Video: Streitgespräch Marcel Reich-Ranicki und Joachim Kaiser (Moderation: August Everding)

  • Ein großartiges Video von 1995:


    Prima la musica, dopo le parole — Streitgespräch zwischen Marcel Reich-Ranicki und Joachim Kaiser über die Beziehung Musik/Literatur und das Verhältnis von Text und Musik in der Oper.


    Moderation: August Everding.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe mir die gesamte Diskussion mittlerweile angeschaut und bin von dem hohen Niveau der Diskutanten sehr angetan. Es kommt auch Marcel Prawy im Publikum zu Wort.


    Es geht auch um das moderne Regietheater, von dem besonders Reich-Ranicki offenbar nicht viel hält. "Rosenkavalier" im U-Bahnhof sei Unsinn; Wieland Wagner habe versucht, Wagner von Wagner zu befreien, was nicht ginge, usw.


    Einer seiner interessantesten Sätze:


    "Alles, was der Regisseur auf der Bühne in der Oper macht, kann in Ordnung, kann legitim sein, wenn es tatsächlich aus der Partitur, aus der Musik abgeleitet wird und nicht gegen die Musik."

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Und was ist Kaisers Position?


    Tendenziell ähnlich, wenn auch zurückhaltender formuliert. Vor allem Everding macht sich (naturgemäß) für die Regisseure stark.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo,


    es verwundert, wie wenig der Thread „Video: Streitgespräch Marcel Reich-Ranicki und Joachim Kaiser (Moderation: August Everding)“ gelesen und aufgerufen wird; bei 2:15 Std. Dauer des Videos wird wohl etwas Geduld nötig sein. Es wird interessant werden, wie dieser Thread angenommen wird.
    In den Threads „Na endlich…“ und „Regietheaterkrieg…“ im Regietheaterforum
    liegen die entspr. Werte wesentlich höher. Es bleibt zu hoffen. dass etliche dortige Schreiber ihre Aktivitäten zu Gunsten sachlicher Beiträge einschränken, wenn sie diesen Thread gelesen und das Video angehört haben.


    Drei Themenkreise aus dem Streitgespräch sind mir schnell aufgefallen:
    1. Opernlibretti sollten neben der eigentlichen Handlung einen allgemeingültigen Sinninhalt haben um den Bezug besser herzustellen, die Emotionen des Opernhörers anzustacheln.
    2. Der Regisseur einer Oper hat alle Freiheit, bei seiner Inszenierung alles außer Acht zu lassen, was auch zum Libretto gehört - Ort, Zeit, Kostüme und äußerer Rahmen der Handlung. Nicht passieren darf, dass die Musik am Libretto vorbei geht, dass sich die Kompositionsleistung nur z. T in der aufgeführten Musik findet – anders ausgedrückt, die Inszenierung darf an der Musik nichts verändern, sie bleibt das Maß aller Dinge. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Libretto-Text überflüssig wird, er gehört zur Oper und geht im Idealfall eine homogene Verbindung mit der Musik ein (z. B. einige von Wagners Gesamtkunstwerken).
    3. Das Hören, Verstehen und Interpretieren durch den Musikhörer ist ein äußerst individueller Vorgang. Die Frage ob das Wort oder die Musik den Vorrang haben, geht eindeutig zu Gunsten der Musik aus, welche Gefühlslagen wesentlich besser ausdrücken kann, als das Worte tun können. (Mit dieser Aussage findet meine schon oft im Forum geäußerte Meinung ihre Bestätigung.)


    Ich vermute dass ich noch einige Nachträge (nach weiterem Hören des Videos) posten werde.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler