Johann Baptist Cramer - Ein englischer Komponist mit deutschen Wurzeln

  • Da es jetzt bereits einige CDs mit seinen Kompositionen gibt, ist es wohl angebracht ihm einen eigenen Thread zu widmen. Es wird bei einem bleiben, denn obwohl er es auf eine Opuszahl von 74 Werken gebracht hat, sind alle seine Kompositionen klavierbezogen. Er schrieb 8 Klavierkonzerte, der Rest sind Klavierstücke und Klaviersonaten. Ich konnte sein Werk nicht einteilen, soll heissen mit niemandem Vergleichen, Zum einen kenne noch zu wenig (es gib nur wenig auf CD), zum andern war sein Kompositionsstil und die Qualität sehr unterschiedlich. Er war nämlich vorzugsweise Pianist - übrigens einer der besten seiner Zeit, was Beethoven ausdrücklich erwähnte. Beethoven und Cramer schätzen einander sehr und waren sogar befreundet.
    Kennengelernt haben sich die beiden fast gleichaltrigen auf einer der langjährigen Reisen Cramers durch Europa und somit auch Wien. Cramer wurde übrigens 1771 in Mannheim geboren, aber schon mit 3 Jahren übersiedelte er mit der Famiilie nach London. Wien hat er dreimal für längere Zeit besucht und dort die Klavierfabrik Cramer und Mayer gegründet, in London dann einen Musikverlag, J. B. Cramer & Co. Ltd, der noch heute besteht.
    Gestorben ist er 1858 ebenda - nachdem er zuvor einige Jahre in Paris gelebt hat.


    Ich habe soeben aus der gezeigten CD des verdienstvollen rührigen Labels "GRAND PIANO", die "Anglio-Caledonien Varie" gehört., ein eingängige Varitiationenfolge der eher einfachen Bauart, aber eigentlich recht eigenständig, ohne ein mir bekanntes Vorbild. Cramer scheint ein guter Geschäftsmann gewesen zu sein, denn er erfüllte mit seinen weniger komplexen Werken die Amsprüche des damaligen Markts, der stark nach Werken von Cramer verlangte. Die anspruchsvolleren und auch etwas sperrigeren Werke mit Tiefgang schrieb er vorzugsweise für sich und seine Konzertauftritte... Sollte ichs vergessen haben - er spielte auch mit Liszt im Duett und war darüber hinaus auch Klavierpädagoge und Mitbegründer der Philharmonischen Gesellschaft in London.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • So - nun hat Herr Cramer auch ein Gesicht

    Das erste Stück auf der im Eröffnungsbeitrag abgebildeten CD, die Air Anglo.Caledonien Varie ist ein Variationenwerk - ein "Schusterfleck" - wie Beethovens "Diabelli-Variationen - aber doch kürzer und einfacher. Ein einfaches Thema mit 8 Variationen und einer Coda ams Schluss., verteilt auf 8 Tracks, weil eine Tracks gleich 2 Variationen enthalten. Es ist sehr singend im Ton einfallsreich und hat Ohrwurmqualitäten.

    In London hatte Cramer des berühmtesten Pianisten seiner Zeit und auich als Komponist war er geschätzt. Hier ein Auszug aus der Ankündigung der Veröffentlichung im Londoner Monthly Magazine;

    Zitat


    Herr Cramer hat in der gegenwärtigen Ausgießung seines Genies eine Etüde für das Pianoforte produziert....etc etc..

    Da sieht man, wie elegant und höflich man seinerzeit über wichtige Persönlichkeiten schrieb und sprach. So gefällt es mir "Ausgießuung seines Genies" - so sollte man bei Tamino auch formlieren - wenigstens im Umgang mit dem allererlauchtigsten Forenbetreiber und Prinzipal...

    Um beim Thema zu bleiben. Der Rezensent bezeichnet das Werk als "blühend, frei und spielerisch.....Womit schon vile gesagt ist...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Heute habe ich mir die - ebenfalls auf der gezeigten Cd enthaltene viersätzige Klaviersonate op 27 Nr 1 aus dem Jahre 1802 angehört. Sie ist nicht so eindeutig leicht, wie beispielsweise die Air Anglo.Caledonien Varie , etwas verhaltener und düstere Stellen wechseln mit cantablen Stellen ab worin Cramer auch als Pianist angeblich unererreicht war. Besonders eingängig und fröhlich empfand ich den Finalsatz.


    1) Patetico e lento

    2) Allegro Schrezando

    3) Andante con moto

    3) Rondo allegretto


    Der Autor des Booklet sieht eine gewisse Nähe zum Stil Beethovens - ich bin da eher zurückhaltender.

