenn Michael Schades heller mit wenig Farbnuancen angereicherte Tenor, nicht über die charakteristsche Stimme eines Peter Pears oder den erlebten Schmerz eines Jon Vickers in der Stimmegfarbe verfügt, so gelang ihm an diesem Abend dennoch ein glaubwürdiges, packendes und auch emotional berührendes Porträt der Titelfigur, die durch einen Freispruch zweiter Klasse letztlich nachher ins Absetis der Geselschaft gedrängt wir.
    Dieses erreichte dann über das zu Tode kommen eines weiteren Jungen mit dem Freitod der Titelfigur ihren letzten tragischen Höhepunkt.
    Inga Kalnas Ellen Oxford, die für diese Rolle eine dunkelere warme klangfarbe wählte, gelang ebenfalls ein überzeugendes Rollenporträt.
    Renata Springler schon immer ein Garant für erstklassige Interpetationen sang an diesem Abend die Auntie.
    Ebenfalls herausragend Robert Bork als Balstrode, was auch für den Swallow von Tigran Martirossian gilt.
    Ein weiterer Höhepunkt an diesem Abend war Anne- Marie Owens als Mrs. Sadley und darstellerisch so wie auch gesanglich verstand es Jürgen Sachers als Reverend Adams zu überwältigen.
    Die für Hayoung Lee eingesprungene Larissa Wäspy als erste und Gabriele Rossmanith als zweite Nichte blieben hier leider gesanglich etwas hinter ihren Möglichkeiten, sie war schlichtweg farblos und blaß.
    Peter Gaillard sang den Bob Boles, Vicotr Rud ließ sich als Ned Keene als Indispuniert ankündigen, was aber gar nicht weiter auffiel. Florian Spiess sang den Hobson und Volker Bruns Dr. Crabbe.
    Der Junge wurde sehr überzeugend von Max von Schultz dargestellt.
    Der Orchesterklang an diesem Abend war herausragend und der Chor agierte und sang ebenfalls hervorragend.
    Ein wahrhaft würdiger und überaus beglückender Abend, ärgerlich wahrscheinlich nur das dieses Britten Werk den weg wie allen vorangegangenen gehen wird.
    Eine maximal zwei Spielzeiten, sofern überhaupt und man sieht und hört nie wieder etwas von ihnen.
    Ärgerlich weil die Musik sofern man sich daruf einlassen will, packt und begeistert, sofern diese so vermittelt wird, wie es an diesem Abend geschah.
    Das Bühnenbild bestand hauptsächlich aus Treppen.
    Der " Gerichtssaal ", die Menge saß oder stand auf einer Treppe, welche die halbe Bühne einnahm.
    Hinunter in die Kneipe führte eine kleine schmale Treppe über welche immer mehr Menschen hineingespült wurden.
    Die Kirche wurde durch eine Treppe symbolisiert, über welche die Menge hineinströmen konnte und der Chor der Entrüstiung fand auf größeren treppenatrtigen Abstufungen statt.
    Zu dem Haus von Peter Grimes führte unsichtbar für den Zuschauer eine kleine schmale Treppe über welche wohl Maximal zwei Personen nebneineiander das symbolisch angedeutete Haus, eine schräge größere Fläche mit zwei Stühlen betreten konnte und von welcher dann der junge in den Tod stürzte.

  • Dem vorstehenden Bericht kann ich mich nur anschließen.


    Das Dirigat dieser schwierigen Partitur nötigt Bewunderung ab. Simone Young war mit einer Exaktheit am Werk, die ihresgleichen sucht.


    Es wäre wirklich schade, wenn die Inszenierung - gestern war es die 19.Aufführung seit der Premiere am 17.Mai 1998 - für lange Zeit in der Versenkung verschwände. Allerdings läßt auch der nicht sonderlich gute Besuch eben dies befürchten.

  • Auch ich kann mich, was die letzte Aufführung dieser Serie am gestrigen Abend angeht, meinen Vorschreibern nur anschließen: Vor vermutlich auch aufgrund der Sturmwarnungen leider fast-leeren Haus (freie Platzwahl!) boten Sänger und Orchester einmal mehr einer formidable Leistung! Ein Übriges tat die stimmige Inszenierung von Sabine Hartmannshenn, die durch weitgehende Reduzierung der jeweiligen Örtlichkeiten (siehe den Bericht von Sven), sowie durch kluge Farbgebung in einer weitestgehend schwarz-grauen Umwelt (nur die durch die Titelfigur "besetzten" Artefakte traten in hellem gelb-weiß hervor) einerseits genug Spielraum für die Phantasie des Zuschauers ließ und andererseits die notwendige Abgrenzung zwischen der äußeren Welt des Fischerdorfes und der inneren, zerissenen Welt des Grimes vornahm.


    Interessant am Rande, dass es sich hier erst um die zweite hamburger Inszenierung nach der DA am 22.März 1947 ebenfalls in Hamburg handelt. Zwischendurch gab es lediglich ein Gastspiel der Sadler's Wells Opera unter der Leitung von Charles Mackerras in 1965, bevor sich das Haus dann erst wieder 1998 an eine eigene Neuinszenierung wagte (wenn ich recht erinnere, sang seinerzeit Neil Shicoff die Titelpartie; ich selber hatte das Glück, eine spätere Aufführung in der nun leider auch schon historischen CD-Besetzung Hickox/Langridge zu erleben). Erstaunlich, da es sich bei Brittens Peter Grimes nicht nur um eine der wichtigsten Werke des 20.Jahrhunderts handelt, sondern die Oper auch von ihrem Sujet her ja durchaus "in die Gegend" passt. So bleibt zu hoffen, dass es eventuell doch noch die eine oder andere Aufführungsserie geben wird, deren Besuch ich dann nur empfehlen kann!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.