Gestern hatte ich die Gelegenheit, die deutsch-japanische Pianistin Alice Sara Ott zum ersten Mal im Konzert zu hören, meine bessere Hälfte wollte unbedingt dahin, alleine wäre ich vermutlich nicht gegangen.
Die inzwischen 28-jährige Pianistin hat mittlerweile eine ganze Reihe von CDs bei der DGG vorgelegt, die Resonanz im Tamino-Forum ist aber bisher sehr dünn, praktisch kaum existent. Woran das liegt, ist mir nicht ganz klar, wenn ich z.B. die heftigen seitenfüllenden Diskussionen um Lang Lang sehe.
Anyway, das gestrige Programm in Stuttgarts nur zu ca 70% belegter Liederhalle war zweigeteilt. Im ersten Teil spielte Frau Ott Stücke von Edward Grieg, vermutlich m.o.w. die, die auch auf ihrer aktuellen CD zu finden sind. Im zweiten Teil dann Liszt's gewichtige h-moll Sonate.
Frau Ott liebt offensichtlich gewisse "Showeffekte", jedenfalls spielte sie die lichtere Grieg'sche Musik in einem cremefarbigen Kimono-ähnlichen Abendkleid, den dunkleren Liszt dann in ganz schwarz. Dazu war die Beleuchtung so reduziert, das man auf der Bühne nur noch sie und den Flügel ausmachen konnte. Fand ich eher gut, denn die karge Bühne wirkt eh oft recht öde. Und man konzentrierte sich tatsächlich mehr auf die Musik.
Frau Ott hatte sich verbal ausgebeten, den ersten Teil ohne Unterbrechung spielen zu dürfen, was ich bei den zahlreichen Miniaturen als großen Gewinn empfand. Die Musik war für mich weitestgehend neu und insofern konnte ich sie mit keiner anderen Interpretation vergleichen. Mir hat ihr Spiel aber über große Strecken gut gefallen, jedenfalls hat sie die Stücke so herübergebracht, das ich Lust habe, sie näher kennenzulernen. Ich war überrascht wie druckvoll sie an einigen Stellen spielte, so gar nicht elfenhaft, wenn wir mal diese eher dämlichen Werbezuschreibung bemühen. Hier liegt vielleicht ein Problem in ihrem Spiel, dass sie ihre Pranken manchmal heftiger ausfährt, als es der Musik gut tut.
Das schien mir auch bei der Liszt-Sonate ein Problem zu sein, das Stück kenne ich nun wesentlich besser. Technisch ist sie diesem Stück wohl gewachsen, aber an einigen Stellen fand ich es zu laut, ja fast lärmend gespielt. Ich muss aber auch sagen, dass ich das Stück noch nie live gehört hatte. Und vielleicht gelingt es ihr noch nicht so ganz, die vielen disparaten Teile unter einen großen Bogen zu spannen. Trotzdem war es eine eindrucksvolle Darbietung und das wurde vom Publikum auch entsprechend honoriert.
Soweit die Eindrücke eines Nicht-Klavierfachmannes, der sich nur gelegentlich in einen Klavierabend verirrt.