    In der Tat ist das 19. Jahrhundert bereits überwunden, man merkt den Stlwandel - aber ich würde Cramer doch am ehesten als "eigenständig" sehen wollen. Wer will kann auch Clementi heraushören, mit dem Cramer aufgetreten ist und dessen Schüler er für eien kurzen Zeitraum lang war.
    Konträre Meinungen werden gern gelesen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich im gesamten deutschen Sprachraum der Einzige binn, der diese CDs besitzt....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Cramers Clavierquintett B-Dur op. 79 präsentiert das Ensemble NFQ, von dem man leider nichts mehr hört (dabei haben sie die Clavierquintettliteratur längst nicht leeergespielt!):



    Fortepiano Clementi & Co. 1828


    Violine: Hendrik Jacobs, Amsterdam 1701

    Viola: Andrea Postacchini, Fermo c1830

    Violoncello: aus der Werkstatt von Joseph Panormo, London c1820

    Kontrabaß: anonymes ungarisches Fabrikat, ausgehendes 18. Jahrhundert




    Cramer, ungefähr Beethovens Jahrgang, hat neben zahlreichen Claviersonaten auch 8 Clavierkonzerte in die Welt hinaus gelassen. Beethoven lernte er auf seinen Reisen kennen, er soll sich Ferdinand Ries gegenüber überaus positiv über Cramer geäußert haben. Die Clavierkonzerte sind alle (noch) zu Beethovens Lebzeiten entstanden und daher vielleicht von besonderem Interesse:


    Clavierkonzert Nr. 1 Es-Dur op. 10 (1795)

    Clavierkonzert Nr. 2 d-moll op. 16 (1797)

    Clavierkonzert Nr. 3 D-Dur op. 26 (1802)

    Clavierkonzert Nr. 4 C-Dur op. 18 (1807)

    Clavierkonzert Nr. 5 c-moll op. 48 (1813)

    Clavierkonzert Nr. 6 Es-Dur op. 51 (1815)

    Clavierkonzert Nr. 7 E-Dur op. 56 (1817)

    Clavierkonzert Nr. 8 d-moll op. 70 (1825)


    Howard Shelley hat die Konzerte integral mit den London Mozart Players verfügbar gemacht:



    Leider gibt es noch keine Einspielungen auf echten Instrumenten, aber für einen ersten, guten Eindruck ist das schonmal was ... da Cramer auch als Verleger und Clavierbauer unterwegs war, wären natürlich Einspielungen auf Cramer-Instrumenten besonders interessant.


    Das D-Dur-Konzert (Nr. 3; bei Tante Wiki - Stand heute - fälschlicher Weise als d-moll bezeichnet) mag zu Beginn ein wenig an Mozarts „Krönungskonzert“ KV 537 (ebenfalls D-Dur) erinnern; es handelt sich um einen typischen Mannheimerismus: die Walze.



    Zugleich schwingt auch Mozart A-Dur-Sinfonie KV 201 mit ...

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Das 1. Clavierkonzert eröffnet harmonisch mit den drei Zauberflötenakkorden, die zu jener Zeit noch nicht lange seit ihrer Uraufführung verklungen sind, was man aber nicht sofort hört. Howard Shelley spielt die spätere Version Cramers, die einen größeren Ambitus - besonders in den hohen Lagen - berücksichtigt. Im Druck (auch im Video) sind die ursprünglichen Passagen (beschränkt auf das f" wie für die Zeit bis Ende des 18. Jahrhunderts üblich) oberhalb des Notentextes gedruckt. Die Druckausgabe umfasst „additional Keys as performed by him with the utmost Applause“, also einen erweiterten Tonumfang, den Cramer selbst mit dem allergrößten Applaus genau so darbot:



    Es müssen für diese Performance also schon die größeren und klanggewaltigeren Instrumente von Broadwood & Sons und Vergleichbares vorhanden gewesen sein; einen solchen bespielte Cramer 1816 in London und signierte ihn.


    Diese modernisierte Clavierstimme muss zu einem in Bezug auf die Entstehungszeit des Konzertes (1795) wesentlich späteren Zeitpunkt entstanden sein; dies zeigt aber wohl Cramers eigene Wertschätzung seines Erstlings. Die Terz- und Sextpassagen weisen stilistisch auf Hummel und frühen Mendelssohn hin. Um 1795 arbeitete Beethoven auch an seinen ersten beiden Clavierkonzerten.


    Der 2. Satz, B-Dur 3/8 könnte eine Arietta aus Mozarts „Figaro“ sein. Der liedhaft-duftende Duktus wird jedoch durch einen b-moll-Teil jäh unterbrochen, der aber ebenso schnell wieder frühlingshaftem Geplätscher weicht: das liebliche Eingangsthema wird variationenhaft umspielt, der Satz schließt kurz und bündig wie ein kleines Intermezzo.


    Es folgt als Schlußsatz ein entspanntes Rondo, dessen Thema das Soloclavier - nur von Streichern begleitet - vorstellt. Auch das Rondo wird durch eine c-moll-Einlage geteilt, die sich bis ins entfernte D-Dur und anschließend C-Dur verirrt.


    Irritierender Weise kommt das Konzert gänzlich ohne Cadenzen aus.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

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  • Das 2. Clavierkonzert entstand ebenfalls quasi parallel zu Beethovens beiden ersten Konzerten 1796/97. Als Tonart wählt Cramer d-moll und folgt damit vermutlich als erster dem Kollegen Mozart.


