Anlässlich des Todes von Kammersängerin Jutta Vulpius in der vorletzten Woche ist es mir ein Bedürfnis, diese Rubrik zum Andenken an diese bedeutende Sängerin zu eröffnen.
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Die Sopranistin Jutta Vulpius (31.12.1927 - 16.11.2016) hat Berliner Operngeschichte geschrieben und war in den letzten Jahren die Inkarnation einer lebendigen großen Vergangenheit. Sie sang unter Dirigenten wie Hermann Abendroth, Franz Konwitschny, Hans Knappertsbusch und Joseph Keilberth, mit Partnern wie Josef Traxel oder Fritz Wunderlich. Noch vor wenigen Jahren stand sie selbst auf der Bühne: an der Seite ihres berühmtesten Schülers Jochen Kowalski in der Berliner Volksbühne als Primadonna Jutta Vulpius in Johann Kresniks Stück "Villa Verdi" nach dem Dokumentarfilm "Un baccio di Tosca" und im Umfeld des Spielfilms "Quartett".
Diese begeistert aufgenommenen letzten Bühnen-Auftritte, bei denen sie eine unglaublich intakte und feine Sopranstimme mit erstaunlich vielen Obertönen erklingen ließ, erfolgte immerhin sechs Jahrzehnte nach ihrem umjubelten Berlin-Debüt 1954 als Königin der Nacht in der bemerkenswerten Inszenierung der "Zauberflöte" von Walter Felsenstein. Dieser hatte sie bereits 1951 frisch von der Hochschule in Weimar an seine Komische Oper verpflichtet - und dann erst einmal jahrelang schmoren lassen, bis er die reine Sängerin darstellerisch - und seine mehrfach verschobene und einmal kurz vor den Endproben abgebrochene und völlig neu konzipiert noch einmal begonnene Inszenierung der "Zauberflöte"- so weit hatte, sie dem Publikum zu präsentieren.
In einer vor mehreren Jahren im Berliner Privatfernsehen ausgestrahlten Sendung berichtete die rüstige Mittachtzigerin von ihren damaligen Auseinandersetzungen mit Walter Felsenstein. Sie schrie ihn an: "Dann werd' ich eben Gärtnerin" und er schrie zurück: "Dann wirst du eben Gärtnerin!"- Nun ja, so weit kam es nicht, aber 1956 wechselte Jutta Vulpius ins Ensemble der Deutschen Staatsoper Berlin und blieb diesem Haus bis zu ihrem offiziellen Eintritt in den Ruhestand 1988 (in der DDR galt für Frauen die Rente mit 60!) treu, gastierte dann noch eine weitere Spielzeit als Jungfer Marianne Leitmetzerin im "Rosenkavalier" und zog sich dann von der Bühne zurück - eben bis zu "Villa Verdi" an der Berliner Volksbühne in der Spielzeit 2012/13, als sie ein bemerkenswertes Bühnencomeback gab. Dazwischen gab sie das Singen allerdings nie auf, sondern gab Benefizkonzerte in Kirchen, um für deren Sanierung zu werben (solche Konzerte gab es bis vor zwei bis drei Jahren) und sie unterrichtete mit derselben Hingabe, mit der sie Jahre zuvor ihre großen Partie wie Konstanze, Donna Anna, Fiordiligi, Violetta, Alice Ford, Nedda oder Butterfly auf der Bühne verkörpert hatte.
Dass Jutta Vulpius in den letzten Jahren eine unorthodoxe Rentnerin war, sieht man schon daran, dass sie mit 84 Jahren noch eine einstündige Radiosendung komplett selbstständig moderierte!
Hier ihre Selbstvorstellung am Beginn ihrer Moderation:
Und hier die Sendung im Berliner Privatfernsehen, zu der sie vor wenigen Jahren geladen war und aus ihrem Leben plauderte: