Ein möglicher Kandidat für Alfred Schmidt's exzellente Idee, eine 'Alternativ-Serie' zu LV zu schaffen, wäre, nebst anderen, der deutsche Heldentenor Peter BAUST, geboren am 20. Juli 1893 in Eitorf in der Nähe von Köln. Seine Eltern betrieben eine Mühle, Fruchthandel und waren auch in der Landwirtschaft tätig. In einem Beitrag für die Theater-Zeitung des Stadttheaters Basel (No 3, 14. September 1928) erzählte Baust humorvoll von seiner Herkunft:"....Beizeiten spürte ich, dass Feld, Wald und Wiese weniger schön sind, wenn man den Mist hinfahren soll. Es wurde deshalb von meinen Eltern ein gesitteter bürgerlicher Beruf für mich in Aussicht genommen. Ich sollte in einem Internat erzogen, um später Ordensgeistlicher zu werden. Aber der Herrgott hatte ein Einsehen. Bei der Aufnahmeprüfung fiel ich durch. Einige Jahre später, als ich in Bonn wirklich und praktizierend mich mit der Theologie zu beschäftigen hatte, wurden mir die Folgen des Zölibats bekannt und ich entdeckte meine Stimme...." - Es scheint, dass Baust in jenen Jahren in ziemlich bedrängten Verhältnissen leben musste: "....ich musste, um meine Studien durchführen zu können, in Bonn im Rathaus als Hilfsschreiber tätig sein. Als zum Tanz aufspielender Pianist wusste ich nicht nur in das Einerlei des Alltags etwas Abwechslung , sondern auch einiges Geld in meinen Beutel zu bringen. Der Erfolg lohnte die Arbeit." Genauere Informationen zu seinem Gesangsstudium sind bis jetzt nicht bekannt. Er dürfte jedoch seine Ausbildung in Bonn und Köln absolviert haben. "Am 11. August 1914 landete ich als Kriegsfreiwilliger bei einem Kraftfahr-Truppenteil in Köln. Ich konnte ein Auto von einer Pferdedroschke unterscheiden - mehr nicht. Aber in kurzer Zeit war ich als Fahrer ausgebildet und kam ins Feld. Hier war man aber von meiner Tüchtigkeit als Chauffeur nicht so sonderlich überzeugt und es dauerte nicht lange, so lag ich als Infanterist im Schützengraben." Das Schicksal hat den künftigen Heldentenor vor einem frühen, schlimmen Ende als Held auf dem Felde bewahrt: "....Das Schicksal war mir gewogen. Auf dem Umwege über ein Erholungsheim in Flandern kam ich nach Deutschland zurück [....] Zuerst als überzähliger Gefreiter; später brachte ich es dann bedeutend weiter, jedoch nicht wegen meiner strategischen Begabung - im Gegenteil, Ludendorff wollte mich einmal einsperren lassen, weil ich ihn nicht vorschriftsmässig grüsste -, sondern weil man im deutschen Grossen Hauptquartier nach des Tages Last und Mühe ein bisschen Gesang und Musik auch zu schätzen wusste. Der Krieg hatte für mich seinen Stachel verloren, aber ich war trotzdem damit einverstanden, als ich als Leiter des Rheinischen Heimatfronttheaters die Uniform aus- und meinen Zivilanzug wieder anziehen durfte. Die Revolution machte 1918 meiner Direktionsherrlichkeit ein jähes Ende und so blieb ich als Operettentenor am Stadttheater in Hildesheim." Soweit die Erinnerungen des Sängers. Nach einigen Umwegen - und möglicherweise weiteren Gesangsstudien - kam Peter Baust schliesslich zu seinem ersten Festengagement das ihn im Jahre 1924 an das Stadttheater Bern führte. In der Bundeshauptstadt blieb er volle vier Jahre und wurde beim Publikum zu einem äusserst beliebten Mitglied des Opernensembles. Hier trat er die Nachfolge des Berner Tenors Walter Schär an, der während drei Saisons am Stadttheater tätig war und für die Spielzeit 1924/25 an das Landestheater Altenburg wechselte. Im ersten Engagementsjahr sang Peter Baust die folgenden Partien: "Zauberflöte" (Tamino - 12. September), "Nacht in Venedig" (Herzog Guido - 1. Oktober), "Madame Butterfly" (B. F. Pinkerton - 8. Oktober), "Verkaufte Braut" (Hans - 17. Oktober), "Dreimäderlhaus" (Franz Schubert - 2. November), "Mantel" (Stockfisch - 23. November) und "Gianni Schicchi" (Rinuccio -23. November), "Martha" (Lyonel - 9. Januar), "Schatzgräber" (Albi - 20. März), "Salome" (Narraboth - 15. April), "Rosenkavalier" (Valzacchi - 24. April), "Rigoletto" (Herzog von Mantua - 10. Mai), "Entführung aus dem Serail" (Belmonte - 12. Mai), "Traviata" (Alfredo Germont - 13. Mai)!! Allerhand für einen Erstverpflichteten. Neben Baust wirkten am Stadttheater Bern im Heldenfach Erwin Steib sowie als Gast auch Rudolf Jung, und sein lyrischer Kollege war Hans Eugen Gredinger während in der Operette vor allem Alfred Dörner die ersten Partien sang.
Für heute ist leider Schluss - aber die Fortsetzung folgt demnächst!