    Es beginnt mit einem zunächst verhaltenen Allegrosatz, der durchaus gewisse charakterliche Ähnlichkeiten mit Mozarts Konzert aufzuweisen vermag wie der teils melancholische Charakter, das kontrapunktisch Durchtriebene und der Mannheimer „Schleifer“ (KV 466, 504, 550). Zum Claviersatz gilt hier das gleiche wie für das 1. Konzert (wesentlich später überarbeitete Fassung mit erweitertem Ambitus und Anklängen an Hummel und frühen Mendelssohn).



    Den ersten Claviereinsatz, nachdem das Orchester sich geheimnisvoll zurückgezogen hat, finde ich etwas grobschlächtig: der hätte etwas feinfühliger mit leisen, sich steigernden Läufen beispielsweise, vorbereitet werden können.


    Der Mittelsatz steht in F-Dur 3/8 und erinnert mit seinem liedhaften Thema eher an Händel als an Haydn, in der Ausführung jedoch stark an Mozarts Claviersonate KV 330, 2. Satz - ebenfalls Andante cantabile, besonders den f-moll-Mittelteil betreffend. Das Orchester hält sich in diesem Satz übrigens weitestgehend zurück und beschränkt sich auf bloße harmonische Streicherbegleitung. Auch dieser Satz ist - wie im ersten Konzert - kurz gehalten (A-B-A); dennoch würde ich diesem Satz das meiste musikalische Gewicht geben.


    Es schließt sich ein asthmatisches Rondo Allegretto an - wieder ähnlich dem Finale von KV 466. Im Clavier finden Übergriffe der linken über die rechte Hand statt. Zu einem plötzlichen Wechsel nach D-Dur gesellen sich wieder kontrapunktische Elemente, Cramer lässt den Satz aber nicht in strahlendem D-Dur sondern im heimischen d-moll enden.


    Auch in diesem Konzert ist es dem Solisten nicht ermöglicht, sich durch Cadenzen zu exponieren, eine merkwürdige Eigenart Cramers (?). Howard Shelley spielt auch hier natürlich brillant, aber der Computer-Sound der Streicher passt mir überhaupt nicht.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Auch beim 3. Clavierkonzert D-Dur aus dem Jahre 1802, das quasi parallel zu Beethovens 3. Konzert c-moll entstand (1800/1803), beweget Cramer sich noch in Mozartnähe, von der sich Beethoven bereits mit op. 15 und op. 37 distanziert hatte (op. 19 ist ja bekanntlich vor op. 15 entstanden): ich hatte zuvor schon erwähnt, daß der Beginn mich an das Krönungskonzert KV 537, das ebenfalls in D-Dur steht, erinnert: beide Beginnen mit einer sogenannten Mannheimer Walze. Auch das wiegende Eingangsmotiv der A-Dur-Sinfonie KV 201 tritt gelegentlich hervor; aber das mag Zufall sein.



    Vom Clavier aufgenommen klingt dieses vermeintliche „Mozart-Motiv“ beim ersten Soloclaviereinsatz plötzlich stark nach Beethovens 4. Clavierkonzert, das aber erst 1807/08 an die Öffentlichkeit trat. Möglich, daß Beethoven sich hier inspiriert sah? In der punktierten Streicher-Begleitung schimmert auch Beethovens op. 19 durch, wenn man so mag. Der moll-Teil erinnert mich wieder stark an Mozart (KV 466, 2. Satz moll-Teil). Es mag vielleicht unfair sein, diese Parallelen aufzuführen, aber sie stechen nun mal ins Ohr - dabei bleibt das Werk aber durchaus von Eigenständigkeit geprägt: ungewöhnlich ist z.B. der plötzliche Ausrutscher nach F-Dur in Durchführungsteil. Auch hier wird wieder die um ein paar Oktaven erweiterte spätere Fassung gespielt, was das Werk in dieser Form etwas mehr Richtung Romantik verlagert. Der Hauptsatz nimmt auch hier - wie in den beiden ersten Konzerten - gut und gerne die Hälfte der Spielzeit ein.


    Es folgt ein blumig-sizilianohaftes Larghetto in G-Dur, das für einen nachdenkliches Ruhemoment sorgt. Im Mittelteil mutiert die zuvor pastorale Flöte zum dramatischen Kontrastmittel, insgesamt aber bleibt der Satz eher unaufgeregt, besonnen und von Melancholie uneingetrübt reflektierend (das ist gerade meine Lieblingsstimmung!) und für mich einmal mehr trotz oder wegen seiner Einfachheit der schönste Teil des Konzertes, das mit einem


    Rondo Scherzando sehr fröhlich und tänzerisch beschließt: ein wenig schmeckt das zwischendurch nach dem Finalsatz von Haydns „Zigeunertrio“ - und endlich gelangt mal eine (mit zahlreichen Doppeltrillern, die Beethoven später sehr oft verwendete, offenbar durchkomponierte) Cadenz zur Geltung, wonach der Rhythmus in beschwingte 3/8 umschlägt (auch da gibt's Vorbilder bei Mozart) und einen blitzartigen Abschluß findet.

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    (Hexa dixit)

  • Jetzt spätestens habe ich Feuer gefangen: während meine Begeisterung Fahrt aufnimmt und mit Spannung steigt, gehen wir in den Tonarten von Es-Dur über d-moll und D-Dur weiter abwärts und gelangen zum 4. Clavierkonzert in C-Dur aus dem Jahre 1807 (andere Quellen nennen 1804), in dessen Frühjahr auch Beethovens Viertes op. 58 im Palais Lobkowitz erstmals die Ohren der Zuhörer begeistern durfte. Ich höre, wie oben schon erwähnt, stets im Kontext und beteuere, nicht verurteilen zu wollen.


    Von der Besetzung haben wir bislang noch nicht gesprochen: einschließlich des dritten Konzertes wird die Streichergruppe von Flöten, Oboen und Hörnern begleitet. Jetzt, im 4. Konzert gesellen sich Fagotte, Trompeten und Pauken hinzu, wenn auch in der Aufnahme leider schwer zu vernehmen. Auch die Spieldauer legt an Gewicht zu und kratzt jetzt an der Dreißigminutenmarke:



    Wer jetzt vermutet, Cramer würde sich weiter von Mozart/Beethoven wegbewegen, wird überrascht sein: mehr noch als bei den drei vorherigen Konzerten geht Cramer - zumindest im Kopf- und Finalsatz - einen Schritt auf Mozart zu. Der Charakter entspricht etwa KV 503, thematisch meine ich ein Thema aus Beethovens op. 15 wahrzunehmen (nachdem ich erstmal alle in Frage kommenden Mozartkonzerte abgegrast habe), wenn auch nicht ganz vollständig (2. Thema, ab Takt 49ff. im Kopfsatz bei Beethoven). Das dürfte mit ziemlicher Sicherheit eine Reminiszenz sein, die nicht ohne eine gewisse Penetranz auskommt; und ja: es ist ein schönes Thema!


    In G-Dur steht die folgende leidenschaftliche Romance: „Il mio tesoro“? - nein, nicht ganz. Es ist ein Variationensatz mit einem moll-Mittelteil über ein (Opern?) Thema, das vermutlich damals bekannt war (so hört es sich jedenfalls an).


    Rondo finale: hier sehe ich vor dem inneren Auge, wie das Clavier aus der Wohnung heraus und zum Konzertort getragen wird; wie im Film „Amadeus“ - der Satz hat also etwas vom Finale von KV 482 ... im ganzen Konzert schwingt für mich schon ein wenig Rossini mit. Auch hier darf der Solist mit einer Cadenz aufwarten. Der Virtuosentanz endet papagenohaft „wird keine mir Liebe gewähren...“


    Das Konzert hat mich jetzt eher etwas enttäuscht. Der Erfindungsreichtum ist zwar groß und brillant umgesetzt, aber ich hatte hier knallende Pauken und schallende Trompeten erwartet ...

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Der Erstdruck des Œuvre 48 bei Érard, Paris kündigt an: „Ce Concerto a été composé pour les nouveaux Pianos a six Octaves. Il peut aussi se jouer sur les Pianos a cinq Octaves e demi“. Das 5. Clavierkonzert also wurde erstmals speziell für ein sechsoktaviges Clavierinstrument konzipiert (auch spielbar auf einem fünfeinhalboktavigen Instrument) - die vorausgehenden Konzerte wurden erst später auf die modernen Instrumente passagenweise umgeschrieben. Der Hinweis des Editeurs scheint dahingehend wichtig, damit man sich nicht aus Versehen beim Primavistaspiel auf einem älteren Instrument die rechte Hand verstaucht, weil sie am Ende der Claviatur anschlägt.


    Das Konzert steht in c-moll, entstand etwa 1811/13 (Beethovens 5. Konzert 1809) und beginnt Allegro mæstoso, mezzo voce (hach, wie romantisch ... die tonartlichen Vergleichskandidaten KV 491 und op. 37 im piano); diesmal haben wir Gelegenheit, zwei verschiedene Einspielungen zu hören:


    Einmal Howard Shelley



    und noch Akiko Sagara mit dem Orchestra of Radio Luxembourg (Pierre Cao)



    Dem Begleittext zu diesem Video ist zu Entnehmen: „Piano Forte as Newly Constructed by Clementi & Co. with Additional Keys up to F“. Auf Clementis Instrumente hatte ich zu Beginn meiner Besprechungen bereits in vorauseilendem Gehorsam hingewiesen. Das zweite Video klingt mir im Streichsektor zu vermatscht, Pauken hingegen besser, das Spiel von Sagara einen hauch zu heroisch für meinen Geschmack - aber natürlich sehr gut und transparent. Dennoch gebe ich Shelley & Co. den Vorzug, da lassen sich Hörner, Pauken, Trompeten und Fagötter mal hören.


    Ich kann's mir nicht verkneifen: bei den Triolen klingt wieder mal Beethoven an; aber das Werk ist durchaus - auch bei konzeptioneller Nähe zu KV 491 - vor allem in der Behandlung der Clavierstimme sehr eigenständig und bietet eine ausgewogene Mischung aus Heroik und melodischer Melancholie, großzügig gewürzt mit Virtuosität (Läufe, Terzen, Übergriffe). Ich würde den Satz ohne Zögern tatsächlich gerne neben die beiden Schwesterwerke der Kollegen stellen.


    Es folgt ein Larghetto 2/4 in C-Dur. Etwas konzertant spielen Holzbläser und Hörner eine hörbare Rolle. Der 2. Satz aus Mozarts c-moll-Sonate klingt hier für mich stellenweise an. Bevor ich einzuschlafen drohe, findet der Satz doch noch rechtzeitig sein Ende; trotz einiger geistreicher Erfindungen etwas langatmig ...


    Wirklich überraschend hingegen ist der Duktus des Finalsatzes: ein Scherzo (Rondo) à l'Hongroise - in c-moll! Da ist es natürlich klar, daß sich der Satz gegen Ende zu C-Dur aufzuhellen vorgibt, was er aber dann doch nicht tut. Einen vergleichbaren Finalsatz findet man bei Mozart/Beethoven nicht. Chapeau.


    Ja, das Konzert hat was!

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  • Jetzt wird's aber romantisch, oder? Rund 20 Jahre nach dem ersten Konzert, 1815, entstand das 6. Clavierkonzert Es-Dur op. 51. Mir gefällt die Orchestereinleitung hier besonders gut, auffallend progressiv ist sie indes nicht; vielleicht muß sie das auch gar nicht, denn woher soll auch das Werk wissen, wann es komponiert wurde und in welche Schublade es zu stecken sei? Tatsächlich arbeitete Beethoven 1814/15 auch an einem 6. Konzert, das ungewöhnlich mit Harmonieinstrumenten (also Holzbläsern und Hörnern) startet und sogleich in den Solopart einsteigt - leider hat er es nie vollendet, vielleicht mangels Aussicht, es wegen seines Gehörleidens je selbst aufführen zu können? Damit endet auch die Parallelarbeit der beiden Komponisten.


    „Jeunehomme“- oder neuerdings „Jenamy“-artige Übergriffe der linken über die rechte Hand finde ich immer witzig. Das 2. Thema klingt doch mal wieder nach Beethoven op. 37 I (Minute 1:25 oder 8:24):



    Die Hörner sind jedenfalls schön präsent. Ein paar Wanderungen zu H-Dur fallen mir im Notentext auf, hörbar wird dies allerdings wohl kaum - allenfalls bei der enharmonischen Verwechslung bei der Rückkehr zu B- bzw. Es-Dur könnte ein geschultes Ohr dies wahrnehmen.


    Der langsame Satz ist ein Larghetto in As-Dur 3/8: ein schlichtes, herzliches Thema. Schön finde ich, daß hier die Basslinie im Clavier einmal im Fokus steht. Chopineske Auszierungen lassen sicher Mädchenherzen höher schlagen: die Romanze gestaltet sich jedoch - wie bei den bisherigen Konzerten zumeist - recht kurz.


    Im Tempo Allegretto stellt das Clavier solo das Rondo-Thema des Schlußsatzes vor, ein fröhlicher - leicht melancholisch angehauchter - Kehraus. Ein klein wenig „Ein Mädchen oder Weibchen“ klingt passender Weise durch (19:54). Mir gefällt der Satz mit seinem forelligen Geflirre (Triolen) recht gut. Die Möglichkeit eines Übergangs (zum G-Dur-Teil) bleibt ungenutzt; Cadenzen sind nicht vorgesehen.

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    (Hexa dixit)

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  • Vom Ansatz her ungewöhnlich ist der Beginn des 7. Clavierkonzertes E-Dur op. 56, das nur 2 Jahre später, also 1817, entstand: es startet auftaktig. Im Charakter erinnert es mich an Ben Mendels frühes Doppelkonzert (MWV O 5; 1823), das ich - wie das Schwesterwerk (mit ebenfalls vier Vorzeichen) - sehr schätze.



    Auch das Clavier setzt atypisch auf Schlag 3 ein. Die Tonart E-Dur ist lebensfroh, schön frisch, perlend und klar wie eine Quelle, warum gibt es nicht mehr Konzerte in dieser Tonart? Stilistisch bewegen wir und jetzt trotz mancher verstohlener Rückblicke doch forschen Schrittes und mit gefestigtem Blick auf die Romantik zu. Im ersten Satz vermag mich die Musik tatsächlich aus dem analytischen Hören zerren und in Begeisterung versetzen. Melodieführung im Bass gefällt mir außerordentlich.


    Dafür muss jetzt mal ein Lächlie her:

    :love:


    In der Mitte des Konzertes erklingt ein herziges liedhaftes Larghetto. Würde ich eine Parallele zwanghaft finden wollen, wäre dies am ehesten der 2. Satz aus Mozarts E-Dur-Claviertrio.


    Rondo vivo. Mehr ist dazu kaum zu sagen. Diese Art Rondo ist stilistisch eine andere Art als die bisher geübte und es gefällt mir auch ungemein.


    Das Werk konnte mich, zunächst eher skeptisch, von der ersten Note an durchgehend fesseln. Eine sehr feine Perle. Was wohl Beethoven dazu gesagt hätte?

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    (Hexa dixit)

  • Nach ungewöhnlich langer Pause entstand vor ziemlich genau 200 Jahren schließlich auch das 8. Clavierkonzert. Es ist, wie alle Konzerte zuvor, einer hochangesehenen weiblichen Persönlichkeit des englischen resp. Londoner Adels gewidmet. Es steht in d-moll und wurde 1825 als op. 70 veröffentlicht; der Erstdruck kündigt es an als „Eighth Grand Concerto for the Piano Forte with Accompaniments of a full Orchestra“ und fügt hinzu: „This Concerto may be played without the Accompaniments“. Dies betrifft aber wohl lediglich die Druckausgabe, die auch im folgenden Video hinterlegt ist.


    Das Konzert ist so oder so ungewöhnlich, denn es beginnt mit einem Moderato assai im 2/4-Takt.



    Hörner und Harmonieinstrumente (Holzbläser) geben der beinahe barockartigen Einleitung ein zunächst unwirklich wirkendes Flair, bevor das Orchester im Forte klangvoll einsetzt. Das versöhnliche 2. Thema stellt die Oboe, gefolgt von der Flöte in F-Dur vor. Harmonisch, so meine ich, bewegt sich der Teil in einer Rossini-Oper. Der Claviereinsatz wird magisch vorbereitet; zunächst werfen sich Streicher und Bläser kurze Seufzermotive zu, eine Generalpause sorgt für Spannungssteigerung - doch das Clavier setzt noch nicht ein: der Beginn wird erst noch einmal wiederholt. Erst nach weiteren chromatischen Modulationen kommt die Klangwolke auf einer A-Dur-Fermate zum Stehen; jetzt „darf“ das Clavier mit Arpeggien und Läufen loslegen ... und schon klingelt Mozarts d-moll-Konzert hinein, danach meine ich schon etwas Richtung Schumann verorten zu können. Einfach zu spielen sind die liegenden Triller der rechten Hand mit darüber gelegten Melodiefetzen sicher nicht. Cramer hat hier eine ganz andere Richtung eingeschlagen, als dies beispielsweise von Beethoven zu erwarten gewesen wäre. Der Satz findet kein befriedigendes Ende, er hält auf dem Dominantseptakkord inne und es folgt


    ein friedliches Larghetto in D-Dur 3/8. Interessant ist hier eine harmonische Rückung zu Fis/H-Dur im Orchesterzwischenspiel. Der Notensatz enthält eine durchkomponierte - ausgedehnte - Cadenz, die fast die Hälfte des Satzes einnimmt und die Howard Shelley auch darstellt; ein Lauf daraus könnte aus Mozarts d-moll-Phantasie entlehnt sein. Beide Hände dürfen gegen Ende trillern und zugleich mit den verbleibenden freien Fingern eine kurze Melodie spielen. Es folgen 4 kurze Takte des Orchesters; schön finde ich hier am Schluß die Berücksichtigung der Bässe.


    Als Finale bietet sich ein Rondo Espagniola an. Die Streicher zupfen zunächst das Thema. Dann spielen Hörner und Holzbläser von den Streichern separiert, bevor das Clavier die Themen aufgreift. In der Tat klingt es nach einem Fandango, wie er beispielsweise aus Mozarts Figaro oder Boccherinis Kammermusik bekannt ist. Dem musikalischen Thema kommt hier die relativ neue Prellmechanik der Tasteninstrumente zugute, die ein schnelles Wiederholen des gleichen Tones erstmals ermöglicht (den Umstand hat beispielsweise Franz Liszt ausgekostet). Für ein Rondo üblich, wechseln moll- und Dur-Teile, lyrische und dramatische, einfache und virtuose Passagen mit Handübergriffen; höchste und tiefste Claviertöne werden gegeneinandergesetzt. Quasi zwangsläufig mündet das Konzert nach einer kurzen Cadenz in einem strahlenden und fröhlichen D-Dur.


    Damit endet nicht nur das letzte Clavierkonzert, sondern auch meine kleine - uneingeplante* - Reise durch die Konzertwelt Cramers, die mich gut bepackt mit neuen Erkenntnissen in die nichtmusikalische Welt entlässt.


    Zu wünschen wären jetzt bloß noch Einspielungen auf historischen Instrumenten (*auf der Suche nach derlei Material bleib ich in YT bei Howard Shelley hängen); die ersten Konzerte betreffend in zwei Versionen (originale 4-Oktaven-Version und spätere extented Versions). Interessant wäre, welche Clavierinstrumente für Version I im England des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts greifbar waren ... da werde ich bei Gelegenheit mal schauen.


    *piano*

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  • Ich konnte es nicht glauben: Aber ich habe vergessen die Klavierkonzerte von Cramer zu bestellen, ausgenommen die CD von Chandos. Hier dürfte es sich um eine Zusammenarbeit zwischen Chandos und Hyperion handeln. Jedenfalls hat man sich offenbar geeinigt, daß Hyperion nur jene Klavierkonzerte Cramers veröffentlicht, die sich nicht auf der Chandos CD befinden. Orchester und Interpret sind identisch. Die Bestellung ist inzwischen erfolgt.

    Bei der Gelegenheit bin ich auf eine brandneue Neuveröffentlichung gestossen: Eine 3 CD BOX von BRILLIANT CLASSICS mit 10 Klaviersonaten Cramers, davon eine Ersteinspielung, gespielt auf 3 unterschiedlichen historischen Flügeln von Simone Pierini. Hört sich fürs erste gut an....

    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Darf ich mich wundern, daß keine englischen Instrumente ausgewählt wurden?


    Na, die B-Dur-Sonate klingt ja gleich nach Mozart Konzert B-Dur KV 456, Claviereingang:



    *salut*

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  • Darf ich mich wundern, daß keine englischen Instrumente ausgewählt wurden?

    Eigentlich nicht. Es scheint sich um eine BRILLIAN CLASSICD EIGENPRODUKTION zu handeln. Und diese entstehr zumeist in Museen, Kirchen oder Schlössern.

    Die vorliegende Aufnahem wurde 20121 im Palazzo Annibaldeschi gemacht. Und ich wette darauf, daß die zwar über eine großen Pool italienischer, französischer, deutscher und österreichischer Instrumente verfügem, aber über keine Broadwoods



    novita-4-aprile.jpg


    Dort finden auch Konzerte Statt. Das gezeigt Ptrogramm dürfte schon vor einigen Jahren (siehe Maskenpfliocht) stattgefunden haben und wurde von mir nur eingefügt um das Ambiente vorzustellen.


    https://www.iconcertinelparco.…deschi-montecompatri.html


    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Ja, ich verstehe schon: man nimmt halt, was man „kriegen“ kann; besser als nichts. Instrumente sorgsam auszuwählen, die zum Komponisten und Stück passen (also zu der Entstehungszeit), ist ein großer - mitunter auch nicht zu vernachlässigender finanzieller - Aufwand. Das machen wenige. Als eine der ersten, die dies professionell und konsequent durchführte, war dies damals Christine Schornsheim mit ihrer umwerfenden Haydn-Box.


    Das hier verwendete Instrument von Johann Haselmann (den Namen lese ich tatsächlich zum ersten Male! - wie ich sehe gibt es aber doch eine Menge an Aufnahmen auf Instrumenten seiner Provenienz) klingt noch sehr nach den vertrauten Instrumenten der 1780er-Jahre; es wurde vermutlich Anfang des 19. Jahrhundert gebaut, Vorbild ist noch Walther. Der Klang erinnert noch ein wenig an das gut alte Cembalo. Haselmann war Wiener ... warum sollten also Cramers Werke nicht auf solchen Instrumenten dargestellt worden sein? Man schmiss ja die Instrumente nicht gleich weg wie iPhones, wenn Neues auf den Markt kam.


    Die Instrumente von Müller und Graf sind deutlich jüngeren Datums, diese dürften den Ton der Broadwood-, Cramer- und Clementi-Instrumente eher entsprechen.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Johann Baptist Cramer: Klavierkonzert Nr 1 in Es-dur op 10


    Ich habe gestern und heute CDs mit Klavierkonzerten und -Sonaten von Johann Baptist Cramer bekommen. Ich werde nichts übereilen sondern sie nach und nach anhören und allenfalls ein paar Zeilen drüber schreiben. Viel wird es vermutlich nicht sein, denn den Stücken fehlt jeglicher politischer oder weltanschaulicher Hintergrund oder Skandalgeschichten drumherum. Sie sind - soweit ich dasjetzt einschätzen kann - einfach schön.

    Offenbar hat Hyperion die von Chandos begonnene Serie der -insgesamt 8 - Klavierkonzerte Cramers fortgesetzt. mit gleichem Orchester und gleichem Pianisten.

    Ich habe heute mit Cramers Klavierkonzert Nr 1 begonnen, denn ich höre gern die Entwicklung bei Komponisten - so es denn eine gibt (was IMO nicht immer von Vorteil ist)

    Diese Klavierkonzert könnte man mit einem einzigen Satz beschreiben: Es ist einfach herrlich !!

    Das genaue Entstehungsjahr ist unbekannt man geht davon aus, daß es etwa 1792 geschrieben wurde. Cramer war da 21 Jahre alt und Mozart ein Jahr tot. Cramers Konzert, obwohl es den Geist des späten 18. Jahrhundert atmet klingt weder wirklich nach Mozart, noch nach Beethoven. Die Aufgabe der Konzerte waren in erster Linie, die Zurschaustellen der Pianistischen Fertigkeiten Cramers, die der Überlieferung nach, von Beethoven begeistert beschrieben wurden. Das erste Konzert hat weder die "erhabene Größe" eines Beethoven Klavierkonzerts noch jene Doppelbödigkeit einiger Mozart Klavierkonzerte. Es ist, klangschön perlend und stellenweise rasant mit ohrwurmverdächtigen Themen, einen extrem melodischen langsamen 2. Satz ud eine dritten der vor Spielfreude überschäumt. Ich habe länger überlegt, an wen mich das erinnert. Schliesslich kam ich zu dem Schluß daß eine gewisse Erinnerung an Clementi bei mir wach wurde. Und das passt ja dann auch: Clementi war Lehrer von Cramer. Auch Fields Konzerte wären gute Kandidaten


    Ein Glücksfall sind auch Orchester ("London Mozart Players") und Howard Shelley


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Johann Baptist Cramer: Klavierkonzert Nr 2 in d-moll op 16


    Ich sehe erst jetzt, daß Ulli bereits vor eingen Tagen alle Klavierkonzerte Cramers besprochen hat und werde deshalb nur dann darüber schreiben wenn unsere Meinung auseinandergeht, oder wenn es was zu ergänzen gibt.


    Den ersten Claviereinsatz, nachdem das Orchester sich geheimnisvoll zurückgezogen hat, finde ich etwas grobschlächtig: der hätte etwas feinfühliger mit leisen, sich steigernden Läufen beispielsweise, vorbereitet werden können.

    Interessant wie unterschiedlich man etwas hören (im Sinne von empfinden) kann. Ich empfand den Beginn des Konzerts ein wenig lahm und enttäuschend, aber dann kam der Einsatz des Klaviers quasi wie ein Paukenschlag: Hat mich beeindruckt - und war auch von Cramer offenbar so beabsichtigt. Ihm ging es nicht ums "Große Ganze", sondern er wollte SEINE Fähigkeiten als Pianist unter Beweis stellen. Er galt als konservativ, aber auch als elegant und sah sich angeblich gerne in der späten Nachfolge Mozarts, wobei er durchaus auch schon stellenweise der Frühromantik zuneigte.

    Auch in diesem Konzert ist es dem Solisten nicht ermöglicht, sich durch Cadenzen zu exponieren, eine merkwürdige Eigenart Cramers (?).

    Auf diese Eigenart wird in einem der Booklets explizit hingewiesen.

    Das Klavierkonzert Nr 2 befindet sich übrigens auf der hier gezeigten CHANDOS CD. Chandos startet im Jahre 2002 mit dieser CD - sie enthält 3 Klavierkonzerte Cramers - eine Gesamtaufnahme, die sie aber nie zu Ende führte. Erst 16 Jahre später setzte das Label HYPERION die Serie fort - mit gleichem Orchester und gleichem Solisten/Dirigenten.

    Allerdings an anderer Location und anderem Tontechnik-Team.


    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Auf diese Eigenart wird in einem der Booklets explizit hingewiesen.

    Die Booklets habe ich leider nicht; ich habe mich nur hörend und die Noten mitlesend via YT mit den Werken befasst und meine Gedanken hörender Weise niedergeschrieben.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Johann Baptist Cramer: Klavierkonzert Nr 3 in D-dur op 26


    Welch eins Segen, daß hyperion die von CHANDOS begonnene und abgebrochene Serie der Cramerschen Klavierkonzerte mehr oder weniger nahtlos (mit gleicher Besetzung) fortgeführt hat. Man hat bei den beiden englischen Indepent-Labels eher den Eindruck eine freundschaftlichen Beziehung als die zweier ribalisierender Unternehmen.

    Das 3. Klavierkonzert, das vermutlich das eigentlich 2. in Cramers Schaffen (1796) war ist erst 1801 veröffentlicht worden, nachdem es allem Anschein nach, zusammen mit dem ersten 1796 bei zwei Benezifkonzerten gespielt wurde.

    Ich empfand beim Hören des ersten Satzes stellenweise eine Nähe zu Mozarts Krönungskonzert - und konnte jetzt nachlesen, daß Ulli einen ähnlichen Eindruck hatte

    Eingängig, kraftvoll, festlich und schwungvoll zugleich. Die Aussage ist: hier ist ein GROSSES Konzert im Gange. Das ist Cramer in der Tat gelungen. Ein repräsentatives Konzert, das sicher seinen Eindruck bei den zeigenössischen Hörern nicht verfehlt hat.

    Nichz zu verachten auch der zweite Satz, der verträumt, verliebt daherkommt. Ein Ohrwurm der Superklasse. Langsame Sätze konnen ja auch weinerlich oder klagend, düster oder nichtssagend sein. Nichts von alldem ist hier der Fall. Die Stimmung ist - von einigen leichten Eintrübungen im Mittelteil abgesehen - durchaus positiv. - gegen ende vielleicht eine spur "nachdenklich...

    Mit dem 3. Satz kommt ein beschwingt hüpfendes Thema ins Spiel, voll Spiel - und Lebensfreude endet diese wunderbare Konzert.


    mfg aus Wien

    Alfred

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